Lotusz schrieb:
Hallo HerrHundi
Vielleicht war ich auch wütend auf mich. In erster Linie aber war ich wütend auf die Kontrolleure. Es ist diese ganze Herzlosigkeit, die mich wütend macht. Ausserdem ist diese Wut Ausdruck von Stärke. Ich fühle mich momentan sehr gut und es macht mir Spass, meinen Mund aufzumachen und meine Meinung zu sagen. Und wenn irgendjemand meint, er müsste mir mit irgendwelchen abgelutschten Argumenten oder Vorschriften daherkommen oder mit der Arroganz der Kontrolleure, dem sage ich gerne meine Meinung. Wie hättest Du es denn gerne? Dass wir uns klein machen und zu allem Ja und Amen sagen?
Hundi, Du idealisierst mir etwas zu sehr. Du möchtest deine Welt scheinbar so regeln, dass erst gar keine Wut entsteht. Mir scheint, Du möchtest dich nach allen Seiten anpassen, um ja nicht aufzufallen. Lieber die Wut runterschlucken und klein beigeben. Bloß keine Emotionen zeigen. Am besten die ganze Welt schon im Vorfeld so einrichten, dass man immer unauffällig mit der Masse mitschwimmt.
Auch das ist ein Umgang mit Wut. Aber das ist die Vorgehensweise des Feiglings. Er geht nicht seinem natürlichen Empfinden nach. Es ist ja nicht so, dass er keine Wut empfindet, sondern er richtet die Wut gegen sich selber, die ihn am Ende selber zerstört. Das ist das, was man uns als Kleinkind beigebracht hat. Der Obrigkeit, den Vorgesetzten zu gehorchen, immer alles in sich hineinzufressen.
Alles Liebe. Gerrit
Das stimmt nicht ganz, Lotusz.
Ich habe immer gesagt, was ich denke und ich habe immer mit Stolz die Konsequenzen daraus getragen. In der Schule hat mir meine offen gesagte Meinung eine Ehrenrunde eingebracht (was im Nachhinein tatsächlich als ein absoluter Glücksfall sich entpuppte), im Job hat es mir einen guten Posten eingebracht ... Respekt hat es mir eingebracht, ja ... und es hat mich einsam gemacht, irgendwie.
Heute halte ich meinen Mund. Ich bin es so müde, mir ständig das Maul zu verbrennen. Außerdem zieht man immer wieder genau die Leute damit an, die sich selbst nicht trauen und hinterher ist man dann den Repressalien ausgesetzt ...
Als ich jünger war hatte ich ein dickeres Fell wohl, heute möchte ich nur noch meine Ruhe haben.
Ich kann nicht sagen, ob es was bringt, seine Wut rauszulassen oder nicht. Ich habe gute und schlechte Erfahrungen damit gemacht - genauso wie mit den öffentlichen Verkehrsmitteln

...
... ich sehe da Busfahrer, die mit absicht losfahren, obwohl die Oma noch nicht sitzt und sich gerade noch halten kann, um nicht durch den Bus zu fliegen oder Türen, die sich schließen, obwohl die Mutter mit Kinderwagen noch nicht im Bus ist oder der losfahrende Bus, bevor die Mutter den Kinderwagen gesichert hat. Auch hier habe ich schon oft genug lautstark meine Meinung kundgetan. Oder wie abfällig solche Menschen Kinder behandeln und wie ungern solche Leute Auskünfte erteilen.
Aber am meisten erschreckt hat mich immer wieder, wie selbstverständlich die menschen (die Betroffenen als auch die Zuschauenden) solche Begebenheiten einfach hinnehmen.
Aber eins fällt mir jetzt noch ein dazu: Wenn wir in der Lage sind, sofort zu sagen, was wir denken/fühlen, dann ist die Sache damit auch erledigt. Mir mal so gegangen in einem sauteuren Schwimmbad im Restaurant, in dem man für eine Tasse Kaffee 2,50 Euro und für eine Portion Pommes 3 Euro bezahlt. Eine Spelunke sondergleichen, schmuddelig und null-Service. Als der Typ hinter der Theke dann auch noch unfreundlich wurde, weil es ihm alles nicht schnell genug ging und mich anmachte, hab ich ihm das Tablett vor die Nase geknallt und ihm lautstark gesagt, wo er sich den Kram hinstecken kann und das ich bei den Preisen wenigstens eine freundliche Bedienung erwarten kann. Mein Sohn ist mir in den Rücken gefallen, der Verräter, weil er um sein Eis gejault hat, aber das war mir schnuppe

... Ich hab mich saugut gefühlt danach und das dumme Gesicht von dem Angestellten ist mir runtergegangen wie Öl.
Wenn man nichts sagt, dann trägt man das mit sich rum und dann schwellt diese Wut und dann bringt es auch nichts, wenn man laut vor sich hinschimpft ... dann hat man lange was von dem Moment.
Wenn ich allerdings die falsche Karte für mein Kind löse, dann denke ich auch, dass ich eher wütend auf mich selbst bin, über meine Eselei *ggg* ... und weniger über den Schaffner, der auch nur seine Pflicht tut. Wenn man die andere Seite dann mal hört, und sich erzählen läßt, mit was für Ausreden die Leute kommen, wenn sie erwischt werden, kann man es vielleicht ein bisschen besser verstehen. Außerdem ist diese Gesellschaft mE nach sehr auf Betrug ausgerichtet. Ich streite mich schon seit Jahren mit der GEZ rum, weil ich da wie ein Verbrecher behandelt werde ... auf meine Beschwerden hin werde ich nur unverständig angesehen. Diese Abmahnungsschreiben sind auf die Betrüger ausgerichtet ... und ich bin sofort mit im Sack. Beim Sozialamt war das auch nichts anderes.
Aber da ist es mir gegangen wie Dir. Ich habe zwar Mist gemacht, aber wütend war ich ohne Ende über die konsequente Durchziehung der Bestrafung, die mir an die Existenz gegangen ist. Selbst als alleinerziehende Mutter mit Kind hat man heute keine Chance mehr auf ein bisschen mehr Rücksichtnahme.