Selbst-Missbrauch

Lieber Vul,
Ich hab's geschafft! Ich habe die Lösung auf das Rätsel gefunden! Ich habe gestern Abend im Bett liegend darüber nachgedacht und plötzlich, morgens ca. nach 3 Uhr oder so, da habe ich's verstanden. Und wie ich's verstanden habe! Ich habe angefangen zu lachen und zu kichern, wie ein verrücktes Huhn und sicher mal 5 Minuten einfach nur gelacht. Auch jetzt noch vor der Tastatur sitzend muss ich lachen, so lustig ist das ganze. Was war ich dämlich! Sa-gen-haft, wenn man einmal die Antwort kennt, einfach nur unsäglich komisch, das ganze. Es ist so blöd einfach, man kann es selbst nicht fassen nachher.

Wie transzendiert man das Denken? Die Antwort ist ganz einfach, sie lautet:

















Und das war die Antwort. Herzlichen Dank für die vielen Hinweise, die du mir mit Engelsgeduld immer wieder vor die Füsse geworfen hast. Ausschlaggebend waren am Schluss die Kombination von 3 Hinweisen:

1. Ein Statement von U.G. Krishnamurti (die Homepage für alle Interessierten: http://www.well.com/user/jct/index.html). U.G. schildert dort u.a. in einer langen Rede eindrücklich seine eigenen Erfahrungen und die komplette Desillusionierung der eigenen Person. Der von mir benutzte Hinweis bezog sich auf eine Aussage darüber, was Bewusstsein ist bzw. nicht ist. Ich konnte daraus schliessen, dass ich immer noch eine falsche Vorstellung davon hatte. In Wahrheit weiss ich überhaupt nicht, was sowas wie Bewusstsein sein soll.

2. Der zweite Hinweis ist dir zu verdanken! Er lautete: "(und lies meinen Satz bitte noch ein mal)". Das war herrlich unspirituell formuliert. Dadurch kam ich erst gar nicht auf die Idee, mich schon wieder im gleichen Denkmuster zu bewegen, weil ich sah, dass es dir darum ging, dass ich den Satz wirklich genau lese. Tja, das habe ich getan, immer und immer wieder. Eigentlich hattest du es mir ja schon früher gesagt und zwar so klar, dass es klarer gar nicht erst geht:
Original geschrieben von vulnerable
wenn die Frage in der Dichte des BewusstSeins erlischt
Allerdings war ich damals wohl noch nicht bereit zu verstehen, ausserdem hätte ich das ein klein bisschen anders formuliert gehabt, aber jetzt sehe ich, dass du natürlich schon damals Recht hattest.

3. Der dritte Hinweis stammt von mir selbst. Ich habe mich auf meiner Homepage systematisch Gedanken darueber gemacht, wie eine Antwort auf die Frage aussehen koennte, welchen Eigenschaften die Antwort genuegen muesste. Die wichtigste Eigenschaft war, dass sie attributslos sein muesste, eine Attributslosigkeit, welche die Charakterlosigkeit der Welt widergeben muesste.

In der Kombination war es mir gestern Abend moeglich, die Antwort zu finden.

Die Buddhisten sind wirklich hemdsärmelig pragmatisch, wenn sie darüber sprechen. "Die einzige Wirklichkeit ist die Leere." Natürlich! Wie soll man das denn sonst ausdrücken? Ich würde vorschlagen, dass sie jeweils, statt das Wort "Leere" zu benutzen einen Pfeifton von sich geben oder kurz in die Luft pusten oder sachte Hüsteln, das würde es noch besser treffen. *lach*

Für alle, die hier jetzt nur Bahnhof verstehen (und das sind wahrscheinlich eine ganze Menge, ich sollte eigentlich auch dazugehören), denen kann ich nur in ebenfalls hemdsärmelig pragmatischer Buddhisten-Tradition die Antwort geben: "Der Beobachter und das Beobachtete sind nicht-zwei. Der letzte Satz ist eine Lüge."
Wer jetzt immer noch nichts versteht, dem empfehle ich ganz dringend, den Film "Lord of the Rings" Teil 1 anzuschauen. Dort stehen die Gefährten vor dem Eingang der Mine zu Moria und der Eingang ist mit einem mächtigen Zauber belegt, wer das Losungswort nicht weiss, der kommt nicht rein. Auf dem Eingangstor ist in alter zwergischer Runenschrift zu lesen: "Sprich, Freund, und tritt ein." Wie zum Kuckuk aber sollen die Gefährten das Losungswort wissen? Das wird hier nicht verraten. Wer das wissen will, soll sich den Film anschauen oder noch besser, gleich die Bücher lesen. Ein Tipp: Die Lösung liegt vor deiner Nase.

Es ist eine Art Kinderrätsel. Man muss um die Ecke denken (oder noch besser nicht denken), um auf die Antwort zu kommen. Dazu empfehle ich allen spirituellen Pfadfindern, am besten nicht die Kabbala oder sonstige schwergewichtige Werke durchzuarbeiten, sondern Kinderbücher. Ich lese z.B. gerade "Der kleine Hobit", ein wunderbares Buch (ebenfalls von Tolkien), das in einem die Sehnsucht nach Abenteuer wieder mal so richtig zu wecken vermag. Und diesen Ratschlage gebe ich für einmal keineswegs in übertragenem Sinne oder zynischerweise, sondern wortwörtlich. Ein schönes Kinderbuch kommt der Wahrheit viel näher, als jede geheiligte Schrift oder sonst irgendein Ratgeberbuch.

[Das war übrigens auch mein Fehler mit Wilber, das sehe ich jetzt klarer. Was der Mann tut, und das macht er nicht mal schlecht, ist, eine Art Landkarte der menschlichen Entwicklung zu zeichnen. Nicht mehr. Ich in meiner Gier und Bequemlichkeit aber wollte nicht bloss eine Landkarte haben, sondern ich suchte einen Führer. Als ob irgendjemand hier einem vorangehen könnte. Darum eignet sich Wilber im besten Fall als wissenschaftliche Lektüre, aber sonst eigentlich zu überhaupt nichts.]

Wirklich, ich kann jetzt nur noch den Kopf schütteln über mich selbst. Ich glaube, jetzt sollte ich doch eigentlich alle Kriterien erfüllt haben, um mich offiziell "erleuchtet" zu nennen und mir Anhänger zuzulegen *grins*? Immerhin habe ich das Verständnis für "die Leere realisiert". Danach kann eigentlich kein grundsätzliches Verstehen mehr kommen, das ist mir jetzt auch klar. Aber das klingt schon wieder falsch jetzt. Das war es ja, was ich gestern und so lange daran herumgemacht hatte. Ich hatte in meiner Einfalt immer gedacht, wenn ich das Denken transzendiert hätte, dann würde da etwas anderes kommen, ein anderes Verstehen, oder eine Art Nicht-Wissen und das ist paradoxerweise auf die eine Art sogar richtig, und auf die andere natürlich völlig falsch.

Ja, und welchen Smiley nehmen wir hierfür? Ich glaube, die folgenden paar passen ganz gut zur Situation:

:clown2: :mad2: :weihnacht :banane:
 
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Mit einer gewissen inneren Belustigung stelle ich fest, dass ich jetzt, wo ich endgueltig am Endpunkt allen Denkens angelangt bin, nicht die geringste Ahnung habe, was ich mit dieser ach-so-ersehnten Erfahrung wirklich anfangen soll. Nicht dass es aufgehört hätte, in meinem Kopf zu rumoren - keine Chance, das geht noch bis zu meinem physischen Tod so weiter - aber mir wurde ein kleiner Einblick gegönnt in eine Welt, in der es einfach gar nichts mehr gibt, mit Ausnahme von allem, was ist. Item. Und jetzt sitze ich da und stelle fest, dass ich nicht nur keine Ahnung von gar nichts habe, sondern auch dass ich keine Ahnung habe, was ich denn nur jetzt anfangen soll. "Nichts tun" ist zwar ein guter Rat, aber "nichts tun" heisst eben nicht einfach "nichts tun", im Sinne von blossem Herumliegen, sondern eher "spontan handeln", was man sich natuerlich nicht willentlich vornehmen kann. Und schon hat sich meine eigene Fragestellung wieder auf wundersame Weise selbst dekonstruiert, weil ich weiss, dass ich willentlich nicht spontan handeln kann und darum auch gar nichts "tun" kann.
Ach. Vielleicht hilft es, ein bisschen ueber die äusserst wunderliche Welt zu lachen. Lachen ist eigentlich immer gut.
 
Genau das habe ich gemeint mit meinem Meditationspunkt!! Die meisten glauben sie müssen sich so schrecklich anstrengen, verkrampfen (teils werden sie total agressiv in einer geführten Mediation wenns nicht gleich sofort still ist weil sie sich ach so arg verspannt konzentrieren müssen, um IHR persönliche gesuchtes Geheimnis nun endlich zu finden.. Und das machte mich immer stutzig! Wieso kann ich nicht mich so eingeben und wegkippen etc? dachte ich immer. Hey Du hast es herausgefunden.. Der Geist die Seele findet alleine seinen Weg Dir zu zeigen, wann die Zeit reif ist , was Du so dringend suchst. Ich hab da ganz viele schöne Erlebnisse mit meinen Menschen die mir mir in Berührung sind... Lass mal laufen und bleibe im Fluss. Und wenn Du es schrecklich findest nichts zu tun, dann setz Dich an den PC und antworte mal auf alle möglichen Themen aus dem Bauch heraus...lichtvolle Grüsse Anastasia
 
Hallo Anastasia,

das "nichts tun" von dem fckw und vulnerable sprechen ist nicht "nichts tun" (wie Du es meinst). In diesem "nichts tun" kannst Du alles tun.


Alles Liebe Dir
sam
 
Liebe Anastasia,
Eigentlich bin ich nicht sicher, ob ich überhaupt etwas zu deinem Eintrag zu sagen weiss. Es ist nämlich selbstverständlich nicht so, dass mir immer zu allem was einfällt. Auf jeden Fall bin ich mir nicht sicher, ob wir grundsätzlich übereinstimmen mit unserer Sichtweise.

Es ist vielleicht nicht ganz einfach in Worten verständlich zu machen, wo der Unterschied liegt. Du sagst zum Beispiel:
Der Geist die Seele findet alleine seinen Weg Dir zu zeigen, wann die Zeit reif ist , was Du so dringend suchst.
Da stimme ich von der Idee her überein. Man kann sich nicht zwingen, dass man "reifer" wird. Und hier liegt m.E. der Fehler von vielen Menschen, die von sich selbst glauben, dass sie sich "auf der spirituellen Suche" befinden. Sie glauben, dass sie durch verschiedene Techniken oder Praktiken etwas erreichen könnten, halt eben mehr Reife. Sie glauben mit andern Worten, dass sie ihre Seele formen könnten, oder dass sie ihren Geist lenken könnten, nämlich in eine Richtung, die sie den "spirituellen Pfad nennen".

Hinter dieser Art der Weltsicht versteckt sich aber eine falsche Grundannahme über die Welt: Das, was ich "den Machbarkeitswahn" nennen würde. Es ist der Glaube daran, dass die Welt "formbar" und "beeinflussbar" ist, und zwar dann obendrein noch in eine gewünschte Richtung. Es ist nicht schwer zu sehen, wer sich letztlich dahinter verbirgt, das eigene Ego nämlich. Es ist das "Ich", welches gerne eine Welt haben möchte, in welcher es von sich behaupten kann, "ich bin spirituell reifer geworden". Warum? Damit es sich seiner eigenen Existenz versichern kann. Wenn es von sich behaupten kann, es hätte etwas erreicht - nämlich einen "höhern spirituellen Reifegrad", dann dient ihm das dazu, sich selbst zu verfestigen. Jeder Versuch des inneren Wachstums brennt also das Ego nur noch tiefer hinein, bläst es nur noch mehr auf.

Ich habe schmerzhaft von mir selbst einsehen müssen, dass ich persönlich genau diesem Irrtum auch aufgesessen bin. Ich wollte mir einreden, ich befände mich auf einem "richtigen Weg". In Wahrheit war pure Selbstverliebtheit der Antrieb dieses Wunsches. Als ich das eingesehen habe, da war ich zuerst verzweifelt, dann wütend, inzwischen ist auch dies einer ziemlichen Gleichgültigkeit gewichen. Und ehrlich gesagt, ich konnte mich bisher nicht einmal von diesem Irrtum befreien. In mir ist immer noch dieser Wunsch, mich "spirituell weiterzuentwickeln", aber jetzt weiss ich, was wirklich dahinter steht und brauche dem Wunsch keine grössere Beachtung mehr zu schenken.

Langsam gelange ich zur Einsicht, dass es nicht "den richtigen Weg" gibt, und dass auch nicht für jeden Menschen der eigene Weg gefunden werden muss, sondern dass es überhaupt keinen Weg gibt. Das ist ein harter Brocken, für mich und für viele andere. Es unterstellt allen, die sich auf dem spirituellen Pfad wähnen, dass sie letztlich nichts als einem Irrtum unterliegen oder krasser formuliert, dass sie sich selbst belügen, genau so, wie ich es mit mir selbst auch getan habe.

Deswegen gleich alles wegzuwerfen, was ich je im Leben getan habe, brauche ich nicht. Meditation macht mir persönlich z.B. Freude. Ich bin immer ein bisschen ratlos, wenn ich die diversen Einträge hier im Forum lese, wo die Menschen die aufregendsten und seltsamsten Reisen in ihrer Meditation unternehmen, weil bei mir sowas praktisch nie geschieht. Ich habe auch kein Bedürfnis danach. Begonnen habe ich mit Meditation, als ich eindeutige physische Stresssymptome während des Militärdienstes zeigte (in der Schweiz ist Militärdienst leider nach wie vor grundsätzlich obligatorisch, ein unsäglicher Missstand, welcher m.E. im direkten Widerspruch zum humanitären Grundgedanken steht, mehr will ich hier gar nicht erst dazu sagen). Auf jeden Fall war ich wirklich erstaunt, das hätte ich von mir selbst nie geglaubt, dass mich äusserer Stress dazu bringen kann, dass ich physische Schmerzen davontrage.

Ein Freund von mir musste damals die gleichen unsinnigen Dinge mitmachen, aber er war immer total relaxed und ruhig. Da fragte ich ihn und das war der Zeitpunkt, als ich mit Meditation angefangen habe. Ich habe dann relativ bald gemerkt, dass ich die Kraft der Meditation zu Beginn unterschätzt hatte und begann, mich weiter zu informieren.

Aber dann begab ich mich ohne mein willentliches Zutun auf einen Irrweg. Ich begann zu glauben, dass Meditation mehr sein könne, als das, was sie eben ist, nämlich Meditation. Ich begann zu glauben, dass man sich durch sie zu irgendetwas höherem oder sowas weiterentwickeln könne, ein Irrtum, über welchen ich jetzt ehrlich bloss den Kopf schütteln kann.

Jetzt muss ich sagen: Wahrscheinlich war es nicht zu verhindern gewesen, den Irrweg zu gehen. Man muss sich wie Kinder oft zuerst die Finger verbrennen, bevor man glaubt, dass eine Herdplatte heiss ist. Man kann also durchaus sagen, dass "die Seele ihren Weg alleine findet". Durch das Lesen eines Online-Tagebuches wurde mir mein Irrtum so richtig bewusst, weil besagter Tagebuchschreiber selbst so ziemlich dieselben Irrtümer durchgemacht hat wie ich. Jetzt zu sagen, ich sei weiser oder klüger geworden, hiesse aber, sofort wieder in dieselbe Falle zu treten. "Weiser", "klüger" - es ist der Versuch, sich schöner zu machen als man ist. Die Wahrheit ist weder schön noch hässlich und ich bin es mit ihr. Ich bin weder weise noch klug noch dumm noch "zu wenig entwickelt". Ich bin einfach nur ein Mensch, der ab und zu einen Fehler macht und ab und zu was richtig macht. Und das ist auch schon alles.

Greetz fckw
 
Der Titel dieses Threads heisst "Selbst-Missbrauch". Ich habe ihn bewusst gewählt.

Mir ist aufgefallen, dass in diesem Forum sehr viel von Liebe die Rede ist. Ich glaube fast, hier herrscht eine gewisse innerliche Unaufrichtigkeit. Sich Liebe zu wünschen ist sicher eine schöne Sache. Weshalb aber Liebe letztlich Aggression vorzuziehen wäre, dafür gibt es keinen Grund. Oder kann mir irgendjemand einen Grund nennen?

Es ist jetzt noch nicht sehr lange her, ein paar Monate, als ich habe einsehen müssen, dass mir meine Erfahrung mit Meditation zwar einiges gegeben hat, aber eines ganz sicher nicht: Ich bin definitv kein liebevollerer Mensch geworden durch sie. Ich habe nicht mehr (aber auch nicht weniger) Liebe in mir, als früher.

Mir ist aber bekannt, dass es Meditationstechniken gibt, von denen erzählt wird, sie hätten den Effekt, das Mitgefühl für den nächsten zu steigern. Nun ja, ich will das nicht von vornherein ablehnen ohne je intensivere Erfahrungen hierin gemacht zu haben. Man braucht allerdings nur kurz hinzuschauen, um wiedermal zu erkennen, was sich letztlich hinter dem Antrieb versteckt: Der pure Egoismus. Ich möchte schliesslich liebevoller werden. Ich wünsche es für mich.

Wiedermal muss man sich fragen, ob hier nicht genau das betrieben wird: Selbst-Missbrauch.
 
Hallo fckw,

was verstehst Du unter "liebevoller"?

Es werden die unterschiedlichsten Gedanken, Gefühle, Emotionen, Vorstellungen und Wünsche unter den Titel "Liebe" verstanden, interpretiert.

Dazu fällt mir ein Beitrag von Manosha ein: https://www.esoterikforum.at/forum/showthread.php?postid=27537#post27537

Für mich steht das Wort "Liebe" für die wunschlose Liebe, welche unabhängig von einem weiteren Menschen einfach IST. Jene Liebe, die wie der Duft eines Tannenbaumes ist, der seinen Duft verströmt - ohne Absicht, ohne Ziel, ohne "um zu", völlig unabhängig davon, ob da gerade jemand an seinen Nadeln schnuppert.

Natürlich gibt es auch Zeiten, in denen ich mir wünsche liebevoller zu sein, in denen ich mir wünsche dieser Duft zu sein.


Was ich bis jetzt erfahren habe, ist Mitgefühl ein, sich von selbst einstellender Nebeneffekt von der Beobachtung der eigenen Gedanken, Motive, Wünsche, Vorstellungen. Wenn Du Dich wirklich kennst, dann kennst und verstehst Du auch Deine Mitmenschen und aus diesem Verständnis heraus, entsteht von allein Mitgefühl.


Alles Liebe Dir
sam
 
Hi Sam,
Es werden die unterschiedlichsten Gedanken, Gefühle, Emotionen, Vorstellungen und Wünsche unter den Titel "Liebe" verstanden, interpretiert.
Hast Recht, da hilft es, präziser zu sein. Der gelinkte Beitrag ist echt gut.

Ich denke inzwischen, Liebe ist gar keine Emotion/Gefühl. Das wird oft verwechselt. Ich würde sagen, dass Liebe am ehesten noch mit "Wissen, um die Nicht-Getrenntheit" zu umschreiben ist. So gesehen ist Liebe aber überhaupt nichts "schönes" oder "angenehmes" oder derartiges. Sie ist sozusagen fast schon charakterlos, wie Wissen nun mal keinen "fühlbaren" Charakter hat. Man sieht etwas, und nimmt es an, wie es ist. In diesem Sinne wird man sich nie "liebevoller" fühlen können, weil wie erwähnt, das gar kein Gefühl ist. So wie du's selbst sagst:
Was ich bis jetzt erfahren habe, ist Mitgefühl ein, sich von selbst einstellender Nebeneffekt von der Beobachtung der eigenen Gedanken, Motive, Wünsche, Vorstellungen. Wenn Du Dich wirklich kennst, dann kennst und verstehst Du auch Deine Mitmenschen und aus diesem Verständnis heraus, entsteht von allein Mitgefühl.

Es bleibt dann jedem/r selbst überlassen, ob er oder sie nun glaubt, sich "liebevoller" zu fühlen als ohne Meditation. Fühlt er/sie etwas (so, wie man ein Gefühl fühlt), dann kann man sagen, er hängt wohl einem Irrtum an.

Greetz fckw
 
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Ich erlaube mir, hier einen Beitrag zu publizieren, den ich selbst in meinem Online-Tagebuch verfasst habe. Ich finde, er passt hier sehr gut rein und hoffe, er bringt einen Denkanstoss fürs Neue Jahr.

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Die höchste aller spirituellen Weisheiten ist gleichzeitig die banalste. Sie ist gar so überaus einfach, dass die meisten Menschen sie wohl schlicht aufgrund ihrer Einfachheit ablehnen würden. Etwas das so viel Wahrheit oder Weisheit beinhalten muss, muss ja auch unbedingt kompliziert sein! Sie lautet:

Die Dinge sind so, wie sie sind.

[In der Bibel, Exodus (2.Mose) 3,14 hört sich das so an, als Moses Gott nach seinem Namen fragt:
"Da sprach Gott zu Mose: Ich bin, der ich bin. Und er sprach: Also sollst du zu den Kindern Israel sagen: "Ich bin" hat mich zu euch gesandt."
Oder in einer andern Ausgabe steht:
"Da antwortete Gott dem Mose: Ich bin der "Ich-bin-da". Und er fuhr fort: So sollst du zu den Israeliten sagen: Der "Ich-bin-da" hat mich zu euch gesandt."]

Voilà, das ist alles. Mehr gibt es beim besten Willen nicht zu sagen. Man könnte allerhöchstens noch klärend beifügen: Die Dinge sind so, wie sie sind, und nicht wie wir sie uns wünschen, und auch nicht wie wir sie uns denken (wollen).

Die Schwierigkeit das zu verstehen liegt hier, wie man unschwer erkennt, nicht darin, dass dieser Satz irgendwie etwas kompliziertes wäre, eine hochkomplexe Angelegenheit, wo man lange drüber nachdenken müsste um es zu verstehen, wie etwa eine Mathematikaufgabe.
Die Schwierigkeit liegt hier grundsätzlich darin, dass die Erkenntnis dieser Weisheit die psychologische Fähigkeit zur Abstraktion von sich selbst verlangt und zwar auf einem ziemlich hohen Niveau. Es gibt zwei Dinge, welche der Mensch hier abstrahieren muss. Einmal ist es das eigene Wünschen, und zum zweiten das eigene Denken.

Der Grund ist, dass wir lernen müssen, zwischen der Realität, wie sie ist, zu unterscheiden und der Realität, wie wir sie uns wünschen und denken. (Hier besteht ein gewisser Widerspruch, den ich jetzt nicht auflösen werde. Er besteht darin, dass der Mensch und sein Wünschen und Denken ebenfalls Teil der Realität sind, wie sie ist, und nicht, wie wir sie uns wünschen/denken. Das Verständnis hierfür ist aber erst a posteriori möglich, also erst hinterher, wenn wir bereits das notwendige Abstraktionsvermögen besitzen.)

Oft ist es überdies ja so, dass wir genau das denken, was wir uns wünschen zu denken, wir biegen uns die Welt im Kopf zurecht. Da dann unser Konzept aber von der Wirklichkeit sich unterscheidet, wird sich die Wirklichkeit ständig in Konflikt mit unserm Konzept befinden. Wir werden andauernd ent-täuscht von der Wirklichkeit, und zwar im doppelten Sinne. Darum leiden wir andauernd an der Wirklichkeit, so lange, bis wir die beiden oben genannten Dinge gewissermassen "aufgeben" können: Das Denken und das Wünschen. Mit "Aufgeben" meine ich nicht, dass man auch gleichzeitig damit aufhört. Wir können schlicht nicht damit aufhören zu denken oder zu wünschen. Aber wir können davon abstrahieren, wir können uns auf eine Meta-Ebene stellen, von der aus wir uns selbst beobachten können. Was sagen gerade meine Wünsche? Warum sagen sie das? Was sagt auch mein Denken? Warum sagt es das? Wie kommt das Denken gerade auf diesen Schluss? Man könnte vielleicht auch sagen, das Denken/Wünschen würde hier "transzendiert".

Wie erwähnt setzt dieser Akt der Abstraktion oder Transzendierung oder Meta-Ebene-einnehmen (oder wie auch immer man dem sagen will) die Fähigkeit zur "unbeteiligten Schau" oder Objektivierung voraus. Ich mache aus meinem Denken/Wünschen ein Objekt, benutze also meinen Verstand und mein Denken um genau abzuklären, wie es um die Beschaffenheit meines Denkens/Wünschens steht. (Paradoxerweise funktioniert das, warum, weiss ich auch nicht.)

Indem man eine beobachtende Perspektive annimmt, lernt man die Funktionsweise der eigenen Persönlichkeit nach und nach besser kennen. Bezüglich der Wünsche erkennt man früher oder später deren Charakter: Egal, wie sehr sie befriedigt werden, es gibt immer noch mehr und das hört nie auf. Sie orientieren sich in keinster Weise an der Wirklichkeit und daran, was mir tatsächlich als Möglichkeit offensteht oder nicht. Sie beeinflussen mein Denken in einer Weise, dass es den Wünschen entspricht. Und so weiter.
Dasselbe gilt fürs Denken. Alles Denken, und das einzusehen fordert nun wirklich die Bereitschaft zu akribischer Detektivarbeit, man muss die eigenen Gedanken zerpflücken, Stückchenweise einen nach dem andern bis man sie in ihre Grundbestandteile aufgelöst hat, alles Denken also, beruht auf anderem Denken! Kein Gedanke kann letztlich als absolut gültig erklärt werden. Damit basiert Denken immer und vollständig auf nie hinterfragten Annahmen über die Welt (vgl. den Post über Ich, Zeit, Raum). Wir sehen das aber so lange nicht ein, so lange wir nicht mit einer gewissen Pedanterie unser eigenes Denken durchpflügen. Darum sind die Übungen von Sri Ramana Maharshi derart nützlich, hier geht es an den Kern der Sache: Frage dich, wer bin ich? Wenn du das nicht weisst, dann frage dich: Wer ist es, der hier die Frage stellt?

Es ist nicht wichtig, welche Antwort wir hier finden, beziehungsweise, die einzige Antwort die wir finden werden, wenn wir tief genug bohren ist, ich weiss es nicht. Ich weiss es nicht!

Und so lernen wir diese notwendige Abstraktionsfähigkeit, die Fähigkeit zur unbeteiligten Schau oder Beobachtung. Und genau hier ist Meditation eine wunderbare Stütze. Hier liegt ihr wahres Potential! Es zeigt sich auch gleich, dass "unbeteiligtes Beobachten aller Dinge" die einzig wirkliche Meditationsart ist, welche direkt an die Sache herangeht. Alle anderen vielen Meditationsarten sind sicher nützlich für die diversesten Dinge und können je nach Situation und je nach Person weiterempfohlen werden, aber sie gehen alle in eine andere Richtung als die oben genannte.

Es gibt für mich nur eine Erklärung, warum die Esoterikszene oder die "spirituell Interessierten" oder von mir aus auch Kabbala/Castaneda/Sonstiges-Leser dermassen verzückt die haarsträubendsten Dinge tun, Techniken anwenden, Bücher wälzen oder was auch immer: Sie wollen diesen Schritt der Objektivierung oder Abstraktion nicht tun. Diese Wollen ist ein Wunsch wie jeder andere. So lange der innere Leidensdruck nicht hoch genug ist, werden sie niemals den Antrieb haben, auch hier noch den letzten Rettungsanker zu ergreifen, welcher Heilung verspricht, nämlich eben die bewusste Auseinandersetzung mit dem eigenen Denken/Wünschen. Und darum erkennen sie ihr Wollen gar nicht erst als Wunsch und so drehen sie sich fortzu im Kreise um die eigene Achse.

Ich habe das Spiel lange genug selbst mitgespielt um zu wissen, dass das wahr ist.
 
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