Nun war ich wirklich schon lange nicht mehr hier. Im letzten halben Jahr ist so vieles geschehen, hat mich bewegt und beschäftigt.
Wie ging es weiter damals mit Misra? Mein letzter Bericht ging bis zum Ende der Beziehung im Mai 2010. Wir brachen den Kontakt ab, wollten uns nicht gegenseitig quälen, ich wollte ihr vor allem keinen Schmerz zufügen, denn von mir war die Trennung ausgegangen.
Ein dreiviertel Jahr später dann war ich in einer ganz miesen Situation und kam mit mir selber nicht mehr zurecht. Misra und ich hatten uns bei der Trennung darauf geeinigt, dass wir das Schweigen brechen dürften, wenn wir den Anderen brauchen sollten. Und bei mir war der Zeitpunkt dafür definitiv da.
Wir trafen uns, und ich konnte endlich einmal wieder mit jemandem reden, auf eine Art, die mir so wahnsinning gefehlt hatte. Schrankenlos, angstlos vor allem. Und nicht nur das, sondern ich bekam ganz klar Hilfe von ihr, sie hat mir einfach mal meine Sichtweise zurechtgerückt, mich auf meine inneren Schranken hingewiesen und vor allem geholfen, sie zu umgehen.
Wir trafen uns dann öfter, aber wir gingen nur wenig in der Körperkontakt: Nur im Arm halten, nicht weiter. Mehr war auch einfach nicht nötig. Der Körperkontakt war, wie immer zwischen uns, Ausdruck und Unterstützung der Kommunikation unserer Seelen miteinander. Wenn ich meine Hand auf ihren Bauch legte, dann floß dabei die Energie zwischen uns freier, ungehemmter, nochmals intensiver und lebendiger.
Sie war in dieser Zeit in einer festen Beziehung, die zwar teilweise so ihre Schwierigkeiten hatte, in der sie sich aber doch sehr, sehr wohl fühlte. Die Treffen mit mir waren Begegnungen zwischen Seelenpartnern und nicht zwischen Liebenden.
Dann geschahen zwei Dinge zugleich: Ich hatte einen längeren Auswärtstermin für die Firma und würde etwa eine Woche in einer anderen Stadt in einem Hotel verbringen. Und Misra stellte fest, dass sie von ihrem Freund schwanger war.
Beides nun nicht unbedingt Dinge, die etwas Besonderes wären. Zum Besonderen wurden sie dadurch, dass Misra gerade dabei war, sich von ihrem Freund zu trennen. Und zwar, ganz wichtig, nicht wegen mir, sondern weil die Beziehung sehr schwierig geworden war. Sie fühlte sich nicht mehr wohl mit ihm, er behandelte sie auch ziemlich unschön, und all die Liebe, die sie für ihn empfunden hatte war aufgebraucht. Aber nun das Kind!
Sie traf nach langem, schwerem Ringen die Entscheidung, das Kind nicht zu bekommen. In uns beiden reifte ein Plan: Sie würde mit mir kommen, und so würde ich in dieser schwierigen Zeit mit ihr zusammen sein können.
Es war eine trotz allem Leid und allen Tränen wundervolle Zeit. Ich hatte zwar tagsüber Termine wahrzunehmen, aber anbends und nachts konnten wir zusammen sein, ich hielt sie in meinen Armen und wir schliefen gemeinsam ein und wachten miteinander auf.
Dort, in dieser Welt außerhalb unserer eigenen Lebensräume, in dem Raum, der für diese Zeit nur uns alleine gehörte, dort schliefen wir das erste mal nach der Trennung wieder miteinander. Es war das Nach-Hause-Kommen nach langer, langer Trennung, das Wiederfinden der Einheit unserer Existenzen, und es war das Stillen des Durstes unserer Seelen nach Vollendung und Ausdrucksmöglichkeit der inneren Realität.
Wir waren wieder in einer Liebesbeziehung.