Wie soll man am Tag funktionieren, wenn der Nachtschlaf so gestört ist? Und genau das wird ja vom Umwelt erwartet, dass man funktioniert wie gewohnt. Bzw erwartet man es von sich selbst.
Es geht nicht. Fünf Jahre lang habe ich die Zähne zusammengebissen, gehofft, dass ich bald besser schlafen werde. Ich schlief immer schlechter und dazu gesellte sich die Furcht, den Wecker zu überhören und zu spät zur Arbeit zu kommen.
Ich dachte früher immer, in den WJ hat man dann halt "Hitzewallungen". Aber dass die gerade auch in der Nacht kommen und mit Übelkeit und Schwindel einhergehen, wusste ich nicht, und mit momentanen totalen Aussetzern in der Konzentration. Von den Stimmungsschwankungen zwischen Depression und Gereiztheit gar nicht zu sprechen.
Irgendwann bemerkte ich, dass sich vor einer Hitzewelle schlagartig Aggressionen aufbauten. Das ist auch nicht verwunderlich, weil der Körper mit Adrenalin überflutet wird. Wenn du an der Arbeit bist, kannst du das Adrenalin nicht unbedingt durch körperliche Aktivität abbauen. Dann sitzt du an deinem Schreibtisch und hoffst, dass dich niemand anspricht, bis du dich wieder "eingepegelt" hast.
Nach besagten 5 Jahren begann ich, Panikattacken zu entwickeln. Ich habe sie kommen spüren, aber trotz all meines Wissens brach die erste wie ein Tsunami über mich her. Mein Glück war, dass ich wusste, ich werde nicht sterben, mein Herz wird nicht stehen bleiben, es ist nichts Körperliches. Dennoch fühlte es sich grässlich an.
In dem Moment war mir klar: So kann ich nicht weitermachen. Nach stundenlangem Gesuche und Gebettel wurde ich dann endlich zu einem Arzt vorgelassen. Dem fiel nichts Besseres ein, als ein Antidepressivum zu verordnen, obwohl ich klargestellt hatte, dass diese aufgrund meiner Vorgeschichte kontraindiziert sind. Immerhin bekam ich eine Krankmeldung.
Das Antidepressivum habe ich, um nicht als querulant zu gelten, in halber Dosierung genau einmal genommen. Mir selbst versprach ich, mich nie wieder so dermaßen unter Funktionsdruck zu setzen oder setzen zu lassen. Und ich beschloss, nie wieder arbeiten zu gehen.
Es hat bissel gebraucht, aber nachdem dieser "Funktionsdruck" hinfort war, wurde es etwas besser. Die Hitzeschübe wurden weniger, die Panikattacken nach einer Weile auch. Geblieben ist, dass ich Druck wie Termindruck nach wie vor nicht sonderlich gut vertrage.
Meine Mutter hat über dieses Thema nie gesprochen, auch nicht der andere weibliche Teil der Familie. Auch nicht meine langjährigen Freundinnen, die sind alle älter als ich und habens weitgehend schon hinter sich.
Meine liebe Schwester schnauzte mich an, ich solle diesen Beschwerden nicht so viel Raum geben. Drei Jahre später wurde berichtet, sie nähme nun doch Hormone. Sie hat sich allerdings nie bei mir entschuldigt. Meine Mutter, nun ja, die habe ich erst gar nicht gefragt, weiß aber, dass sie mit Beginn der Wechseljahre in eine schwere Depression versank.
Letztere sind aber alles aufgeklärte, emanzipierte Frauen, vielleicht haben sie damals gedacht, das Thema interessiert mich eh nicht, weil ich damals noch nicht selbst in der Situation war. Moderne Frauen sprechen doch sonst über alles.
Dachte ich auch. Meistens wurde ich abgebügelt oder bekam die Auskunft, es sei gar nicht so schlimm. Wenn ich bissel nachbohrte, kam heraus, dass es doch nicht so easy war und viele auch noch 15 Jahre und länger nach Beginn mit Hitzeschüben zu tun haben.
Was sich bei mir gelegt hat, sind die "Wehwehchen" wie Gelenkschmerzen etc., die zwar nicht arg, aber doch unangenehm waren. Auch die Reizbarkeit hat abgenommen und der Schlaf ist insgesamt besser. Das führe ich allerdings in erster Linie darauf zurück, dass mir kein Wecker mehr im Genick sitzt.