Ja und nein.
Ich weiß, was sie in mir sieht, was sie in uns sieht, warum wir geheiratet haben.
Das ist die eine Seite.
Die andere:
Seit fast 2 Jahren bestand ihr Leben nur aus Arbeit (remote, meist nachts durch Zeitverschiebung, teilweise 27 Stunden am Stück), Studium (Deutsch, Italienisch, IT Certificate, Esoterik, ...), Bewerbungen in Deutschland (bisher ohne jeden Erfolg), wie ausgeschaltet sitzen/ liegen und Filme/ Clips auf Laptop oder Handy schauen.
Teilweise hat sie sich vormittags angezogen, um einkaufen zu gehen... und ich bin dann abends nach Feierabend los, weil sie es einfach vergessen hat.
Sie war zwar anwesend aber eigentlich gar nicht existent, ich mit unseren Töchtern allein.
Ein wenig Verbesserung brachte dann unser Cane Corso Welpe, den wir für sie gekauft haben.
Je mehr Stress sie auf Arbeit hat (der Inhaber der Firma sieht nur das schnelle Geld und sch**** auf Gesetze und Regeln, meine Frau versucht das dann auszubügeln, eigentlich ist sie Data Analyst!), desto abwesender und aggressiver wurde sie.
Und der "innere Kreis" bekam das ab, größtenteils ich.
Weißt du, wie oft sie mich fragte, ob sie die Firma verlassen soll?
Weißt du, wie oft ich ihr sagte, die Arbeit zerstört sie?
Weißt du, wie oft meine Stieftochter zu mir sagte, dass sie Mama und Papa hat und direkt danach fragte, warum wir keine "normale Familie" sind?
Weißt du, wie oft meine leibliche Tochter sagte, wir sollen zurück nach Italien gehen? (Sie würde in dem Fall bei ihrer leiblichen Mutter in Deutschland bleiben.)
Weißt du, wie es ist, wenn dir mehrere Ärzte und Therapeuten raten, deine Frau so zu provozieren, dass sie zwangseingewiesen werden kann, da sie akut behandlungswürdig ist?
Weißt du, wie es ist, wenn dir eine befreundete Psychologin und ein Neurologe sagen, dass deine Frau vermutlich schizophren sein könnte?
Weißt du, wie es ist, wenn deine Mutter zu deiner Ehefrau sagt "im Vergleich zu heute warst du fett (!!) als ich dich kennengelernt habe". (Meine Frau war nie fett, hat aber tatsächlich wahnsinnig Gewicht verloren.)
Alles was ich will, ist, dass es meiner Frau gut geht. Dass sie endlich ankommen kann. Dass nicht mehr ein falsches Wort vom Gegenüber in einem Bewerbungsgespräch dazu führt, dass sie für fast 2 Tage komplett abstürzt.
Dass sie das Mädchen sein kann, dass sie im Inneren ist. Und nicht (wieder) in dem Überlebensmodus hängen bleibt, der ihr auf der Straße das Leben gerettet hat.
Ja, Veränderungen haben ihren eigenen Rhythmus, das stimmt.
Nur es ist verdammt hart, wenn Töchter und Ehemann dabei zusehen müssen, wie die Mama und die großartigste Frau, die ich je getroffen habe, sich immer weiter isoliert.
Nein, ich möchte meine Frau nicht "führen", das wäre auch überhaupt nicht möglich. (Einer der Gründe, warum ich mich für sie entschieden habe, ist ihre wilde Art.)
Sie ist auch kein "Projekt", sie ist einfach nur die Liebe meines Lebens. Und ich spiele ganz sicher auch keine Machtspielchen.
Ich bin einfach nur der Typ, der sie sah und sofort wusste, diese Frau oder ich sterbe allein. Ich bin einfach nur derjenige, der versucht, immer und in allem an ihrer Seite zu sein und für sie da zu sein.
Sie "wehrt" sich nicht gegen irgendein Tempo.
Sie ist unglücklich in Deutschland, ausgebrannt vom Job, gezeichnet von Traumata (du ahnst nicht, was sie hinter sich hat), hat dadurch teilweise extreme Stimmungsschwankungen und Sprünge in ihrer Persönlichkeit.
Und sie reagiert sich dann entsprechend ab. Dummerweise an denen, die ihr eigentlich am nächsten sind.