Energeia schrieb:
Ich glaube, dass die Unterscheidung von "wirklicher Erkenntnis" und "äußerer/nicht-wirklicher Erkenntnis" ein Erbe der westlichen, subjektphilosophischen, rationalen Aufklärung darstellt: "Wie, Du handelst noch nicht nach deiner Erkenntnis? Na, dann ist es noch keine wirkliche Erkenntnis! Denk weiter! Du bist auf dem richtigen Weg.".
Das typisch westliche daran ist die Aufforderung zur Verbesserung des Ich und das kommt aus der christlichen Auffassung von der Erbsünde, nach der sich jeder Mensch erst einmal zu einem guten Menschen entwickeln muss. Es steckt dem Westen so tief in den Knochen, dass selbst die Aufklärung davon beeinflusst ist.
Das ist der Unterschied zur östlichen Sicht. Da geht es nicht um Verbesserung, sondern um Erkenntnis.
Es gibt wohl keinen richtigen oder falschen Weg. Es gibt den Weg, aber keinen, der ihn geht. Jemand, der so etwas sagt: : "Wie, Du handelst noch nicht nach deiner Erkenntnis?, spricht von einer anderen Erkenntnis.
Allein der Gedanke, dass es da ein Du gibt, welches nach seiner Erkenntnis handeln könnte, ist in sich ohne Erkenntnis. Das dahinter verborgene Motiv ist vom illusorischen Ich erzeugt. Der Sprechende offenbart seine Absicht, nämlich den eingebildeten Anderen zur Verbesserung zu animieren. Der Sprechende offenbart hier sein Denkmuster und ist offenbar nicht in der Wahrheit, sondern an der Erfüllung seines Willens interessiert, basierend auf Unwissenheit und Ignoranz.
Energeia schrieb:
Also ob der psycho-biologische Haufen die Rechnung richtig zu Ende rechnen müsste - und er vorher sich immer verrechnet hatte - so dass sich dann plötzlich durch die Erkenntnis (geniehaft) die Konditionierungen auflösen - ebenfalls ein Ideal der gleichen Zeit (Romantik). Ich glaube nicht, dass die "Rechnung" vorher noch nicht von innen kam und sie dann irgendwann von innen kommt und der Rechner nun die Rechnung richtig gerechnet hat, bis auf die Kommastelle, so dass es zur Erkenntnis kommt.
Wie gesagt, der Ursprung dieser Situation ist die Verbesserungsabsicht, die wiederum aus einer verzerrten Selbstwahrnehmung herrührt. Damit ist die Wurzel schon vergiftet. Nach den Blüten zu schauen ist sinnlos, denn sie können nicht dem Diktat der Wurzel widersprechen
Energeia schrieb:
Lass uns doch lieber von vertiefender Einsicht, von einem hermeneutischen Kreisen, von Spiralen des Verstehens sprechen - innere Wellen, die immer mehr die Schwingung eines spirituellen, universellen Meeres annehmen, um irgendwann in dieses hineinzufließen.
Ja, es ist einfach eine Frage der Wahl der Bilder. Rhythmus kann als Kreisbewegung oder als Ping Pong Bewegung betrachtet werden. Aber gerne kann es so ausgedrückt werden: innere Wellen, die immer mehr die Schwingung eines spirituellen, universellen Meeres annehmen, um irgendwann in dieses hineinzufließen.
Energeia schrieb:
Ich stimme dir viel mehr zu, wenn Du sagst, dass das Leiden (dukkha) die Umkehr vorantreibt, Hand in Hand mit dem kreisenden, einsichtigen Verstehen.
Diese Verstehen kann auch ohne einen Verstehenden auskommen.
Energeia schrieb:
Auch wenn die Kalapas ständig zerfallen, feinste Energie-Vibrationen, die ständig entstehen und vergehen, dann verbleiben dennoch die Konditionierungen auf einer anderen Ebene (als Sankharas) im Geiste und reagieren auf neu entsehende Empfindungen - wie zuvor..
Die Konditionierungen mögen reagieren. Das Bewusstsein dessen, dass diese Bewegungen aus der Leere kommen und in der Leere verschwinden lässt sie verblassen.
Energeia schrieb:
Am nächsten Morgen steht das illusorische Ich auf und träumt weiter den Traum seiner Existenz: wie sollte es sich anders erklären, dass es meditiert, dann zur Arbeit geht, das Frühstück zu sich nimmt, ... ?
Aber es ist sich nun bewusst, dass es ein Traum ist.
Energeia schrieb:
Und das sollte es auch so lange tun, bis die Leiter weggeworfen wird, mit der über das Ich hinausgestiegen werden kann; sonst wird es nie zum Aufstieg kommen, sondern wird das Ich lediglich vom Aufstieg träumen - und dann auch niemals absteigen, sondern im Traum des Aufstiegs verweilen.
Dann muss es verweilen, denn es ist nicht das Ich, welches den Aufstieg verursacht. Das Ich kann nichts tun, denn es existiert nicht. Das Ich selbst ist der Traum.
Liebe Grüsse, m
