Auch die anderen können deine Gedanken nicht lesen,
Ich hab grad drüber nachgedacht, wie du das so sicher behaupten kannst.
Dabei fiel mir eine Szene aus meiner Kindheit ein, ich war 7 Jahre oder etwas älter:
Meine Mutter fragte mich etwas und ich antwortete mit einer Lüge aus Angst, geschimpft zu werden.
Sie glaubte mir, was ich sagte und war sehr 'gnädig' mit mir und schenkte mir ein wohlwollendes Lächeln. Solche Liebenswürdigkeiten von Seiten meiner Eltern gab es nicht viele.
Kurz darauf war ich wieder allein in meinem Kinderzimmer und dann fiel mir auf, daß meine Mutter diesmal nicht meine Gedanken lesen konnte. Denn dann hätte sie merken müssen, daß ich log.
Ich kann mich ganz deutlich an diesen Moment der Verblüffung erinnern. Ich war sicher zu dem Zeitpunkt, daß meine Eltern Gedanken lesen können. Außerdem hat meine Mutter das sehr oft gesagt: Ich weiß genau, was du denkst!. In drohendem Unterton. Drohungen und Schelte waren an der Tagesordnung in meiner Kindheit.
Es scheint also so zu sein, daß sowohl meine Eltern als auch alle anderen meine Gedanken lesen können und daß sie mich kennen.
Während ich das schreibe, formt sich eine Stimme aus einem Poltern in einer Nachbar-Wohnung und sagt: Übergang.
Wenn es in dieser Welt niemanden gibt, der so denkt wie ich und der das durchmachen muß, was ich erleiden muß, dann bin ich allein. Unverstanden sein ist wie allein sein.
Noch nie habe ich einen Menschen getroffen, der wie ich gedacht und gefühlt hat.
Und nun mit knapp 50 Jahren noch dazu wirr redende Stimmen in meinem Kopf, die aus mir eine verrückte Außenseiterin machen. Das ist zu viel für mich. Das ertrage ich nicht mehr lange.