Syrius
Sehr aktives Mitglied
Lieber Syrius,
eventuell liegt es ja daran, dass ich diese Geschichten nicht aus einem verklärten Blick heraus betrachte, sondern mich auf die historischen Fakten und dem, was in den Evangelien tatsächlich steht, beschränke.
Das ist ja das grosse Problem bei Dir, lieber Merlin, Du nimmst es als Fakten. Du glaubst doch in der Tat, dass Menschen, die in der Inquisition als Beispiel die schlimmsten Gräueltaten vollbrachten, vor der Fälschung der Schriften Halt gemacht hätten?
Schon vergessen, dass er in den Tagen vor dem Passahfest im Tempel randaliert und laut verkündete, dass er diesen Tempel niederreisen wolle? Etwas, das auch heute noch zu Schwierigkeiten führen würde. Stell dir einmal vor, Du würdest auf den Tempelberg in Jerusalem steigen und lauthals verkünden, dass Du die Al-Aqsa-Moschee einreisen möchtest. Selbst heute kann in Österreich, Deutschland und der Schweiz die Störung der Religionsausübung mit Geld- oder Haftstrafen bestraft werden.
Jesus hat nicht randaliert, lieber Merlin, ein bisschen Respekt wäre hier schon angebracht. In der Vorhalle des Tempels waren Geldwechsler, Tierhändler und es trieb sich allerlei Gesindel herum - von Gottesfurcht keine Spur. Dass ein solcher Jahrmarktbetrieb nicht in einen Tempel und auch nicht in seinen Vorhof gehört ist klar.
Zudem sagt Johannes 2,19 brechet diesen Tempel! Will heissen: reisst ihn nieder. Sodann: am 3. Tage will ich ihn wieder aufbauen.
Aber schon damals verstanden nicht mal seine Jünger und noch heute gibt es welche, dass diese Aussage geistig zu verstehen war und ist!
Jesus sprach vom Niederreissen des Tempels, weil die Menschen, die im Tempel lehrten, so vieles falsch auslegten. Jesus war ja oft in den Tempel und in die Synagogen gegangen. Er versuchte das, was dort gelehrt wurde, richtig zu stellen, weil er sah, dass es im Widerspruch zur Wahrheit stand. So sprach man dort nicht von einem gütigen, sondern von einem zürnenden Gott und Gewalt solle mit Gewalt erwidert werden.
Jesus lehrte das Gegenteil. Also musste er das, was man in geistiger Sprache als 'Tempel' bezeichnete, die im Tempel verkündete falsche Lehre, niederreissen, um einen neuen 'Tempel', eine neue Lehre, eine neue Kirche zu errichten. Dies sollte geschehen, wenn er am dritten Tag als Sieger aus der Hölle hervorkommen würde, nachdem er dort das letzte Gericht gehalten und für alle Zeit Recht gesprochen hat.
Damit aber nicht genug, denn er hatte sich dann auch noch als den König der Juden bezeichnet...
Das hingegen ist eine leere Behauptung. Jesus hat das NICHT gesagt. Da hast Du etwas falsch verstanden.
Jesus war zu dieser Zeit nicht der einzige Messias in dieser Region und auch nicht der Einzige, der wegen Aufwiegelung gekreuzigt wurde.
Jesus wurde auf Betreiben des Hohepriesters von Pilatus verurteilt. Dieser hatte doch noch Erbarmen und stellte dem Volk die Frage, Jesus oder Barnabas. Wäre Jesus ein Aufwiegler gewesen, hätte Pilatus wie Du richtig sagst, kurzen Prozess gemacht.
Pilatus jedoch sah, dass die Priester um ihre Pfründe fürchteten und war anfänglich nicht gewillt, dieses Spiel mitzumachen. Erst als sie drohten, ihn andernorts anzuschwärzen und das Volk in die gleiche Kerbe hieb, tat er es und wusch seine Hände in Unschuld.
Pilatus liess auf die Tafel schreiben, Jesus von Nazareth, König der Juden. Jesus hat sowas von sich selbst nie gesagt. Und Pilatus tat dies um die Priester zu ärgern, in etwa: welch erbärmliche Volk seid ihr doch, dass ihr einen solch erbärmlichen König habt!Die Römer hatten zur Abschreckung an den Kreuzen meist eine Tafel angebracht, auf der das Vergehen des Betroffenen geschrieben stand.
lg
Syrius