Tja, genau dort liegt, glaube ich, der Hase im Pfeffer. Ich weiß gar nicht, ob ich all diese Grausamkeiten und Scheußlichkeiten wirklich verzeihen will. Ich glaube, mir fehlt genau diese Bereitschaft. Und das hat einen ganz einfachen Grund: Ein sehr kluger Mensch, übrigens ein Pfarrer sagte mir vor vielen, vielen Jahren einmal: „Du brauchst nicht zu verzeihen, wenn der jenige, um den es geht, gar nicht verziehen haben will. Er bzw. Sie sieht seine bzw. ihre Schuld nicht ein und fühlt sich ganz im Recht. Selbst Jesus hat denjenigen vergeben, die ihre Schuld bereuhten, nicht aber denjenigen, die die Vergebung nicht wollten, da sie sich ja im Recht sahen.“ Und das finde ich genau auch. Die Mutter wollte nie etwas von ihrer Schuld oder auch nur Verantwortung wissen und hat alle Zeit mir die gesamte Verantwortung bzw. Schuld aufgeladen. Und ich glaube nicht, so wie sie sich in den Träumen verhält, dass sie überhaupt eine Verantwortung oder gar Schuld bei sich sieht und deswegen auch gar nicht vergeben haben will.
Ganz abgesehen davon meine ich, dass es in solchen Fällen aber auch in anderen durchaus Schuld gibt. Um die Diskussion von weiter oben noch mal kurz aufzugreifen:
Wenn ich einen anderen Menschen und sei es der geringste etwas antut, was sein Leben so nachhaltig beeinflusst und sowohl Körper als auch Geist und Seele desjenigen derartig beschädigt oder dessen Leben zum Schlechten verändert oder gar zerstört, der läd Schuld auf sich. Und ob nun verstorben oder nicht, das ändert nichts an der Schuld oder Verantwortung, die ich für meine Taten übernehmen muß. Und deswegen ist derjenige, dem ich, was auch immer, angetan habe, nicht in der Pflicht, mir so oder so zu verzeihen, vor allem dann nicht, wenn ich nie bereuht habe, was ich getan habe und meine Verantwortung nicht übernehme.
Und genau das ist, glaube ich, das Problem, warum ich nicht verzeihen kann und es nicht über mich bringe, auch nur die Bereitschaft dafür aufzubringen. Und ich habe es versucht, wirklich!