Was die professionelle Ebene betrifft... ja, die Mehrheit schafft das sicher zumindest meistens.
Ja, und vor allem wenn es um Extremsituationen geht, dann liegen die Parteien ja oft sehr nahe beieinander. Corona ist ja ein Beispiel. Die AfD mal ausgenommen gibt es bei dem Rest zwar Kontroversen um konkrete Schritte bzw. wie weitgehend z.B. irgendwelche Maßnahmen sein sollen. In der generellen Richtung sind die sich aber einig. Auch bei anderen Krisen war das weitgehend so.
Auf Landesebene gab oder gibt noch (?) es in Deutschland ja auch schwarz-grün. Das wurde von allen beteiligten zwar als anstrengend aber lohnend und fruchtbar beschrieben. Darum hätte mich die Jamaica-Koalition nach er letzten Bundestagswahl auch interessiert.
Mich auch. Schon als Experiment würde ich Jamaika fast lieber sehen als Ampel. Aber auch Ampel wird ja interessant, denn auf Bundesebene ist das komplett neu. Und die Knackpunkte liegen ja sowieso nicht bei den größeren Parteien (Union und SPD). Die können eh beide mit beiden kleinen. Die Knackpunkte liegen eher zwischen Grün und FDP und zum Glück sind die ja sowohl bei Jamaika wie auch der Ampel dabei
Es kam in letzter Zeit ja einige Male vor, dass auch namhafte AfD-Politiker aus der Partei ausgetreten sind, und das damit begründen, dass die Partei ihnen zu redikal geworden wäre, dass der rechte Flügel sie abgeschreckt habe etc. Zuletzt fallen mir als Beispiel Uwe Junge oder Frauke Petry ein. Dabei traten diese Politiker vorher sich nicht etwa durch moderatere Äußerungen hervor, sondern bedienten sich auch ... ich nenne es mal AfD-Rhetorik, die sich für mich nicht stark wahrnehmbar (wenn überhaupt) von der Rhetorik des rechten Flügels der Partei unterschied.
Das kann natürlich mehrere Gründe haben:
- In ihren Äußerungen folgten sie einer Parteilinie. Immerhin zeigte auch schon ein geleaktes internes Memo, dass gezielte Provokation gewollt und Programm war/ist. Das würde auch bedeuten, dass sie nicht wirklich voll hinter diesen Äußerungen standen.
- Oder ihre Erklärung ist fadenscheinig und konstruiert - eine Nachträgliche Rationalisierung.
- Oder (der Vollständigkeit halber) meine Wahrnehmung ist da nicht zutreffend, und ich differenziere da zu wenig. Glaube bzw. hoffe ich zwar nicht, aber ich bin ein Mensch und habe gerade keine rationalen Gründe, warum das sicher nicht der Fall sein sollte.
Was denkst Du?
Ich glaube, dass jemand wie Petry nicht vergleichbar mit dem rechten Flügel der AfD ist. Der rechte Flügel besteht ja tatsächlich aus Charakteren die zum Teil auch in der NPD sein könnten. Petry is politisch "rechts" im Sinne von konservativ. In der "Vor-Merkel-Union" wäre die gar nicht aufgefallen, vor allem nicht in der CSU. Wäre die gesamte AfD eine Kombination aus Lucke und Petry, also ohne die ganzen Verrückten und Ideologen, dann wäre die AfD meiner Ansicht nach eher wie eine CSU-FDP-Kombi. Einerseits sehr konservativ, ökonomisch gesehen aber ziemlich mutig -- falls man impliziert das Lucke tatsächlich eine Umsetzung angestrebt hätte was er predigte.
Man darf bei der AfD auch nicht vergessen: Da sind sowieso viele Ex-CDU und CSU-Leute mit drin. Einige von denen haben einen Radikalisierungsprozess durchlaufen und äußern sich heute und in den letzten Jahren viel kontroverser und ideologischer als sie es früher waren. Das hat aber auch mit den Angriffen auf sie zu tun.
Heute denke ich von der AfD weitgehend das was fast alle denken. Dass das eine rechte Partei ist. Ich finde aber, dass ich mit meinen früheren Bewertungen, die mir oft als Beschönigungen usw. vorgeworfen wurden (weil ich ja auch da differenzierte und gegen simple Kategorien war) richtig lag. Die Austritte derer denen die AfD zu extrem wurde, allen voran Lucke und Petry, beweisen das m.A.n.. Denn die haben durch ihre Austritte bewiesen, dass sie nicht in der selben Schublade sind wie z.B. ein Höcke.
Was man an der AfD aber positives erkennen kann: Deutschland beweist das es anders ist als ganz viele andere EU-Länder und die USA. In einigen EU-Ländern haben die Rechten wirklich großen Einfluss. Und in den USA... Trump und seine Kumpanen waren schärfer als es die AfD ist. In Deutschland gibt es in der Bevölkerung nach wie vor nicht das große Risiko dass derartige Typen und Parteien das Land regieren. Das könnte sich natürlich irgendwann ändern, aber bisher ist Deutschland im Vergleich sehr tolerant und liberal und wenig populistisch etc.
Interessant wäre zu überlegen, welche Partei die größte Spanne bzw. Fläche überdeckt, und zwischen welchen Parteien der Überlapp am größten ist. Ohne eine konkrete feste Antwort zu geben, ein paar Überlegungen:
Die Grünen scheinen mir die Partei zu sein, die mit internen Konflikten am offendsten umgeht und sie am deutlichsten öffentlich auch gewollt sichbar macht.
Die Flügel der Union reichen weit in beide Richtungen, wie du auch beschrebst. Merkel wäre ja beinahe SPD-Mitglied geworden in ihrer Anfangszeit, als sie begann in die Politik zu schnuppern, und wie du auch schon schriebst, ist die Werteunion durchaus nahe der AfD zu verorten. Die spanne zwischen "etwas rechter zur SPD" bis "etwas linker zur AfD" ist schon sehr weit. Wenn es nur diese eine Dimension in der Landschaft der Meinungen gäbe, würde die FDP eigentlich als Teilmenge der Union aufgenommen werden können...
Die SPD ist meinem (nicht rational begründetem) Eindruck nach die Partei, die am meisten "massentauglich" ist, also bei der die meisten Menschen doch noch irgendwie größere Übereinstimmungen finden. Eine Art politischer Barnum-Effekt (nicht negativ gemeint)
Also für drei Parteien Gründe, warum man sie als die Partei der größen "Spannbreite" bezeichnen könnte. was denkst Du bzw. Ihr?
Ich glaube auch dass die SPD die größte Spannbreite hat. Die könnten, mit Ausnahme der AfD, mit allen regieren. Die Union würde mit der Linken genauso wenig koalieren wie mit der AfD. Man könnte auch sagen: Die Grünen. Die sind eigentlich wie die SPD und schließen nur die AfD aus. Im Gegensatz zur SPD ist für die Grünen allerdings die FDP kein natürlicher Koalitionspartner. Die sind sich in vielen Fragen sehr uneinig. Insofern bleibe ich wohl bei der SPD als am "massentauglichsten".