USA jagen Snowden

:confused:

Auf welche direkte Frage hast du keine präzise Antwort erhalten? Und inwiefern kannst du behaupten, ich kenne mich nicht aus? ich kann dir sogar verraten, daß ich mich vorzüglich auskenne, da ich vor 30 Jahren meine Magisterarbeit zu diesem Thema geschrieben habe ("Herrschaft und Verständigung in den drei Romanen Franz Kafkas")

glaube dir jedes Wort. :) mein Post war doch nur eine Ergänzung deiner Aussage, kein Kontrapunkt, so gesehen ein Schlagwortsatz zum Titel deiner Magisterarbeit. Kafka erlebte ich auf der Bühne, zugleich live in einem Regimestaat und später in Wien. In Wien und Prag findest Du bis heute kafkaeske Spuren, allerdings hat Zugang aus den Balkanstaaten der letzten 30 Jahre die Szene aufgemischt. Neurosen blühen heute eher unter den waschechten Wienern.
 
Werbung:
Der "Prozeß"-Roman ist der alptraumhafteste Roman und die extremste negative Utopie, die ich jemals gelesen habe. Hier besteht die Welt nur noch aus Erfassten und Erfassern. Der Hammer kann jederzeit zuschlagen und aus dem Erfassten wird ein Angeklagter. Die alptraumartige Atmosphäre stellt Kafka durch einem genialen "Trick" her. Hauptfigur ist ein "K.", der eines morgens verhaftet wird und im Laufe der Handlung nach und nach erkennt, daß alle Figuren um ihn herum, alle Figuren seiner vermeintlich heilen Lebenswelt mit zur Prozeßwelt gehören. Selbst sein Verteidiger, der ihm dann an einer entscheidenden Stelle im Roman sagt:



Klingt wie eine späte und zynische Antwort auf den ersten und berühmten Satz des Rousseauschen Gesellschaftsvertrags ("Der Mensch ist frei geboren und überall liegt er in Ketten.")

K. erkennt im Laufe des Romans auch immer deutlicher, daß die Prozeß- und die Lebenswelt ineinander übergehen und zu einer Einheit verschmelzen. Die erfassende Gerichtswelt ist überall, auch dort, wo er (und mit ihm der Leser) es nicht vermuten:



Solche Schocks sind zahlreich, daraus bezieht der Roman seine absurde und zugleich alptraumhafte Atmosphäre. K., der von Beruf Bankangestellter ist, öffnet eine Tür im Bankgebäude und sofort ist er mitten in der Prozeßwelt, wo Bedienstete des Gerichtsapparats wegen Fehlverhalten abgestraft werden (das berühmte Prügler-Kapitel). Es gibt aus dieser Welt kein Entrinnen, es gibt kein Draußen.

Charakteristischerweise läßt Kafka nirgendwo im Roman eine Ahnung aufkommen, warum K. eigentlich angeklagt ist, wessen er schuldig ist. Das gehört mit zur Romanaussage.

Als Sigmar Gabriel gestern bei Anne Will von einer "Auflösung der Wertsphäre" sprach, hat mich das sofort an den Prozeß-Roman erinnert. Im vorletzten Kapitel, dem Domkapitel, trifft der gehetzte K., schon fast am Ende seiner Kraft, auf einen Geistlichen, der ihm die berühmte "Türhüter"-Parabel erzählt, die Kafka aus dem Prozeß-Roman auskoppelte und gesondert publizierte. Erwartungsgemäß gehört dieser Geistliche auch zum Apparat und die Botschaft, die er erteilt, ist diese:



In vielen Belangen erinnert mich dieser K. an Snowden. Da ist zunächst, ganz am Anfang des Romans, der Glaube an die Rechtsstaalichkeit:



Dann nimmt K. den Kampf auf, hält vor dem Gericht aufklärerische Reden, schließlich sucht er Zuflucht bei allen möglichen Instanzen und Gestalten, die aber alle nur Funktionäre des Erfassungsapparates sind, wie sich herausstellt. Und schließlich gibts noch den entscheidenden Diskurs mit dem Geistlichen im Domkapitel, bevor er resigniert.

Snowden 2.0 reloaded

Bleibt nur zu hoffen, daß Snowden nicht das Schicksal von K. im letzten Kapitel teilt. :(

Muss das mal lesen. Letztlich gehts da ja anscheinend um das Thema Urteilen und verurteilt werden und einem System bzw. einer Dynamik gegenüber stehen gegen die man machtlos ist.

Wäre das was gerade geschieht ein Kafka-Roman... wäre Gabriel allerdings einer der vermeintlichen Verteidiger die trotzdem gegen ihn arbeiten. Gabriel benutzt das Thema nur um die Regierung etwas vor sich herzutreiben. Aber die SPD will, abgesehen von Wahlkampf, genauso wenig mit Snowden und den Aufdeckungen zu tun haben wie CDU und FDP.

Woran kann man das erkennen? Steinbrück hält sich zurück! Wäre es ernst gemeint würden sie Steinbrück schicken. Er ist Kanzlerkandidat und er könnte ja richtig auf die Trommel hauen. Aber die (zumindest bisherige) Tatsache, das Gabriel den Kämpfer gibt aber Steinbrück schön ruhig ist, lässt m.A.n. den Schluss zu: Es soll dem Wahlkampf nützen, aber Steinbrück soll sich jederzeit davon distanzieren können und es sich ja nicht mit den USA verscherzen...

Was ganz sicher ist: Wäre die SPD in der Regierung oder würde momentan den Kanzler stellen würde Gabriel nicht fordern, Snowden als Kronzeugen zu laden und zu schützen und NSA-Chefs anzuklagen.

Dieses falsche Spiel kotzt mich echt an.
 
:confused:

Auf welche direkte Frage hast du keine präzise Antwort erhalten? Und inwiefern kannst du behaupten, ich kenne mich nicht aus? ich kann dir sogar verraten, daß ich mich vorzüglich auskenne, da ich vor 30 Jahren meine Magisterarbeit zu diesem Thema geschrieben habe ("Herrschaft und Verständigung in den drei Romanen Franz Kafkas")

du kennst dich mit Kafka aus? hast du das kafka-buch von Deleuze und Guattari gelesen? ist das gut?
 
So, hier haben wir es doch. Die Info eines EX-NSAlers, die kurz nach Erscheinen wieder offline ging. Wayne Madsen hält die ganze Empörung für scheinheilig. Und ja, die Merkel, und nicht nur die, wußten mehr über die Spähaktionen der NSU, als wir denken, sie hatten sogar Verträge mit den Angreifern.

Zitat:
"Wayne Madsen, ehemaliger NSA-Agent, hat in einem Interview mit der Organisation Privacy Surgeon gesagt, dass Deutschland zu einer Zusammenarbeit mit der NSA verpflichtet sei. Die europäischen und US-amerikanischen Geheimdienste hätten Übereinkünfte, die viel „komplexer und weitreichender“ seien, als es der Öffentlichkeit bisher erklärt wurde, sagte Madsen, der über zwölf Jahre für den NSA tätig war.

Madsen sagte, er wolle den Halbwahrheiten, wie sie von den europäischen Politikern verbreitet werden, etwas entgegensetzen. Die Empörung über die Abhör-Aktionen des NSA in politischen Botschaften Europas nennt er „scheinheilig“. Der Schock sei nur „vorgetäuscht“. Er könne nicht verstehen, wie die Bundeskanzlerin eine Erklärung von Obama verlange, obwohl Deutschland doch in die gleichen Beziehungen eingetreten ist“. In einem offiziellen Dokument des EU-Parlaments sei die Zusammenarbeit beim damaligen Echolon-Projekt vereinbart worden. Erstaunlicherweise habe sich damals – im Jahr 2001! – und seither niemand über dieses mindestens so umfassende Spionage-Programm aufgeregt.

Diese „Beziehungen“ verpflichten Deutschland, sowie Großbritannien, Dänemark, die Niederlande, Frankreich, Spanien und Italien vertraglich dazu, Informationen über Telefonate und Emails sowie die Nutzung von Websites an den US-Geheimdienst preiszugeben. Auch der Bundesnachrichtendienst sei in diese Beziehungen verwickelt. Viele dieser Informationen seien nicht geheim oder neu, sagte Madsen. Vielmehr hätten sich die „Regierungen dazu entschieden, die Öffentlichkeit darüber im Dunkeln zu lassen“."


http://deutsche-wirtschafts-nachric...chland-hat-selbst-daten-an-die-nsa-geliefert/

Ich möchte nur darauf hinweisen, dass auch Ö. derartig unter Druck gesetzt worden ist, obwohl nicht der NATO zugehörig, alle vorliegenden Daten an die USA auszuliefern, z.B. Meldedaten, Daten aus Pässen, Bankdaten (Swift), Abhörprotokolle von Emails, Reisedaten usw., dass auch Ö. dem Druck nachgegeben hat, wie Deutschland. Dazu gab es damals eine lange öffentliche und parlamentarische Debatte.

Das US-Imperium ist bereits militärisch und wirtschaftlich so mächtig, dass sich niemand leisten kann, die USA zum Feind zu haben - und daher macht auch die USA international derzeit was sie will. Den Internationalen Gerichtshof erkennt sie natürlich ebenfalls nicht an und auch keine UNO-Entscheidungen.
 
Es gibt in der Germanistik eine ganze Tradition von Deutungsansätzen, die psychologistisch arbeiten und die Texte auf persönliche Neurosen des Autors reduzieren möchten. Für mich sind das Versuche, Kafka-Texte zu entschärfen. Das gelingt einfach nicht, weil die Argumentation selten logisch konsistent und leicht anhand einer genauen Textanalyse zu widerlegen ist.

Ich beschränke Kafkas Schaffen nicht auf Neurosen, sie sind ein Stilmittel, mit dem er die Zustände und Umstände - sag ich mal in diesem Fall - der Herrschaft und Verständigung wiedergibt. Ob Kafka ein Neurotiker gewesen...persönlich hab ihn nicht gekannt.
 
Das ist sehr interessant. Die Begründung:

An die Sache erinnern sich viele gar nicht. Unmittelbar nach 9/11 tauchte für kurze Zeit Anthrax auf. Alle, die von so etwas Ahnung haben, sagen: Das Zeug wurde nicht nur von einer Person hergestellt, sondern ist Waffenfähiges Material. Die Spur für solche Biowaffen zieht sich über die ganze Welt, da die Amis am liebsten in Afrika forschen.

Wie wurde die Sache aufgeklärt? So:

Sie haben also einen Schuldigen der sich netterweise noch vorher umbrachte.

Interessant ist auch:
Kritik an der Allein-Täter-Theorie:

Unterm Strich ähnelt die Sache also 9/11. Obwohl durch die Schreiben zuerst mal der Eindruck erweckt wird, die Anthrax-Täter seien Islamisten wurden die Anschläge in den USA mittels US-Know-How geplant und ausgeführt. Bei 9/11 glaubt die Welt heute noch, es sei Bin Laden gewesen. Anthrax wurde vergessen... und wir haben mal wieder nen toten Einzeltäter der übrigens solche Briefe verfasst haben soll:

Damit ist er ein Pseudo-Islamistischer-Amerikanischer-Selbstmord-Einzeltäter

Um es klar zu sagen: Wie bei 9/11 bin ich davon überzeugt, dass es sich um einen Inside-Job handelte, besser gesagt: Anthrax war Teil davon, gehört zu 9/11. Denn wenn erst mal solche Briefe durch die Gegend fliegen, hält absolut jeder still. Dann stellt keiner mehr Fragen. Und es gab nur zwei Personengruppen damals die wirklich hätten Fragen stellen können... Politiker und Medien.

Noch wichtiger: Anthrax sollte eine Linie zum Irak ziehen. Wir erinnern uns: Saddam soll ja Biowaffen besessen haben. Es ist zwar aufgeflogen, dass das Zeug eigenes Material ist... aber interessiert ja keinen. Auch da gab es nie ernsthafte Ermittlungen.

Falls jemand an Hintergründen interessiert ist:
Die Anthrax Dealer

Übrigens eine Arte-Doku... also nix VT-Dummgequatsche.

Ganz kurz gab es in den Nachrichten die Meldung, der Anthrax-Täter war ein US-Mitarbeiter aus dem Herstellungstross rund um Rüstungsindustrie und Pharmazie. Und die Absicht des Mannes war, die US-Bürger "auf die Gefahr biologischer Waffen vorzubereiten", wachzurütteln. (SPRICH: Der Rüstungsindustrie mehr Aufträge zu bescheren, nach den zuvor erfolgten Kürzungen der öffentlichen Mittel. Angeblich erhoffte sich der Mann davon Profit.)

Die Meldung verschwand binnen ein paar Stunden und vom Täter war dann nie mehr die Rede. Ermordet? Interessant.
 
Ich beschränke Kafkas Schaffen nicht auf Neurosen, sie sind ein Stilmittel, mit dem er die Zustände und Umstände - sag ich mal in diesem Fall - der Herrschaft und Verständigung wiedergibt. Ob Kafka ein Neurotiker gewesen...persönlich hab ihn nicht gekannt.

Sorry, da hab ich dich falsch verstanden.
 
du kennst dich mit Kafka aus? hast du das kafka-buch von Deleuze und Guattari gelesen? ist das gut?

Sabbah, das Buch habe ich nicht gelesen, kann ich dir dazu keine Meinung schreiben. Was man auf amazon dazu liest, klingt schon mal nicht schlecht.

Der größte Teil der Sekundärliteratur zu meiner Zeit war psychologistisches und existentialistisches Geschwurbel und ich hatte Mühe, einen Professor zu finden, der aufgeschlossen war für moderne Ansätze.
 
Muss das mal lesen. Letztlich gehts da ja anscheinend um das Thema Urteilen und verurteilt werden und einem System bzw. einer Dynamik gegenüber stehen gegen die man machtlos ist.

.

Das Buch ist besser, aber es gibt eine kongeniale Verfilmung von Orson Welles aus den 50er jahren. Zum Teil eigenwillig interpretiert, auch einige Sachen gegenüber dem Buch abgeändert. Das Ende etwa: die Henker werfen eine Bombe, und am ende sehen wir, wie sich die Rauchwolke zu einem Atompilz formt. Oder eine Szene, wo die Angeklagten aufgereiht sind und KZ-Häftlings-Kleider tragen. Aber die Atmosphäre des Romans ist dermaßen plastisch umgesetzt, daß ich begeistert war, als den Film zum ersten Mal gesehen hab. Geht auch viel aufs Konto des Hauptdarstellers, Anthony Perkins,der schon in Hitchcocks "Psycho" die Hauptrolle spielte.


Gehört für mich zur Filmgeschichte
 
Zuletzt bearbeitet:
Werbung:
Ich beschränke Kafkas Schaffen nicht auf Neurosen, sie sind ein Stilmittel, mit dem er die Zustände und Umstände - sag ich mal in diesem Fall - der Herrschaft und Verständigung wiedergibt. Ob Kafka ein Neurotiker gewesen...persönlich hab ihn nicht gekannt.

Klingt danach, als sollte man den Stoff ins Jetzt übertragen und mit PC's verfilmen.
Wird aber wohl nichts werden, außer vielleicht mit Malkovich oder DiCaprio oder sonst wen auf der "politischen schwarzen Liste" von Hollywood.

Wie man sieht, wiederholen sich Zustände immer wieder, ob Metternich, ob 1900, ob Stasi, ob USA. Das nennt man einen zeitlosen, ewig gültigen Stoff.
Sollte ich mal lesen.

PS: Danke für den Film-Link!
 
Zurück
Oben