Hallo!
In meinem bisherigen Leben habe ich sowohl im Internet als auch im Realen ein paar Leute kennengelernt, die mit 25 noch jungfräulich sind. Einen sexuellen Kontakt oder eine Liaison haben sie bislang nie erfahren. Sie bezeichnen sich selber nicht selten als schüchtern. Auffallend oft leben sie noch in ihrem eigenen Elternhaus und grenzen sich nicht ausreichend von der Überfürsorglichkeit ihrer Mütter ab. Die Mütter hingegen haben erfolgreich Besitz von ihren Kindern ergriffen, indem sie selbige nicht in die Autonomie entlassen. Weder gönnen sie ihren Kindern ein eigenes Leben noch lassen sie deren psychische Autarkie und Individuation zu. Die negative Konsequenz ist, dass diese biologisch inzwischen erwachsen gewordenen Kinder jedwede Partnerschaft ausschlagen bzw. sich nicht trauen, eine solche einzugehen...
Das Sexuelle gehört meines Erachtens zur Identität eines jeden Menschen. Die Sexualität ist ein elementarer Bestandteil derselben. Da auch die von mir oben beschriebenen symbiotisch gebundenen Menschen über eine Libido verfügen, tendieren sie dazu, täglich zu masturbieren, zuweilen gar mehrmals am Tag, weil die Selbstbefriedigung als Substitut für ungelebtes Leben und eine erfüllende Sexualität im Rahmen einer partnerschaftlichen Verbindung fungiert. Im direkten Kontakt sprechen diese Leute zumeist mit leiser, zurückhaltender Stimme. Insgesamt führen sie ein recht introvertiertes Leben.
Spreche ich jene Personen auf ihren psychischen Loyalitätskonflikt bezüglich ihrer Mütter an, reagieren sie des Öfteren mit Abwehr. Die unbewussten Schuldgefühle, die sich auf die klammernde, an sich fixierende Mutter beziehen, verhindern, dass sie sich der tragischen Realität ihrer symbiotischen Gebundenheit bewusst werden. Sie dürfen nicht zu jener Erkenntnis kommen, da bereits dieses kritische Hinterfragen des mütterlichen Agierens einem Treuebruch gleichkäme. Das Aushalten jener Schuldgefühle scheuen sie.
Unbewusste Schuldgefühle können dafür sorgen, dass die sexuelle Nähe zu einem Menschen vermieden wird. Die sexuelle Interaktion mit einem Anderen bedeutet in der unbewussten Fantasie des Symbiotikers einen massiven Bruch mit der Mutter. Das Kind lässt die Mutter allein, obwohl diese doch stets suggerierte, sei es verbal oder nonverbal, wie emotional abhängig sie von ihrem Kinde ist. Ließen sich von diesem Konflikt Betroffene auf die Kohabitation mit einem Sexualpartner ein, empfänden sie demnach tiefe Schuld- und Mitgefühle, was auch zu enormen Trauerreaktionen führen könnte, die ebenfalls als unangenehm erlebt und deswegen primär abgewehrt werden.
Sexuelle Orgasmen können ausgesprochen überwältigend sein. Sie bemächtigen sich gänzlich des Menschen und füllen ihn mit allumfassenden, ultimativen Emotionen. Im gesamten Organismus entfaltet sich eine kolossale Macht durch das Auftauchen der sexuellen Höhepunkte. Diese ausdrucksstarke Komponente, die mit dem orgastischen Erleben einhergeht, mag auch einer der Gründe sein, weshalb manche Menschen den Orgasmus und damit den kompletten Sexualakt fürchten. Die Allgewalt des Orgasmus aktualisiert womöglich Ängste aus der Kindheit, die im Unbewussten der Betroffenen verharren und sich ursprünglich auf die Omnipotenz einer besitzergreifenden, grenzüberschreitenden, die Identität des Kindes in Beschlag nehmenden Mutterfigur beziehen. Der Symbiotiker, der regressiv an eine derartige Mutter gebunden und somit gänzlich ihrer Macht erlegen ist, fürchtet die erneute Überwältigung durch den sexuellen Orgasmus.
Die sexuelle Vereinigung impliziert in vielen Fällen eine absolute Hingabe zum Anderen. Man fusioniert, man wird physisch und psychisch eins. Man verliert an jener Stelle gewissermaßen sein autonomes Selbst, die einst so klar definierten Grenzen verfließen. Haltlose, in ihrer Identität nicht gefestigte Menschen können eventuell die Furcht in sich tragen, das eigene Selbst dauerhaft zu verlieren, wenn es zur sexuellen Verschmelzung kommt. Sie besitzen nicht die nötige Objektkonstanz, die ihnen versichert, dass sie ihres Ichs niemals endgültig verlustig gehen. Instabile Menschen, die von ihrer Mutter früher verschlungen wurden, haben diese innere Sicherheit jedoch nicht. Sie fürchten, der emotionalen Fusion mit dem Partner zum Opfer zu fallen und glauben sich erneut verschlungen und gefangen...
Viele Grüße
DUCKFACE
Ich weiß nicht, woraus oder woher du diese ganzen Ansagen herleitest, aber sie erscheinen mir äußerst emotional eingefärbt durch deine eigenen Lebenserfahrungen, da du ansonsten keine Quellen dazu benennst.
Bei deinen Überlegungen solltest du bitte nicht von dir auf die breite Masse schlußfolgern. Wenn andere mit Mitte 20 Jahre immer noch ohne sexuelle Erfahrungen sind, liegt es nicht zwangsläufig an einer angeblich "alles beherrschenden Mutter". Manche von diesen haben nicht mal mehr eine lebendige Mutter, wuchsen teils in Verwandtschaft auf oder in Kinderheimen. Alles einfach auf eine Mutter abzuschieben, oder sei es eine Bezugsperson anstelle der Mutter, ist keine Lösung und geht am Thema vorbei.
Nach meiner Erkenntnis verhält es sich viel eher so, dass der Charakter an sich ausschlaggebend, welchen der Mensch von Geburt an in sich trägt. Selbst Einflüsse durch Elternhaus und Umfeld können darauf nur dezimiert einwirken. Ist also ein Mensch von Geburt an charakterlich so ausgerichtet, dass er schüchtern und gehemmt ist, weil er zB sogar immer rot wird, wenn er mit anderen spricht, dann ist es nicht seine Mutter oder sein Kinderzuhause schuld, sondern es mag auch an ihm selbst liegen, dass er so zurückhaltend ist. Er ist unsicher, traut sich nicht, braucht jemanden, der ihn an die Hand nimmt, und selbst dann könnte sich solcher gehemmter Mensch widerspenstig zeigen, obwohl man es nur gut mit ihm meint.
Dann gibt es auch Leute, die aus Überzeugung auf jeglichen Sex vor der Ehe verzichten wollen, und diesen bis Mitte 20 Jahre immer noch nicht gefunden haben, was also auch nicht auf krankhaften Muttereinfluß zurückzuführen ist. Denn irgendwann, so ab 20 Jahre, beginnt jeder Mensch sich selbst zu erziehen bzw. sich selbst umzuerziehen, womit schädliche Eltern- oder Zuhauseeinflüsse geheilt werden können. So funktioniert das seit Menschenbeginn.
Schließlich nicht zu vergessen, verschrobene Menschen, die man oberflächlich als "introvertiert" bezeichnet. Es sind sehr feinfühlige Menschen, eigentlich richtig sensible Menschen, die sich leicht bei Unbekanntem unwohl fühlen und sich schnell abschrecken lassen. Wenn sich da der andere ihm einfach nackig hinstellt und sagt "komm lass uns Liebe machen", dann würde solcher doch gleich flüchten wegen dieser Direktheit.
Um es kurz zu fassen: Bitte nicht so verallgemeinern, dass alle Fehler eines Menschen und dessen Unzulänglichkeiten immer und ausschließlich nur durch einen schädlichen Mutter/Elterneinfluß passieren. Der Einfluß der Eltern ist nur in sehr jungen Jahren als stark empfunden durch ein Kind. Aber spätestens ab dem Teenageralter beginnt die Rebellion, die Selbstentfaltung. Wenn ein Kind außer Plan dabei ist, bitte nicht sofort auf dessen Mutter mit dem Finger zeigen, sondern erstmal diesen Menschen genauer betrachten, der solche Probleme hat, dass er mit Mitte 20 Jahre noch keine sexuellen Erfahrungen hat.
Früher gab es - wie ich gehört habe - unter Männer die Sitte, dass sich zB junge Männer die ersten Erfahrungen in öffentlichen Freudenhäuser holen durften. Und Mädels, die bei der Hochzeit noch ihr Jungfernhäutchen haben mußten, die befleißigten sich in alten Zeit bevorzugt des Anal- und Oralverkehrs. Also, wo ein Wille ist, werden normale Menschen immer einen Weg für ihre Sexualität finden.
Anders aber bei Menschen, die charakterlich von Geburt an so geformt sind, dass sie in sich gehemmt sind, woran auch die beste Erziehung nur wenig zu ändern vermag.