Wie auch in Afrika handelt es sich bei den afroamerikanischen Religionen um zumeist utilitäre Kulte. Magische Praktiken sind allgemein üblich. Die Magie hat einen unpersönlichen, instrumentalen Charakter und begründet sich auf Wissen verborgener Zusammenhänge. Die Anwendung der Kenntnisse ist zweckgebunden. Die Unterschiede zwischen Religion und Magie sind häufig nur theoretisch fassbar, denn in der Praxis gehen religiöse Riten und magische Handlungen ineinander über.
Homöopathische Magie: Gleiches bringt Gleiches hervor, oder die Wirkung ähnelt ihrer Sache
Berührungsmagie: Dinge die einmal miteinander in Verbindung gebracht wurden, stehen weiterhin mteinander in Verbindung, auch wenn sie bereits von einander getrennt wurden.
pars pro toto
Die Struktur eines Rituals:
Ritual der Anrufung. Menschen rufen nichtmenschliche Wesen zu einem bestimmten Zweck. Leute, die sich nur versammeln, ohne die Geister anzurufen, bleiben unter sich.
Ritual ist Dialog. Wir treten in eine Art feierlichen Dialog mit den Geistern und mit uns selbst ein. Wenn wir jemanden herbeirufen, der keine physische Gestalt besitzt, geben wir dem Raum, in dem wir uns mit anderen Menschen befinden, eine andere Kontur.
Ritual ist Wiederholung. Die Strukturen bei Ritual sind immer dieselben. Wenn man ein Trankopfer darbringt, bleibt der Akt der Ausgießung immer gleich.
Ritual braucht Eröffnung und Abschluss. Der rituelle Raum ist geöffnet, wenn die Geister gerufen sind. Der rituelle Raum wird geschlossen, wenn die Geister verabschiedet werden. Die Geister werden symbolisch verabschiedet, nicht einfach entlassen.
Und das geschieht, wenn man den Geistern sagt, dass jetzt unsere Unternehmung beendet ist und wir zum Alltag zurückkehren wollen. Wir laden ja auch nicht Leute zu uns ein und lassen sie dann einfach stehen, als hätten wir sie vergessen. Sie werden Mittel und Wege finden, uns an ihre Anwesenheit zu erinnern. Wenn ein ritueller Raum nicht bewusst geschlossen wird, ereignet sich in der Regel ein Unfall oder ein Unglück. Das hängt davon ab, wie stark die Verbindung mit den Geistern bei der Eröffnung des Rituals war und welche Art Geister in den rituellen Raum eingeladen wurden. Temperamentvolle Geister, wie die Ahnen, lösen dann gern größere Unfälle mit verheerenden Auswirkungen aus. Naturgeister ziehen seelische Konflikte vor.
Wenn sie zornig oder enttäuscht sind, dauert es immer sehr lange, bis sie sich wieder mit einem vertragen. Beim Ritual sind Eröffnung und Abschluss enorm wichtig. Und was zwischen diesen beiden Polen passiert, muss "aus der Grube deines Bauches" kommen.
Am Ende jedes Rituals muss das aus einer anderen Dimension herbeigerufene Wesen mit freundlichem Dank verabschiedet werden.
Alafi (Changó) kam ins Land Yemayás, und er umwarb sie auf einem Fest, ohne zu wissen, das sie seine Mutter war.
Yemayá sagte ihm, dass auch sie ihn liebe und dass er sie in ihrem Haus besuchen solle.
"Diese große blaue Fläche, die du dort in der Ferne siehst, ist mein Haus", sagte sie und zeigte ihm das Meer.
"Müssen wir dorthin? Ich kann nicht schwimmen, aber wenn du mich mitnimmst, komme ich."
Sie gelangten zum Ufer.
"Wir müssen weiter hinaus."
"Ich kann nicht schwimmen", wiederholte Changó.
Yemayá sprang in ihr Boot, ließ Changó einsteigen und ruderte aufs offene Meer hinaus. Die Küste geriet außer Sicht. Yemayá stürzte sich aus dem Boot und tauchte zum Meeresgrund; als sie untersank, kippte eine sehr hohe Welle das Boot um, und Changó fiel ins Wasser.
Er hielt sich am Bootsrand fest und wehrte sich gegen das Ertrinken. Yemayá kehrte an die Oberfläche zurück und sah, in welch verzweifelter Lage sich Changó befand, der laut um Hilfe rief. Sie aber lachte seelenruhig über ihn, ohne ihm zu helfen.
Da kam Obbatalá, deren Füße sich auf die Majá-Schlange stützten, und sagte:"Adyaguá Orissaego." (Yemayá, lass deinen Sohn nicht sterben.)
Yemayá antwortete: "Alakkata Oni feba Orissa Neghwa." (Ich rette dich, aber achte fortan deine Iyá [Mutter].) - "Cofieddano, Iyá mi." (Danke meine Mutter.) - "Ich wusste nicht, dass es meine Mutter war."
Yemayá richtete das Boot auf und half Changó beim Einsteigen.
Nun fragte Changó die beiden Heiligen:
"Wer von euch beiden hat mich auf die Welt gebracht?"
"Yemayá", sagte die Gnadenreiche Jungfrau. "Ich habe dich behütet, aber sie hat dich geboren."
Changó und Yemayá umarmten sich auf dem Meer. Changó, der sagt, nach Gott gebe es nichts Heiligeres als ihn, demütigt sich vor seinen Müttern, wenn die Batá-Trommeln ertönen und diese beiden Heiligen herabsteigen. Er achtet sie beide, und die zwei besänftigen ihn, wenn er sich ereifert.
Wenn hier also die Frage auftaucht, glaubt ihr an Voodoo, so ist diese Frage, so wie sie gestellt wurde, einfach Unfug, weil es einfach nicht um irgendwelche Techniken geht, sondern um ein vielfältiges Wissen und Verständnis.
Wir Menschen sind alle von übernatürlicher, spiritueller Macht fasziniert. Und gerade dieses Unverständnis ist es auch, dass die Leute aufbringen, wenn sie über Voodoo reden und irgendetwas hineininterpretieren.