in der Welt funktionieren vs. authentisch sein

Aber er funktioniert doch nicht wunschgerecht, und sie auch nicht.
Wir alle müssen funktionieren, weil wir Wünsche haben, Erwartungen und Forderungen. Deshalb gibt es auch in unserer Gesellschaft eine ganze Liste voll psychischer Krankheiten bis hin zum Arschloch. Leistungsgesellschaft ohne Empathie und geistigem Wissen = Arschlochgesellschaft.
 
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Derzeit bin ich mal wieder auf innerlicher Entdeckungsreise und finde da enorm viel Zorn, Wut, ja teilweise sogar Hass, gegenüber Menschen, die mir Unrecht getan haben. Aber auch Umstände und Situationen, in denen ich mich hilflos fühle, verursachen in mir solche Gefühle. Und da ich nicht gelernt habe, mit diesen umzugehen, diese adäquat auszudrücken, oder weil manche Situationen gar nicht dafür geeignet scheinen, sich Luft zu machen, weil die Gefühle auch oft irrational erscheinen, fresse ich alles in mich rein, so lange, bis ich einfach nur mehr depressiv bin und nicht mehr spüre, was da eigentlich in mir vorgeht.
wer sind diese "menschen"?

Ich denke, es würde mir viel besser gehen, wenn ich meine Emotionen ausdrücken könnte - am besten gegenüber jenen, die sie in mir auslösen. Das kann ich nicht und das trau ich mich nicht. Vor allem aggressive Gefühle gegenüber anderen auszudrücken, war in meiner Kindheit sehr gefährlich, dafür hat es drakonische Strafen gesetzt. Dementsprechend kann ich das nicht - es macht mir bis heute Angst, ganz ich selbst zu sein. Ich merke aber, dass es für mein Seelenheil wichtig wäre, diese Anteile in mir endlich zu leben.
verzeih sie, aber vergiss nie was sie dir angetan haben.
tu es nicht für sie... tu es für dich.

wie möchtest du denn sein?

Vor allem im beruflichen Kontext finde ich es schwierig. Gerade dort gibt es eine Rolle, die ich ausfüllen muss, und die oft diametral dem entgegensteht, was ich in Wahrheit empfinde. Manchmal wünsche ich mir, einen Beruf zu haben, wo ich so richtig das Arschloch raushängen lassen kann, das ich manchmal gern wäre. Aber genau den habe ich nicht, sondern einen, wo es eben Konsens ist, dass man "gut" ist. Dieser Umstand macht mir wirklich zu schaffen und drückt mich nieder.

Wie geht es euch mit diesem Zwiespalt - sich sozial erwünscht zu verhalten, wenn man doch gleichzeitig sozial unerwünscht fühlt? Wie geht ihr damit um? Wie lebt ihr euch trotzdem aus, damit ihr nicht krank werdet?

als was arbeitest du denn? was wäre dein traumberuf?
man wechselt den eigenen job ja nicht "einfach mal so", (aus viele gründen)... wäre das eine option für dich? aber wenns gar nicht mehr geht, würde ich drüber mal nachdenken... außer du verdienst sehr gut, dann wirds etwas komplizierter,
 
Vor allem im beruflichen Kontext finde ich es schwierig. Gerade dort gibt es eine Rolle, die ich ausfüllen muss, und die oft diametral dem entgegensteht, was ich in Wahrheit empfinde.

Ich hatte mein ganzes Leben das Gefühl eine Rolle spielen zu müssen, dass es auch nur halbwegs funktioniert. Naja, hat es am Ende nicht, insofern kann ich keine gute Antwort geben. Natürlich denke ich, dass es umso schwieriger ist, je unauthentischer die Rolle ist.

Zum Beispiel hatte ich als Jugendlicher zeitweise Freunde, und ich mochte die auch, und ich spielte gerne am PC und Fußball usw. Ich versuchte natürlich, und einige Zeit erfolgreich, "cooler", sozialer und allgemein normaler zu sein. Funktionierte aber irgendwann auch nicht mehr als die dann lieber trinken gegangen sind, Freundinnen hatten usw. Die Rolle konnte (und wollte zum Teil) ich dann nicht mehr spielen. Natürlich handelte es sich aber auch bei meinem Verhalten in der Schule um eine Rolle, obwohl ich da fast immer als kompletter Einzelgänger rüber kam. 9 Jahre Mobbing bekam man dann auch danach nicht wirklich raus. Die Realität wäre da eher etwas dazwischen gewesen, aber siehe ganz unten.

Später habe ich versucht zu studieren, aber selbst wenn ich zumindest im Philosophiestudium vom Stoff her mitkam, konnte ich wegen Depressionen einfach nicht mehr dahingehen irgendwann. Es machte nie klick, generell nie. Ich fand nichts wo ich authentisch funktionierte, und Rollen konnte ich irgendwann auch keine mehr spielen. Generell werde ich jeweils verklemmter und negativ kontrollierter, wenn Druck auf mir ist, was in Studium, oder Job leider der Fall war/ist. Bin wohl nicht grundlos arbeitslos. Jetzt ist die Entfremdung so maximal, dass es fast keinen Unterscheid machen würde, wenn ich zu den Marsianern umziehen würde :p, und der Glaube daran, dass es funktioniert ist nicht mehr vorhanden.

Ich selber habe Wut teilweise mit Kampfsport zuhause rausgelassen, und indem ich Leuten einfach manchmal trotzdem die Meinung gesagt habe. Obwohl ich schüchtern bin kann ich das sogar. Aber generell halte ich schon mehr davon, dass man die Aufmerksamkeit auf für einen positive Dinge lenkt. Man kann sich auch in was reinsteigern, und das ist nicht wirklich gut. Du bist dort wo deine Aufmerksamkeit ist. Nichtsdestotrotz, wenn mich das Arbeitsamt oder wer auch immer zum freundlichen Verkäufer verdonnern würde, gäbe es irgendwann Scherben auf dem Boden, wenn da jemand wie meine Mutter zum Beispiel auftaucht. Obwohl ich, wie man hier im Forum sehen kann, eine ruhige Person bin. Aber das würde meine sozialen Fähigkeiten derartig strapazieren. :rolleyes:

Letztlich weiß ich aber selber nicht wirklich wer ich authentisch bin. In der Telepathie bin ich zum Beispiel auch anders wieder, und zwar jeweils anders als in allen "Rollen", die ich je gespielt habe, als auch letztlich anders wie ich vermeintlich authentisch bin. Und ich bin schon echt bei der Telepathie. Hier im Forum ist es jedenfalls so authentisch wie ich es selber hinbekomme. :cautious:

Ja, vermutlich bin ich autistisch (Asperger), und es liegt wohl daran in meinem Fall. Aber hast mein Mitgefühl auf jeden Fall...
 
Wie meinst du das? Ich wüsste nicht, für wen ich besondere Bedeutung gehabt haben könnte. Wirklich nicht.
Das ist das worum es in Wirklichkeit für dich geht un worüber du mal nachdenken solltest!

Komisch - ich war es, der den Begriff "Sau" rauslassen in diesem Thread ins Spiel gebracht hat.
Ich hatte aber im gleichen Atemzug darauf hingewiesen, dass das für dich so nicht funktionieren kann, weil es schon bei mir selber nicht geklappt hat und weil es bei dir genausowenig authentisch wäre.
Wie du ja lesen konntest haben oder hatten alle, die die so vehement auf den Begriff eingingen exakt das gleiche Problem wie du oder ich.
Ansich gar nicht tragisch, da gibts noch viele viele mehr mit dem gleichen Problem - die haben nur noch nie drüber nachgedacht.
Vermutlich allerdings nur deswegen nicht, weil ihnen bisher Krisensituationen erspart blieben, jedenfalls nicht , weil sie klügger oder besser wären.

Doch zurück zum Zitat und meiner Frage!
Bist du wirklich sicher, dass du noch niemals in deinem Leben für Jemanden von Bedeutung gewesen bist????
 
Ich musste mich zuerst mal von der Welt abwenden um ungestört den Weg in mein Innerstes zu finden.

Liebes Lagerfeuer. Darf ich fragen, ob du in dieserr Zeit meditiert hast? Irgendwelche Rituale? Abwenden alleine klingt so simpel...aber gerade in dieser Corona-Einsamkeit merke ich, dass es auch nicht immer hinreichend ist
 
Ein Beispiel: Täglich grüßt das Murmeltier

Er, der Hauptdarsteller, ein vollkommenes Arschloch.
Durch unzählige Wiederholungen (Inkarnationen) hat er Erfahrung gesammelt.
Aber auch Verständnis, Gelassenheit und "Liebe zu Allem was IST" gewonnen.

Am Anfang war er ein authentisches Arschloch.
Am Ende war er ein authentischer, weiser und sympathischer Mitmensch.

Da musste ich jetzt echt darüber nachdenken. Den Film so oft gesehen...und gleichzeitig ist es lange her..
Ist er wirklich authentisch am Ende? Oder macht er es nicht doch allen Recht? Ich finde rückblickend ist es eine ziemliche Hollywood-Verklärung. Er versucht zu allen lieb zu sein, jeden Einzelnen zu bedienen. Aber sein Selbst entwickelt sich in dem Film doch überhaupt nicht. Er ist anfags ein Arschloch und am Ende "lieb". Das ist in Hollywood ein Happy End. Und wirkt so "perfekt", dass ich erst jetzt erkenne, dass diese ganzen Wiedergeburten bei ihm nicht dazu geführt haben, dass er sein wahres Selbst gefunden hat...
 
Ist er wirklich authentisch am Ende? Oder macht er es nicht doch allen Recht? Ich finde rückblickend ist es eine ziemliche Hollywood-Verklärung.
Man kann das so sehen ... Oder auch ganz anders.

Guck den Film mal ganz genau an.
Es sind nicht 20, 30 oder 40 Wiederholungen.
Es sind hunderte oder tausende Schleifen!

Er hat ALLES probiert.
Jede Möglichkeit ausgekostet.
Er war lieb, berechnend, zerstörerisch, böse ...


Ich sehe das so:

Am Ende hat er aufgegeben.
Er glaubt nicht mehr an ein Ende der Schleife.
Es war ALLES langweilig geworden.
Weil er alles bereits gemacht hat, alles kennt.
Nichts hat mehr seinen Reiz.
Er ist gereift ...

Und weil alles langweilig geworden, alles bekannt ist, deswegen ist er am Ende authentisch. Es muss nichts mehr austesten, er muss nicht mehr schauspielern ...
Es gibt keinen Verhaltens Plan mehr.
Er handelt so, weil er so IST.
 
Liebes Lagerfeuer. Darf ich fragen, ob du in dieserr Zeit meditiert hast? Irgendwelche Rituale? Abwenden alleine klingt so simpel...aber gerade in dieser Corona-Einsamkeit merke ich, dass es auch nicht immer hinreichend ist

Meditation nicht im Sinne spezieller Techniken, aber sehr tiefes in sich hineinschauen und fühlen, zum Teil zur Verarbeitung der Kindheit, zum Teil um die Identität zu finden, die theoretischerweise jeder Mensch von Natur aus in sich haben müsste,
die vielen von uns leider zu rigoros aberzogen wird weil wir immer nach den Kriterien von aussen funktionieren müssen, selbst wenn wir innerlich dadurch vor die Hunde gehen.

Abwenden von der Welt ist leider überhaupt nicht einfach, es ist ein sehr einsamer Prozess, der aus der Not geboren ist und man versteht dass es manchmal einfach notwendig ist, wenn einen die Destruktivität dieser Welt zu sehr übermannt...

Bei Corona denke ich gerade hauptsächlich an die sehr gruseligen kollektiven Angstenergien, finde es aber auch sehr schwierig davor wegrennen zu können, auch allein geistig.

Was mir dabei hilft sind Menschen, die machbare, positive, gesellschaftliche Zukunftsvisonen haben, findet man gerade sehr selten, überall nur diese rechthaberischen Kämpfe...wir brauchen Gemeinschaften, welche die trotz allem vorhandenen positiven Kräfte bündeln und ein positives Feld halten können...

Für Einzelkämpfer ist es gerade schwer...und man kann ja nicht den ganzen Tag in einer Meditation bleiben, egal wie gut die Technik ist.

LG
 
Bist du wirklich sicher, dass du noch niemals in deinem Leben für Jemanden von Bedeutung gewesen bist????
Etwas spät meine Antworte, aber: vermutlich bin ich schon für ein, zwei Menschen von Bedeutung gewesen. Aber so richtig positiv und dass mir das ganz konkret jemand so rückgemeldet hätte - nein. Warum stellst du diese Frage?
 
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Hallo.

Auch ich kenne dieses Gefühl und ich weiß, dass es sich innerlich ansammelt.. blöd nur, wenn man es nicht nach außen herausschreien kann, weil einen die anderen, warum auch immer nicht für voll nehmen oder es sie schlicht weg nicht interessiert.

Mir hat es geholfen "böse Briefe" zu schreiben.
Als erstes die Anrede an wen der Brief geht.. und dann ohne Punkt und Komma alles aufgeschrieben mit den derbsten Beleidigungen. Eben alles was da so raus musste..
Dann habe ich es den Brief etwas liegen lassen und schließlich, als sich meine Wut langsam aufgelöst hat, habe ich den Brief verbrannt.

Klingt vielleicht schräg, aber mir hat das ungemein geholfen. Vor allem aber wars erst mal schwer für mich den passenden Ton für eine dieser Personen zu finden, mich auszudrücken. Ja kurz um diese Person bei dem zu nennen, was ich denke, was mir gerade in dem Moment einfiel.
Das war dann auch schon mal ein riesen großer Schritt, das auch wirklich so zu formulieren und vor allem so stehen zu lassen.

Aber es war wirklich heilsam.

Anfangs habe ich die Briefe per Hand geschrieben, später dann über PC und dann ausgedruckt.

Vielleicht wäre das auch was für dich.
 
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