Wobei das auch verständlich ist. Man will helfen. Nur wie? Bei vielen Menschen, die eine melancholische Phase durchmachen, prallt jedes noch so gut gemeinte Wort ab. Als Aussenstehender fühlt mach sich da hilflos und versucht zu verstehen. Verstehen um Verständnis aufbringen zu können.
Ich verstehe das auch absolut. Und bin für das aufrichtige Interesse alleine schon dankbar.
Es gibt mehrere "Stadien", sage ich mal, in denen Hilfe und gut gemeinte Worte unterschiedlich aufgenommen werden. Wenn es um absolute Resignation geht, das tiefe Loch, in dem man kein Licht mehr sieht, jedoch auch noch nie einen entsprechenden Weg daraus gefunden hat, ist es kaum möglich, gut gemeinte Ratschläge oder aufmunternde Worte auch als solche erkennen zu können. Sie wirken dann eher wie ein Schlag ins Gesicht, "du verstehst mich einfach nicht". Wie eine neuerliche Bestätigung der eigenen Unfähigkeit. Was wenig Sinn ergibt, für den, der helfen will, für den Betroffenen aber die selbstverständlichste Sache ist. Ebenso wie das Unglauben, man könnte dem Gegenüber wichtig genug sein, dass er ernsthaft interessiert ist.
Dann sind Stolz und Selbsthass ebenfalls Faktoren. Sich von anderen helfen zu lassen, ist wie das Eingeständnis, nicht stark genug zu sein. Ist man auch nicht, dass das aber nicht schlimm ist, kann man einfach nicht sehen in diesem Zustand. Dann werden Hilfsangebote eher als Angriff gewertet, wogegen man sich wehren muss.
Wenn man es erkannt hat, erstmal überhaupt ein Problem zu haben und dann auch Hilfe zu benötigen, erfordert sie zu erkennen und annehmen zu können, auch Überwindung. Womöglich hat man nie Hilfe erfahren, musste immer alles alleine regeln, durfte sich nie auf andere verlassen, ist selbst immer in die Pflicht genommen worden, musste immer egal wie funktionieren, etc., weshalb man einfach nicht weiß, wie man damit umgehen soll. Auch will man womöglich keinem zur Last fallen, weil man sich selbst für zu unwichtig und wertlos hält, als dass man es "verdienen" würde, Zeit und Anstrengung anderer für sich zu beanspruchen. Selbstwert spielt immer eine wichtige Rolle.
Deshalb ist es für die Angehörigen und andere Außenstehende die sich interessieren, nie leicht. Man sieht, wie ein Mensch, der einem wichtig ist, leidet und kann nichts tun. Und der Depressive sieht, dass die anderen leiden, wegen einem Selbst, was ihn wiederum quält. Es ist ein Teufelskreis, in dem Angehörige selten was machen können. Zumeist merkt der Betroffene es auch erst, wenn die Mitmenschen Abstand nehmen und/ oder auf den Tisch hauen und sagen, es reicht.
Dann gibt es Phasen des Zwispalts. Wenn man weiß, man braucht Hilfe, weiß aber nicht welche und was am Besten ist. Dann kann jeder Rat auch einfach zu viel sein. Manchmal rasseln die Ratschläge dann einfach so gewaltig auf einen ein, dass sie einen erschlagen und erdrücken.
Ab einem gewissen Punkt in der Therapie oder der Wiederselbständigkeit, ist Hilfe von Außenstehenden vielleicht auch einfach nicht mehr nötig. Wer gut reflektiert ist, weiß was vor sich geht, was zu erwarten ist und was zu tun ist. Da muss ich ehrlich sagen, liegt es auch nicht selten daran, dass Außenstehende (aber auch Angehörige), es dem Betroffenen auch einfach oft nicht zutrauen, selbständig entscheiden zu können, was richtig ist.
Dass du deine Krankheit annehmen kannst und einen Weg gefunden hast, solche Tage so unbeschadet wie möglich zu überstehen, dafür hast du meinen grössten Respekt. Aber sind wir ehrlich... Dass jemand so offen darüber reden kann und gleichzeitig sagt: "Keine Sorge. Ich hab's im Griff.", das ist eher die Ausnahme.
Danke

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Viele schämen sich dafür, weil es immer noch ein Tabu ist. Ich nicht. Ich bin da offen und ehrlich. Für mich ist es eine Konsequenz daraus, dass mein Ventil das Schreiben ist. Mit anderen darüber ins Gespräch zu kommen, hilft aber auch wieder. Es ruft die Prozesse wieder in Erinnerung, der Weg, den ich gegangen bin, die Mechanismen und meine Erfolge. Aber auch, wo es noch hapert und an was ich noch arbeiten muss/könnte.
Andererseits gehen damit auch immer noch nicht viele Menschen offen um, weil nicht wenige einen dann nicht mehr ernst nehmen. Man wird dann nicht mehr als Mensch wahrgenommen, sondern als psychische Krankheit. Die einen sehen womöglich dann von oben auf einen herab, machen sich über Betroffene lächerlich oder wissen es einfach besser, was die Betroffenen einfach machen sollen um da raus zu kommen oder was die Betroffenen falsch machen. Manche denken auch depressiv Kranke seien leichte "Opfer" und könnten ihre eigenen Probleme auf ihnen abladen und mit ihnen umgehen, wie sie wollen und sich darüber ein Ventil verschaffen. Während die anderen einen dann in Watte packen, ihnen Eigenständigkeit absprechen, ihnen vermitteln, dass sie das nicht schaffen. (Natürlich noch lange nicht alle, aber nicht wenige)
Ich frage mich, wieviel Verständnis kann man aufbringen, wenn man es selber nie erlebt hat? Kann man man sich genug in einen Depressiven hineinfühlen um ihm das zu geben, was er gerade braucht?
Ganz verstehen kann es jemand, der es selbst nie erfahren hat, nie. Kann ich auch nicht erwarten, wäre meinen Mitmenschen gegenüber nicht fair. Es geht hier beim Verstehen auch eher darum, warum Menschen wie z.B. ich, tun was sie tun, warum sie es tun, dass wir nicht nur unsere Depressionen sind. Nicht, wie sie im Detail empfinden, oder was dazu führte. Welche Ereignisse, Prozesse und Prägungen, genetische Dispositionen, epigenetische Faktoren, physische Krankheiten und Medikamente, und mehr, in welchem Zusammenspiel dazu führten, wäre unmöglich hier ganz zu erläutern (ist mir selbst unmöglich zu wissen, ohne entsprechende Genanalysen). Einiges mag sich im Laufe der Zeit hier im Thread noch ergeben, was soziales Umfeld während der Kindheit, traumatische Erlebnisse, etc. angeht. Aber alles wird bestimmt nicht dabei sein. Vor allem, weil auch vieles einfach nicht mehr wichtig ist.
Du hast sehr verständlich beschrieben, wie du dich fühlst. Es scheint dir jetzt wieder besser zu gehen, hab' ich recht? Nun, was ich gerne wissen würde: Wenn du mitten drin in so einer Phase bist, was würdest du dir wünschen, wie sich andere dir gegenüber verhalten? Was würdest du als hilfreich empfinden? Und falls du es als hilfreich empfindest, wenn die anderen dich einfach in Ruhe lassen, dann ist es halt so.
Gute Fragen. Auch wieder nicht einfach zu beantworten, aber wichtig.
Ich bin zumindest reflektiert genug, um zu wissen, dass sich Fragen und Ansichten bei den Mitmenschen bilden, wenn ich zum Beispiel hier entsprechend meine Emotionen und Gedanken aufschreibe. Wenn ich das tue, muss ich auch einen Umgang mit den Meinungen anderer pflegen, der ebenfalls respektabel ist. Oder zumindest angemessen und nicht übertrieben und aus heiterem Himmel despektierlich. Ich kann nicht von anderen hier etwas erwarten, oder zumindest erhoffen, was ich selbst vermissen lasse (wenn man mich despektierlich behandelt, werde ich aber auch despektierlich).
Was ich mir zumindest erhoffe, ist eben ein grundlegender Respekt, wenn man hier schreibt, wie man ihn seinen Mitmenschen gegenüber normalerweise pflegen sollte. Mich ernst nimmt, in meinem Erleben und Empfinden, sich nicht lächerlich darüber macht.
Prinzipiell, so auch hier, ist es wichtig, Menschen mit Depressionen nicht nur als ihre Krankheit zu sehen. Ich bin nicht meine Depressionen, sie sind nur ein Teil von mir. Ja, es beeinflusst mein Handeln und denken. Es beherrscht mich aber nicht. So gibt es andere Anteile, die meine Depressionen ebenfalls beeinflussen. Und Tage, an denen die Depressionen keine Rolle spielen.
Der Weltenschmerz ist zwar depressiv, aber nicht ausschließlich in meinen Depressionen begründet. Ich bin sehr sensibel und einfühlsam, deshalb auch das Unterforum (auch wenn ich es nicht "esoterisch" nehme). Das kann auch ohne Depressionen in einem "mit leiden" enden. Die Depressionen vereinfachen es aber natürlich nicht, sondern fördern es. Andererseits kann ich durch diese Anteile, plus meine Reflexionsfähigkeit, auch depressive Phasen überstehen, in dem ich es aushalte, lebe und dem ein Ventil gebe, um nicht darin hängen zu bleiben. Weil ich sensibel und einfühlsam genug bin, um Veränderungen in mir wahrzunehmen und reflektiert genug, um es mit den Jahren zuvor abzugleichen und mir gewiss sein kann, was hilft und wie es "endet".
Man muss Weltenschmerz auch nicht ausschließlich negativ nehmen. Er kann einem auch viel beibringen über sich selbst und entsprechende Werte.
Ach ja: ja, mir geht's besser.... nicht gut, aber besser
