Ein geliebtes Kind zu Grabe tragen...

Liebe Shizandra,

ich lese:

Ich habe mich darufhin gefragt, ob ich selbst ein Problem mit meinem eigenen Zulassen von Aggression habe. Allzuweit bin ich hierbei allerdings noch nicht gekommen,

Das wundert mich überhaupt nicht. Es ist nicht immer die "Spiegeltheorie"! Die ist als Universalmittel absolut untauglich- selbst wenn sie manchmal zutrifft. Es muss nicht sein, dass deine Partner "verdrängte Teile" von dir repräsentieren. Es kann einfach sein, dass du dir aus einer Verstrickung in deinem Herkunftssystem solche Männer gesucht hast. Dies wäre zu klären und vielleicht löst es sich auch. Allerdings halte ich "psychologische Gespräche" (ohne den phänomenologisch-systemischen Blick) für ungeeignet in diesem Anliegen. Dies ist ein ziemlich eindeutig systemisches.

Liebe Grüße
Christoph
 
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Ich wäre gespannt, über solch eine eventuelle Verstrickung etwas zu erfahren, denn wenn ich meine Verwandschaft durchgehe, waren alle immer nur LIEB. Ich wurde sogar eher ziemlich "verhätschelt" als Kind und konnte mir alles mögliche erlauben. Wie kann sowas also entstehen, daß man sich immer ausgerechnet aggressive, gewalttätige oder eifersüchtige Männer an Land zieht? Meinst Du mit systemisch, daß es gehäuft hitereinander auftritt, immer nach dem gleichen oder sehr ähnlichen Schema? Oder meintest Du eben Verankerungen im Herkunftssystem?

Greetinx, SHIZANDRA
 
Liebe Shizandra,

nach meinen Erahrungen kann so etwas entstehen, wenn FRAU unbewußt meint dies verdient zu haben und es erdulden zu müssen - aus einer vermeintlichen Unzulänglichkeit heraus- dem Irrtum selbst Böses in sich zu tragen welches verdient bestraft zu werden- ein Form der Selbstzüchtigung . . . . die erst dann endet wenn FRAU bewußt auch nach Außen demonstriert : Ich habe nur das Beste verdient wie ein Jeder Anderer auch.

Kannst Du damit etwas anfangen ?

Liebe Grüße von Diana
 
Liebe Shizandra,

deine Bemerkung

wenn ich meine Verwandschaft durchgehe, waren alle immer nur LIEB

deutet auf LIEB SEIN als sogenanntes familiäres Sekundärgefühl hin. Ein Gefühl, das Ersatz für viele - alle? - schwierigen anderen Gefühle ist. Zumeist entsteht das entweder wenn es gilt, ein anderes, schlimmes Gefühl nicht mehr fühlen zu müssen (Trauer, Schmerz z.B.) oder wenn es darum geht, zu beweisen, das man eher zu den Opfern denn zu den Tätern gehört. Letzteres kommt u.U. in Familien vor, wo es z.B. einen schlimmen (Massen-) Mord gegeben hat. Dann wird die mörderische Energie durch das "Lieb-Sein" versteckt. Auch das hohe Ross der Opfer kann ein Hintergrund sein. Opfer sind immer moralisch "besser", als die Täter. Und manchmal wähnen sie sich derart im Recht, dass sie meinen, mit dem Täter verfahren zu können, wie sie wollen. Das ist dann noch schlimmere Täterenenergie.

Kann sein, dass ein Mörder geliebt werden muss in deiner Familie.

Wenn es sich um ein Sekundärgefühl handelt mit diesem Hintergrund, dann träfe allerdings auch evtl. die Spiegeltheorie zu. Alle verdrängen das Böse in sich und projizieren es auf die Männer. Was ist mit den Männern? Sind die bei deinem Wort "jeder" mit drin?

Wenn in einer Familie "alle immer lieb sind", werde ich sehr misstrauisch. Manchmal - ohne das dies jetzt präjudizierend auf deine Familie gemeint ist - stellt sich genau das Gegenteil heraus. Nicht immer.

Meinst Du mit systemisch, daß es gehäuft hitereinander auftritt, immer nach dem gleichen oder sehr ähnlichen Schema? Oder meintest Du eben Verankerungen im Herkunftssystem?

Das kann u.U. sein, muss aber nicht. Mit systemisch meine ich, das es einen Zusammenhang mit früheren Mitgliedern des Systems hat. Das kann bis zu einigen Generationen zurück sein. Wenn es um etwas Schicksalhaftes geht, so können das bis zu 5 oder 7 Generationen sein. Da sind dann natürlich keine Fakten mehr zu recherchieren - zumeist.

Da man sich - wenn Bindung durch sexuellen Vollzug und besonders durch Kinder - entsteht, möglicherweise unbewusst in die Familie des Partners eingeklinkt hat und eine Person vertritt, die ausgeblendet wird, kann es sein, dass deine Männer samt und sonders Gefühle einer Person aus deiner Familie hatten. Da wäre drauf zu achten, ob sie in anderen Beziehungen auch so gewalttätig waren/sind. Aber sehr wahrscheinlich hast du dir solche ausgesucht, die irgendwie in deine Familie passten. Nicht an der "lieben" Oberfläche sondern in der Tiefe.

Deine Aufstellung dürfte spannend werden.

Liebe Grüße
Christoph
 
Mit LIEB meinte ich jetzt, daß meine familiäre Umgebung im Kindesalter (und bis heute) nie von Aggressionen oder Gewalt geprägt war. Oder soll ich sagen, zumindest so, daß ich es nicht mitbekam? Also meine Eltern kann ich da mal ausschließen, aber eben fällt mir gerade ein, daß ich im Nachhinein (also nach seinem Ableben) von meinem Großvater gehört habe, er soll auch des öfteren alkoholisiert gewesen sein. Sein jüngerer Sohn, also Bruder meines Vaters, bekam wohl auch öfter mal Schläge, weil er immer irgendwelchen (teils bestimmt auch groben) Unfug trieb, und dieser kam später selbst auch zu längerem Alkoholabusus. Mein Vater war eher der ruhige, folgsame und gewissenhafte Typ.

Was meine Partner angeht, war der zweite (von 1996-1998) auch in einer früheren Beziehung so, vom ersten (1994-1996) weiß ich es nicht.
Aber der dritte, also mein letzter Mann (von 1998-2004), war in JEDER vorherigen Beziehung aggressiv und gewalttätig, und soll, laut Aussagen von diversen Bekannten, bei mir eigentlich noch am harmlosesten gewesen sein. Und auch zum ersten Mal wirklich treu. Ich denke, das ist natürlich auch so ein Aspekt, wer selbst oft untreu ist, oder war, neigt wohl eher noch zur Eifersucht, weil er sich ja selbst nicht trauen kann. Das kann gar krankhafte Züge annehmen, gerade unter Alkoholeinfluß wird da einiges gesehen oder daraus gemacht, was nie so gemeint war. Da wird ein einfaches, höfliches Gespräch schon zu einer Anmache oder der Absicht "mehr" zu wollen. Na, was solls, darüber will ich mich jetzt nicht auslassen, ich könnt mich sonst noch reinsteigern,... und zum Glück ist's ja nun auch Vergangenheit.


Liebe Grüße und Gute Nacht, SHIZANDRA
 
Hallo Shizandra.

Dein Sohn wurde 1 Woche vor meiner Tochter geboren. Dein Erlebnis hat mir die Tränen in die Augen getrieben.

Ich fühle mich schäbig und gemein. Ich habe meine Tochter noch. Aber undankbar wie ich bin, kümmere ich mich viel zu wenig um die Kleine. Wenn solche Ereignisse, wie Du und Dein Sohn sie erleben mussten, einen Sinn haben, dann vielleicht den, dass sie uns die Prioritäten in unserem Leben neu vor Augen führen.


Mit der Wut der Trauer schwöre ich mir, keinen Augenblick mehr zu vergeuden.
Das Leben ist so verflucht kurz.

Wir wünschen uns, dass Dein Sohn die wenigen Tage mit Euch genossen hat.


Viele liebe Grüße von meiner Familie und mir.

Katvar Tsewang Gyuan
 
Lieber Katvar.

Ich danke Dir für Deine Zeilen.

Ja, er hat es genossen, jeden Augenblick.
Und er schenkte mir, wie zum Abschied, sein Lächeln.
Doch ich wußte nicht, daß es das letzte war,...
...sonst hätte ich ihn den ganzen Tag nichtmehr aus meinen Armen gegeben.

Er hat mir gesagt, wie sehr er mich liebt, und er hat seine Geschwister geliebt, so wie sie ihn. Er hat es genossen, dabeizusitzen, wenn sie spielten, wenn sie sich ein Video ansahen, oder wenn sie aßen. Er war dabei, wenn ich die anderen ins Bett gebracht und ihnen vorgesungen habe. Er war ein sehr liebes, sehr stilles, sehr aufmerksames Kind. Hat jeden meiner Schritte mit seinem Blick verfolgt.

Ich habe nach seinem Tod ein sehr ausführliches Kinder-Horoskop für ihn erstellen lassen, und sah, daß er ein wundervoller Mensch geworden wäre. Er wäre sehr mit seinen Geschwistern verbunden, und seine Familie sei ihm das Wichtigste, stand unter anderem darin. Ich hätte ihn so gerne besser kennengelernt und sein wachsendes Wesen erfasst. Nun bleibt er ein ewiges Kind.

Doch Du mußt Dich nicht schäbig fühlen, sondern glücklich, daß du Deine Tochter erleben darfst. Sehen, wie sie wächst, verfolgen, was sie lernt, helfen, wenn sie Dich braucht. Genieße es! Wohl war, es kann so kurz sein.
Und meist weiß man es vorher nicht. Seitdem denke ich häufig, wenn ich mich irgendwo verabschiede, wenn ich Menschen, Freunde, verlasse, daß es immer das letzte Mal gewesen sein könnte. Man weiß nie, ob man sich wiedersieht. Deshalb muß jeder Moment, jede Begegnung voll ausgekostet werden, damit es so schön und so innig wie möglich ist. Ich sage meinen Kindern täglich, wie sehr ich sie liebe, und wie froh ich bin, daß sie da sind.

Ich wünsche Dir und Deiner Familie alles erdenklich Gute.
Und viel Spaß und Freude mit der süßen, kleinen Tochter.


Liebe Grüße, SHIZANDRA
 
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Hallo ;(

Oh, das ist traurig. Sehr traurig.
Mir selbst blieb sowas zum Glück bisher erspart, einen mir bekannten, lieben Menschen zu verlieren.
Ich wüßte auch nicht, wie ich damit umgehen sollte.

Und um nicht nochmehr Blödsinn zu reden, wünsche ich dir einfach mal viel Kraft und Glück.


mfg Gedanke
 
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