Physikalische Welt = Virtuelle Welt

Das Sein war und ist immer vorhanden, auch im Nicht-Bemerken, nicht-ausrichten des Fokus, doch das Ich kommt und geht, vielleicht ist es so besser nachvollziehbar, was ich meine? Sollen wir mal eine Definition von Ich machen, damit wir über dasselbe reden? Mein Vorschlag: das Ich ist die Annahme einer soliden, geistigen Wahrnehmungs- und Handlungszentrale irgendwo im Körper (im Kopf?), die in Interaktion zu einer von ihm getrennten Umwelt zu stehen meint, diese als von sich selbst als abgesondert auffasst und Dinge, die aus der Umwelt auf es einwirken erlebt sowie durch eigenen Willen auf die Umwelt einwirkt. So mal aus dem Ärmel geschossen....:)
Meine Argumentationskette darüber, was das Ich ist, lautet wie folgt und gehört, wie ich finde, unmittelbar zum Thema dieses Threads:

Das Ich ist gleichbedeutend mit Erfahrbarkeit.
Nicht du bemerkst für mich an meiner Stelle, was ich empfinde, sondern ich selbst.

Erfahrbarkeit wiederum ist stets ein kommunikativer Vorgang, ein Bezugsverhältnis zwischen drei Beteiligten, dem Sender und dem Empfänger, und der zwischen beiden unverzichtbar vorhandenen Aufmerksamkeit. Fehlt einer der drei Beteiligten, kommt keine Erfahrbarkeit (kein Ich) zustande.

Das sogenannte Ich meint dabei stets nur das Bemerken des jeweiligen kommunikativen Ausdrucks.

Es gibt so viele Ichs wie es Erfahrbarkeiten gibt.
Doch ich bin keines der vielen Ichs.
Ich bin fröhlich.
Ich bin traurig.
Ich bin glücklich.
Ich fühle Kopfweh.
Ich sehe eine Blume.
Ich fühle mich missverstanden.
etc.

Wäre ich die Erfahrbarkeit "Ich bin fröhlich", dann wäre ich es immer und nicht nur manchmal.
Wäre ich die Erfahrbarkeit "Ich fühle Kopfweh", dann wäre ich es immer und nicht nur manchmal.
Wäre ich die Erfahrbarkeit "Ich fühle mich missverstanden", dann wäre ich es immer und nicht nur manchmal.
etc.

Meine Ichs, sprich, meine jeweiligen Erfahrbarkeiten, ändern ständig ihre Ansichten darüber, was ich jeweils bin.
Deswegen kann ich unmöglich eines meines Ichs sein.

Ich bin vielmehr das, was eine jeweilige Erfahrbarkeit ermöglicht.
Diese ermöglichende Qualität hat sich während meines gesamten Daseins niemals verändert.
Sie ist immer noch dieselbe, die sie war, als ich ein Baby war, ein Kleinkind, ein Jugendlicher, ein junger Mann, oder jetzt ein Senior.

Erfahrbarkeit (Ich-Bezug) visualisiert, sieht so aus:

(2) Beobachter (Ich) <-----> (1) Aufmerksamkeit <-----> (3) das Erfahrbare

Die Pfeile zeigen auf, dass die Beteiligten (2) und (3) durch gerichtete Aufmerksamkeit (1) miteinander verbunden sind. Das macht eine jeweilige Erfahrung überhaupt erst zu einer solchen.
Die Pfeile zeigen außerdem, dass die Aufmerksamkeit (1) unverzichtbar auf BEIDE Beteiligte gerichtet sein muss, um bezeugen zu können, dass es sich um zwei Beteiligte handelt. Erst sie ermöglicht eine Unterscheidbarkeit. Denn fehlt einer, kommt keine Erfahrbarkeit zustande.

Das Ich ist ein jeweils imaginärer, aber unverzichtbarer Bezugspunkt, auf den ich meine Sinneswahrnehmungen und Denkprozesse beziehen kann.
Es ist ein wichtiges Hilfsmittel, aber es nicht meine wahre Natur.

Meine wahre Natur ist das, was in der Visualisierung als (1) Aufmerksamkeit dargestellt ist.
 
Zuletzt bearbeitet:
Werbung:
Es gibt so viele Ichs wie es Erfahrbarkeiten gibt.
Doch ich bin keines der vielen Ichs.
Das Problem bei dieser Betrachtung ist, dass das „Ich“ alleine keine Persönlichkeit darstellt. Die Selbsterfahrung trügt meist, weil uns häufig das Wollen im Wege steht. Schlechte Wesenszüge werden gerne weggesperrt und das Wunschdenken als Wirklichkeit verkauft. Das „Ich“ ist also häufig eine Illusion, wie man gerne von anderen gesehen werden möchte.

Was nun sicherlich manchem nicht so schmecken mag, die eigentlichen Strippen zur Persönlichkeit werden im Hintergrund vom „Es“ und dem „Über-Ich“ gezogen. Nein, es gibt nicht verschiedene „Ichs“, sondern unterschiedliche Aspekte, die in der Summe als das „Ich“ verstanden werden. Ich bin also nicht nach momentaner Laune, dieser oder jener, sondern bleibe immer ich selbst – es sei denn, ich bin eine gespaltene Persönlichkeit.

Wenn ich da noch anmerken darf, das Erfahren und die Aufmerksamkeit spielt sich meistens außerhalb unseres Bewusstseins ab. Wenn dem nicht so wäre, könnte ein Säugling nichts lernen. Es gibt da auch interessante Studien, mit denen belegt werden kann, was unsere Aufmerksamkeit wirklich in Bann zieht.


Merlin
 
@DruideMerlin

Danke für deine Überlegungen hierzu.

Zur Erinnerung hier noch mal mein Visualisierungsbeispiel von dem allen Beobachtungen zugrunde liegenden Bezugsverhältnis:

(2) Beobachter (Ich) <-----> (1) Aufmerksamkeit <-----> (3) das Erfahrbare

Das Problem bei dieser Betrachtung ist, dass das „Ich“ alleine keine Persönlichkeit darstellt.
Das stimmt.
Das, was im Laufe eines Lebens zu einer bestimmten Persönlichkeit führt und sie ausmacht, sind keine beliebigen sondern ganz bestimmte Denk- und Verhaltensweisen. Auf diese Weise unterscheiden wir die verschiedenen Persönlichkeiten der Menschen voneinander.

Mit meinem Visualisierungsbeispiel (Bezugsverhältnis) kann aufgezeigt werden, wo genau sich die Denk- und Verhaltensweisen befinden, die eine jeweilige Persönlichkeit ausmachen. Schau mal bitte hin:

Beispiel-A:
(2) Beobachter (Ich) <-----> (1) Aufmerksamkeit <-----> (3) Denk- und Verhaltensweisen (Persönlichkeit)

Was nun sicherlich manchem nicht so schmecken mag, die eigentlichen Strippen zur Persönlichkeit werden im Hintergrund vom „Es“ und dem „Über-Ich“ gezogen.
Auch hierbei gilt: Wenn du von einem ”Es“ und einem ”Über-Ich“ weißt, weil du sie bemerken kannst, dann können auch sie wie folgt dargestellt werden.

Beispiel-B:
(2) Beobachter (Ich) <-----> (1) Aufmerksamkeit <-----> (3) Es, Über-Ich

Wenn ich da noch anmerken darf, das Erfahren und die Aufmerksamkeit spielt sich meistens außerhalb unseres Bewusstseins ab.
Die Formulierung ”außerhalb des Bewusstseins“ ist gleichbedeutend mit einem System, über das keinerlei Informationen vorliegen. Und über ein solches System können keine Aussagen gemacht werden. Jeder von uns weiß:

Das, worauf ich meinen Fokus jeweils richte, wird zu dem, was Bewusstsein ausmacht.

Auch dies kann mit meinem Visualisierungsbeispiel dargestellt werden.

Beispiel-C:
(2) Beobachter (Ich) <-----> (1) Aufmerksamkeit <-----> (3) das Bewusstsein (das, was Bewusstsein ausmacht)

Es benötigt kein zusätzliches ”Es“ und auch kein zusätzliches ”Über-Ich“, weil auch sie nichts anderes als Beobachtungsqualitäten sind, die man zusammenfassend als ”den Beobachter“ bezeichnen kann.

Noch ein Hinweis:
Alle jeweils drei Beteiligten des Visualisierungsbeispiels müssen stets ZUSAMMEN als ein Bezugsverhältnis betrachtet werden. Jetzt nimm einfach mal gedanklich in jedem Beispiel das jeweils (3) Bezugselement weg und schaue, warum es in einem solchen Fall unmöglich zu einer Persönlichkeit, zu einem Es oder Über-Ich, oder zu einem Bewusstsein kommen kann. Die Erklärung, die das Visualisierungsbeispiel in einem solchen Fall aufzeigt, ist unübersehbar.
 
Zuletzt bearbeitet:
@DruideMerlin


Noch ein Hinweis:
Alle jeweils drei Beteiligten des Visualisierungsbeispiels müssen stets ZUSAMMEN als ein Bezugsverhältnis betrachtet werden. Jetzt nimm einfach mal gedanklich in jedem Beispiel das jeweils (3) Bezugselement weg und schaue, warum es in einem solchen Fall unmöglich zu einer Persönlichkeit, zu einem Es oder Über-Ich, oder zu einem Bewusstsein kommen kann. Was fällt dir in einem solchen Fall sofort auf?

Wir richten unseren Fokus auf nichts (konkretes), das heißt, wir würden z.B. traumlos schlafen.
 
Wir richten unseren Fokus auf nichts (konkretes), das heißt, wir würden z.B. traumlos schlafen.
Das sähe dann so aus:

(2) Beobachter <-----> (1) Aufmerksamkeit <-----> (3) ...

Hinweis:
(2) und (1) muss es dennoch geben, um wieder aufwachen zu können (den Fokus wieder auf etwas Konkretes richten zu können).
 
(2) Beobachter (Ich) <-----> (1) Aufmerksamkeit <----->(3) Es, Über-Ich
Wenn ich Dir dazu einmal mein Modell gegenüberstellen darf:

Wahrnehmung ---> Fokussierung ---> Abgleich mit den Erinnerungen ---> Bewertung
---->Bewusstwerdung ---> Beobachtung zum zielgerichteten Handel ---> Entschluss.
---- oder als nebensächliche Info abspeichern, bzw. löschen (Fokuswechsel).

Unbewusster Prozess

Bewusster Prozesse


Das „Es“ und das „Über-Ich“ kann nicht am Ende des Prozesses stehen, weil damit die grundlegenden Bedürfnisse und Wesenszüge eines Menschen gemeint sind – man umschreibt das auch gerne als Seele.

Du machst hier den Fehler, dass Du den ganzen Prozess aus der Sicht Deiner Ratio heraus betrachtest. Damit klammerst Du all das aus, was sich zuvor in Deinem neuronalen Netz auf unbewusster Ebene abspielt. Das könnte man mit einem Besucher einer Theateraufführung vergleichen, der nur das sieht, was ihm auf der Bühne gezeigt wird, während sich die ganzen Vorbereitungen hinter den Kulissen abspielen.

Du beginnst also dort, wo in meinem Modell von der Beobachtung zum zielgerichteten Handeln die Rede ist


Merlin
 
Wenn ich Dir dazu einmal mein Modell gegenüberstellen darf:
Diese Darstellung kann überhaupt nicht zutreffen.

Begründungen:

Über unbewusste Prozesse kann keine Aussage gemacht werden. Keine Einzige!
Nur weil ich meinen Fokus nicht ständig und ununterbrochen auf meine Atmung, auf meine Verdauung, auf mein Immunsystem richte, bedeutet nicht, dass diese Vorgänge "unbewusst" ablaufen. Sie erfordern die höchste Präzision an Aufmerksamkeit, damit sie überhaupt fehlerfrei ablaufen.

Wenn du hier Wahrnehmung als unbewussten Prozess darstellst, woher weißt du dann davon, dass du in genau diesem Moment diesen Text hier wahrnimmst? Das dürfte doch gar nicht möglich sein, denn unbewusst bedeutet ”Ich habe keine Ahnung, dass ich diesen Text jetzt lese.“

Ebenso, wenn du Fokussierung als unbewussten Prozess darstellst. Willst du mir etwa erklären, dein Fokus hat sich vollkommen unbewusst und ohne dein Zutun auf die Erstellung deines Beitrages gerichtet, ebenso vollkommen unbewusst auf das Eintippen der Buchstaben in deine Tastatur und erst irgendwie hinterher kommst du selbst hinzu und bemerkst ”Ach, du lieber Himmel, was habe ich denn da getan?“

Die Darstellung von deinem fiktiven ”unbewussten Prozess“ sieht so aus:

(2) Beobachter (Ich) <-----> (1) Aufmerksamkeit <-----> (3) …

Unter (3) ist halt nix da.
Denn wäre etwas da, wäre es dir bewusst und müsste unter (3) dargestellt werden.

Es ist so simpel, dass es kaum auszuhalten ist.
Deswegen muss es unbedingt verkompliziert werden, nicht wahr? :)
 
Zuletzt bearbeitet:
Werbung:
Zurück
Oben