Hallo,
Überlasse es doch einfach mir, was ich damit mache.
Das wollte ich auch. Wenn das falsch ankam, dann möchte ich mich dafür entschuldigen.
Trotzdem interessierte mich in meinem Ansatz der Select eines nichtintegrativen biologisch-psychologischen Mechanismus. Und da bin ich mit dem Ergebnis nach wie vor unzufrieden!
Ich möchte darauf noch einmal eingehen:
An diesem Standpunkt befinde ich mich also, wenn ich sage:
Der Mann hat keine Möglichkeit, im Gegensatz zur Frau, die eigenen Wurzeln für sich, aus einer Analogie, zum eigenen Geborenwerden und zum Sterben abzuleiten.
Er kann nicht gebären und ist somit selbst abgeschnitten vom Ursprung.
Eine Frau steht dadurch, dass sie gebären kann in einem schlüssigen und analog erfassbaren Kreis von geboren werden, gebären und sterben.
Sie ist dadurch nicht abgeschnitten vom Ursprung, oder von der Quelle...
Mir leuchtet dies nicht ein, weshalb ich nachfragen möchte.
Die Frau unterscheidet sich vom Mann dadurch, dass sie entweder die Geburt wirklich erlebt, durch ihre biologische Ausstattung fähig ist zu gebären und durch die periodisch auftretende Abstoßung der Gebärmutterschleimhaut (Menstruation).
Was ist nun hier der ausschlaggebende Grund für diese Ursprungsverbundenheit ? Nicht jede Frau macht die Erfahrung der Geburt und nicht von Lebensanbeginn. Die Menstruation setzt auch erst ab einem gewissen Alter ein: gibt es davor keine Urverbundenheit ?
Ist es letztlich nur die fähig durch die biologische Ausstattung ? Oder lediglich das Wissen ? Was bewirkt hier die von dir angesprochene Ursprungsverbundenheit?
Das sind erst einmal meine Fragen zu diesem Mechanismus, um ihn besser verstehen zu können.
Ich möchte nun auf eine Verbindung von
Ursprungsverbundenheit und
Urvertrauen hinweisen. Führt diese Ursprungsverbundenheit zu Urvertrauen oder ist sie in dieses eingelassen ?
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Ich möchte mich dem Urvertrauen von zwei anderen Richtungen nähern:
1. Urvertrauen in der Psychologie:
Es geht dabei darum, ob der Säugling überhaupt lernt, Vertrauen auf irgendetwas zu entwickeln (also "Vertrauen in Vertrauen"). Nach Erik H. Erikson erwirbt jeder Mensch in den ersten Lebensmonaten und -jahren ein Gefühl dafür, welchen Situationen und Menschen er vertrauen kann, und welchen nicht. Dieses Urvertrauen wie auch das Urmisstrauen ist für die Entwicklung von Beziehungen zu anderen Menschen und für die Charakterbildung maßgeblich.
Urvertrauen entwickelt sich im Kind durch die verlässliche, durchgehaltene, liebende und sorgende Zuwendung der Eltern (Mutter, Dauerpflegeperson allgemein). Es ist die Grundlage für:
Vertrauen in sich selbst, Selbstwertgefühl, Liebesfähigkeit ("Ich bin es wert, geliebt zu werden". "Ich fühle mich geborgen")
Vertrauen in andere, Partnerschaft, Solidarität ("Ich vertraue Dir", "Ich liebe Dich", "Ich fühle mich verstanden und angenommen")
Vertrauen in das Ganze, die Welt ("Es lohnt sich zu leben")
Wurde die Entwicklung des Urvertrauens gestört, etwa durch Lieblosigkeit oder Vernachlässigung, d.h. durch das Fehlen einer "Dauerpflegeperson" (Dieter Claessens) oder Misshandlung, geht man von einer mangelhaften Ausbildung des Urvertrauen aus.
Dies kann schließlich auch zu Traumata, Psychosen, Persönlichkeitsstörungen führen
2. Sozialer Kontext des Urvertrauens
Die Familie ist eine soziale Sphäre, die sich in der sozialen Evolution mit der Gesellschaft und den Reproduktionsanforderungen an die Gesellschaft wandelt. Alleine die Einstellung zur Kindheit ist eine soziale Errungenschaft des 17., 18, Jahrhunderts. Zuvor und vor allem im Mittelalter gab es so etwas wie Kindheit nicht, auch nicht den Begriff. Kinder wurden wie Erwachsene behandelt, sie wurden recht früh aus dem Haus gegeben und mussten oft in anderen Familien arbeiten. Die Babys wurden oft von Ammen nicht der leiblichen Mutter - gegen Bezahlung gestillt, die sich darüber hinaus um mehrere Kinder kümmerten. (Vgl. Philippe Aries: Geschichte der Kindheit). Lange Zeit gab es keine Trennung von Haus (Heim) und Arbeit und keine intimen Rückzugsbereiche, ja, konnte sich so etwas wie Intimität-Distanz gar nicht ausbilden.
Meiner Ansicht nach konnten diese Menschen zumeist kein Urvertrauen (1. Chakra) ausbilden und es hat Jahrtausende gedauert, bis sich in der (westlichen) Kultur so etwas wie Liebe (4. Chakra) zu den Kindern entwickeln konnte. Dieser Kreislauf von zu wenig Liebe der Erwachsenen und Vernachlässigung der Kinder (man betrachte nur die gewaltvollen Erziehungsregeln des 19. Jahrhundert) konnten/werden nur langsam aufgelöst (werden) bis zum heutigen Tag. Dieses Defizit an Urvertrauen ist aus meiner Sicht - auch mit ein Grund für das Unterwerfen unter, Idealisieren und Anbeten von patriarchalischen bis zu diktatorischen Weltbildern.
Diese je soziokulturell bedingte familiäre Sphäre ist folglich auch das Umfeld der Geburtserfahrung, d.h. die Geburt wird durch evolutionsspezifische, soziale Regeln praktiziert und das Geburtstrauma anhand dieser verarbeitet.
Leben, Sprache, Schrift, relativer Frieden, Internet, Esoterik-Forum .... all dies sind evolutionäre Errungenschaften, die in eine Milliarden Jahre alte Kosmologie eingebunden sind. Im Laufe der Kosmologie entstand die Erde, auf welcher sich nach einigen Milliarden Jahren Leben entwickelte. Im Laufe der folgenden biologischen Evolution bildeten sich ausgehend von den ersten Zellen höheren Lebensformen wie Pflanzen, Pilze, Tiere und schließlich der Mensch heraus. Nach dem Ende der letzten Eis- und Regenzeit und der Erwärmung der gemäßigten Breiten entstand die frühe agrarische Produktion und bildeten sich erste stadtähnliche Siedlungen. In Indien und China sowie in Ägypten und Mesopotamien entwickelten sich in der folgenden Zeit an Flüssen die ersten Hochkulturen. Es folgten im Abendland die griechische, römische Antike, das Mittelalter, die europäische Kultur der Neuzeit und schließlich die Moderne.
Ohne diese sozialen Strukturen kann man meiner Meinung nach nicht verstehen, wie und ob in der Gegenwart ein Mensch Urvertrauen ausbildet und sich folglich leiblich geborgen fühlt oder immer wieder von Ängsten und deren Kompensation geplagt wird.
Wenn Grof schreibt: Auf der Karte, die ich entwickelt habe, und die wir in der holotropischen Atemarbeit benutzen, gibt es ein Niveau, das wir perinatal nennen. Das perinatale Niveau bezieht sich auf das Geburtstrauma. Nach unseren Beobachtungen ist es ein sehr wesentliches Trauma. Die Geburt ist eine Situation, die von einer Stunde bis zu mehreren Tagen dauern kann, und das Leben des Kindes ernsthaft bedrohen kann. Es ist mit Angst verbunden und erzeugt viel Aggression als Reaktion auf die Erstickungsdrohung. Das bedeutet, daß es Agressionsquellen jenseits der postnatalen Biographie gibt.
Dann ist all dies, seine eigene Arbeit, die Umstände Geburt, die Ängste und die Zeit danach in soziale Strukturen eingebunden.
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Meine Absicht war es, deinen Mechanismus mit meinen Fragen besser zu verstehen und zu verdeutlichen, warum ich (auch ) den sozialen Strukturen Aufmerksamkeit schenke. Ich habe mich hier weniger den psychischen und gar nicht den biologischen Bedingungen zugewandt das soll nicht heißen, dass sie nicht wichtig wären.
Liebe Grüße,
Energeia