Verstehe. Du meinst, diese Denke wäre nicht im Bauplan vorgesehen gewesen. Du willst damit sagen, dass es nicht als mangel wahrgenommen werden soll(te) sondern als Fülle/Gewinn oder Überschuß, oder so wie du schreibst: als ergänzung.
In dieser Richtung, ja - dasind aber noch Feinheiten. Ich meine nicht dass es warhgenommen, oder dass es überhaupt irgendwas sollte. Stell Dir mal einfach zwei Zahnräder vor - die greifen ineinander oder sie tun es halt nicht - das hat nichts damit zu tun ob man es wahrnehmen sollte, sondern, wenn sie ineinandergreifen dann gibt es Traktion, und dann passiert eine Wirkung (Zusammenspiel, Ergänzung) - wurscht ob man was wahrnimmt oder nicht wahrhnimmt.
Schwierig wird die Sache freilich dadurch, weil wiederum die Schöpfung auf einer bestimmen Ebene ein geistiger Prozess ist - und damit sind diese Wirkungsgefüge eben doch wieder Phänomene von Bewusstsein, und haben also auch irgendwie mit Denken und Wahrnehmen zu tun.
Wir haben da also (mindestens) zweierlei Qualitäten, wie Bewusstsein spielt: eine Qualität wo das Zusammenwirken statthat - die kann sehr unmittelbar sein oder mächtig/göttlich, und braucht gar nicht erst bedacht und bewertet werden - und eine andere Qualität, wo wir von Wahrnehmungen sprechen und von Lebensweisheiten, und das passiert mittels Sprache und intellektuell und reflektierend und eben nicht unmittelbar, sondern taktisch. Aber beides würden wir "Wahrnehmen" nennen.
Sprache ist da probematisch, weil sie einerseits nicht differenziert genug ist um diese Prozesse inhaltlich zu unterscheiden, andererseits aber intellektuell reflektierend wirkt und dadurch auch von der Unmittelbarkeit abschneidet.
[Deswegen pervertieren alle Religionen und politischen Ideologien in der dritten Generation, und das ist es was gemeint ist mit <das was benannt werden kann ist nicht das Tao>.]
Und somit in diesem sinne diese art von individualisierung (hilf dir selbst....) so nicht im bauplan vorgesehen ist.
Das hab ich auch nicht so ganz so gesagt. Ich sage, der Bauplan ist ursprünglich in einer Weise dargestellt, dass ein funktionerendes Ganzes ermöglicht wird. Der Bauplan ist insofern perfekt und gut, dass da kein Mangel bzw. Defekt darin ist.
Ich würde aber auch wiederum nicht sagen, dass irgendetwas explizit nicht vorgesehen (und mithin also ausgschlossen oder unmöglich) wäre! Es ist soweit ich sehe alles erlaubt und alles möglich - und alles hat Konsequenzen.
Man kann aber von da eben nicht sagen, dass die "Not" irgendwie gegeben oder unausweichlich sei - sondern da findet nur eine Konsequenz statt, gemäß Gesetzmäßigkeiten, die man auch wieder finden und erkennen kann.
Und das find ich das eigentlich schöne und faszinierende an dem ganzen: es ist eine Herausforderung für das Bewusstsein - denn es ist da nichts vorab festgelegt, es gibt auch keine Vorschriften - aber es gibt Gesetzmäßigkeiten, Konsequenzen ---
Individualisierung ist in dem fall dann selbstverwirklichung und nicht ablehnung von ergänzung-Oder: selbstverwirklichung/individualisierung und ergänzung schließen einander nicht aus sondern selbstverwirklichung/individualisierung wird durch ergänzung gefördert.
Genau. Das ist eines der Dinge, die sich nach meinem Eindruck daraus folgern lassen. Wie das funktionieren kann, nun, das gilt es wohl auszuprobieren und herauszufinden. Und da könnte man auch wieder zurückkommen auf das obige funktioniert/funktioniert-nicht: es braucht dazu im grunde gar keine Gesetze und moralischen Gebote und Gurus und Lehrer und Anleitungen und Bücher usw.