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Pfarrer Emilian Kowcz
Pfarrer Emilian Kowcz
Seliger Pfarrer Emilian Kowcz: Patron der Seelsorger
Der katholische Priester Emilian Kowcz aus der Ukraine, der am 24. April 2001 von Papst Johannes Paul II. in Rom seliggesprochen wurde, ist ein wahrer Pontifex, ein Brückenbauer zwischen den Völkern; als Retter vieler Juden in schwerer Zeit ist er zugleich ein leuchtendes Hoffnungszeichen der Verständigung zwischen Katholiken und Juden.
Der am 24. August1944 im KZ Majdanek ermordete Geistliche wurde am 24. April 2009 in Kiew feierlich zum Patron der Seelsorger für die katholisch-ukrainische Ostkirche ernannt. Bereits 10 Jahre zuvor, am 9. September 1999, proklamierte der Rat der Juden in der Ukraine den Märtyrerpriester zum Gerechten der Ukraine.
Katholiken und Juden sind sich einig in der Wertschätzung und Würdigung dieses vorbildlichen Pfarrers, dessen Leben und Wirken geprägt war von seinem pastoralen Einsatz für die katholischen Gläubigen, aber auch von seiner Wertschätzung der Juden, in denen er das Volk des Alten Bundes erkannte und ihnen ihren Erlöser Jesus Christus nahebringen wollte.
Der am 20. August 1884 in Kosmach (Galizien, Westukraine) geborene Emilian Kowcz studierte in Lemberg und Rom. Nach erfolgreichem Abschluß kehrte er in die Ukraine zurück und heiratete, wie dies in der griechisch-katholischen Ostkirche vor der Priester-weihe üblich und kirchenrechtlich erlaubt ist; seine Ehe wurde mit sechs Kindern gesegnet. 1911 erhielt Emilian Kowcz die Priesterweihe; er war zunächst als Kaplan und danach als Militärgeistlicher tätig.
Ab 1922 wirkte er als Pfarrer in einem Lviver (Lemberger) Bezirk, wobei er mehrfach von der polnischen Besatzungsmacht verhört und verhaftet wurde. Allein von 1925 bis 1934 wurde sein Pfarrhaus ca. 40 mal nach antipolnischem Propagandamaterial durchsucht, was mehrere Gefängnisaufenthalte zur Folge hatte. Die Situation wurde nicht einfacher, nachdem dieses Gebiet 1939 von den Sowjets besetzt wurde.
Die Menschen in seinem Gemeindebezirk Peremyshljany setzten sich etwa zu gleichen Teilen aus Polen, Ukrainern und Juden zusammen. Als deutsche Truppen 1942 in die Stadt einmarschierten, wurde die rote Diktatur durch eine braune ersetzt, der International-Sozialismus durch den National-Sozialismus; der Kirchenhaß blieb unter dem Hakenkreuz im wesentlichen derselbe wie unter dem Sowjetstern.
Die Nazis richteten ein Ghetto für Juden ein und führten weitere antijüdische Maßnahmen durch, womit sich Pfarrer Emilian keineswegs abfand, wobei ihm seine Furchtlosigkeit später das Leben kosten sollte.
Als die NS-Schergen ausgerechnet an einem Sabbat Sprengstoff in die mit betenden Menschen gefüllte Synagoge warfen und danach die Tür von außen verriegelten, eilten Nachbarn zu Pfarrer Emilian und schilderten ihm diese Greueltat. - Sofort rannte der Priester mit einigen Helfern zum Tatort. Da er gut deutsch sprach, schrie er die Nazi-Aktivisten derart an, daß diese sich verunsichert von der Synagoge zurückzogen.
Zusammen mit seiner Helferschar riß er die Tür des brennenden Gebetshauses auf und rettete viele Juden vor den Flammen, auch den Rabbi von Bels. Zudem warnte er seine Gläubigen in Predigten und Exerzitien davor, sich von judenfeindlichen Parolen und Provokationen der neuen Machthaber beeinflussen zu lassen.
Die Rettungsaktion des unerschrockenen Geistlichen sprach sich bei Juden in der Region überall schnell herum. Nicht nur einzelne, sondern ganze Gruppen von Juden kamen zu ihm und wollten sich taufen lassen. Manche waren von seiner christlichen Haltung und seinem tapferen Format beeindruckt und wollten daher das Christentum dieses ungewöhnlichen Mannes kennenlernen; andere glaubten, sich durch die Taufe vor der Judenverfolgung schützen zu können.
Pfarrer Emilian befand sich im Dilemma: einerseits wollte er gerne Juden retten, anderer-seits ist die Taufe kein Mittel zum Zweck, um vor dem KZ zu bewahren. Auch jene Juden, die sich als innerlich aufgeschlossen für das Christentum erwiesen, bedurften immerhin einer theologischen Vorbereitung.
Nach langem inneren Ringen und einem Gespräch mit seinem griechisch-katholischen Metropoliten entschied sich der Priester für einen mittleren Weg, nämlich für die Taufe von Juden zu Minimalbedingungen: wenn diese zum Erlernen des Glaubensbekenntnisses bereit waren.
Er erklärte den taufwilligen Juden aber auch, daß der Eintritt in die Kirche sie nicht automatisch vor dem KZ bewahren wird, da die braunen Machthaber auch Judenchristen verfolgten, allerdings nicht im gleichen Ausmaß wie ungetaufte Juden.
Auch dieser Einsatz des Priesters für bedrängte Juden war der NS-Besatzung ein Dorn im Auge. Am 30. Dezember 1942 wurde Pfarrer Emilian ins Gefängnis nach Lviv (Lemberg) gebracht. Dort bot ihm ein Offizier der Gestapo (Geheime Staats-Polizei) die Freilassung an, wenn er das Taufen von Juden beende:
Wissen Sie nicht, daß es untersagt, ist, Juden zu taufen?
Nein.
Wissen Sie es jetzt?
Ja.
Werden Sie weiter Juden taufen?
Natürlich.
Daraufhin verlegte man den Unbelehrbaren ins Konzentrationslager Majdanek bei Lublin, das erste KZ der SS im besetzen Polen. Dort setzte er seine Seelsorge unter den Mitgefangenen fort, hörte die Beichte von Häftlingen, segnete Kranke und Leidende und feierte heimlich den Gottesdienst in der byzantinischen Liturgie. Er wollte für möglichst viele Menschen eine Brücke in die Ewigkeit sein, ihnen Glaubensmut und Gottvertrauen zusprechen und die Sakramente spenden.
Nach Weihnachten 1943 erkrankte er schwer und wurde ins Lager-Lazarett verlegt, wo er am 25. März 1944 verstorben sein soll, angeblich an den Folgen einer Thrombose im rechten Bein. Andere Quellen gehen davon aus, daß er am 24. August 1944 in einer Gaskammer ermordet wurde. Wie dem auch sei: es war der Heimgang eines heldenmütigen katholischen Priesters und Brückenbauers zwischen den Völkern sowie zwischen Christen und Juden.
Felizitas Küble, Leiterin des Christoferuswerks in Münster
Erstveröffentlichung dieses Artikels in der Monatszeitschrift Fels (Nr.7/2011)