@Solis, nun bin ich etwas irritiert; ich dachte, Du bist Anthroposoph? Da solltest Du zumindest den ersten der drei wichtigsten Leitsätze aus Steiners Lehre
kennen! Und solltest Du ihn
nicht kennen, dann würde Dir sein Sinn- und Wahrheitsgehalt spätestens nach dem Studium eines einzigen seiner Werke aufgegangen sein. Das Geistige im Menschen soll zum Geistigen des Weltalls/Kosmos hingeführt werden. Der Erkenntnisweg ist die
Anthroposophie und besteht methodisch insbesondere in Übungen der Meditation, Kontemplation und Konzentration, wobei Denken, Fühlen und Wollen so geschult werden, dass eine Verstärkung der Seelenkräfte und - damit verbunden - eine qualitative Erweiterung des Bewusstseins, über das gewöhnliche Tagesbewusstsein hinaus, bewirkt wird.
H.P. Blavatsky und Henry St. Olcott gründeten 1875 in den VSA die
Theosophical Society - die Theosophische Gesellschaft. Aus subtilen und fundamentalen, aber voll verständlichen und berechtigten Erwägungen heraus sich von der T.S. absetzend gründete Rudolf in Deutschland die
Anthroposophische Gesellschaft, die - ganz im Gegensatz zur T.S. - ihre Lehre nicht nur in zahlreichen esoterischen und exoterischen Aktivitäten verbreitete, sondern sie auch unmittelbar in den Alltag mit einbezog - und damit offen vor Augen führte, dass die geistigen Wahrheiten nichts bewirken und nicht sinnerfüllend sind dadurch, dass man von ihnen
weiß, sondern dass man sie
Ernst nimmt und sie
gelebt werden.
Die ursprüngliche Theosophie war, bevor sie im 19. Jhdt. durch Blavatsky und Olcott mit indischen Elementen durchsetzt wurde, zumal in Mitteleuropa von höchster geistespädagogischer Bedeutung. Die Theosophie verzeichnet eine lange Traditionslinie, die im Christentum von den Evangelien, von Paulus und Johannes über gewisse Repräsentanten der christlichen Gnosis bis in die Gegenwart reicht. Persönliche Repräsentanten dieser Linie sind z.B. Jakob Böhme, Friedrich Ch. Oetinger, Karl v. Eckartshausen, Franz v. Baader u.a.. Diesen großen Geistern hatten eines gemein: Sie waren allesamt
Christen. Die traditionelle "Ur-"Theosophie ist also auf dem Christentum gegründet, während die anglo-indisch geprägte Theosophie Blavatskys und Olcotts den Christusimpuls systematisch ausschließt. Der Christusimpuls aber ist der "Zündfunke" zur Entwicklung der geistigen Autonomität und
Freiheit, und da dieser Zündfunke in der Theosophischen Gesellschaft unter Annie Besant bereits bei ihren eigenen Schülern erstickt wurde, indem diese autoritativ zu gehorchen und zu glauben genötigt wurden, was die "Meister" ihnen erzählten, musste sich Steiner von ihr trennen. - Steiner ging es also nicht um die Lehre als solcher, sondern eben darum, dass sie ohne den Kontext zum Christus-Prinzip, welches letzten Endes ja
selber die Lehre durchpulst, eine lebenslose Theorie bleibt...
Auf ihrem dreifachen spirituellen Entwicklungsweg wird die Menschheit von jeweils einer Gottheit geleitet. Die drei Wegetappen beziehen sich auf das
Gesetz, das Schicksal und die Freiheit. Zuerst wurde die Menschheit durch das Gesetzesprinzip geführt, gleichsam in ihrer spirituellen Kindheit, geführt an der Hand des lohnenden und strafenden, segnenden und fluchenden, allemal aber liebevollen und gütigen
Vaters. Sodann wurde der
Sohn der große Menschheitsführer, und unter ihm absolviert der Mensch die Schule des Schicksals, die Lehre, dass die Früchte seines eigenes Denkens, Fühlens und Handelns auf ihn selbst wie auch für die Mitmenschen übergehen, und dass es ihm durch die
Liebe möglich ist, das Schicksalsgesetz zu erfüllen und die Not-Wendigkeit des Karmas zu beeinflussen und zuletzt aufzuheben. Schließlich wird die Menschheit vom
Heiligen Geist zur inneren Freiheit geführt, weshalb sie aufgerufen ist, ihr Denken, Fühlen und Wollen - wie oben angemerkt - möglichst zu veredeln und zu vervollkommnen. Damit ist auch gesagt, dass die Anthroposophie sogar den Übergang von der Schicksalsschule zur individuellen Geistesfreiheit vorbereitet...