Da sagt Freund G. also zu mir: "Willi ...", sagt er, "... du hast überhaupt keine Struktur. Du brauchst ein bisserl mehr Struktur." Freund G. ist Künstler, malt Kreise und Kurven, baut Objekte aus Lehm und gräbt viel in seinem Garten rum. Die Erde ist sein Lieblingsmaterial. Ich glaube, er liebt die Erde.
Er bewegt seinen Körper immer recht langsam und bedächtig und liebt keine elektrischen Sägen. Sie machen zu viel Stress, sagt er. Und zu viel Lärm. Wenn er mit der Handsäge ein Brett zersägt streift sein Blick durch die Gegend und ich habe das Gefühl, als wäre das was um ihn ist auch in ihm. Mir scheint, dieser Garten ist sein Universum und dieses Universum befindet sich in ständiger Veränderung.
Ich arbeite nicht viel in diesem Garten. G. will mich zwar immer animieren meinen Körper zu bewegen, an seinem Lehmhüttenprojekt mitzuwirken, doch am liebsten sitze ich nur da und schaue Löcher in die Luft und verbinde die einzelnen Eindrücke in mir zu einem Gesamtbild. Und er ist der Gott in diesem Universum. Wenn ich durch den Garten geh, muss ich immer darauf achten, nicht aus versehen auf edle Kräuter zu steigen. Als Großstadtneurotiker habe ich keine Kenntnis über Permakultur. Hier wächst alles wie wild durcheinander. Aber es ist seltsam: Niemand hat mich unterwiesen, ich hab keine Ahnung was was ist. Ich bin wie ein Idiot. Und doch ist es, als würden die Pflanzen zu mir sprechen. Immer, bevor ich einen falschen Schritt setzen will spüre ich eine Kraft die von der Pflanze ausgeht und meinen Fehltritt korrigiert bevor er passiert. Der Garten spricht in gewisser Weise zu mir.
"Du brauchst mehr Struktur, Willi, dir fehlt der Plan", sagt G. während er vor einer seiner kleinen Lehmskulpturen steht und es kommt mir vor als würde er warten, dass sich der kleine Lehmzwerg - im Grunde nur die Mütze eines Zwerges - zu bewegen beginnt.
G. ist zweifellos besser mit seinem Körper verbunden als ich. Der Bewegungstakt seines Körpers ist in Harmonie mit dem Takt in seinem Universum. Hier gibt es keine Zeit. Einmal hat er mir sogar die Handsäge weggenommen, weil ich ihm ein Brett zu schnell durchgesägt habe. Ich bin ganz anders. Ich bewege meinen Körper fast überhaupt nicht mehr. Und wenn es sich nicht vermeiden läßt, weil alltägliche Übungen zur Pflicht rufen, dann treibe ich ihn wie einen Sklaven durch die Gegend. Hier gibt es kein langsam. Ich bin wie ein Blitz und wenn ich den Körper in Bewegung setze muss er 4 Dinge gleichzeitig erledigen und gepeinigt schreit er um Hilfe: "Gnade!" ruft er zu mir herauf, der Körper "Laß Gnade walten. Ich kann nicht an 4 Orten zur selben Zeit sein, so wie du. Ich bin aus festem Material, existiere in der Zeit und muss schwere Gewichte durch dieses 3D-Panorama schleppen, während du nur den ganzen Tag durch die Gegend fliegst und mich wie einen Sklaven schindest." So spricht der Körper dann zu mir. Um Gnade winselnd und gleichzeitig belehrend und mich erinnernd.
Da ich innerlich natürlich leer und doch auch voll der Liebe bin, erkenne ich sofort meinen Trugschluss und setze ihn vorsichtig und liebevoll auf die Holzbank vor dem Haus und erlaube ihm, dass er einen tiefen Schluck Multivitaminsaft trinkt, herzhaft in die Wurschtsemmel beisst und sich einen Glimmstengel zwischen die Lippen klemmt.
"Du brauchst mehr Struktur" höre ich wieder den G. leise in mein Ohr flüstern.
"Wozu brauch ich Struktur mein Freund?" flüstere ich zurück. "Du bist anders als ich G. du bist ein Künstler, immer voll kreativer Ideen und voller Schaffensdrang. Ich aber habe keine Ideen. Ich bin innerlich völlig leer. Ich bin nur ein Auge, das deine Werke sieht - nicht immer versteht - aber ich sehe sie und nach und nach versteh ich sie auch. Ich habe dein Kunstwerk betreten, bin nur ein Gast und ich sehe immer etwas neues hier in deinem Universum. Ich habe keine Ideen, keinen Schaffensdrang - ich sehe - die Welt ist bereits erschaffen und sie erschafft sich ständig weiter, ich kann sie nicht verbessern. Im Moment habe ich keine Ideen dazu. Ich bin selbst nur eine Idee, eine Kreation eines noch viel größeren und älteren Künstlers. Ein Auge bin ich und ein Ohr, nicht mehr und nicht weniger. Die Welt ist gut so wie sie ist und den Krieg der hier tobt und das Unrecht, das außerhalb von deinem Universum passiert habe nicht ich erfunden und kann es auch nicht beenden. Erst wenn mir der große Künstler im All eine Idee schickt, werde ich meinen Körper dazu anhalten, sich der Idee gemäß zu bewegen. Und bis es soweit ist gebe ich mich damit zufrieden, ein Auge und ein Ohr zu sein in dieser Welt. Ein Sinn ohne Schaffensdrang."
Er bewegt seinen Körper immer recht langsam und bedächtig und liebt keine elektrischen Sägen. Sie machen zu viel Stress, sagt er. Und zu viel Lärm. Wenn er mit der Handsäge ein Brett zersägt streift sein Blick durch die Gegend und ich habe das Gefühl, als wäre das was um ihn ist auch in ihm. Mir scheint, dieser Garten ist sein Universum und dieses Universum befindet sich in ständiger Veränderung.
Ich arbeite nicht viel in diesem Garten. G. will mich zwar immer animieren meinen Körper zu bewegen, an seinem Lehmhüttenprojekt mitzuwirken, doch am liebsten sitze ich nur da und schaue Löcher in die Luft und verbinde die einzelnen Eindrücke in mir zu einem Gesamtbild. Und er ist der Gott in diesem Universum. Wenn ich durch den Garten geh, muss ich immer darauf achten, nicht aus versehen auf edle Kräuter zu steigen. Als Großstadtneurotiker habe ich keine Kenntnis über Permakultur. Hier wächst alles wie wild durcheinander. Aber es ist seltsam: Niemand hat mich unterwiesen, ich hab keine Ahnung was was ist. Ich bin wie ein Idiot. Und doch ist es, als würden die Pflanzen zu mir sprechen. Immer, bevor ich einen falschen Schritt setzen will spüre ich eine Kraft die von der Pflanze ausgeht und meinen Fehltritt korrigiert bevor er passiert. Der Garten spricht in gewisser Weise zu mir.
"Du brauchst mehr Struktur, Willi, dir fehlt der Plan", sagt G. während er vor einer seiner kleinen Lehmskulpturen steht und es kommt mir vor als würde er warten, dass sich der kleine Lehmzwerg - im Grunde nur die Mütze eines Zwerges - zu bewegen beginnt.
G. ist zweifellos besser mit seinem Körper verbunden als ich. Der Bewegungstakt seines Körpers ist in Harmonie mit dem Takt in seinem Universum. Hier gibt es keine Zeit. Einmal hat er mir sogar die Handsäge weggenommen, weil ich ihm ein Brett zu schnell durchgesägt habe. Ich bin ganz anders. Ich bewege meinen Körper fast überhaupt nicht mehr. Und wenn es sich nicht vermeiden läßt, weil alltägliche Übungen zur Pflicht rufen, dann treibe ich ihn wie einen Sklaven durch die Gegend. Hier gibt es kein langsam. Ich bin wie ein Blitz und wenn ich den Körper in Bewegung setze muss er 4 Dinge gleichzeitig erledigen und gepeinigt schreit er um Hilfe: "Gnade!" ruft er zu mir herauf, der Körper "Laß Gnade walten. Ich kann nicht an 4 Orten zur selben Zeit sein, so wie du. Ich bin aus festem Material, existiere in der Zeit und muss schwere Gewichte durch dieses 3D-Panorama schleppen, während du nur den ganzen Tag durch die Gegend fliegst und mich wie einen Sklaven schindest." So spricht der Körper dann zu mir. Um Gnade winselnd und gleichzeitig belehrend und mich erinnernd.
Da ich innerlich natürlich leer und doch auch voll der Liebe bin, erkenne ich sofort meinen Trugschluss und setze ihn vorsichtig und liebevoll auf die Holzbank vor dem Haus und erlaube ihm, dass er einen tiefen Schluck Multivitaminsaft trinkt, herzhaft in die Wurschtsemmel beisst und sich einen Glimmstengel zwischen die Lippen klemmt.
"Du brauchst mehr Struktur" höre ich wieder den G. leise in mein Ohr flüstern.
"Wozu brauch ich Struktur mein Freund?" flüstere ich zurück. "Du bist anders als ich G. du bist ein Künstler, immer voll kreativer Ideen und voller Schaffensdrang. Ich aber habe keine Ideen. Ich bin innerlich völlig leer. Ich bin nur ein Auge, das deine Werke sieht - nicht immer versteht - aber ich sehe sie und nach und nach versteh ich sie auch. Ich habe dein Kunstwerk betreten, bin nur ein Gast und ich sehe immer etwas neues hier in deinem Universum. Ich habe keine Ideen, keinen Schaffensdrang - ich sehe - die Welt ist bereits erschaffen und sie erschafft sich ständig weiter, ich kann sie nicht verbessern. Im Moment habe ich keine Ideen dazu. Ich bin selbst nur eine Idee, eine Kreation eines noch viel größeren und älteren Künstlers. Ein Auge bin ich und ein Ohr, nicht mehr und nicht weniger. Die Welt ist gut so wie sie ist und den Krieg der hier tobt und das Unrecht, das außerhalb von deinem Universum passiert habe nicht ich erfunden und kann es auch nicht beenden. Erst wenn mir der große Künstler im All eine Idee schickt, werde ich meinen Körper dazu anhalten, sich der Idee gemäß zu bewegen. Und bis es soweit ist gebe ich mich damit zufrieden, ein Auge und ein Ohr zu sein in dieser Welt. Ein Sinn ohne Schaffensdrang."