Hallihallo
Das sind ja mal richtige Erkenntnisgewinne hier in diesem Thread. Ich finde das interessant, wie unterschiedlich die Einstellung zu und auch die Erfahrung mit den Medikamenten ist.
Was ich beim Lesen verstanden habe, das ist, daß man v.a. etwas gegen die Depression tun kann und sollte. Und daß jeder ein bißchen unterschiedliche Strategien hat.
Bei mir selber war es so, daß ich eine sogenannte "reaktive Depression" hatte. Der Unterschied zu anderen Depressionsformen, den ich selber empfunden habe, ist der, daß v.a. das Erlebte drumherum depressiv macht. Bei mir äusserte sich das so, daß ich auf der Arbeit mehr oder minder manisch herumgelaufen bin (innerlich laufend explodierend) und zuhause hatte ich dann noch die Saftmenge Null. Und grübelte über mich selber und andere.
Ich habe das so gelöst, daß ich mein Leben geändert habe. Ich hab den Job gekündigt, bin aufs Land gezogen. Ich habe keine Kinder, da ist es nicht ganz so schwierig, wenn man sich verändern will. Das war- laß mal überlegen- 2002, daß mir das aufgefallen ist, daß es mir nicht gut ging/ich mich schlecht und fehl am Platze fühlte.
ho, und dann kam die Quittung, körperlicher Natur. Man springt eben nicht aus einem fahrenden Wagen. Aber so war ich immer schon. Meine chronische Krankheit zeigte mir, wie sie mich denn über die Jahre und Jahrzehnte hin zur Multimorbidität geführt hätte. Und Herzrhythmusstörungen hatte ich. Ich fühlte mich teilweise wie siebzig. Nichts ging mehr wirklich, essen, verdauen, atmen, liegen, sitzen, stehen- diese Dinge versagten in mir je nach Tageszeit. Um unter anderem das wieder in den Griff zu bekommen, habe ich mich irgendwann mal im Schneidersitz auf die Erde gesetzt und habe in irgendein komisches Esoterik-Forum mein Inneres entleert. Das ist wirklich so, ich habe es Alles aufgeschrieben, was mich bedrückte. Sind ja nun auch über 10000 Beiträge.
Der Mist war ja (damit man es versteht): wenn klar ist, daß die berufliche Umgebung (in die man so in jüngeren Jahren hineingeschliddert ist, gell?) den Anstoß für das Eigene Mißbehagen gibt, dann ist man wirklich mehr oder minder gearscht. Ich habe das unendliche Glück, daß ich schon lange mit einer chronischen Krankheit lebe und ganz einfach weiß, daß ich immer wieder auf die Füße fallen werde. Es geht immer Auf und Ab im Leben, das ist so, bleibt so, und das ist auch gut so. Aber innerlich kann man trotzdem dabei stabil sein, wenn man sich darauf besinnt.
Und ich habe da in mir- das ist so, das mußte ich aber natürlich auch phasenweise wiederentdecken- eine gewisse Stärke, oder auch einen gewissen Willen, der über allem steht, was ich denke, mache, tue, erlebe oder empfinde. Daran erkenne ich, daß ich nicht endogen depressiv bin. Ich weiß nicht, wie oft ich schon den Gedanken hatte, mein Leben zu beenden. Aber ich werde als Mensch viel zu sehr geliebt, um mich umbringen zu können. Ich weiß, daß es ganz viele Menschen geben würde, die sehr erschüttert wären, wenn ich mich umbringen würde und deshalb tue ich das nicht. Und auch, weil ich leben will. Mir tut mein Leben ja auch körperlich oft weh, aber Leid ist eben nicht Alles, es ist eine Phase und auch nur ein Pol.
Aber ich muß ehrlich sagen: bei so einer reaktiven Depression ist es auch nicht leicht. Man hat ja ein Trauma erlitten, und die Reaktion darauf ist eine Depression. Bei solchen beruflich-persönlichen Komplexen sammelt sich das Trauma ja quasi über einen längeren Zeitraum an. Es ist wie eine Sektflasche, die man schüttelt- irgendwann geht der Korken hoch. Man erkennt: "sag mal, das ist die Welt, in der ich lebe?" Das ist ein sehr verzweifelter Moment, in dem man sehr alleine ist.
Und die gesamte Zeit dann rückblickend aufzuarbeiten und die verrückte Welt in ihrer Verrücktheit annehmen zu lernen, das ist schon jede Menge Arbeit. Aber heute amüsiere ich mich eigentlich im Rückdenken an diese Zeit- hihi, naja. Da warmer noch jung, und auch ziemlich grün hinter den Ohren. Der Mensch lernt eben sehr viel, wenn er einmal gründlich auf die Nase fällt und dann wieder langsam ins Stehen kommt, bis es wieder läuft.
tja, in diesem Sinne...
lg,
Trixi Maus
P.s.: freut mich ja, daß in diesem Forum wieder mal ein Austausch stattfindet.
oh und Tip: Medikamente wirken bei jedem etwas anders. Daher kann man die Wirkung von Medikament A bei Person A nicht auf Person B übertragen. Wenn ich z.B. Cipramil nehme, werde ich wie eine Kuh. Ich glotze nur noch und weiß nix. Fühle mich dann wie Buddha. Das ist zwar schön für mich, aber ich würde mich doch lieber selber fühlen, als daß ich mich wie Buddha fühle. Der hat schließlich auch nur sich selber gefühlt, die anderen waren dann darin enthalten. Das übe ich halt noch.
