parsival
Sehr aktives Mitglied
- Registriert
- 22. Dezember 2019
- Beiträge
- 3.481
fortsetzung
"Nun können Sie sich denken, daß es durchaus im Interesse der ahrimanischen und der luziferischen Mächte liegt, dieses Geheimnis der Dreizahl zu verhüllen. Denn die richtige Durchdringung dieses Geheimnisses der Dreizahl befähigt ja die Menschheit, den Gleichgewichtszustand zwischen ahrimanischen und luziferischen Mächten herzustellen. Das heißt auf der einen Seite, alle Tendenz nach Freiheit, dasLuziferische, zu benützen zu einem gedeihlichen Weltenziele, auf der anderen Seite das gleiche zu tun mit dem Ahrimanischen. Des Menschen normalster Geisteszustand besteht darin, in der richtigen Weise sich hineinzuversetzen in diese Trinität der Welt, in diese Struktur der Welt, insofern ihr die Dreizahl zugrunde liegt. Es bestand nun und besteht - wir werden die Quellen dieses Bestehens schon noch genauer morgen und übermorgen zu besprechen haben - einmal in dem, was auf das menschliche Geistes- und Kultur-leben Einfluß hat, eine starke Tendenz, den Menschen zu verwirren inbezug auf diese Bedeutung der Dreizahl. Eine starke Tendenz besteht, den Menschen mit Bezug auf diese, wir dürfen sagen, heilige Dreizahl zu verwirren. Und wir können in der neueren Menschheitskultur sehr deutlich sehen, wie fast ganz zugedeckt wird diese Gliederung nach der Dreizahl durch eine Gliederung nach der Zweizahl. Bedenken Sie nur einmal, daß man ja sogar, um den Goetheschen «Faust» richtig zu verstehen, wie ich das öfter hier auseinandergesetzt habe, wissen muß, daß bis in dieses gewaltige Weltengedicht hinein die Verwirrung mit Bezugauf diese Dreizahl spielt. Hätte Goethe zu seiner Zeit schon ganz durchschauen können, wie es sich eigentlich mit diesen Dingen verhält, dann hätte er nicht bloß dargestellt als den Gegner des Faust, als denjenigen, der Faust herabzieht, die mephistophelische Macht, sondern er hätte dieser mephistophelischen Macht, von der wir ja wissen, daß sie identisch ist mit der ahrimanischen Macht, gegenübergestellt die luziferische Macht, und es würden Luzifer und Mephistopheles als zwei Parteien im«Faust» auftreten. Das habe ich ja schon wiederholt hier ausgeführt.Man kann auch, wenn man die Goethesche Mephistopheles-Figur studiert, genau sehen, wie Goethe überall durcheinandergebracht hat in der Charakteristik des Mephistopheles das luziferische und das ahri-manische Element. Die Figur des Mephistopheles ist bei Goethe gewissermaßen aus zwei Elementen gemischt. Es ist keine einheitliche Gestalt. Es ist bunt durcheinandergeworfen das luziferische und das ahrimanische Element. Ich habe das in meinem kleinen Büchelchen«Goethes Geistesart» ausführlicher auseinandergesetzt. Diese Verwirrung, die also bis in den Goetheschen «Faust» hinein-spielt, ist durchaus darauf begründet, daß nach einer gewissen Richtung hin - in älterer Zeit war es anders — in der neueren Menschheitsentwicklung sich der Wahn geltend gemacht hat, an die Stelle der Dreizahl, wenn man auf die Weltstruktur sieht, die Zweizahl zu setzen: das gutePrinzip auf der einen Seite, das böse Prinzip auf der anderen Seite, Gott und den Teufel. Denken Sie nur, daß wir also festzustellen haben: Will jemand sachgemäß in die Weltenstruktur hineinblicken, dann muß er die Dreizahl anerkennen, muß anerkennen, daß sich gegenüberstehen das luziferische und das ahrimanische Element, und daß das Göttliche besteht in dem Gleichgewichthalten zwischen beiden. Dem haben wir gegenüberzustellen den Irrwahn, der eingezogen ist in die Geistesentwickelungder Menschheit mit der Zweiheit, mit Gott und dem Teufel, mit dengeistig-göttlichen Mächten oben und den teuflischen Mächten unten.
Es ist so, wie wenn man den Menschen gewissermaßen hinausbringen,hinausquetschen würde aus der Gleichgewichtslage, wenn man ihm verhehlt, daß das eigentliche Heil des Weltenverständnisses in dem richtigen Auffassen der Dreizahl besteht, und wenn man ihm vormacht, daß irgendwie die Weltenstruktur bedingt sei durch eine Zweizahl.Dennoch ist bestes menschliches Streben diesem Irrtum verfallen.Will man auf diesen Punkt eingehen, dann muß man das gar sehr ohne alles Vorurteil tun, dann muß man wirklich einmal sich hinaus versetzen in eine vorurteilslose Sphäre. Dann muß man gar sehr unterscheiden zwischen den Sachen und den Namen. Dann muß man sich nicht verführen lassen zu der Meinung: dadurch, daß man einer Wesenheit einen bestimmten Namen gibt, sei diese Wesenheit auch schon in der richtigen Weise vom Menschen empfunden. Fassen wir einmal den Begriff derjenigen Wesenheiten, die der Mensch als seine göttlichen Wesenheiten empfinden soll, dann müssen wir uns sagen: Der Mensch kann richtig diese Wesenheiten nur empfinden, wenn er sie sich denkt als das Gleichgewicht bewirkend zwischendem luziferischen und dem ahrimanischen Prinzip. Er kann dasjenige,was er als sein Göttliches empfinden soll, niemals als Richtiges empfinden, wenn er auf diese Dreigliederung nicht eingeht. Betrachten Sie von diesem Gesichtspunkte aus einmal eine Dichtung wie «Das verlorene Paradies» von Milton> oder betrachten Sie eine Dichtung wie KlopStocks Messiade, die unter dem Einflüsse des «Verlorenen Paradieses»von Milton entstanden ist. Da haben Sie im Grunde nichts von einem wirklichen Verständnis einer dreigliedrigen Weltstruktur, da haben Sie einen Kampf zwischen vermeintlich Gutem und vermeintlich Bösem,den Kampf zwischen dem Himmel und der Hölle. Da haben Sie so recht in die menschliche Geistesentwickelung den Irrwahn der Zweiheit hineingetragen. Da haben Sie dasjenige, was vielfach im populären Bewußtsein wurzelt als der wahnvolle Gegensatz zwischen Himmel undHölle, in zwei neuere Weltgedichte hineingetragen.
Es nützt nichts, wenn Milton oder Klopstock die Wesen des Himmels als göttliche Wesen bezeichnen. Göttliche Wesen, wie sie der Mensch empfinden soll, wären sie nur, wenn zugrunde läge die dreigliedrige Struktur des Weltendaseins. Dann würde man sagen können: Da findet ein Kampf statt zwischen dem guten Prinzip und dem bösenPrinzip. So aber, wie die Sache liegt, wird eine Zweiheit angenommen,dem einen Glied dieser Zweiheit das Gute beigelegt, Namen gefunden,die den Wesen beigelegt werden, die eigentlich vom Göttlichen her genommen sind, und auf die andere Seite das teuflische, das antigöttliche Element gestellt. Was ist damit eigentlich in Wirklichkeit getan?Damit ist in Wirklichkeit nichts Geringeres getan, als daß das wirklich Göttliche aus dem Bewußtsein herausgerückt ist, und daß das Luziferische mit dem göttlichen Namen belegt wird, daß wir in Wahrheitvorliegen haben einen Kampf zwischen Luzifer und Ahriman, und daßvnur dem Ahriman luziferische Eigenschaften beigelegt werden, undvdem Reiche des Luzifer werden die göttlichen Eigenschaften beigelegt. Sie sehen, von welch ungeheurer Tragweite eine solche Betrachtung eigentlich ist. Während die Menschen glauben, mit einer solchen Gegen-überstellung, wie man sie findet in Miltons «Verlorenem Paradies» oder in Klopstocks «Messias», habe man es zu tun mit den göttlichen und den höllischen Elementen, hat man es in Wahrheit zu tun mit dem luziferischen und dem ahrimanischen Elemente. Vom wirklich göttlichen Elemente liegt kein Bewußtsein vor, dagegen werden dem luziferischen Elemente die göttlichen Namen beigelegt.
dornach 21.11. 1919, GA 194
fortsetzung folgt
"Nun können Sie sich denken, daß es durchaus im Interesse der ahrimanischen und der luziferischen Mächte liegt, dieses Geheimnis der Dreizahl zu verhüllen. Denn die richtige Durchdringung dieses Geheimnisses der Dreizahl befähigt ja die Menschheit, den Gleichgewichtszustand zwischen ahrimanischen und luziferischen Mächten herzustellen. Das heißt auf der einen Seite, alle Tendenz nach Freiheit, dasLuziferische, zu benützen zu einem gedeihlichen Weltenziele, auf der anderen Seite das gleiche zu tun mit dem Ahrimanischen. Des Menschen normalster Geisteszustand besteht darin, in der richtigen Weise sich hineinzuversetzen in diese Trinität der Welt, in diese Struktur der Welt, insofern ihr die Dreizahl zugrunde liegt. Es bestand nun und besteht - wir werden die Quellen dieses Bestehens schon noch genauer morgen und übermorgen zu besprechen haben - einmal in dem, was auf das menschliche Geistes- und Kultur-leben Einfluß hat, eine starke Tendenz, den Menschen zu verwirren inbezug auf diese Bedeutung der Dreizahl. Eine starke Tendenz besteht, den Menschen mit Bezug auf diese, wir dürfen sagen, heilige Dreizahl zu verwirren. Und wir können in der neueren Menschheitskultur sehr deutlich sehen, wie fast ganz zugedeckt wird diese Gliederung nach der Dreizahl durch eine Gliederung nach der Zweizahl. Bedenken Sie nur einmal, daß man ja sogar, um den Goetheschen «Faust» richtig zu verstehen, wie ich das öfter hier auseinandergesetzt habe, wissen muß, daß bis in dieses gewaltige Weltengedicht hinein die Verwirrung mit Bezugauf diese Dreizahl spielt. Hätte Goethe zu seiner Zeit schon ganz durchschauen können, wie es sich eigentlich mit diesen Dingen verhält, dann hätte er nicht bloß dargestellt als den Gegner des Faust, als denjenigen, der Faust herabzieht, die mephistophelische Macht, sondern er hätte dieser mephistophelischen Macht, von der wir ja wissen, daß sie identisch ist mit der ahrimanischen Macht, gegenübergestellt die luziferische Macht, und es würden Luzifer und Mephistopheles als zwei Parteien im«Faust» auftreten. Das habe ich ja schon wiederholt hier ausgeführt.Man kann auch, wenn man die Goethesche Mephistopheles-Figur studiert, genau sehen, wie Goethe überall durcheinandergebracht hat in der Charakteristik des Mephistopheles das luziferische und das ahri-manische Element. Die Figur des Mephistopheles ist bei Goethe gewissermaßen aus zwei Elementen gemischt. Es ist keine einheitliche Gestalt. Es ist bunt durcheinandergeworfen das luziferische und das ahrimanische Element. Ich habe das in meinem kleinen Büchelchen«Goethes Geistesart» ausführlicher auseinandergesetzt. Diese Verwirrung, die also bis in den Goetheschen «Faust» hinein-spielt, ist durchaus darauf begründet, daß nach einer gewissen Richtung hin - in älterer Zeit war es anders — in der neueren Menschheitsentwicklung sich der Wahn geltend gemacht hat, an die Stelle der Dreizahl, wenn man auf die Weltstruktur sieht, die Zweizahl zu setzen: das gutePrinzip auf der einen Seite, das böse Prinzip auf der anderen Seite, Gott und den Teufel. Denken Sie nur, daß wir also festzustellen haben: Will jemand sachgemäß in die Weltenstruktur hineinblicken, dann muß er die Dreizahl anerkennen, muß anerkennen, daß sich gegenüberstehen das luziferische und das ahrimanische Element, und daß das Göttliche besteht in dem Gleichgewichthalten zwischen beiden. Dem haben wir gegenüberzustellen den Irrwahn, der eingezogen ist in die Geistesentwickelungder Menschheit mit der Zweiheit, mit Gott und dem Teufel, mit dengeistig-göttlichen Mächten oben und den teuflischen Mächten unten.
Es ist so, wie wenn man den Menschen gewissermaßen hinausbringen,hinausquetschen würde aus der Gleichgewichtslage, wenn man ihm verhehlt, daß das eigentliche Heil des Weltenverständnisses in dem richtigen Auffassen der Dreizahl besteht, und wenn man ihm vormacht, daß irgendwie die Weltenstruktur bedingt sei durch eine Zweizahl.Dennoch ist bestes menschliches Streben diesem Irrtum verfallen.Will man auf diesen Punkt eingehen, dann muß man das gar sehr ohne alles Vorurteil tun, dann muß man wirklich einmal sich hinaus versetzen in eine vorurteilslose Sphäre. Dann muß man gar sehr unterscheiden zwischen den Sachen und den Namen. Dann muß man sich nicht verführen lassen zu der Meinung: dadurch, daß man einer Wesenheit einen bestimmten Namen gibt, sei diese Wesenheit auch schon in der richtigen Weise vom Menschen empfunden. Fassen wir einmal den Begriff derjenigen Wesenheiten, die der Mensch als seine göttlichen Wesenheiten empfinden soll, dann müssen wir uns sagen: Der Mensch kann richtig diese Wesenheiten nur empfinden, wenn er sie sich denkt als das Gleichgewicht bewirkend zwischendem luziferischen und dem ahrimanischen Prinzip. Er kann dasjenige,was er als sein Göttliches empfinden soll, niemals als Richtiges empfinden, wenn er auf diese Dreigliederung nicht eingeht. Betrachten Sie von diesem Gesichtspunkte aus einmal eine Dichtung wie «Das verlorene Paradies» von Milton> oder betrachten Sie eine Dichtung wie KlopStocks Messiade, die unter dem Einflüsse des «Verlorenen Paradieses»von Milton entstanden ist. Da haben Sie im Grunde nichts von einem wirklichen Verständnis einer dreigliedrigen Weltstruktur, da haben Sie einen Kampf zwischen vermeintlich Gutem und vermeintlich Bösem,den Kampf zwischen dem Himmel und der Hölle. Da haben Sie so recht in die menschliche Geistesentwickelung den Irrwahn der Zweiheit hineingetragen. Da haben Sie dasjenige, was vielfach im populären Bewußtsein wurzelt als der wahnvolle Gegensatz zwischen Himmel undHölle, in zwei neuere Weltgedichte hineingetragen.
Es nützt nichts, wenn Milton oder Klopstock die Wesen des Himmels als göttliche Wesen bezeichnen. Göttliche Wesen, wie sie der Mensch empfinden soll, wären sie nur, wenn zugrunde läge die dreigliedrige Struktur des Weltendaseins. Dann würde man sagen können: Da findet ein Kampf statt zwischen dem guten Prinzip und dem bösenPrinzip. So aber, wie die Sache liegt, wird eine Zweiheit angenommen,dem einen Glied dieser Zweiheit das Gute beigelegt, Namen gefunden,die den Wesen beigelegt werden, die eigentlich vom Göttlichen her genommen sind, und auf die andere Seite das teuflische, das antigöttliche Element gestellt. Was ist damit eigentlich in Wirklichkeit getan?Damit ist in Wirklichkeit nichts Geringeres getan, als daß das wirklich Göttliche aus dem Bewußtsein herausgerückt ist, und daß das Luziferische mit dem göttlichen Namen belegt wird, daß wir in Wahrheitvorliegen haben einen Kampf zwischen Luzifer und Ahriman, und daßvnur dem Ahriman luziferische Eigenschaften beigelegt werden, undvdem Reiche des Luzifer werden die göttlichen Eigenschaften beigelegt. Sie sehen, von welch ungeheurer Tragweite eine solche Betrachtung eigentlich ist. Während die Menschen glauben, mit einer solchen Gegen-überstellung, wie man sie findet in Miltons «Verlorenem Paradies» oder in Klopstocks «Messias», habe man es zu tun mit den göttlichen und den höllischen Elementen, hat man es in Wahrheit zu tun mit dem luziferischen und dem ahrimanischen Elemente. Vom wirklich göttlichen Elemente liegt kein Bewußtsein vor, dagegen werden dem luziferischen Elemente die göttlichen Namen beigelegt.
dornach 21.11. 1919, GA 194
fortsetzung folgt