Guten Morgen!
Camajan schrieb:
du kritisierst in markigen Worten ein völlig selbstverständliches Recht aller Organisationen. Anscheinend willst du der Katholischen Kirche also dieses Recht entziehen. Das ist diskriminierend.
Zunächst einmal: Ich persönlich weiß nicht welche Laus dir über die Leber gelaufen ist, allerdings ist dein Vorwurf, daß ich die Kirche "diskriminieren" würde, völlig an den Haaren herbeigezogen.
Ganz im Gegenteil sogar: Ich bin ein
toleranter Katholik und besuche regelmäßig Gottesdienste, lese die Bibel und glaube an Engel und einen "exoterischen Gott", womit ich mir in diesem "esoterischen Forum" bis jetzt viel Kritik eingehandelt habe. Ich setze mich sehr bewusst mit verschiedenen Religionen und der Lehre der katholischen Kirche auseinander. Allerdings nehme ich mir auch das Recht heraus die Kirche unter Berücksichtigung der Geschichte für ihre heutige Politik zu kritisieren. Dabei trenne ich sehr scharf zwischen der Lehre Jesu Christi und der Lehre der katholischen Kirche. Wenn du mein Recht auf freie Meinungsäußerung, als mündigen Bürger Deutschlands und insbesondere als Moderator dieses Forums, bezüglich der Kirche schon als diskriminierend wertest, dann finde ich diese Haltung sehr bedenklich!
Um inhaltlich auf deine Worte einzugehen...
Wenn wir über die
katholische Kirche sprechen, dann sprechen wir nicht über einen Kegelverein in Hintertupfingen, sondern über die zahlenmäßig bedeutsamste Weltreligion, die für sich in Anspruch nimmt die einzig wahre Religion auf Erden zu sein! Aus den Anfängen der
christlichen Urgemeinden hat sich im Laufe vieler Jahrhunderte ein Machtapparat entwickelt, der seine Macht u.a. mit fragwürdigen Methoden verteidigte und heute sogar seinen eigenen
(Vatikan-)Staat besitzt! Das Gesamtvermögen der Kirche beläuft sich auf ca.1,5Mrd. Euro; es gibt ca. 2Mrd. Christen auf der Erde, wovon ca. 1,25 Mrd. Katholiken sind. Die größte Macht aber übt die Kirche noch heute in den Köpfen ihrer Schäfchen aus, zumal der Papst a priori als "unfehlbar" gilt.
Soviel Macht und Öffentlichkeit bedeutet aber auch Verantwortung. Wenn der Papst daher eine Verlautbarung erläßt, wonach Kondome verboten werden, so ist das eben nicht egal.
Hier geht es eben nicht um das Recht eines Vereins die eigenen "Spielregeln" aufzustellen, sondern um eine Institution, die aufgrund ihrer Machtposition weit in das Privatleben ihrer direkten (Priester) und indirekten ("Schäfchen") Mitglieder eingreift. Wir leben aber nicht mehr im Mittelalter, wo der Aberglaube und die Angst vor der kirchlichen Gerichtsbarkeit größer war, als das Recht auf Meinungsfreiheit.
Die restriktive Haltung der Kirche gegenüber Kondomen läßt sich durch nichts begründen. Ja mehr noch... Angesichts der weltweiten Zunahme von HIV-Infektionen muß sie zynisch erscheinen.
Camajan schrieb:
Du kannst diesen harten Vorwurf sicherlich belegen.
Bitte nenne Zahlen.
1.) Dieser Vorwurf (-> Politik auf Kosten von Menschenleben) begründet sich einerseits historisch:
Die Geschichte der katholischen Kirche war sehr eng mit der blutigen Geschichte Europas verwoben und die Päpste des Mittelalters gingen äußerst skrupellos vor, um ihre Interessen und die der Kirche durchzusetzen. Siehe dazu folgende Beispiele:
http://www.wissen.swr.de/sf/begleit/bg0039/ch04.htm
1095 ruft Papst Urban II. die europäische Ritterschaft auf, das Heilige Land vom Islam zu befreien. Die Kreuzzüge werden eine verlustreiche Massenbewegung. Das Christentum ist zur Monopolreligion geworden. Alles, was die Einheit dieses religiös-politischen Kosmos zu stören scheint, wird als massive Bedrohung der Weltordnung empfunden und mit immer härteren Mitteln bekämpft. Das bekommen Abweichler wie die Katharer, Albigenser und Waldenser zu spüren. In den Städten entsteht eine neue Universität als "Weltmacht". Das grandiose theologische Denk- und Lehrgebäude der Scholastik, der mittelalterlichen Philosophie, versucht Glaube und Vernunft zu vereinen. Während Papst und Kaiser ihren Machtkampf in immer neuen Runden ausfechten, gründen Franz von Assisi und Dominikus neuartige Bettel- und Wanderorden, die sich dem biblischen Armutsideal verpflichten.
http://www.wissen.swr.de/sf/begleit/bg0039/ch07.htm
Amtsmissbrauch von Papst und Kurie, sittliche Verwahrlosung des Klerus und hemmungslose Vermarktung der Seelsorge: Die Leitung der Kirche steckt in der eigenen Sackgasse und scheint unfähig, sich zu befreien. Der Augustinermönch Martin Luther quält sich mit der Frage nach der Rechtfertigung des Menschen vor Gott. Im Römerbrief des Hl. Paulus findet er eine lange verschüttete Antwort: Die Gnade Gottes ist unverdientes Geschenk. Nicht fromme Werke, sondern allein der Glaube führt zum Heil.
2.) Und zu anderem aus heutiger Sicht:
Da viele Länder dieser Welt sehr arm sind und deren Bevölkerung nur mangelhaft gebildet bzw. ausgebildet wurde, herrscht dort über weite Strecken immer noch Aberglaube. Dieser erstreckt sich über die Erklärung von Naturphänomenen bis hin zur Bekämpfung von Krankheiten mit allerlei Hexenritualen. Die katholische Kirche schürt diesen Aberglauben noch, indem sie beispielsweise ihre offiziell theologische Lehre von Himmel-Hölle-Fegefeuer verbreitet und in missionarischem Anspruch
ihre Moralvorstellungen geltend macht. Die Kirche ist für die Verbreitung von Aids und anderer Geschlechtskrankheiten nicht alleine verantwortlich... Aber sie ist
mitverantwortlich, da viele Menschen sich von der Kirche beeinflußen lassen.
Diese Einflußnahme nimmt aber in dem Maße zu, wo im Gegensatz die allgemeine Schulbildung abnimmt.
Camajan schrieb:
Ansonsten muss dein Vorwurf
als Verleumdung gelten.
Quatsch mit Soße!
Camajan schrieb:
Was bleibt ist die Frage, wie du zu dieser Einschätzung kommst.
s.o.
Camajan schrieb:
Aber deine Kontra-Inquisition gegen die Kirche ist unerschütterlich. Deine Einstellung gleicht derjenigen der Kirche vor 350 Jahren.
Ich betreibe keine "Kontra-Inquisition", sondern betrachte mich als mündigen Bürger mit dem Recht Kritik üben zu dürfen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Christentum
In der Kritik lässt sich eine Tendenz ausmachen, sich nicht nur auf rein institutioneller Ebene verbreitende fundamental-dogmatische Richtungen des Christentums als im Kern der christlichen Lehre widersprechend zu zeigen. Das gilt besonders, wenn in den fundamental-dogmatischen Richtungen u.a. die Bibel unkritisch und unhistorisch wörtlich genommen wird und daraus Verhaltensregeln - z.B. zur Sexualmoral - und konservative Weltanschauungen als zum Christentum zugehörig postuliert werden. Autoren dieser Bewegung wie etwa Bruce Bawer (Stealing Jesus: How Fundamentalism Betrays Christianity), Clayton Sullivan (Rescuing Jesus from the Christians) und der episkopalische Bischof John Shelby Spong (mannigfaltige Publikationen) versuchen, die Lehre des Jesus von diesen späteren Zutaten (also auch von kirchlichen Lehren wie der Erbsünde des Menschen) zu befreien. Stattdessen verteidigen diese Autoren ein auch die menschliche Sexualität in all ihren Varianten bejahendes Christentum, da sie den Menschen für fähig halten, in diesen Fragen selbst zu urteilen.
Diese Kritik betrifft im wesentlichen diesen Punkt. Ich persönlich kann nicht erkennen, daß meine Weltanschauung im Mittelalter stehen geblieben ist.
Camajan schrieb:
Damit berücksichtigst du nicht die verschiedenen sozio-kulturellen Unterschiede
zwischen europäischer und afrikanischer Lebensweise.
Die sexuelle Gewalt gegen Frauen und Kinder, ignorante Behörden ohne jedes
Wächteramt, erschreckende Armut, die Kondome unbezahlbar macht -
alles "biologisch und daher völlig natürlich" also?
Du schönredest mit kindlicher Naivität deine Einstellung
und geisselst in einem Atemzug die Kirche wegen
genau dieser Naivität.
Was du hier zusammenschreibst ist mal wieder Quatsch mit Soße!
Ich berücksichtige nicht die sozio-kulturellen Unterschiede??? Versuche ich etwa zu missionieren oder anderen Menschen meine Vorstellung von Moral aufs Auge zu drücken? Glaube ich daran, daß sich das europäische Lebensmodell 1:1 auf alle Menschen dieser Erde übertragen läßt? Nein!
Ich habe
nirgendwo geschrieben, daß "Die sexuelle Gewalt gegen Frauen und Kinder, ignorante Behörden ohne jedes Wächteramt, erschreckende Armut, die Kondome unbezahlbar macht - alles "biologisch und daher völlig natürlich" also?" (Zitat Camajan), sein soll. Für deine abstruse Fantasie bin ich nicht verantwortlich!!!
Ich habe geschrieben, "... daß Sexualität zwischen den Menschen weder unmoralisch noch verwerflich, sondern biologisch und daher völlig natürlich ist." Damit meine ich, daß in Europa jeder nach belieben herumbumsen kann, wobei wir in unserer Doppelmoral meinen, daß die Afrikaner dieses besser unterlassen sollten, damit sich Aids nicht weiter verbreitet.
Aids bekämpft man nicht mit falschen Moralvorstellungen, sondern mit Aufklärung, Bildung, Verantwortungsbewusstsein, Entwicklungshilfe und Kondomen!
Camajan schrieb:
Na immerhin.
Übrigens findet sich in der Wikipedia-Übersicht
der Gründe für AIDS in Afrika kein Wort über die
kath. Kirche. Wie vereinbarst du das mit deiner
Einstellung?
Du mußt schon etwas genauer lesen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Aids_in_Afrika
Ursachen schrieb:
Kostengründe: Die Bevölkerung Südafrikas gehört zu den ärmsten der Welt. Werden Kondome und HIV-Tests den Betroffenen nicht gratis zur Verfügung gestellt, so werden diese Mittel nicht breite Verwendung finden.
Situation der Infizierten schrieb:
Zum anderen werden die Bedingungen kritisiert, die erfüllt werden müssen, um Geld zu erhalten. So dürfen Therapieprogramme nur bestimmte Markenprodukte anstelle von Generika benutzen, was eine Therapie verteuert. Auch die deutliche Bevorzugung von religiösen amerikanischen Organisationen (Faith based Organisations) gegenüber anderen nichtstaatlichen Organisationen und Initiativen wird kritisiert. Von diesen religiösen Organisationen wird oft der Gebrauch von Kondomen abgelehnt – dem effektivsten Mittel im Kampf gegen die Pandemie.
Camajan schrieb:
Was ist daran falsch?
Ein Gläubiger, der diese Regeln befolgt, schützt sich damit
vor AIDS, unbezweifelbar.
Nicht Gläubige hingegen befolgen diese Regeln sowieso nicht,
also werden sie sich vom Papst nicht vom Kondomgebrauch
abhalten lassen.
Wie überzeugst du mich also, dass deine gesamte
Argumentation nicht gänzlich gegenstandslos ist?
Oder zumindest einseitig und überdenkenswert?
Was daran falsch ist, ist die kirchliche Arroganz und die westliche Doppelmoral. (s.o.) Kondome sind und bleiben ein wichtiges medizinisches Produkt zur Verhütung und Schutz vor Geschlechtskrankheiten. Wir haben nicht die Sexualmoral der afrikanischen Bevölkerung und die Kultur Afrikas zu kritisieren!
Camajan schrieb:
Das hast du schön gesagt. Fang an!
Ein selten geistreicher Kommentar!
Liebe Grüße
Toffifee