fckw schrieb:
Ja! Mit Sicherheit! Ganz genau darum geht's.
Allerdings eben nicht stillt, sondern bloss vorgibt zu stillen. Genau das ist der Punkt: Sex kannst du so viel haben, wie du willst, so lange du die Dualität "Ich vs. Welt" aufrechterhältst, wirst du nie jene fundamentale Trennung aufheben können, die die Wurzel allen Leidens ist. Für viele Menschen, vor allem jenen, die über keinerlei Meditationserfahrung verfügen, ist Sex eine der ganz wenigen Möglichkeiten, die Ich-Erfahrung einigermassen zu transzendieren.
...Für einen kurzen Augenblick während des Orgasmus. Richtig.
fckw schrieb:
Und das ist ein dermassen tief verwurzeltes Bedürfnis, dass sie (und ich und wir alle) es wieder und wieder benötigen.
Wirklich alle? Was macht dich da so sicher?
Folgender Artikel erschien mal vor langer Zeit im "Time magazine":
Das mysteriös enthaltsame Volk der Dani.
In den 70er Jahren lebte der amerikanische Anthropologe Karl Heider während 2 1/2 Jahren mit den Dani zusammen, einem Volksstamm in West Neu Guinea, (New Grand Valley of West Irian) um ihre Lebensgewohnheiten zu studieren.
In den ersten 2 Jahren ihrer Ehe haben die Dani keinen Geschlechtsverkehr und während 4-6 Jahren nach der Geburt des ersten Kindes leben sie in völliger sexueller Abstinenz.
Sex vor der Ehe und ausserhalb der Ehe kennen sie nicht. Auch Homosexualität und andere sexuellen Abreagierungen kenne sie nicht. Und mehr noch, niemand zeigt Anzeichen von Unglücklichsein und Stress.
Heider begann sich für die Dani zu interessieren, als er ihren eigenartigen Penisschmuck sah, eine getrocknete, ausgehöhlte kleine Kürbispflanze, die sie über ihren Penis stülpen und dauernd tragen und nur zum urinieren oder zum Geschlechtsverkehr abnehmen.
Heider sagt weiter, es gebe keine Anzeichen dafür, dass sexuelle Aktivitäten durch Strafen unterdrückt werden. Auch fand er keine Erklärung für ihre "unterernährte Libido".
Die Dani sagten lediglich, dass sie nicht unnötigerweise den Unmut ihrer Stammesgeister wecken wollen, zu denen sie eine bemerkenswert blasierte Einstellung haben. Heider stellt weiter fest, dass dieses Einhalten der sexuellen Regeln als eher beiläufig, pro forma, eingestuft werden kann.
Die Dani scheinen keine speziellen Ambitionen zu haben, weder sexuelle noch künstlerische und es seien auch keine intensiven Emotionen feststellbar. Streit gibt es kaum.
Kriege haben etwa den gleichen Stellenwert wie ein Jagdausflug in Amerika. Falls es zu einer Konfrontation mit dem Nachbardorf kommt, beschwatzen sich die Krieger gegenseitig längere Zeit, streiten dann etwa eine Stunde und fallen dann wieder in blosses Schwatzen zurück. (Aehnlich wie wir hier im Forum

)
Rache und Wut spielen nur sehr selten eine Rolle - die Dani wollen lediglich ihre Stammesgeister beruhigen und versuchen, Streitereien so rasch wie möglich zu beenden.
Ihr einziges Interesse gilt der Schweinehaltung und dem kultivieren der Jam-Wurzel.
Heider kann sich nicht erklären, warum der Energielevel der Dani so "tief" ist. Der Stamm hat eine sehr tiefe Kindersterblichkeit, einfache Nahrung und keine ernsthaften Krankheiten.
Heider glaubt nicht, dass genetische oder biologische Faktoren der Hintergrund dieses "Low energy system" der Dani sind, sondern ganz einfach kulturell bestimmt ist. Wenn das so ist, kann man die westlichen Theorien über den angeborenen sexuellen Trieb - hauptsächlich von Freud herkommend - neu überdenken.
Ende des Artikels.
Jeder der Brahmacharya schon mal praktiziert hat, natürlich ohne Stress und Zwang, weiss, dass das mit dem Irrglauben an den "angeborenen sexuellen Trieb" nicht stimmt, sondern wie bei den Dani, sozialisationsbedingt ist.
Abendgruss Ch'an