Von Gott dem Sohne
13. So man nun will Gott, den Sohn, sehen, so muß man abermal natürliche Dinge anschauen, sonst kann ich nicht von ihm schreiben. Der Geist siehet ihn wohl, aber man kann es nicht reden oder schreiben, denn das göttliche Wesen stehet in Kraft, die sich nicht schreiben oder reden lässet. Müssen derowegen Gleichnisse vor uns nehmen, wenn wir wollen von Gott reden, denn wir leben in dieser Welt im Stückwerk und sind aus Stückwerk gemacht worden. Will derowegen den Leser in jenes Leben zitieret haben, da will ich eigentlicher und klärlicher mit ihm von diesem hohen Artikul reden. Es wolle der liebhabende Leser derweil auf des Geistes Sinn sehen, so wirds nicht fehlen, er wird auch ein Kräftlein davon bekommen, so ihn nur hungert. Nun merke: Es sprechen die Türken und Heiden, Gott habe keinen Sohn. Allhie tut die Augen recht auf und macht euch nicht selber stockblind, so werdet ihr den Sohn sehen.
14. Der Vater ist alles und alle Kraft bestehet in dem Vater. Er ist der Anfang und das Ende aller Dinge, und außer ihm ist nichts; und alles, was da worden ist, das ist aus dem Vater worden. Denn vor Anfang der Schöpfung der Kreaturen war nichts als nur allein Gott, und wo nun nichts ist, daraus wird nichts. Alles Ding muß eine Ursache oder Wurzel haben, sonst wird nichts. Nun aber mußt du nicht denken, daß der Sohn ein ander Gott sei als der Vater. Du darfst auch nicht denken, daß der Sohn außer dem Vater sei und sei ein besonder Teil, als wenn zwei Männer nebeneinander stehen, da einer den andern nicht begreift. Nein eine solche Substanz hat es nicht mit dem Vater und Sohne, denn der Vater ist nicht ein Bild, mit etwas zu vergleichen, sondern
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der Vater ist der Brunnquell aller Kräfte,
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und sind alle Kräfte ineinander wie eine Kraft. Darum heißt er auch ein einiger Gott, sonst wo seine Kräfte zertrennt wären, so wäre er nicht allmächtig. Nun aber ist er der selbständige, allmächtige und allkräftige Gott.
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15. Der Sohn aber ist das Herze in dem Vater. Alle Kräfte, die in dem Vater sind, die sind des Vaters Eigentum, und der Sohn ist das Herze oder der Kern in allen Kräften in dem ganzen Vater. Er ist aber die Ursache der quellenden Freuden in allen Kräften in dem ganzen Vater. Von dem Sohn, der da ist des Vaters Herze in allen seinen Kräften, steiget auf die ewige himmlische Freude und quillet in allen Kräften des Vaters. Eine solche Freude, die kein Auge gesehen und kein Ohr gehöret hat und in keines Menschen Herze nie gestiegen ist, wie St. Paulus saget 1.Kor 2,9.
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16. So aber ein Mensch allhie auf Erden mit dem Hl. Geist erleuchtet wird aus dem Brunnquell Jesu Christi, daß die Geister der Natur, welche bedeuten den Vater, angezündet werden, so gehet eine solche Freude in seinem Herzen auf in alle Adern, daß der ganze Leib zittert und der animalische Geist triumphieret, als wäre er in der Hl. Trinität, welches allein die verstehen, die an dem Orte sind zu Gaste gewesen.
17. Dieses aber ist nur ein Vorbild oder Anblick des Sohns Gottes in dem Menschen, dadurch der Glaube gestärkt und erhalten wird; denn die Freude kann in einem irdischen Gefäße nicht also groß sein als in einem himmlischen, da die vollkommene Kraft Gottes völlig ist.
18. Hie muß ich nun im Gleichnis schreiben. Allhier will ich dir ein Gleichnis in der Natur zeigen, wie da sei das hl. Wesen in der hl. Trinität: Schaue an den Himmel, der ist eine runde Kugel und hat weder Anfang noch Ende, sondern es ist überall der Anfang und das Ende, wo du ihn nur ansiehest. Also ist auch Gott in und über dem Himmel, der hat weder Anfang noch Ende. Nun siehe weiter an der Sterne Zirk, die bedeuten des Vaters mancherlei Kraft und Weisheit, und sie sind auch aus des Vaters Kraft und Weisheit gemacht worden. Nun der Himmel, die Sterne und die ganze Tiefe zwischen den Sternen samt der Erden bedeuten den Vater; und die sieben Planeten bedeuten die sieben Geister Gottes oder die Fürsten der Engel, unter welchen Herr Luzifer auch einer gewesen ist vor seinem Fall, welche alle aus dem Vater gemacht sind im Anfang der Schöpfung der Engel vor der Zeit der Welt.
19. Nun merke: Die Sonne gehet mitten in der Tiefe zwischen den Sternen in dem runden Zirk, und sie ist das Heer der Sterne und gibt allen Sternen Licht und Kraft, und temperieret aller Sterne Kraft, daß alles fein lieblich und freudenreich wird. Auch so erleuchtet sie den Himmel, die Sterne und die Tiefe über der Erde, und wirket in allen Dingen, was in dieser Welt ist, und ist der König und das Herze aller Dinge in dieser Welt, und die bedeutet recht Gott den Sohn.
20. Denn gleichwie die Sonne mitten zwischen den Sternen und Erden stehet und erleuchtet alle Kräfte und ist das Licht und Herze aller Kräfte, und alle Freude in dieser Welt, dazu alle Schönheit und Lieblichkeit stehet in der Sonne Licht und Kraft, also auch der Sohn Gottes in dem Vater, der ist das Herze in dem Vater und leuchtet in allen Kräften des Vaters, und seine Kraft ist die bewegliche, quellende Freude in allen Kräften des Vaters, und leuchtet in dem ganzen Vater, gleichwie die Sonne in der ganzen Welt. So man könnte die Erde wegnehmen, welche bedeutet das Haus der Trübsal oder der Hölle, so wäre die ganze Tiefe gar licht an einem Ort wie am andern. Also ist auch die ganze Tiefe im Vater gar licht an einem Orte wie am andern, von dem Glanze des Sohns Gottes. Und gleichwie die Sonne ist eine selbständige Kreatur, Kraft oder Licht, die nicht aus allen Kreaturen scheinet, sondern in alle Kreaturen, und alle Kreaturen freuen sich in ihrer Kraft, also ist auch der Sohn in dem Vater eine selbständige Person und erleuchtet alle Kraft in dem Vater und ist des Vaters Freude oder Herze in seinem Centro oder Mitten.
21. Hie merke die große Geheimnis Gottes: Die Sonne ist aus allen Sternen geboren oder gemacht, und ist das Licht aus der ganzen Natur genommen und scheinet wieder in die ganze Natur dieser Welt und ist mit den andern Sternen verbunden, als wäre sie mit allen Sternen ein Stern.
22. Also ist auch der Sohn Gottes aus allen Kräften seines Vaters von Ewigkeit immer geboren und nicht gemacht, und ist das Herze und Glanz aus allen Kräften seines himmlischen Vaters, eine selbständige Person, das Zentrum oder in der Tiefe das Corpus des Glanzes. Denn des Vaters Kraft gebäret den Sohn von Ewigkeit immerdar. So nun der Vater würde aufhören zu gebären, so wäre der Sohn nicht mehr, und so der Sohn nicht mehr in dem Vater leuchtete, so wäre der Vater ein finster Tal; denn des Vaters Kraft stiege nicht auf von Ewigkeit zu Ewigkeit, und könnte das göttliche Wesen nicht bestehen.
23. Also ist der Vater das selbständige Wesen aller Kräfte, und der Sohn ist das Herze in dem Vater, das aus allen Kräften des Vaters immer geboren wird, und der des Vaters Kräfte wieder erleuchtet. Nicht mußt du denken, daß der Sohn in dem Vater vermischt sei, daß man seine Person nicht sehe oder erkenne; nein, wenn das wäre, so wäre es nur eine Person. So wenig als die Sonne aus den andern Sternen scheinet, und ob sie gleich aus andern Sternen ihren Ursprung hat, so wenig scheinet auch der Sohn aus den Kräften des Vaters, was sein Corpus anlanget. Und ob er gleich aus den Kräften des Vaters immer geboren wird, so scheinet er doch wieder in die Kräfte des Vaters; denn er ist eine andere Person als der Vater, aber nicht ein anderer Gott. Er ist ewig in dem Vater, und der Vater gebäret ihn von Ewigkeit zu Ewigkeit immerdar, und ist der Vater und der Sohn ein Gott, gleiches Wesens in Kraft und Allmacht. Der Sohn siehet, hört, schmecket, fühlet, reucht und begreift alles wie der Vater. In seiner Kraft lebet und ist alles, was da gut ist, wie in dem Vater; aber das Böse ist nicht in ihm.
Aurora, Jakob Böhme, 1612
Christus ist das höhere Sein in dir, ob Du ihn nun Christus nennst oder ihm den Namen einer anderen Kultur gibst ist einerlei. Alle Mystiker dieser Erde kannten ihn. Nur konnten sie sich nicht in einer universellen Sprache äußern, sie mußten ihm Namen aus ihrem Kulturkreis geben, damit sie von den Menschen verstanden wurden. Aber Du kannst sicher sein, dass sie alle das Selbe meinten.
Jesus hat das Christusbewußtsein erlangt und wurde zu Jesus der Christus
Gautama hat Buddhaschaft erlangt und wurde Gautama der Buddha.
Es ist alles das Selbe, nur die Wege sind verschieden.
Der Buddhismus ist der Weg der Erkenntnis
Das Christentum ist der Weg der Liebe
Gruß Willibald