Mahabharata

Mahabharata 2. Buch
Anadyuta Parva – Das zweite Würfelspiel

78 – Wer mit unlauteren Mitteln besiegt wurde, braucht sich darum nicht zu grämen
Entschließe dich ernsthaft, ... deinen Zorn zu beherrschen, welcher Yama angehört,
Almosen zu geben, welche Kuvera angehören und
all deine Leidenschaften zu beherrschen, welche zu Varuna gehören

Handle immer angemessen und gerecht in guten wie in schwierigen Zeiten


Yudhishthira sprach: Ich verabschiede mich von allen Bharatas, von meinem alten Großvater Bhishma, ... Lebt wohl bis wir uns wiedersehen.
Voller Scham konnte niemand Yudhishthira antworten, doch in ihren Herzen baten alle um das Wohl des klugen Prinzen.

Dann sprach Vidura: Die ehrwürdige Pritha ist eine Prinzessin von Geburt. Es ist nicht statthaft für sie, in die Wälder zu gehen. Sie ist empfindlich, alt und an Behaglichkeit gewöhnt. Die Gesegnete wird von mir geachtet in meinem Hause leben. Wisset dies, ihr Söhne des Pandu. Und seid allseits beschützt und sicher.

Da antworteten ihm die Pandavas: Es sei, wie du sagst, oh du Sündenloser. Du bist unser Onkel, und für uns wie ein Vater. ...Wir werden immer deinem Gebot folgen. Sage uns, oh du Hochbeseelter, was sonst für uns zu tun bleibt.

Vidura erwiderte: Oh Yudhishthira, du Bulle unter den Bharatas, wisse, dies ist meine Meinung. Wer mit unlauteren Mitteln besiegt wurde, braucht sich darum nicht zu grämen... Oh Bharata, dieser duldsame Rückzug von den Leidenschaften der Welt wird euch von großem Nutzen sein. Kein Feind kann dies ertragen, und sei er Shakra selbst ebenbürtig. Du wurdest einst von Meru Savarni im Himavat belehrt, von Krishna Dwaipayana in der Stadt Varanavata, von Raam am Felsen des Bhrigu und von Shambu (Șiva) selbst am Ufer des Dhrishadwati.

Auch hast du Belehrungen des großen Rishi Asita am Berge Anjana gehört, und du wurdest ein Schüler des Bhrigu am Ufer des Kalmashi. Nun werden Narada und dein Priester Dhaumya deine Lehrer sein. Um der kommenden Welt willen, vergiß die Belehrungen nicht, welche du von den Rishis erhalten hast. ...entschließe dich ernsthaft, ... deinen Zorn zu beherrschen, welcher Yama angehört, Almosen zu geben, welche Kuvera angehören und all deine Leidenschaften zu beherrschen, welche zu Varuna gehören.

Erringe die Macht des Mondes zu beschwichtigen, oh Bharata,
die Macht des Wassers, alles zu ertragen,
die Vergebung von der Erde,
die Energie von der vollen Sonnenscheibe,
die Stärke des Windes und die Fülle von allen anderen Elementen. ...

Oh Yudhishthira, handle immer angemessen und gerecht in guten wie in schwierigen Zeiten... Sei gesegnet, oh Bharata. Niemand kann sagen, daß du jemals sündig gehandelt hast. Und so hoffen wir, daß du sicher und erfolgreich heimkehren wirst.

Da sprach der unverändert heldenmütige Yudhishthira: „So sei es.“, verbeugte sich tief vor Drona und Bhishma und ging davon.
 
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Anadyuta Parva – Das zweite Würfelspiel

79 – Die Klage der Kunti

Bevor Draupadi sich auf die Reise machte, ging sie zur ruhmreichen Kunti und bat um Abschied. Auch von den anderen, zutiefst traurigen Damen des Haushalts verabschiedete sie sich. Sie grüßte und umarmte eine jede nach ihrem Stand, und war entschlossen, fortzugehen. Da erhob sich in den inneren Gemächern des Palastes ein lautes Wehklagen. Kunti schaute völlig aufgewühlt auf die zur Abreise bereite Draupadi und stammelte mit kummervoll erstickter Stimme:
Oh Kind, trauere nicht über die Misere, die euch überkam. Du kennst die Pflichten des weiblichen Geschlechts, und dein Betragen ist genauso, wie es sein sollte. ... Glücklich können sich die Kauravas heißen, daß sie nicht durch deinen Zorn verbrannt wurden! ... Edle Frauen hegen über Unvermeidliches keine Trauer in ihren Herzen. Du wirst vom Höchsten, von der Tugend beschützt, und so wirst du bald ein gutes Schicksal erfahren. Doch habe ein Auge auf mein Kind Sahadeva, während ihr in den Wäldern lebt. Schau, daß sein Herz nicht in diesem großen Elend versinkt.

Draupadi antwortete mit tränenvollen Augen: „So sei es.“... Voller Mutterliebe trat Kunti zu ihren Söhnen, umarmte sie alle und sprach mit trauriger Stimme:
Ihr seid tugendhaft und von gutem Benehmen, verfügt über alle guten Eigenschaften und Respekt. Ihr seid von hohem Geist und dient immer den Älteren. Ihr seid den Göttern ergeben und der Durchführung von Opfern. Warum mußte euch diese Katastrophe überkommen? Warum dieses Unglück? Ich kann nicht sehen, durch wessen Übeltat euch diese Sünde zuteil wurde. Weh, ich habe euch aufgezogen. Es muß an meinem bösen Schicksal liegen, daß euch diese Pein überkam, denn ihr seid voller hervorragender Tugenden...

Nun erachte ich euren Vater als glücklich, denn er erntete die Früchte seiner Askese und war mit Voraussicht beschenkt, als er dem Wunsch nach dem himmlischen Aufstieg nachgab, denn nun muß er wegen seiner Söhne keine Schmerzen leiden. Und glücklich war die gesegnete Madri, wie ich es heute sehe, denn auch sie hatte wohl eine Ahnung und entschied sich für den hohen Pfad der Loslösung und allen Segen, der damit verbunden ist. Ach, Madri wünschte mein Bleiben, und ihr Geist und ihre Zuneigung waren immer bei mir. Schande über meinen Wunsch zu leben, dem ich nun all dies Leiden verdanke.

Meine Kinder, ihr seid alle hervorragend und mir lieb. Ich bekam euch nach vielen Qualen und kann euch nicht verlassen. Ich will mit euch gehen! Weh Draupadi, warum verläßt du mich? Jedes Leben ist sicher dazu bestimmt zu vergehen. Hat Dhatri vergessen, meinen Tod zu beschließen? Vielleicht verläßt mich deshalb das Leben nicht. Oh Krishna in Dwaraka, jüngerer Bruder von Sankarsana, wo bist du? Warum befreist du nicht mich und diese besten Männer von dieser Pein? Man sagt, du seist ohne Anfang und Ende und befreist diejenigen, die an dich denken. Warum werden diese Worte nicht wahr? Meine Söhne hingen immer an Tugend, Edelmut, gutem Ruhm und Heldentat. Sie verdienen solch Misere nicht. Oh, sei ihnen gnädig! ...

Vaisampayana fuhr fort: So besänftigten die Pandavas ihre weinende Mutter mit schweren Herzen wegen ihrer Reise in die Wälder. Dann saßen sie lange Zeit stumm und bedeckten ihre lotusgleichen Gesichter mit ihren schönen Händen. Auch König Dhritarashtra bedachte die drohenden Gefahren für seine Söhne, wurde ein Opfer der Angst und fand keinen Frieden. Besorgt meditierte er über alles Geschehene, und mit aus dem Gleichgewicht geratenen Geist sandte er einen Boten zu Vidura mit den Worten: „Khatta soll sofort zu mir kommen.“ Vidura folgte schnellstens dem Ruf seines Bruders und begab sich zum Monarchen, welcher ihn sorgenvoll befragte.
 
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80 – Die Pandavas verlassen Hastinapura

Das Schicksal ist das Höchste

Und Dhritarashtra, der Sohn der Ambika, fragte ängstlich den großen Seher Vidura:
Wie schreitet Yudhishthira, der Sohn von Dharma, voran? Wie Bhimasena und wie Arjuna? Wie gehen die Zwillinge der Madri auf die Reise? Was macht Dhaumya, oh Khatta, und was die ruhmreiche Draupadi? Ich möchte alles hören, oh Khatta. Erzähle mir, was sie tun.

Vidura antwortete: Yudhishthir, der Sohn der Kunti, geht voran und hat das Gesicht mit seinen Kleidern bedeckt. Bhima schaut beim Gehen auf seine mächtigen Arme, oh König. Arjuna folgt dem König und streut Sandkörner aus. Sahadeva, der Sohn der Madri, schreitet vom Hof und beschmiert sich sein Gesicht. Nakula, dieser Schönste der Männer, bedeckt sich mit Staub, und sein Herz ist in großer Aufregung. Die schöne Draupadi mit den großen Augen beschirmt das Gesicht mit ihrem zersausten Haar, folgt dem König auf Schritt und Tritt und weint viele Tränen. Dhaumya trägt Kusha Gras in seinen Händen und zitiert die schrecklichen Mantras der Sama Veda, welche Yama betreffen.

Dhritarashtra fragte: Sag mir, oh Vidura, warum die Pandavas auf so verschiedene Weise Hastinapura verlassen.

Vidura sprach: Obwohl er durch deine Söhne verfolgt und seines Königreichs und aller Habe beraubt wurde, hat sich der Geist des weisen Königs Yudhishthira nicht vom Pfad der Tugend getrennt. Yudhishthir ist deinen Kindern freundlich gesinnt, oh Bharata. Und obwohl er mit faulen Tricks betrogen wurde und ihn Zorn erfüllt, öffnet er nicht seine Augen. Er denkt: „Ich darf die Menschen nicht verbrennen, indem ich sie mit zornigen Augen ansehe.“. Und deshalb bedeckt der königliche Sohn des Pandu sein Gesicht.

Nun höre, oh Bulle der Bharatas, warum Bhima im Voranschreiten seine gewaltigen Arme ausstreckt. Er denkt: „Niemand hat so starke Arme wie ich.“, und er stellt sie stolz zur Schau und wünscht sich, mit ihnen an seinen Feinden Würdiges zu vollbringen.
Arjuna, der mit beiden Armen gleichermaßen geschickt Gandiva halten kann, folgt den Fußstapfen Yudhishthiras und streut Sandkörner umher als Gleichnis für die vielen Pfeile, die er gern in der Schlacht abschießen würde. Und er möchte zeigen, oh Bharata, daß er die Pfeile ebenso leicht auf die Feinde im Kampf regnen lassen wird, wie er jetzt die Sandkörner verstreut.
Sahadeva mit dem beschmierten Gesicht denkt: „Niemand soll mich an diesem elenden Tag erkennen.“ Und der sich mit Staub eindeckende Nakula denkt: „Ich könnte sonst die Herzen der Damen brechen, die auf mich schauen.“

Draupadi geht in ein beflecktes Kleid gehüllt und mit zerzaustem Haar. Sie weint und gibt folgendes zu erkennen: „Die Ehefrauen der Männer, wegen derer ich in solches Elend geriet, werden in vierzehn Jahren Hastinapura betreten in nur einem blutbeschmierten Kleid, mit unordentlichem Haar und alle in ihrer Periode, nachdem sie Wasser für ihre verstorbenen Gatten, Söhne und geliebten Verwandten geopfert haben.“
Der gelehrte und selbstbeherrschte Dhaumya zeigt mit dem Kusha Gras Richtung Südwest. Er schreitet voran und singt die Yama Mantras aus der Sama Veda. Damit zeigt der Brahmane: „Wenn die Kauravas in der Schlacht besiegt werden, werden die Priester und Lehrer der Kurus dieses Mantra zum Wohle der Verstorbenen singen.“

Die Bürger rufen traurig: „Weh und Ach! Schaut, unsere Meister gehen fort. Pfui über die Alten der Kurus, daß sie sich wie närrische Kinder verhalten und die Nachkommen des Pandu aus reiner Habgier verbannen. Ohne die Söhne des Pandu sind wir herrenlos. Welche Liebe können wir für die hinterhältigen und habsüchtigen Kurus empfinden?“

So verlassen diese vortrefflichen Menschen die Stadt und zeigen durch ihre Mienen und Gesten, was in ihren Herzen ist. Und es gibt Blitze im Himmel, obwohl gar keine Wolken da sind. Die Erde erbebt. Rahu kommt, um die Sonne zu verschlingen, doch es ist nicht der rechte Tag für eine Zusammenkunft. Meteore fallen vom Himmel und lassen die Stadt zur Rechten liegen. Schakale, Geier, Raben und viele Raubtiere schreien und brüllen von den Tempeln der Götter, den Gipfeln heiliger Bäume und auch von Mauern und Häuserdächern herab. Diese äußerst katastrophalen Zeichen sind zu sehen und zu hören, oh König, und verkünden die Vernichtung der Bharatas aufgrund deines üblen Entschlusses.

Vaisampayana fuhr fort: Nun, oh Monarch, während König Dhritarashtra und Vidura sich unterhielten, erschien in der Sabha der Kauravas vor aller Augen der himmlische Rishi Narada in Begleitung der großen Rishis. Er erschien allen versammelten Königen und sprach folgende schreckliche Worte: „In vierzehn Jahren werden wegen der Verfehlung von Dhritarashtra alle Kauravas durch Bhimas und Arjunas Macht vernichtet werden.“ Danach verschwand dieser Große mit dem alles überragenden vedischen Glanze wieder in die Himmel. Da boten Duryodhana, Karna und Shakuni dem Drona das Königreich an, denn sie erachteten ihn als ihre einzige Zuflucht. Und Dronas Antwort an die neidischen und zornvollen Bharatas, wie Duryodhana, Dushasana und Karna, war folgende.

Drona sprach: Die Brahmanen haben gesagt, daß die Pandavas himmlischen Ursprungs und unbesiegbar sind. Doch die Söhne Dhritarashtras nebst allen Königen baten mich aus ganzem Herzen und mit Respekt um Hilfe. Ich werde ihnen zur Seite stehen, so gut ich kann. Das Schicksal ist das Höchste. Ich kann sie nicht abweisen. Die Söhne Pandus gehen vom Würfelspiel besiegt ins Exil, um ihren Einsatz einzulösen. Sie werden für zwölf Jahre nach Brahmacharya Art in den Wäldern leben, energiegeladen heimkehren und zu unserem größten Kummer die schrecklichste Rache am Feind nehmen. Ich nahm einst Drupada sein Königreich in bester Absicht und im freundschaftlichen Gespräch. Seines Reiches beraubt, führte er ein Opfer durch, um einen mächtigen Sohn zu erlangen. Vom asketischen Feuer Yajas und Upayajas geführt, entsprangen der Opferstelle ein Sohn namens Dhrishtadyumna und die makellose Tochter Draupadi.

Dhrishtadyumna ist nun der Schwager der Pandavas und ihnen in Liebe verbunden. Vor ihm muß ich mich fürchten, denn er ist himmlischen Ursprungs, so glänzend wie das Feuer und kam mit Bogen, Pfeilen und Rüstung zur Welt. Ich bin ein sterbliches Wesen und fürchte ihn. Und weil er auf Seiten der Pandavas steht, werde ich in der Schlacht mein Leben verlieren, wenn wir uns gegenüber stehen. Was könnte schlimmer für mich sein, ihr Kauravas? Dhrishtadyumna ist der Vernichter Dronas – diese Worte glaubt jeder. Es ist mir bekannt, daß er geboren wurde, um mich zu töten, und alle Welt weiß das. Um deinetwillen, oh Duryodhan, steht diese gräßliche Schlacht vor der Tür. Handle, um dein Wohl zu sichern. Denk nicht, daß mit dem Exil der Pandavas alles gewonnen ist. Dein jetziges Glück wird nur einen Moment lang dauern, wie der Schatten einer Palme im Winter an ihrem Fuße nur für eine Weile rastet. Führe Opfer durch, gib Almosen und erfreu dich des Lebens. Doch in vierzehn Jahren wird dich das große Übel überwältigen.

Da sprach Dhritarashtra: Oh Khatta, Drona hat die Wahrheit gesagt. Schnell geh und bring die Pandavas zurück. Wenn sie nicht zurückkommen, dann sollen sie wenigstens mit Respekt und Zuneigung verabschiedet werden. Und sie sollen ihre Waffen und Wagen nebst Infanterie zur Verfügung haben und sich an allen schönen Dingen erfreuen.
 
Mahabharata 2. Buch
Anadyuta Parva – Das zweite Würfelspiel

81 – Zuerst nehmen die Götter einem Menschen die Vernunft, dann senden sie ihm Niederlage und Schande
Er ist von Sünde vergiftet und hängt fest daran.
Das Unangemessene erscheint als angemessen und umgekehrt, und er liebt das Üble und Unheilsame

Vaisampayana sprach: Doch Dhritarashtras Sorgen und Ängste ließen nicht nach. Er saß ruhelos und seufzte kummervoll, als Sanjaya vor ihn trat und fragte:
Warum, oh Herr der Erde, trauerst du so? Du hast nun die ganze Welt mit all ihrem Reichtum gewonnen und die Pandavas sind im Exil.

Dhritarashtra antwortete: Wer könnte sich nicht sorgen, der in der Schlacht sich diesen Bullen unter den Kriegern stellen muß? Die Söhne des Pandu kämpfen auf großen Wagen und haben mächtige Verbündete.

Sanjaya sprach: Ja, diese unvermeidliche und große Feindschaft, die ganz sicher die Vernichtung der Welt hervorbringen wird, ist wahrlich eine würdige Herausforderung für dich, oh König. Trotz des Tadels von Bhishma, Drona und Vidura hat dein gemeiner und schamloser Sohn Duryodhana nach der geliebten und tugendhaften Gattin der Pandavas gesandt, damit sie bei Hofe erscheine. Zuerst nehmen die Götter einem Menschen die Vernunft, dann senden sie ihm Niederlage und Schande. Deshalb sieht solch ein Mensch die Dinge in einem sehr seltsamen Licht. Bevor die Vernichtung kommt, erscheint seinem Verstand das Böse als gut. Er ist von Sünde vergiftet und hängt fest daran. Das Unangemessene erscheint als angemessen und umgekehrt, und er liebt das Üble und Unheilsame.

Dies sind die Zeichen, denn die Zeit der Vernichtung erscheint nicht gleich als erhobene Keule, welche einem das Haupt zertrümmert. Indem die Übelgesinnten die hilflose Prinzessin von Panchala in die Halle schleppten, brachten sie diese gräßliche, allumfassende und schreckliche Vernichtung über sich. Nur der falsch spielende Duryodhana konnte dies Draupadi antun, welche schön und klug ist, mit Moral und Pflicht vertraut und welche keinem Frauenleib, sondern dem heiligen Feuer entsprang. Als die schöne Krishnaa in ihrem einen Kleid und in ihrer unreinen Zeit in die Halle gezwungen wurde, warf sie nur einen Blick auf ihre Gatten. Die waren all ihres Reichtums beraubt, ihre Reiches, sogar ihrer Kleidung und Zierde, ohne jeglichen Luxus und gebunden. Ja, die Bande der Tugend verboten ihnen, ihre Heldenkräfte zu zeigen. Und vor allen Königen sprachen Duryodhana und Karna grausame und unflätige Worte zur aufgeregten und gepeinigten Draupadi, welche solche Behandlung nicht verdiente. Oh Monarch, das sind für mich die Omen für furchtbare Konsequenzen.

Dhritarashtra sprach: Oh Sanjaya, die Blicke der gepeinigten Tochter von Drupada könnten diese ganze Welt verbrennen. Doch kann es sein, daß wenigstens einer meiner Söhne leben wird? Als die Frauen der Bharatas zusammen mit Gandhari erfuhren, wie die tugendhafte, junge und schöne Gattin der Pandavas bei Hofe behandelt wurde, da schrien sie erschrocken auf. Mit all meinen Dienern weinen und klagen sie bis heute. Die Brahmanen erregte die schlechte Behandlung von Draupadi so sehr, daß sie alle zusammen kein abendliches Agnihotra mehr ausführen. Die Winde bliesen so heftig wie zur Zeit der allumfassenden Auflösung. Wir hatten ein schweres Gewitter. Meteore fielen vom Himmel, und Rahu wollte zur Unzeit die Sonne verschlingen (der Sonnenfinsternis kommt von Rahu nich von der Erde).

Das hat das Volk heftigst erregt. Unsere Streitwagen fingen plötzlich Feuer, und alle Fahnenmasten fielen zu Boden, das kommende Übel der Bharatas verkündend. Schakale jaulten gräßlich aus der Kammer, in der Duryodhana das heilige Feuer hütet. Und Esel fielen von allen Seiten in das Gebrüll ein. Bhishma, Drona, Kripa, Somadatta und der hochbeseelte Valhika verließen die Versammlung. Da folgte ich Viduras Rat und sprach zu Draupadi: „Ich gewähre dir Segen oh Krishna, worum du auch bitten magst.“ So flehte sie um die Befreiung der Pandavas, welcher ich aus eigenem Willen zustimmte. Ich ließ sie mit all ihren Wagen, Bögen und Pfeilen heimkehren.

Doch Vidura meinte, daß die Behandlung Draupadis der Untergang der Bharatas sein würde, denn sie ist die makellose Shri (die Glücksgöttin) selbst. Er sprach: „Sie ist himmlischen Ursprungs und die vermählte Gattin der Pandavas. Sie werden niemals die Demütigung ihrer Gattin vergeben. Auch die mächtigen Bogenkrieger des Vrishni Geschlechts und die gewaltigen Kämpfer der Panchalas werden dies nie stillschweigend ertragen. Arjuna wird sicherlich zurückkehren, mit dem ewig heldenhaften Vasudeva an seiner Seite, und vom Panchala Heer umgeben. Der starke Bhima wird kommen und wie Yama selbst die Keule schwingen.

Unsere Könige werden kaum der Macht von Bhimas Keule widerstehen können. Und so scheint mir ewiger Frieden mit den Pandavas das Beste zu sein, und keinesfalls Feindschaft. Die Söhne Pandus sind stets stärker als die Kurus. Du weißt, oh Dhritarashtra, wie Bhima mit seinen bloßen Armen den gewaltigen und ruhmvollen König Jarasandha bezwang. Du solltest Frieden mit den Söhnen Pandus schließen. Habe keine Bedenken und vereine beide Parteien, oh König. Wenn du dies tust, wird dir ein gutes Schicksal geschehen.“ So sprach Vidura zu mir in tugendhaften und guten Worten. Doch ich stimmte seinen Ratschlägen nicht zu, denn mich bewegt die Zuneigung für meinen Sohn.
 
Mahabharata 3. Buch
Aranyaka Parva – Die Lehren des Waldes

1Wer sich mit Narren umgibt, versinkt in Illusion, welche den Geist verstrickt
Die tägliche Verbindung mit Guten und Weisen führt jedoch zur Ausübung von Tugend
Die Verbindung mit solch reinen Menschen ist sogar dem Studium der Schriften vorzuziehen

Ohne eigenen, religiösen Verdienst ernten wir denselben, wenn wir uns mit Gerechten verbinden; so wie wir uns mit Sünde beladen, wenn wir den Sündhaften dienen

Schon Anblick und Berührung von Unehrenhaftigkeit, so wie der Austausch und das Leben mit Sündigen verringern die Tugend, und kein Mensch gelangt so zur Reinheit der Seele.


OM. Sich vor Nara und Narayan verbeugend, diesen Höchsten der männlichen Wesen, und auch vor Sarasvati, der Göttin des Lernens, möge das Wort Jaya (Sieg) erklingen.

Janamejaya sprach: Oh du Bester der Zweifachgeborenen, was taten die Söhne der Pritha, diese Kuru Prinzen und meine Vorfahren, nachdem sie von den Söhnen Dhritarashtras und ihren Ratgebern so hinterhältig betrogen worden waren? Sie wurden von diesen Übeltätern erzürnt, und dies mußte eine gräßliche Feindschaft heraufbeschwören, zumal solch grausame Worte fielen. ...

Und Vaisampayana erzählte: Die Pandavas trugen ihre Waffen und wurden von Draupadi begleitet, als sie in nördliche Richtung durch das Vardhamana Stadttor davonzogen. ... Als die Bürger erfuhren, daß die Pandavas abgereist waren, wurden sie von Trauer überwältigt und begannen, Bhishma, Drona, Vidura und Gautama zu tadeln. Sie kamen zusammen und sprachen furchtlos zueinander:

Weh! Unsere Familien, wir selbst und unsere Heimat sind verloren, wenn der gemeine Duryodhan nach dem Königreich trachtet und dabei von Shakuni, Karna und Dushasana unterstützt wird. Ach, all unsere alten Traditionen, unsere Tugend und unser Wohlstand sind verdammt, wenn sich dieser sündige Übeltäter mit all den anderen ebenso sündigen Übeltätern an das Reich heranmacht. ... Oh, laßt uns lieber mit denen gehen, die voller Mitgefühl sind, die ihre Leidenschaften beherrschen und hochbeseelt sind, die den Feind an Tugend überstrahlen und bescheiden, ruhmreich und fromm sind...

Mit diesen Worten folgten nun auch die Bürger den Pandavas, holten sie ein und sprachen zu ihnen mit gefalteten Händen:
Seid gesegnet! Wohin geht ihr und laßt uns kummervoll zurück? Wir werden euch überallhin folgen. ... So wie der Boden, das Wasser, Sesamsamen und Kleider den Duft von Blumen annehmen, so sind alle Erscheinungen ein Ergebnis ihrer Verbindungen. Wer sich deshalb mit Narren umgibt, versinkt in Illusion, welche den Geist verstrickt. Die tägliche Verbindung mit Guten und Weisen führt jedoch zur Ausübung von Tugend. Wer sich also nach Befreiung sehnt, sollte sich mit Weisen, Erfahrenen, Wahrhaften und Reinen verbinden, denn sie besitzen asketischen Verdienst.

Man sollte denen dienen, welche über reines, dreifaches Gut verfügen, nämlich Wissen, edle Herkunft und gute Taten. Die Verbindung mit solch reinen Menschen ist sogar dem Studium der Schriften vorzuziehen. Ohne eigenen, religiösen Verdienst ernten wir denselben, wenn wir uns mit Gerechten verbinden; so wie wir uns mit Sünde beladen, wenn wir den Sündhaften dienen. Schon Anblick und Berührung von Unehrenhaftigkeit, so wie der Austausch und das Leben mit Sündigen verringern die Tugend, und kein Mensch gelangt so zur Reinheit der Seele.

Der Umgang mit Unedlem beeinträchtigt die Vernunft.
Der Umgang mit Mittelmäßigkeit macht mittelmäßig.
Doch die Verbindung mit dem Guten erhöht die Vernunft. ...

Yudhishthira antwortete: Gesegnet sind wir, wenn das Volk unter Führung der Brahmanen uns aus Zuneigung und Mitgefühl Verdienste zuschreibt, welche wir gar nicht besitzen. Doch ich nebst meinen Brüdern möchte euch um Eines bitten. Wenn ihr wirklich Liebe und Mitgefühl für uns empfindet, dann solltet ihr unserer Bitte Folge leisten.

Unser Großvater Bhishma, König Dhritarashtra, Vidura, unsere Mutter und fast all unsere guten Freunde, die uns Gutes wünschen, sind in Hastinapur geblieben. Wenn ihr wohl an uns handeln wollt, dann versorgt ihr alle zusammen jene, die von Gram und Kummer überwältigt zurückgeblieben sind. Aus Trauer um unsere Abreise seid ihr weit mit uns gegangen. Doch nun geht wieder zurück, und richtet eure Herzen mit zärtlicher Sorge auf unsere Verwandten, die ich euch hiermit anvertraue. Das ist die einzige Wohltat, nach der mein Herz verlangt. Wenn ihr meiner Bitte folgt, dient ihr mir am besten und macht mir große Freude.

Vaisampayana fuhr fort: Nachdem Yudhishthira, der Gerechte, die Menge solcherart ermahnt hatte, stöhnten alle gleichzeitig laut auf und klagten: „Weh, unser König!“. Zutiefst erregt und traurig, doch mit Wissen um die Tugenden von Prithas Sohn nahmen die Bürger unwillig, doch folgsam Abschied von den Pandavas und lenkten ihre Schritte zurück in die Stadt. Nachdem die Menschen den Söhnen Pandus nicht länger folgten, bestiegen jene ihre Wagen und machten sich auf den Weg zum großen Banian Baum namens Pramana am Ufer der Ganga. Noch vor Anbruch der Nacht kamen sie an der rechten Stelle an, reinigten sich, indem sie das heilige Wasser berührten und verbrachten die Nacht unter dem Baum.

Vor lauter Trauer nahmen sie die erste Nacht nur Wasser zu sich. Dabei leisteten ihnen einige Brahmanen Gesellschaft, welche beiden Klassen angehörten (die das heilige Feuer hüten oder auch nicht) und mit ihren Schülern und Familien den Pandavas gefolgt und liebevoll ergeben waren. Inmitten jener, welche Brahma sprachen, erstrahlte der König hell und glänzend. In dieser Nacht, welche zugleich schön und schrecklich war, entzündeten die Brahmanen ihre Feuer, sangen einvernehmlich und mit süßen Stimmen wie Schwanengesang die Veden und besänftigten damit diesen Besten der Kurus, König Yudhishthira.
 
Mahabharata 3. Buch
Aranyaka Parva – Die Lehren des Waldes


2.1 – Täglich tausende Gründe für Kummer und hunderte für Angst überwältigen nur den Unwissenden und nicht den Weisen

Krankheit, Berührung mit schmerzhaften Dingen, mühevolle Plage und Sehnsucht nach verheißungsvollen Dingen – dies sind die vier Ursachen für Leiden
Wahrhafte Erkenntnis heilt die geistige Unruhe.
Wenn dann der Geist Frieden findet, findet auch der Körper Entspannung. Begierde ist die Ursache für alle geistigen Sorgen

das kleinste Begehren vernichtet sowohl Tugend als auch Verdienst (Gewinn)

Wer in beständigem Kontakt mit der Welt lebt und sich ihrer vergänglichen, illusorischen Charakter bewusst ist,
der ist wahrlich als ein Zurückgezogener zu bezeichnen, welcher der Welt entsagt hat. Seine Seele hängt von nichts ab, und er ist frei von allen
Leidenschaften

Deshalb sollte niemand seine Neigungen auf Freunde oder Besitz richten
Und die begehrende Zuneigung sollte durch Transzendentales Wissen zum Erlöschen kommen

Wie die Lotusblüte nicht vom trüben Wasser verunreinigt wird, so werden die Seelen von Menschen, welche zwischen vergänglich und ewigwährend unterscheiden können, welche dem Ewigen hingegeben folgen, mit den transzendentalen Schriften vertraut sind und durch Weisheit gereinigt wurden, niemals vom begehrenden Verlangen bewegt

Der Mensch, den Begehren bewegt, wird durch endlose Wünsche gepeinigt. Diese Wünsche in seinem Herzen nähren den Durst nach weltlichen Gütern immer mehr. Ja, dieser Durst ist sündhaft und wird als Quelle für alle Sorgen und Ängste angesehen. Es ist dieser schreckliche Durst, der mit Sünde beladen ist und uns zu ungerechten Taten verleitet.

Glücklich ist, wer diesem Durst entsagen kann. Die Niedriggesinnten können ihm niemals entsagen, und er vergeht nicht mit ihrem Körper. Dieser Durst ist wahrlich (wie) eine gefährliche Krankheit
Lebt er im Herzen, dann vernichtet er die Kreaturen wie ein Feuer aus geistiger Tiefe. Und wie das Holz vom Feuer verzehrt wird, welches es nährt, so werden die Menschen mit unreiner Seele verbrannt, die im Herzen die Habgier hegen.

Wer im Reichtum sein Glück sucht, hängt zu sehr daran und erfährt kein wahres Glück.
Die Anschaffung von Reichtümern vergrößert sogar die Narrheit und Habgier immer mehr.
Ja, Reichtum kann die Ursache für Geiz, Hochmut, Prahlerei, Angst und Sorge sein. Diese Übel der Menschheit sehen die Weisen in Reichtümern.

Nur die Unwissenden sind unzufrieden. Die Weisen sind immer im Frieden.



Vaisampayana sprach: Die Nacht war vorüber, der Morgen brach an. Die Brahmanen, welche sonst von Almosen lebten, standen vor den Pandavas, welche bereit waren, in den Wald einzutreten. Da sprach König Yudhishthira zu ihnen: Wir wurden unseres Reiches und unserer Reichtümer beraubt und sind nun bereit, im einsamen Wald zu leben. Wir hängen nun von Früchten, Wurzeln und der Jagd ab. Außerdem ist der Wald voller Gefahren und wimmelt nur so von Raubtieren und Reptilien. Mir scheint, ihr werdet hier viele Entbehrungen und Schmerzen erleiden müssen. Doch wenn Brahmanen leiden, können sogar die Götter überwältigt werden. Ich jedenfalls werde es nicht ertragen können. So bitte, ihr Brahmanen, kehrt lieber wieder um!

Die Brahmanen erwiderten: Oh König, unser Weg ist genau der, den ihr jetzt beschreiten werdet. Es frommt dir nicht, uns wegzuschicken, denn wir sind deine ergebenen Bewunderer und üben wahrhaftige Religion. Die Götter zeigen ihren Verehrern Mitgefühl, und besonders den Brahmanen, welche ein beherrschtes Leben führen.

Yudhishthira sprach: Ihr Zweifachgeborenen, ich habe stets großen Respekt vor den Brahmanen. Doch die Verzweiflung hat mich mit Verwirrung erfüllt. Auch meine Brüder, welche Früchte und Wurzeln sammeln sollen und Hirsche jagen, sind von Trauer ganz verwirrt und erregt wegen der bekümmerten Draupadi und dem Verlust unseres Königreiches. Ach, so verwirrt, wie sie sind, kann ich sie nicht mit so schwerwiegenden Aufgaben betrauen.

Die Brahmanen sagten: Oh König, laß keine Sorge wegen unseres Lebensunterhaltes in dein Herz. Wir werden uns selbst versorgen, dir folgen und mit Meditationen und Gebeten dein Wohlergehen fördern. Mit angenehmer Unterhaltung werden wir dich und uns selbst erfreuen.

Da sagte Yudhishthira: Nun, es muß zweifellos sein, wie ihr es sagt, denn in Begleitung von Zweifachgeborenen bin ich immer zufrieden. Doch mein gefallener Status macht, daß ich mich als Ziel von Rüge und Tadel betrachte. Wie kann ich mit ansehen, wie ihr euch aus Liebe zu mir mühsam ernährt, durch eurer eigenen Hände anstrengende Arbeit? Wo ihr es doch nicht verdient, irgendwelche Schwierigkeiten zu ertragen? Oh, Schande über die üblen Söhne Dhritarashtras!

Vaisampayana fuhr fort: Mit diesen Worten setzte sich der König weinend auf die Erde nieder. Da sprach ein gelehrter Brahmane namens Saunaka zu ihm, denn er war mit der Philosophie der Seele, mit Sankhya und Yoga vertraut.

Saunaka sprach: Täglich tausende Gründe für Kummer und hunderte für Angst überwältigen nur den Unwissenden und nicht den Weisen. Sicher, vernünftige Menschen wie du lassen sich niemals von Taten verleiten, welche wahrem Wissen entgegenhandeln, mit Übel belastet sind und der Erlösung im Wege stehen, oh König. In dir lebt dieses Verstehen, welches mit den acht Attributen behaftet ist, aus dem Studium der Schriften kommt und von dem gesagt wird, daß es in der Lage ist, vor Übel zu bewahren. Männer wie du lassen sich nicht lähmen durch Armut, Krankheit, Sorgen oder bekümmerte Freunde. Höre! Ich werde dir die Zeilen zitieren, die einst der ruhmreiche Janaka über die Beherrschung der Seele sang. Diese Welt leidet nun einmal unter körperlichen und geistigen Gebrechen. Höre, wie man sie mildern kann:.

Krankheit, Berührung mit schmerzhaften Dingen, mühevolle Plage und Sehnsucht nach verheißungsvollen Dingen – dies sind die vier Ursachen für Leiden. Krankheiten kann man mit Medizin lindern. Geistige Leiden versucht man, mit Yoga Meditation zu heilen (wortwörtlich: zu vergessen). Kluge Ärzte kümmern sich daher immer zuerst um die geistigen Leiden ihrer Patienten, indem sie freundlich mit ihnen sprechen und ihnen angenehme Dinge anbieten. Wie ein heißes Eisen in einem Wasserglas das Wasser erwärmt, so bringt mentales Leiden immer auch körperliche Schmerzen hervor. Und wie Wasser Feuer löscht, so heilt wahrhafte Erkenntnis die geistige Unruhe. Wenn dann der Geist Frieden findet, findet auch der Körper Entspannung. Es scheint, daß Begierde die Ursache für alle geistigen Sorgen ist. Es ist das Begehren, welches die Kreaturen auf alle Arten leiden läßt und sie elend macht.

Wahrlich, Begehren ist die Quelle für alles Elend, alle Ängste, alle Freuden, jeden Kummer und alle Arten von Schmerz. Aus dem Begehren kommen alle Ziele (Absichten) und auch die Neigung zu weltlichen Gütern. Beides sind unheilsame Quellen, wobei das Begehren übler ist als die beiden Letzten.

Wie nur ein kleiner Funke in der Krone eines Baumes schließlich den ganzen Baum bis zur Wurzel verbrennt, so vernichtet das kleinste Begehren sowohl Tugend als auch Verdienst (Gewinn), Dharma und Artha. Nicht derjenige, welcher sich von weltlichem Besitz zurückgezogen hat, gilt als einer, der der Welt entsagt hat. Doch wer in beständigem Kontakt mit der Welt lebt und sich ihrer Makel bewußt ist, der ist wahrlich als einer zu bezeichnen, welcher der Welt entsagt hat. Seine Seele hängt von nichts ab, und er ist frei von allen Leidenschaften. Deshalb sollte niemand seine Neigungen auf Freunde oder Besitz richten. Und die begehrende Zuneigung zu sich selbst sollte durch Wissen zum Erlöschen kommen.

Wie die Lotusblüte nicht vom trüben Wasser verunreinigt wird, so werden die Seelen von Menschen, welche zwischen vergänglich und ewigwährend unterscheiden können, welche dem Ewigen hingegeben folgen, mit den heiligen Schriften vertraut sind und durch Weisheit gereinigt wurden, niemals vom begehrenden Verlangen bewegt. Der Mensch, den Neigung bewegt, wird durch endlose Wünsche gepeinigt. Diese Wünsche in seinem Herzen nähren den Durst nach weltlichen Gütern immer mehr. Ja, dieser Durst ist sündhaft und wird als Quelle für alle Sorgen und Ängste angesehen. Es ist dieser schreckliche Durst, der mit Sünde beladen ist und uns zu ungerechten Taten verleitet.

Glücklich ist, wer diesem Durst entsagen kann. Die Niedriggesinnten können ihm niemals entsagen, und er vergeht nicht mit ihrem Körper. Dieser Durst ist wahrlich (wie) eine gefährliche Krankheit.

Lebt er im Herzen, dann vernichtet er die Kreaturen wie ein Feuer aus geistiger Tiefe. Und wie das Holz vom Feuer verzehrt wird, welches es nährt, so werden die Menschen mit unreiner Seele verbrannt, die im Herzen die Habgier hegen. Die mit Leben gesegneten Kreaturen haben immer Angst vorm Tod. Die Reichen leben immer in Sorge vor König und Dieben, vor Überflutung und Brand und sogar vor ihren eigenen Verwandten. Und wie ein Klümpchen Fleisch in die Luft geworfen, von Vögeln verschlungen werden kann, am Boden von Raubtieren gefressen wird und im Wasser von den Fischen, so ist ein reicher Mann überall diesen gefährlichen Sorgen ausgesetzt. Für viele Menschen ist ihr Reichtum auch ihr Verhängnis. Wer im Reichtum sein Glück sucht, hängt zu sehr daran und erfährt kein wahres Glück.

Die Anschaffung von Reichtümern vergrößert sogar die Narrheit und Habgier immer mehr. Ja, Reichtum kann die Ursache für Geiz, Hochmut, Prahlerei, Angst und Sorge sein. Diese Übel der Menschheit sehen die Weisen in Reichtümern. Denn Menschen nehmen grenzenloses Elend auf sich, nur um Reichtümer zu erlangen und zu horten. Auch das Bewahren dieser Schätze ist immer mit Sorgen beladen. Manchmal wird sogar das Leben geopfert, um an Reichtum zu gelangen. Das Verlieren von Reichtümern ist ebenfalls schmerzlich. Und sogar geliebte Menschen werden für ebendiesen Reichtum zu Feinden. Doch wenn schon der Besitz von Reichtum mit soviel Elend verbunden ist, sollte man seinen Verlust nicht beklagen.
 
Mahabharata 3. Buch
Aranyaka Parva – Die Lehren des Waldes


2.2 Nur die Unwissenden sind unzufrieden. Die Weisen sind immer im Frieden.

Der Durst nach Schätzen kann niemals gestillt werden. Zufriedenheit ist höchstes Glück. Und so sagen die Weisen, daß Zufriedenheit das Höchste ist, was man erstreben kann. Die Weisen wissen um die Vergänglichkeit (und somit um die Wertlosigkeit) von Jugend und Schönheit, dem Leben und gehorteten Schätzen, von Wohlstand und der Gesellschaft von geliebten Menschen. Sie begehren all dies nicht. Daher sollte man davon ablassen, Reichtümer zu erstreben und sich den damit verbundenen Schmerz aufzuladen.

Kein Reicher ist von Sorgen frei
. Deshalb loben die Tugendhaften denjenigen nicht, der sich nach Reichtum sehnt.
Und was diejenigen betrifft, die aus tugendhaften Gründen nach Reichtümern streben, kann man sagen, es ist besser, davon abzulassen.
Denn es ist immer empfehlenswert, den Schlamm gar nicht erst zu berühren, als ihn sich hinterher abwaschen zu müssen, nachdem man sich beschmutzt hat.
Nun Yudhishthira, es frommt dir nicht zu begehren. Wenn du Tugend hast, dann befreie dich von der Sehnsucht nach weltlichem Besitz.

Yudhishthira antwortete: Oh Brahmane, ich wünsche mir keinen Reichtum, um mich nachher daran zu erfreuen. Nur für den Unterhalt der Brahmanen wünsche ich mir Besitz. Dabei treibt mich keine Habgier. Denn für welch anderen Zweck führen wir ein häusliches Leben, als diejenigen gut zu versorgen und zu beschützen, welche mit uns sind? Von allen Wesen sieht man, daß sie ihre Nahrung untereinander teilen. Und deshalb sollte ein Hausvater einen Teil seiner Nahrung an die Yatis und Brahmacharins abgeben, welche den Hausstand aufgegeben haben. Im Hause der Guten sollte es niemals an Gras (für einen Sitz), Platz (zum Ausruhen), Wasser (zum Löschen des Durstes und Waschen der Füße) und lieben Worten mangeln.

Den Müden sollte ein Bett oder einen Sitz, den Durstigen Wasser und den Hungrigen Nahrung angeboten werden. Dem Gast gebühren aufmerksame Blicke, ein fröhliches Herz und liebe Worte. Der Gastgeber sollte sich erheben, seinem Gast entgegen gehen, ihn grüßen und ihm einen Sitz anbieten. Das ist ewiges Dharma (Vorgeschriebene Pflicht).
Wer kein Agnihotra (Feueropfer) durchführt, sich nicht um die Kühe kümmert, oder seine Familie, Gäste, Freunde, Söhne, Ehefrauen und Diener versorgt, wird für seine Unterlassung von Sünde verzehrt.

Niemand sollte nur für sich allein kochen. Niemand sollte ein Tier töten, ohne es den Göttern, Ahnen und Gästen zu widmen. Niemand sollte Nahrung zu sich nehmen, die nicht den Göttern und Ahnen geweiht ist. Indem man morgens und abends etwas Essen auf den Boden streut für die Hunde, Chandalas und Vögel, sollte man das Vaiswadeva Opfer durchführen. Was übrig bleibt, nachdem man den Göttern und Ahnen geopfert hat, ist wie Ambrosia. Und was übrig bleibt, nachdem man die Gäste gespeist hat, wird Vighasa genannt und gleicht ebenfalls Ambrosia. Einen Gast zu bewirten kommt einem Opfer gleich. Und die freundlichen Blicke für den Gast, die Aufmerksamkeit, die man ihm widmet, die lieben Worte für ihn, den Respekt, den man ihm zollt und Essen und Trinken für ihn sind die fünf Gaben (Dakshina) in diesem Opfer.
Wer einem fremden, erschöpften Reisenden unverzüglich Essen bringt, gewinnt sich großen Verdienst. So folgen die häuslich Lebenden dieser Praxis, denn der so gewonnene religiöse Verdienst ist immens. Nun, oh Brahmane, was sagst du dazu?

Saunaka sprach: Wohlan, diese Welt ist voller Widersprüche! Was die Guten beschämt, erquickt die Übelgesinnten.
Von Unwissenheit und Leidenschaft getrieben werden Narren zu Sklaven ihrer eigenen Sinne und vollführen viele scheinbar verdienstvolle Taten, um ihre selbstsüchtigen Begierden zu stillen.
Mit halbgeöffneten Augen werden sie von ihren verführerischen Sinnen irregeleitet, so wie ein ungeschickter Wagenlenker von nervösen und hintertriebenen Pferden.
Wenn einer der sechs Sinne sein spezielles Objekt entdeckt, dann erhebt sich Begehren im Herzen, sich an diesem Objekt zu erfreuen.
Stellt sich die Freude an diesem Sinnesobjekt ein, entsteht ein Wunsch und der gebiert als nächstes einen Entschluß.

Und wie ein Insekt sich in die Flamme stürzt, weil es das Licht liebt, so fällt der Mensch in das Feuer der Versuchung und wird von den Pfeilen der Sinnesobjekte durchbohrt,
die der Wunsch aussendet, welcher den Samen des Entschlusses bildet. So wird er vom unaufhaltsam gesuchten, sinnlichen Vergnügen geblendet, ist in tiefe Unwissenheit und Torheit gehüllt, hält dies irrtümlich für den Zustand von Glück und kennt sich selbst nicht!

So fallen die Wesen dieser Welt aus Unwissenheit, Tatendrang und Verlangen von einem Zustand in den anderen, wie ein sich unablässig drehendes Wagenrad. Sie wandern von einer Geburt zur anderen und durchlaufen den ganzen Kreis der Existenzen von Brahmaa (das erste bedingte Lebewesen in Universum) zum Grashalm, im Wasser, auf der Erde und im Himmel.

Das ist der Werdegang der Unwissenden. Doch höre nun den Weg der Weisen, die sich bedingungslos der Tugend widmen und Befreiung suchen.

Die Veden sagen es deutlich: Handle, doch verzichte auf die Frucht der Handlung. So solltest du ohne Abhiman handeln.(Falsche Identifizierung mit der Rolle die man im aktuellen Leben bekommen hat). Opfern, Studium, Almosen, Buße, Wahrhaftigkeit in Rede und Tat, Kontrolle der Sinne und Verzicht auf Begierde – dies sind die erklärten acht Haupttugenden, welche den wahrhaften Pfad ausmachen.

Die ersten vier pflastern den Weg zu den Ahnen. Ihnen sollte man ohne Abhiman folgen. Die vier letzten werden von den Frommen geübt, damit sie den Himmel der Götter erlangen. Die Reinen im Geiste folgen immer allen acht Pflichten. Wer zum Zwecke der Erlösung die Welt überwinden will, sollte bei jeder Handlung jegliches Verlangen beiseite lassen. Damit beherrscht er wirksam die Sinne, ist standhaft in seinen Gelübden, dient hingebungsvoll dem Lehrer, schränkt ernsthaft seine Nahrung ein, studiert gewissenhaft die Veden, entsagt der Handlung als (fruchtbringendes) Mittel und zügelt sein Herz.

Indem die Götter sowohl Begehren als Abneigung bezwangen, gewannen sie Wohlstand. Durch ihren Reichtum an Yoga regieren die Rudras, Sadhyas, Adityas, Vasus und Aswin Zwillinge die Kreaturen. So handle wie sie, oh Sohn der Kunti, ohne jegliches Verlangen. Strebe mit schwerer Buße nach Erfolg im Yoga, oh Bharata. Du hast schon erfolgreich die Schulden für deine Ahnen getilgt und Verdienst aus Taten und Opfern angesammelt. Doch nun bemühe dich um Buße und diene den Zweifachgeborenen. Wer mit asketischem Verdienst gekrönt ist, kann tun, was ihm beliebt. So strebe nach Askese, um deine hehren Ziele zu verwirklichen.
 
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3.1 – Die Nahrung, welche alles Leben erhält, ist mit Sonnenenergie durchtränkt, und der Sonnengott ist damit der Vater aller Kreaturen

108 -Einhundert und acht Namen der Sonne

Vaisampayana erzählte weiter: Nach diesen Worten trat Yudhishthira, der Sohn der Kunti, mit seinen Brüdern vor seinen Priester und bat ihn: Die vedenkundigen Brahmanen folgen mir in den Wald. Von vielen Sorgen bewegt kann ich sie nicht unterstützen. Weder bin ich in der Lage, ihnen Nahrung anzubieten, noch kann ich sie wegschicken. Sag mir, du Heiliger, was ich nun tun soll.

Dhaumya überlegte eine Weile, wie er mittels seiner Yoga Kräfte den rechten Weg weisen könne, und antwortete dann: Vor langer Zeit plagte alle geschaffenen Wesen der Hunger. Wie der große Vater zeigte Savitri (die Sonne) Mitgefühl, und begab sich zuerst nach auf den nördlichen Kreis, um mit ihren Strahlen Wasser aufzusaugen. Dann kam sie auf den südlichen zurück, und nahm mit aller Hitze ihre zentrale Position über der Erde ein. Später wandelte der Mond, der Herr der Pflanzenwelt, die Sonnenglut in Wolken, und ließ das Wasser in Form von Regen auf die Erde fallen, damit die Pflanzen wachsen.

Die Sonne nahm also durch den Einfluß des Mondes Einfluß auf die keimenden Samen und wurde zu den heiligen Pflanzen mit den sechs unterschiedlichen Geschmacksrichtungen. Diese sind die Nahrung für alle Kreaturen der Erde. Die Nahrung, welche alles Leben erhält, ist mit Sonnenenergie durchtränkt, und der Sonnengott ist damit der Vater aller Kreaturen. Suche Zuflucht bei ihm, Yudhishthira.

Es ist bekannt, daß alle Monarchen reiner Herkunft und Taten ihr Volk durch hohe Askese befreit haben. Der große Kartavirya, Vainya und Nahusha haben alle mittels hoher Gelübde und asketischer Meditation ihr Volk von schweren Sorgen befreit. Du Tugendhafter bist schon durch deine Taten gereinigt. So tritt ein in ein Leben der Enthaltsamkeit, oh Bharata, und erhalte durch deine Tugend die Zweifachgeborenen.

Da fragte Janamejaya: Wie verehrte dieser Bulle unter den Kurus, König Yudhishthira, die wunderbar erscheinende Sonne zum Wohle der Brahmanen?

Vaisampayana antwortete: Höre aufmerksam zu, mein König, reinige dich und ziehe deinen Geist von allem anderen ab. Und wähle die passende Zeit, oh König der Könige. Ich werde dir alles genau erzählen. Höre also die einhundert und acht Namen der Sonne, wie sie damals dem hochbeseelten Sohn der Pritha von Dhaumya verkündet wurden.

Dhaumya sprach:
Adideva, Aditisuta, Aindhana, Aja, Alolupa, Ananta, Angaraka, Ansu, Apa, Aravindaksha, Arihan, Arka, Aryaman, Aswattha,
Bhaga, Bhanu, Bhutadi, Bhutasraya, Bhutapati, Bibhavasu, Budha, Brahma,
Characharatman, Dehakartri, Dhanwantari, Dharmadhdhwaja, Dhatri, Dhumaketu, Diptanshu, Dwadasatman, Dwapara,
Indra, Jatharagni, Jaya, Jimuta, Jivana,
Kala, Kalachakra, Kali, Kapila, Kamada, Kastha, Kaladhyaksha, Kha, Krita, Kshana, Kshapa,
Gabhastimat, der mitfühlende Maitreya, Manas, Matri, Mokshadwara, Mrityu, Muhurtta,
Parayana (die einzige Zuflucht), Pitamaha, Pitri, Prabhakara, Prajadhyaksha, Prajadwara, Pranadharana, Prasantatman, Prithibi, Purusha, Pusha,
Ravi, Rudra,
Sagara, Samvartaka, Samvatsara-kara, Sanaischara, Sanatana, Sarvadi, Sarvatomukha, Sarvamarasraya, Saswata, Sauri, Savitri, Sighraga, Skanda, Soma, Srastri, Suchi, Sukhsmatman, Sukra, Suparna, Surya, Swarga-dwara,
Tamonuda, Teja, Tejasam-pati, Treta, Twastri, Tripistapa,
Vayu, Vrihaspati, Vivaswat, Vishnu, Vaisravana, Vaidyutagni, Veda-karttri, Vedanga, Veda-vahana, Vyaktavyakta, Vishwakarman,Varuna, und Vanhi, Vicsla, Varada, Viswatman, Viswatomukha,
Yama und Yogin

sind die hundertacht Namen der unermeßlich energiereichen Sonne, wie sie der Schöpfer Brahmaa genannt hat.

Um Wohlstand zu erlangen, verbeuge ich mich vor dir, oh Bhaskara (Sonnengott), der du hell wie Feuer oder Gold loderst. Dich ehren die Sura-Götter, Pitris und Yakshas, die Asuras, Nisacharas und Siddhas.

Wer mit konzentrierter Achtsamkeit diese Hymne zu Sonnenaufgang rezitiert,
erhält Ehefrau und Söhne, Reichtum und die Erinnerung an seine früheren Existenzen.
Wer diese Hymne singt, bekommt Geduld und ein gutes Gedächtnis.
Ein Mensch sollte mit konzentriertem Geist diese Hymne aufsagen.
Tut er dies, ist er vor Kummer, Waldbränden und dem Ozean sicher und erhält alles Gewünschte.
 
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Aranyaka Parva – Die Lehren des Waldes


3.2 Die Verehrung der Sonne 1

Vaisampayana fuhr fort: Yudhishthir, der Gerechte, hörte Dhaumyas angemessenen Worten aufmerksam zu, konzentrierte sich und reinigte sein Herz, vertiefte sich in ernsthafte, asketische Meditation und widmete sich dem Wunsch, die Brahmanen zu versorgen. Er ehrte die Sonne mit Blumen und führte seine Waschungen durch. Mit dem Gesicht zur Sonne gewandt, stand er im Fluß. Er berührte die Wasser der Ganga, kontrollierte seine Sinne, nahm nur Luft zu sich, enthielt sich der Rede und übte mit achtsamer Seele Pranayama. Dann begann der König gereinigt die Sonne zu preisen.

Yudhishthir sprach: Du bist, oh Sonne, das Auge des Universums.
Du bist die Seele aller körperlichen Existenzen. Du bist der Ursprung aller Dinge.
Du bist die Verkörperung aller religiöser Taten der Menschen.
Du bist die Zuflucht aller Menschen, die sich der Sankhya Philosophie (den Mysterien der Seele) widmen, und aller Yogis.
Du bist eine Tür ohne Riegel. An dich wenden sich die Erlösung Suchenden.

Du erhältst und heiligst die Welt, reinigst sie und hilfst aus reinstem Mitgefühl.
Die vedenkundigen Brahmanen erscheinen vor dir, ehren dich zur rechten Zeit und singen alle Arten von Lobeshymnen.
Dich preisen die Rishis. All die Siddhas, Charanas, Gandharvas, Yakshas, Guhakas und Nagas folgen deinem Wagen durch den Himmel, denn sie ersehnen sich die Erfüllung ihrer Wünsche.
Die dreiunddreißig Götter (die acht Vasus, elf Rudras, 12 Adityas, Prajapati und Vashatkara) mit Upendra (Vishnu) und Mahendra (Indra), alle aus der Klasse der himmlischen Vaimanikas, gewannen sich Erfolg, weil sie dich verehren.

Als die besten Vidyadharas dir Girlanden aus himmlisch duftenden Mandaras opferten, wurden alle ihre Wünsche erfüllt. Die Guhyas und sieben Klassen der Pitris (Vorfahren die auf der Himmlischen Planeten der Ahnen lebene) erhielten ihre Größe, weil sie dich allein verehrten. Ihre Vorzüglichkeit bekamen die Vasus, Marutas, Rudras und Siddhas, indem sie sich vor dir verbeugten. Ich kenne nichts in allen sieben Welten (Lokas) und der von Brahmaa, was jenseits von dir ist.

Es gibt wahrlich große Wesen mit viel Energie, doch niemand hat deinen Glanz und deine Kraft. In dir ist alles Licht, denn du bist wahrlich der Herr des Lichtes. In dir sind die Elemente und die Weisheit, das Wissen und die Askese mit allen asketischen Eigenschaften (wie Anima, Laghima usw.). Der Diskus mit der schönen Nabe, mit dem der Träger des Sarnga Bogen (Vishnu) den Stolz der Asuras zerschlug, wurde von Visvakarma aus deiner Energie erschaffen.

Im Sommer sammelst du mit deinen Strahlen alle Feuchtigkeit von den flüssigen Substanzen, Pflanzen und Körpern auf, um sie dann in der Regenzeit wieder auszuteilen. Deine Strahlen wärmen und trocken. Als Wolken werden sie zu Donnern, Blitzen und Platzregen in der rechten Jahreszeit. Weder Feuer, Häuser noch wollene Kleider wärmen den Zitternden bei klirrender Kälte so gut wie deine Strahlen.

Du erleuchtest mit deinen Strahlen die ganze Erde mit ihren dreizehn Inseln. Du allein widmest dich dem Wohlergehen der drei Welten. Wenn du dich nicht erhebst, erblindet das Universum, und die Wissenden können sich nicht in Dharma, Artha und Kama üben. Durch deine Gnade können die Brahmanen, Kshatriyas und Vaisyas ihre Pflichten und Opfer ausführen. Wer sich in die Zeitenlehre vertieft, sagt, daß du der Anfang und das Ende eines Brahmaa Tages bist, welcher aus tausend Yugas (Zeitalter je 4 Zyklen, siehe Die universellen Zyklen) besteht.
 
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3.3 Die Verehrung der Sonne 2

Du bist der Herr der Manus, ihrer Söhne, des Universums, der Menschen, der Manwantaras und ihrer Herren.
Wenn die Zeit der universalen Auflösung kommt, verbrennt aus deinem Zorn heraus das Feuer Samvartaka die drei Welten und existiert allein weiter.
Die stattfindenden Überschwemmungen werden aus vielfarbigen Wolken (dem Regenbogen) deiner Strahlen zusammen mit dem Elefanten Airavat und dem Donner hervorgehen.
Du wirst dich in zwölf Sonnen teilen und den Ozean austrocknen. Du wirst Indra genannt, bist Vishnu, Brahma und Prajapati.

Du bist Feuer und subtiler Geist. Du bist Herr und ewiges Brahma. Du bist Hansa, Savitri, Bhanu, Ansumalin, Vrishakapi, Vivasawan, Mihira, Pusha, Mitra, und Dharma!
Du bist tausendstrahlig, bist Aditya, Tapana und der Herr der Strahlen! Du bist Martanda, Arka, Ravi, Surya und Saranija.
Du machst den Tag, bist Divakara, Saptasapti, Dhumakeshin und Virochana.
Von dir wird gesagt, daß du schnell bist, gelbe Rosse besitzt und die Dunkelheit vernichtest.
Wer dich am sechsten oder siebenten Mondtag mit Demut und ruhigem Geist verehrt, gewinnt die Gunst von Lakshmi.
Wer dich mit ungeteilter Aufmerksamkeit ehrt und achtet, wird von allen Gefahren, Ängsten und Sorgen befreit.

Und wer in sich trägt, daß du überall bist, lebt lang und ohne Sünde und ist von allen Krankheiten befreit.
Oh Herr aller Nahrung, bitte gewähre mir reichlich Essen, damit ich meine Gäste in allen Ehren versorgen kann.
Ich verbeuge mich auch vor allen, welche dir folgen und zu deinen Füßen Zuflucht nahmen – Mathara, Aruna, Danda, Asani und viele andere.
Ich verbeuge mich vor den himmlischen Müttern aller Kreaturen, vor Kshuva, Maitri und all den anderen. Oh mögen sie mir ihre Nahrung geben.

So verehrte Yudhishthira die weltenreinigende Sonne. Die Hymne gefiel der aus sich selbst leuchtenden Sonne so sehr, daß sie sich dem Sohn von Pandu zeigte.

Und Vivaswan (der Sonnengott) sprach: Du wirst alles erhalten, was du wünschst. Ich werde für die nächsten zwölf Jahre für deine Nahrung sorgen. So nimm diesen Kupferkessel an, den ich dir gebe. Solange Draupadi diesen Kessel in ihren Händen hält, oh du mit den vorzüglichen Gelübden, ohne nur allein daraus zu essen, wird er unablässig Früchte, Wurzeln, Fleisch und Gemüse für deine Küche liefern. So sollen dir diese vier Arten der Nahrung ab jetzt reichlich gegeben sein. Und in vierzehn Jahren wirst du auch dein Königreich zurückbekommen.

Vaisampayana erzählte weiter: Nach diesen Worten verschwand der Gott wieder. Wer die Hymne Yudhishthiras mit konzentriertem Geist, einem Wunsch in seinem Herzen und mit asketischer Abstraktion rezitiert, erhält von der Sonne, was er sich wünscht, sei es auch schwierig zu erlangen. Und wer diese Hymne täglich hört oder singt, und sich einen Sohn wünscht, wird ihn bekommen.
Wer sich Reichtümer wünscht, wird sie erhalten. Und wer sich Gelehrtheit ersehnt, wird sie finden.
Wenn Mann oder Frau diese Hymne jeden Tag zur Morgen- und Abenddämmerung rezitieren, werden sie von Gefahr und jeglicher Bedrängnis befreit.

Brahma selbst hatte einst dieses Loblied dem ruhmreichen Shakra gesungen. Von Shakra ging es auf Narada über, und von Narada auf Dhaumya. Dhaumya hatte es dem Yudhishthira übergeben, und diesem wurde nun sein Wunsch erfüllt. Durch die Kraft dieser Hymne mag man sich immer Sieg in der Schlacht gewinnen und immense Schätze. Sie führt den Preisenden von allen Sünden (Dunkelheiten) fort in die Bereiche der Sonne.

So erhob sich der tugendhafte Sohn der Kunti aus dem Wasser der Ganga, berührte Dhaumyas Füße und umarmte seine Brüder. Mit Draupadi ging er in die Küche, und von ihr verehrt, begann er zu kochen. Die reine Nahrung, wie gering die Menge auch sein mochte, welche aus den vier Arten in diesem Topf zubereitet wurde, wuchs und wurde reichlich für alle. So ernährte Yudhishthira erst die Brahmanen und nach ihnen seine jüngeren Brüder. Dann nahm er selbst vom Vighasa genannten Rest. Und zum Schluß aß Draupadi, die Tochter von Prishata. Wenn sie gegessen hatte, erschöpfte sich die Nahrung für diesen Tag.

So unterhielt der wie ein Himmlischer strahlende Yudhishthira mit dem Segen der Sonne die Brahmanen auf angenehmste Weise und zu ihrer Zufriedenheit. Die Söhne der Pritha gehorchten ihrem Priester und führten an glücksverheißenden Tagen und zu besonderen Sternenkonstellationen die traditionellen Opfer gemäß der Schriften und Mantras durch. Nach all den Opferzeremonien reisten die gesegneten Söhne Pandus mit Dhaumya und all den Brahmanen in die Wälder von Kamyaka.
 
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