Eine solche meinungsmachende Betrachtung steht im krassen Gegensatz zur spirituellen Dimension des Johannes-Evangeliums mit seinem ganz unmittelbaren Zugang zum göttlichen Licht von Jesus Christus im eigenen Inneren. Aber mir ist schon klar, wer einen solchen Zugang nicht hat, der wird auch kaum Verständnis dafür aufbringen können.
Lieber Eli,
Du willst doch jetzt sicherlich nicht behaupten, dass sich das Evangelium nach Johannes nicht deutlich von den synoptischen Evangelien abhebt? Das ist nicht nur eine Meinung, sondern ein Fakt, den jeder selbst nachlesen und bemerken kann. Vor längerer Zeit hatte ich schon einmal einen Beitrag über die Details zum Evangelium nach Johannes eingestellt, da ich Dir und mir eine lange Suche danach ersparen möchte, füge ich Dir den bei mir gespeicherten Text an.
Zitat:
... das Evangelium nach Johannes weist die meisten Veränderungen auf und ist auch von der Lehre Jesus am weitesten entfernt. Die Ursache dazu dürfte in der relativ späten Zeit der Verfassung liegen, in der sich die Lehre bereits wesentlich weiterentwickelt hatte. Es wurde in dieses Evangelium nachweislich die Geschichte von der Ehebrecherin 8[3] – 8[11] eingefügt. Im Codex Siaticus (324 n. Chr.) endet das Kapitel also mit dem Vers
7[53], dem sich dann unmittelbar der Vers
8[12] anschließt. So wurde auch die Geschichte von der Heilung der Kranken in Jerusalem ergänzt 5[3-4].
Zudem wurde in jener Zeit das gesamte Kapitel 21 noch vor dem Codex Sinaiticus eingefügt. Das Fehlen dieses Kapitels lässt sich an einem Papyrus aus der Zeit um 200 n. Chr. belegen. Die Unordnung in den in den Ereignissen in den Kapiteln 14-17 lassen auch auf eine redaktionelle Überarbeitung schließen.
Beispiel:
Nachdem Jesus im Kapitel 14 über sich und seine Mission zu den Jüngern gesprochen hatte, endet dieses Kapitel mit dem Vers 31:
"Aber auf dass die Welt erkenne, dass ich den Vater liebe und ich es also tu, wie mein Vater geboten hatte: Stehet auf und lasset uns von hinnen gehen.“
Im Kapitel 15 wird dann aber kein neuer Gedanke aufgenommen, sondern setzt den Monolog mit seinen Jüngern weiter fort. Erst im Kapitel 18[1] bricht Jesus dann mit seinen Jüngern auf:
„Da Jesus solche geredet hatte, ging Jesus mit seinen Jüngern über den Bach Kidron ...“
Es ist nun so, das Vers 14[31] eigentlich nur Sinn machen würde, wenn er unmittelbar vor 18[1] stünde. Dass ich nicht falsch verstanden werde, es ergibt sich daraus keinen inhaltlichen Abbruch des Monologes, es lässt aber die berechtigte Vermutung zu, dass hier möglicherweis einige Verse neu geordnet wurden.
Es ist auch möglich, dass hier größere Einschübe vorgenommen, aber die Übergänge dazu nicht angepasst wurden. Es ist also vorstellbar, dass in der ursprünglichen Fassung dieses Monologes tatsächlich mit dem Vers 14[31] endete, dann aber mit den Kapiteln 15, 16 und 17 erweitert wurden. Das müssen nun aber nicht nur neue Verse sein, sondern können auch alte Verse aus der ursprünglichen Fassung sein, die man in diesem Monolog besser aufgehoben sah ...
Ende des Zitats.
Zur Offenbarung möchte ich nun anfügen, dass es für mich gleichgültig ist, mit welcher Tradition diese endzeitlichen Apokalypsen verbunden sind – damit werde sie nicht besser. Wie ich schon schrieb, war die Offenbarung schon im frühen Christentum sehr umstritten und war nicht immer ein Bestand in den frühen Kanons. Wenn mir das Verständnis zu diesem Werk fehlen sollte, dann hoffe ich, dass dies auch so bleibt. Es ist einfach nicht
mein Buch und auch nicht
meine Seelenwelt.
Merlin