1.Serie Trotzphase der Kinder ;-))

Scanja

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Hallo auch speziell auch an meine Freundin Daggydag,
auf diesem Wege, auch für alle anderen Mütter. ;-))

Serie 'Trotzphase' (1):
Ich will!
Kinder können die Nerven ihrer Eltern jetzt ganz schön strapazieren. Tröstlich zu wissen: Das Aufbegehren ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Selbständigkeit

Prof. Axel Schölmerich ist Dekan der „Fakultät für Psychologie“ an der Ruhr-Universität Bochum. Der Vater von vier Kindern forscht und lehrt im Bereich der Entwicklungspsychologie.
Foto: Privat
Es passiert innerhalb weniger Sekunden. Ein eben noch emsig werkelnder, zweieinhalbjähriger Matschkuchenbäcker verwandelt sich in ein brüllendes, tobendes und strampelndes Bündel. Von null auf hundert, ohne Vorwarnung. Wie so oft erscheint der Anlass des Verdrusses eigentlich gar nicht so weltbewegend – was, um Himmels willen, ist so schlimm daran, nach eineinhalb Stunden auf einem zugigen Spielplatz endlich wieder nach Hause zu fahren? Doch Eltern wissen: In der so genannten Trotzphase können schon Winzigkeiten eine wahre Urgewalt an Emotionen auslösen. Kein Wunder, dass sich Mütter und Väter angesichts der entfesselten Wut manchmal reichlich hilflos fühlen – und sich nicht selten im Stillen fragen: Muss denn dieser Zirkus wirklich sein?

Schritt zur Autonomie ist nötig
Eines gleich vorweg: Ja, die Trotzphase muss sein. Denn sie gehört nicht nur zum Großwerden – sie ist sogar ein wichtiger Entwicklungsschritt im Leben eines Kindes. Auch wenn Eltern manchmal nur schwer verstehen, warum es für den Nachwuchs so wahnsinnig wichtig sein kann, die Schuhe selbst anzuziehen oder nicht in den Kinderwagen zu wollen: „Das bedingungslose ‚Ich will’ markiert einen bedeutenden Fortschritt in der Entwicklung des selbstbestimmten Handelns“, erklärt der Entwicklungspsychologe Prof. Axel Schölmerich, der an der Ruhr-Universität Bochum forscht und lehrt. Etwa ab Mitte des zweiten Lebensjahres beginnen Kinder sich im Spiegel zu erkennen und zu begreifen, dass sie eigenständige Personen sind, die sich von anderen unterscheiden. Dieses neu entdeckte Ich will dann in vielerlei Hinsicht erprobt werden. Experten gehen davon aus, dass die Trotzphase in der Regel vom Ende des zweiten Lebensjahres bis zum vierten andauert. Allerdings geht es – wie übrigens auch später in der Pubertät – gar nicht so sehr um Widerstand als vielmehr um die Ablösung und das Selbständigwerden des Kindes. So schreibt der österreichische Erziehungswissenschaftler Dr. Manfred Hofferer im Online- Familienhandbuch: „Tatsächlich muss man diese Phasen eigentlich als ‚Autonomiephasen’ bezeichnen.“

Ärger hat verschiedene Gründe
Dass kleine Kinder ungehemmt ihr Missfallen zeigen, wenn ihnen etwas nicht passt, ist an sich nichts Ungewöhnliches. Schon Babys können sich ärgern, wissen Psychologen. Mangels anderer Ausdrucksmöglichkeiten äußert sich ihr Sauersein zunächst meist in lautem Schreien, mit zunehmendem Alter kommen weitere Protest-Varianten hinzu, etwa das Gesicht zu verziehen oder abwehrende Bewegungen oder Laute zu machen. Das Selbständigwerden im zweiten Lebensjahr geht dann allerdings meist mit deutlich häufigeren und auch heftigeren Ärgerreaktionen einher. Dafür gibt es unterschiedliche Erklärungen – Hintergrund ist aber immer die rasante motorische und neurolologische Entwicklung. „Eine mögliche Ursache für Wutausbrüche ist die Tatsache, dass Kinder in diesem Alter erstmals in der Lage sind, Pläne zu schmieden“, erklärt Prof. Schölmerich.

Hilfe kann ein Kleinkind kränken
Während sie vorher nur im Augenblick gelebt haben, sind sie jetzt in der Lage, sich ein Ziel zu setzen. Schölmerich: „Wenn solch ein Plan dann durchkreuzt wird, sind Kleinkinder noch nicht zur Flexibilität in der Lage.“ Dann kann ein Legoturm, der laut Mama jetzt nicht fertig gebaut werden soll, urplötzlich Anlass zu heftigem Missmut geben – denn der Sprössling sieht seinen Zielvorsatz in Gefahr und gerät in Rage. Eine weitere mögliche Erklärung nennt die Psychologin Maria von Salisch, Professorin an der Universtität Lüneburg, in einer Forschungsarbeit zur Emotionsregulierung in der Entwicklung. Danach geht das Streben nach Selbständigkeit möglicherweise mit einer besonderen Kränkbarkeit einher. Will heißen: Bietet man beispielsweise einem Dreijährigen an, ihm beim Schließen des Reißverschlusses behilflich zu sein, kann es durchaus sein, dass dieser das Zweifeln an seinen Fähigkeiten als Angriff auf sein Selbst versteht. Eigentlich verständlich, dass er sich erbost zur Wehr setzt. Wenn „Zuschauer“ da sind, kommt noch ein weiterer Faktor hinzu. Im dritten Lebensjahr begreifen Kinder erstmals, was es heißt, Scham zu empfinden. Schon für die Kleinen ist dies ein äußerst unangenehmes Gefühl – das deshalb häufig, so mutmaßen Psychologen, durch Wut überspielt wird. Paradoxerweise ist es genau diese lautstark getarnte Verlegenheit, die wiederum für die Eltern peinlich wird: etwa wenn es an der Supermarkt- Kasse zum allseits gefürchteten Ausbruch kommt, weil Mama partout kein Überraschungs- Ei rausrücken will.

Trotz ist eine Charakterfrage
Natürlich verläuft das Trotzalter nicht bei allen Kindern gleich. Die einen sind mehr, die anderen weniger bockig. Während bei dem einen Kind schon das Aufstampfen mit dem Fuß stärksten Widerstand bedeuten kann, werfen sich andere regelmäßig auf den Boden – selbst auf die Gefahr hin, sich dabei wehzutun. Auch wie lange das Ganze dauert, hängt stark von der Persönlichkeit ab. Dass ein Großteil der Zwerge zumindest schwache Formen von Aggressionen zeigt, fand der kanadische Forscher Richard Tremblay im Rahmen einer 2004 veröffentlichten Studie heraus, die sich mit den Ursachen späterer Gewalttätigkeit beschäftigt. Der Professor für Pädiatrie, Psychologie und Psychiatrie an der Universität Montreal beobachtete 572 Kinder zwischen 17 und 42 Monaten. Ergebnis: 58 Prozent der Kleinen zeigten milde Formen von Aggressionen, 28 Prozent sehr wenige oder gar keine, 14 Prozent waren deutlich körperlich gewalttätig. Die meisten von ihnen allerdings lernten laut Tremblay während der Vorschulzeit, die Aggressivität wieder in den Griff zu bekommen.

Nicht alle Kinder werden bockig
Gelegentlich kommt es auch vor, dass Kinder kaum oder gar nicht trotzen. Das heißt aber noch lange nicht, dass sie sich zu uneigenständigen Duckmäusern entwickeln, beruhigt Prof. Schölmerich. „Genauso wie das Fremdeln bekommt man auch das Trotzen bei manchen Kindern einfach nicht mit“, erklärt der Experte. „Das ist überhaupt kein Grund zu Sorge.“ Nur wenn in Einzelfällen neben dem Ausbleiben des Trotzes ein deutlicher Rückzug von der Welt zu beobachten ist, wenn möglicherweise sogar depressive Stimmungen auftreten – dann kann es sinnvoll sein, den Kinderarzt oder einen Kinderpsychologen zu Rate zu ziehen.

Jetzt heißt es: Ruhe bewahren!
Eine der drängendsten Fragen, die sich Eltern im Angesicht eines regelmäßig zeternden Kleinkindes stellen, ist natürlich diese: Wie soll ich reagieren? Der vierfache Vater Prof. Schölmerich weiß: „Das Wichtigste ist, gelassen zu bleiben.“ Am besten gelingt die selbst verordnete Ruhe, wenn man sich immer wieder bewusst macht, dass der Trotz nicht eingesetzt wird, um die Eltern zu ärgern – sondern dass er einfach das typische Zeichen eines wichtigen Entwicklungsschrittes ist. Besonders dann, wenn sich das Kind sehr in seinen Ärger hineinsteigert, sollte man versuchen, es zu beruhigen und aus der Situation herauszuholen. Sanftes Festhalten kann kleine Rumpelstilzchen davor schützen, sich selbst zu verletzen. Manchmal ist es auch sinnvoll, wenn sich der zweite Elternteil ganz bewusst in den Streit einschaltet. „Heftiges Schimpfen und das Androhen von Strafen sind in solch einer Situation keinesfalls hilfreich“, erklärt Prof. Schölmerich: „Unter Umständen verschlimmern solche Reaktionen das Ganze noch.“ Grundsätzlich gilt aber: Trotz allen Protestgeheuls sollten Eltern bei den von ihnen etablierten Grenzen und Regeln bleiben. Oft muss ein klares „Nein“ einfach sein, auch wenn es auf noch so heftige Gegenwehr stößt. Dabei sind nicht immer ausführliche Begründungen notwendig. Und auf längere Diskussionen sollten sich Eltern auch nicht einlassen. Experte Schölmerich: „Trotz ist ein emotionaler Appell, da kommt man mit einer kopflastigen Argumentation nicht weit.“ Wer angesichts der kindlichen Wutanfälle regelmäßig einknickt, tut weder sich noch dem Nachwuchs einen Gefallen. „Kinder sind überaus lernfähig“, erklärt Psychologe Schölmerich. „Wenn sie merken, dass sie mit ihren Protesten Erfolg haben, werden sie diese immer wieder einsetzen, um etwas zu erreichen – auch nach der eigentlichen Trotzphase.“
Baby und Familie; 09.05.2006

Serie 'Trotzphase' (3):
Baustelle im Kopf
Eltern können beruhigt sein: Es liegt nicht an der Erziehung, sondern eher an der Biologie, wenn sich das Erwachsenwerden der Kinder schwierig gestaltet

Qualmen, pöbeln, provozieren: Pubertät bedeutet einen Ausnahmezustand im Gehirn.
Foto: Mauritius/ 40417546h/ Photononstop
Teenager sind merkwürdige Wesen. Die brave blonde Tochter hat plötzlich schwarze Haare und ein Bauchpiercing. Der strebsame Sohn pöbelt und schwänzt die Schule. Spätestens jetzt wissen Eltern: Ihr Kind ist in der Pubertät. Für Psychologen und Neurobiologen ist diese Zeit eine der spannendsten überhaupt, denn jetzt vollendet sich, was im Trotzalter begonnen hat: die Entwicklung der Persönlichkeit. Kinder durchlaufen bis zum Erwachsenenalter wichtige Hürden auf dem Weg in die Selbständigkeit. Und dabei verändert sich einiges in ihren Köpfen. Was genau, das zeigte der US-Psychiater Jay Giedd vom National Ins titute of Mental Health in Maryland. Er durchleuchtete tausende Kinder- und Teenager gehirne mit dem Kernspintomografen. Seine Erkenntnisse widerlegten vor wenigen Jahren die herrschende Lehrmeinung, die besagte, dass sich entscheidende neuronale Entwicklungen bis zum dritten Lebensjahr abspielten und dass das menschliche Gehirn mit zwölf Jahren ausgereift sei. Von wegen!

Bei seinen Expeditionen in die Köpfe der Jugendlichen stieß Giedd nämlich nicht auf ein fertig ausgebildetes Gehirn, sondern auf eine riesige Baustelle, auf der ständig neue Gerüste zusammengeschraubt und alte abgerissen wurden. „Es stellte sich heraus“, erläutert Prof. Gerald Hüther, Neurobiologe an der Psychiatrischen Klinik der Universität Göttingen, „dass vor und während der Pubertät unter dem Einfluss der Sexualhormonproduktion eine prägende Umstrukturierungsphase im Gehirn stattfindet.“ Will heißen: Nervenzellen bilden in dieser Zeit verstärkt neue Verbindungen aus. „Verknüpfungen, die häufig beansprucht werden, bleiben erhalten oder werden sogar noch verstärkt. Kaum oder gar nicht genutzte Kanäle verkümmern oder verschwinden.“



Prof. Gerald Hüther ist Neurobiologe. Der Hirnforscher leitet die Abteilung für Neurobiologische Grundlagenforschung an der Psychiatrischen Klinik der Universität Göttingen.
Foto: Laif GmbH/ 00284611/ Frommann
Sturm im Kopf: Das Präfrontalhirn zum Beispiel, das hinter der Stirn liegt, ist vom 11. bis über das 20. Lebensjahr hinaus eine Dauerbaustelle. Ausgerechnet diese Region ist aber für die Kontrolle von Emotionen und für rationales Denken zuständig. Deshalb handeln Teenager oft impulsiv und flippen leicht aus. Sie denken auch nicht über die Konsequenzen ihres Tuns nach. So bringen es manche fertig, als Mutprobe zu klauen, bissige Hunde zu reizen oder ohne Führerschein Auto zu fahren. Der vordere Stirnlappen verantwortet auch die Prioritätensetzung. Deswegen fällt Jugendlichen so ein Gedankengang schwer: „Erst lerne ich, dann räume ich auf, danach treffe ich Freunde.“ Diese für Erwachsene nachvollziehbare Abfolge leuchtet ihnen nicht ein. „Der Umbau im Teenagerkopf kann auch für wechselnde Launen verantwortlich sein“, erklärt Hüther. Elterliche Schuldgefühle wegen erzieherischen Versagens sind also nicht berechtigt – „obwohl frühe Erfahrungen im Leben große Rückwirkungen auf die Strukturen im Gehirn haben“, so Hüther.

Wird das Kleine schon während der Kindheit als eigenständiger Mensch behandelt, durchläuft es die Pubertät häufig sanfter. Mit zwei Jahren beginnen Kinder nämlich langsam, sich aus der totalen Abhängigkeit von ihren Eltern zu befreien. Durch Krabbeln-, Laufen- und Redenlernen entdecken sie ihre eigene Wirksamkeit. Und auch da werkelt es im Hirn gewaltig: „Im Frontalhirn bildet sich in dieser Zeit ein komplexes Verschaltungsmuster heraus“, erklärt Hüther. „Das Ich erwacht, das Kind mischt sich zunehmend ein, lernt, selbst zu entscheiden und Nein zu sagen.“ Bekommen die kleinen Sturköpfe dann nicht ihren Willen, heulen und trampeln sie manchmal bis zum Umfallen. Etwa ab vier Jahren verbessert sich die Kommunikation im Gehirn. Der Nachwuchs wirkt klüger, kann zwischen Schein und Wirklichkeit unterscheiden, fängt an, sich in Menschen hineinzuversetzen. Mit sechs Jahren beginnt eine neue Phase: Das Kind kann sich besser kontrollieren, konzentrieren, und es wird vernünftiger. Die zunehmende Reife erleichtert das logische und abstrakte Denken. Geschafft! Zumindest so lange, bis die Pubertät wieder für Wirbel sorgt. „Wenn der Nachwuchs mit 20 oder 25 Jahren dann auf einmal aus heiterem Himmel ,ja‘ zur Mutter sagt, hat er die Pubertät überstanden, und er ist erwachsen“, sagt Hüther.


Viele Grüße:liebe1:

Sonja

P.S.

Mögest Du vor extremen Trotzausbrüchen Deines Engelchen,
verschont bleiben.:) :kiss3: :trost: :umarmen:
 
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