Urajup schrieb:
ich denke, es nützt aber nichts, den "abhängigen" Helfer an den Pranger zu stellen, ohne ihm gleichzeitig aufzuzeigen, daß er an einer narzistischen Wunde leidet und das "Gebrauchtwerden" zum Zwang geworden ist.
da geh ich sogar noch weiter: es nützt nicht einmal, ihm das aufzuzeigen. außerdem ist die narzißtische wunde, denke ich, auch nur ein erklärungsmodell... allerdings ein einsichtiges. jedoch nicht das einzige, das ein helfersyndrom begünstigen mag ... vielleicht sollten wir ja auch mal diesen "syndrom"-schmus ein wenig in frage stellen, der immer dann aushelfen muss, wenn wir draufkommen, dass unsere vorliebe zu einfältig-schlichten ursache-wirkungs-beziehungen nichts brauchbares bringt. und es ist IMHO auch nicht (nur) eine frage, die dem individuellen bewusstsein zuzurechnen ist (und schlimmstenfalls dort schuldgefühle begründen kann). wie rita eindrucksvoll ausgeführt hat, spekulieren ja auch unsere sozialen rahmenbedingungen durchaus ausbeuterisch mit dem unruhigen helfergewissen. geht mir auch immer wieder so, wenn mich hier mal wieder eine PN erreicht, in der ich um gratisberatung angekeilt werde ... weil es doch eigentlich geradezu unverschämt erscheint, jemand, der hilfe braucht (oder sich das einbildet), auch noch um abgeltung des zeitaufwands zu bitten. der soziale druck der hilfe heischenden ist nicht ohne, und ich hab immer wieder meine probleme, damit so umzugehen, dass ich mich dabei wohlfühle.
hast du den eindruck, ich hätte jemand an den pranger gestellt? wen? ich war der meinung, eher nur ein paar allgemeine bemerkungen zur helfer-haltung geschrieben zu haben.
Urajup schrieb:
Astrologisch ist dies, so denke ich, an einem verletzten Mond im HO zu erkennen.
ich kann in einem horoskop nicht mal erkennen, ob ein mond verletzt ist - jede konstellation kann immer auch anders gelebt werden. und wenn jemand z.b. aus einer gespannten mond-konstellation kraft und energie schöpft ... reden wir dann auch vom verletzten mond? also ich nicht so gern...
was die helfer-neigung betrifft, so würde ich auf jeden fall auch noch neptun und jupiter dazunehmen.
Urajup schrieb:
Wenn unsere Mutter zu Beginn unseres Lebens uns nicht anbetet, können wir kein gesundes Selbstwertgefühl aufbauen und der Verlust des primären Narzißmus muß kompensiert werden, indem der Helfer, wie Du ganz richtig schreibst, sich aus dem Leid der Hilfsbedürftigen nährt.
Ich fürchte eher, dass anbetende Mütter ihren Kindern Schlimmes antun. Die Haltung des Anbetens hat mit Liebe nichts zu tun, da macht sich die Mutter klein und das Kind wird gezwungen, groß zu sein. Verkehrte Welt... das führt zu keinem gesunden Selbstwertgefühl, sondern zu permanentem Stress, die mütterlichen Ansprüche, ein Anbetungswürdiger zu bleiben, zu erfüllen.
Urajup schrieb:
Und, wer sind wir denn, einen Abhängigen abzuurteilen?
Wir haben schließlich alle unsere blinden Flecken oder sind
auf die eine oder andere Art narzistisch veranlagt.
sehr einverstanden. hast du denn irgendwo ein urteil gelesen? ich meine, die dinge beim namen zu nennen (oder mutmaßungen darüber auszutauschen - ich bin weit von der einbildung entfernt, ich hätte recht), ist ein wesentlicher schritt, um dinge ins bewusstsein zu heben.
Urajup schrieb:
Alice Miller hat sich mit dem Thema eingehend befasst. Sie schreibt:
Der emotionale Stress und die Spannung, andere Menschen zu beraten, sind zu groß, um sie allein mit Mitgefühl und Altruismus zu rechtfertigen. Und wir haben die unbewußte Erwartung, daß wir nur dann geliebt und anerkannt werden, wenn wir fortfahren, den Bedürfnissen anderer zu dienen.
Ja, ich schätze die Alice Miller sehr. Sollte sie allerdings wirklich geschrieben haben, dass "wir" diese unbewusste erwartung haben, dann würde ich ihr das als unzulässige verallgemeinerung ankreiden. seien wir doch zuversichtlich, dass es uns auch wenigstens in teilbereichen gelingt, aus dieser destruktiven
illusion, wir könnten uns liebe verdienen, auszubrechen.
spannende diksussion
alles liebe, jake