Wie ich einer schönen Sorbin die Hand zum Friedensgruß gab

Was ich jetzt erzähle, geschah in Sekunden.
Es geschah viel schneller, als die Zeit, die ich brauche, um es zu erzählen.

Mir kam dieser Gedanke:
Bin ich denn darauf angewiesen, dass MIR jemand die Hand gibt?
Ich bin ja auch ein Mensch und kann ANDEREN die Hand reichen!

Und noch war eben gerade noch Zeit dazu ….
 
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Ich trat also einen halben Schritt nach vorne.
Ein kleiner Schritt für die Menschheit - ein großer Schritt für mich!

Damit war ich plötzlich Teil einer Reihe.

Und mit freundlich-schüchternem Lächeln streckte ich meiner Nachbarin die Hand hin.
Wortlos, denn ich kannte die sorbische Version von "Der Friede sei mit dir!" nicht.

Und meine Nachbarin, eine schöne junge sorbische Frau, nahm meine Hand mit einem speziellen verschmitzten Lächeln, auch ohne Worte.

Ich möchte nun versuchen, dieses Lächeln in Worte zu übersetzen.

Es war keineswegs ein spöttisches Lächeln gewesen.

Ich sah in ihrem Lächeln diese wortlose Botschaft:

"Ich vermute, du bist kein Sorbe und kein Mitglied der Gemeinde. Aber wenn es dir wichtig ist, mir die Hand zu reichen, dann finde ich das gut! Dann machen wir das doch! Es ist ja gerade noch Zeit. Spät, aber nicht zu spät. Alle anderen habe sich kurz und routine-mäßig die Hand gegeben. Wir beide tun das nun ganz speziell und ganz bewusst. Es ist ein Handschlag der besonderen Art!"

Und so gaben wir uns die Hand!
 
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Nun fragt ihr vielleicht:

"Und wie ging es weiter? Habt ihr dann E-Mail-Adressen ausgetauscht? War das dann der Beginn einer lebenslangen wunderbaren Freundschaft … usw usw usw?"

Oh nein - so war es nicht.

Es war ein Handschlag mit einer schönen Sorbin im Lande der Sorben und ein Friedensgruß.

Manchmal kann man auch solche schönen Augenblicke mit großem Symbolwert einfach auf sich beruhen lassen.

Und sie im Herzen bewahren allezeit ….

:)
 
Ach, wie schön! Das ist doch mal eine wunderschöne Erzählung über Herzlichkeit und Wärme, welche mir sehr gefallen hat. Danke dafür! :)
 
Eine nette Geschichte, @Mellnik , die Sorben sind als eigenbrödlerisch und verschlossen verschrien. Aber da du den Schritt gewagt hast würde dir die Hand gereicht schön. Sehr schön ist auch der Spreewald. Und wenn du nochmals nach Kamenz fahren möchtest kann ich das Osterreiten empfehlen.

Ja, ich kenne auch den Spreewald.
Und beim Oster-Reiten war ich auch schon mal dabei.
Und war fast zu Tränen gerührt vom diesem eindrucksvollen Erlebnis. Ganz im Ernst jetzt! :)
 
Noch ein Nachtrag:

Während der Fronleichnamsprozession sah ich "meine" Sorbin dann immer mal wieder.

Und ich dachte im Stillen:

"Ja, das ist "meine" Sorbin! Sie ist die Schönste von allen! The fairest of them all!
Die Märchenprinzessin des Sorbenlandes!"

:)
 
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Ta-daa...
Letztens war ich in der Gegend, nur eine halbe Autostunde von Hoyerswerda entfernt: Ein Meister hatte Wanderarbeiter zu sich gerufen, seine alten Mühlen zu verkaufen. Zu sich gelockt mit freier Unterkunft, Gulaschsuppe und Cola. Und sie kamen in Scharen, die sich den Geist verwirren ließen und Weingummis aus großen Gläsern stibitzten; wo sie zu ihrer Mühle fanden. Es war eine Art Messe, im Vorfeld von Corona.
 
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