Ich kann meinen Geschmack einfach nicht für den allgemeingültigen erklären. Und es geht schon gar nicht, Fanatikern die Definitionsgewalt über den Kunstbegriff zu überlassen.
Wobei ich dir vollkommen Recht gebe. Es ging mir in diesem Fall auch vor allem darum, drauf hinzuweisen, daß es eben den einen oder anderen sehr bekannten Inszenator gibt, der ganz freimütig zugibt, daß es ihm gar net drum geht, irgendwas zu zeigen, sondern nur und ausschließlich darum, möglichst viel Aufsehen zu erregen. Was ihm ja hiemit gelungen wäre. Ob man ihn nun als Künstler bezeichnen mag oder nicht, tut da gar nix zur Sache.
LeBaron schrieb:
Ich kenn die Oper ja nicht, erst recht nicht diese Inszenierung.
Was ich so lese, da ist von einer Enthauptung nicht die Rede.
Meinst du jetzt in der Oper oder in der Inszenierung, die Enthauptung? In der Oper kommt sicher keine vor
. In Mozarts Oper gehts darum, daß Idomeneo nach langen Irrfahrten knapp vor Kreta mit seinem Schiff in einem furchtbaren Sturm gerät, annimmt, es sei der Zorn Poseidons, und dem vermeintlich zornigen Gott verspricht, ihm das erste zu opfern, was ihm entgegenkommt, wenn sie nur das Land erreichen. Er überlebt die Bruchlandung als einziger, und der erste, der ihm am Strand entgegenkommt, ist sein Sohn Idamante. Jetzt hat er ein Riesenproblem, gell, und was immer der verzweifelte Vater versucht (und seine Seelenqualen zeichnet Mozart in den grimmigsten Farben), um da auszukommen, führt zu noch größeren Katastrophen - bis zum Seeungeheuer, das die Jünglinge der Insel verspeist, Stück für Stück. Dem Druck des aufgebrachten Volkes und der Priester muß er schließlich nachgeben und zugeben, daß er seinen eigenen Sohn opfern soll. ...Das aufgebrachte Volk beginnt zu begreifen...(in einem der gewaltigsten Chöre der Opernliteratur.)Als der edle Jüngling davon hört, ist er bereit, zu sterben...das Volk verstummt erschüttert... und im letzten Augenblick meldet sich der Poseidon mit Donnerstimme zu Wort und sagt dem Idomeneo, hör auf damit, ich will den Burschen gar nicht. Im Gegenteil, er gefällt mir, er hat Charakter bewiesen, er soll jetzt König sein und du nimmer, geh in Pension. Was er denn dann auch tut.
So. Und jetzt sagt mir, warum man da Jesus- und Buddha- und Mohammedköpfe dazu braucht, um diesen Hammer von Handlung auf die Bühne zu kriegen. Und dazu den Hammer von Musik. Was immer du da dazu fuchtelst, ist im Weg, weil es das Werk Mozarts stört.
Darum gehts mir. Ist es uns denn nicht genug, ein großes Kunstwerk zu realisieren? Müssen wir immer an den Haaren Provokationen herbeiziehen, damit dann ein Wirbel entsteht, wo keiner sein hätte sollen?
Und darum gehts mir
auch:
Warum eigentlich nur aus Angst vor wildgewordenen Muslimen wird sowas zunächst einmal vertagt? Warum muß man nicht auch Angst vor aufgebrachten Katholiken, Protestanten und Orthodoxen haben? Warum muß man nicht vor entrüsteten Buddhisten zittern? Da hört nämlich dann das Argument, weil wir so bös zu ihnen sind, drum sind sie so bös zu uns, ganz schnell zu wirken auf. Die Verfehlungen der westlichen Welt treffen nicht nur die Muslime, sie treffen uns alle. Gleichmäßig. Warum gibt es offenbar guten Grund, vor fanatischen Anhängern Mohammeds zu zittern? Und warum gibt es keinen Grund, sich vor fanatischen Anhängern Buddhas zu fürchten?
Ich hab da selber keine fertige Antwort drauf, gell. Ich frag mich das nur, ebensogut mich selbst wie euch.