Treibe die Opfer in die Vergebungsfalle. Darüber besteht Konsens, der nicht ungestraft in Frage gestellt werden kann: Wer nicht vergeben kann oder will, der muss schweigen im , wenn er nicht der Ächtung durch die anderen unterliegen will. In der Vergebungsfalle sitzen die Opfer dann endgültig und ein für allemal fest. Das kriegen sie wieder mal nicht hin, nicht auf Anhieb, vielleicht sogar nie. Und - vielleicht wollen sie nicht vergeben, weil sie sich selbst belügen müssten oder weil sie wissen, dass ihre Vergebung noch allemal der Boden ist, auf dem Täter und Zuschauer es sich nach wie vor folgenlos gut gehen lassen.
Seltsam ist nur, dass ich als Gewaltüberlebende mit meiner Vergangenheit und Gegenwart dort irgendwie nicht vorkomme. Auf subtile und verwirrende Weise fühle ich mich der Wirklichkeit und Wahrheit meines Lebens entfremdet und enteignet.........und man kommt sich bei diesen Vergebungerklärungen wie ein Störenfried vor.
Schüre die Angst vor hysterischen, unberechenbaren, ausflippenden, zusammenbrechenden Opfern......... bausche die Bedrohung, die von diesen Menschen für sich und für andere ausgeht, auf......... Dann kannst du diese Menschen ganz fürsorglich an Therapien verweisen, die kompetent helfen können. Dein Signal an die Opfer wird in jedem Fall verstanden: Sie müssen schweigen, wollen sie nicht riskieren, unangenehm aufzufallen oder überhaupt kenntlich zu werden................Ganz nebenbei wird man dir Anerkennung zollen für deine kompetente Fürsorglichkeit, mit der du dich um Opfer bemühst.
Sprich davon, durch dein und euer Schweigen die Opfer vor dem Schmerz schützen zu wollen. Jedes Opfer wird sofort verstehen, dass es deine guten Absichten, die seinem Schutz dienen, zunichte macht, wenn es ohne Rücksicht auf die ihm durch dich gewährte Schonung reden würde. Nein, so undankbar sind die Opfer nicht. Sie lassen sich schützen und schweigen also.
Erwähne ganz richtig, dass Neid, Eifersucht, Stolz, Gier in jedem Menschen sind. Vermeide dabei den altbackenen und wahrlich unzeitgemäßen Begriff der Sünde. Sprich stattdessen von "Gewalt". Auch Opfer kennen ja Neid, Eifersucht, Stolz, Gier; also sind ja auch sie irgendwie schuldig; irgendwie gewalttätig. Für ihre Erfahrung von Vergewaltigung, Inzest, Kindesmisshandlung, Kindesmissbrauch, ehelicher Gewalt...... haben diese Opfer dann kein Wort mehr, denn das richtige Wort ist schon anderweitig in Benutzung und vergeben. Es wurde ihnen weggenommen, sie sind enteignet. Wer kein Wort mehr hat, schweigt.
Suche die Ursachen für Männergewalt bei den Frauen, die Opfer werden. Die sind sehr beliebt und wurde bis vor kurzem als wissenschaftlicher Ansatz allseits akzeptiert. Wenn ein Opfer reden würde, müsste es sich am Ende von der illustren Runde fragen lassen, was es denn nun getan hat, um einen armen Täter so ins Unglück zu stürzen, dass der gar nicht anders konnte.
Sprich von der gewaltmindernden Liebe, die auch die Täter umfasst. Dann kannst du sicher sein, dass keine Gewaltüberlebende sich zu Wort meldet. Täter haben Vorrang und am Ende unser aller Mitgefühl.
Verlagere die Gewalt in die Ferne der Weltpolitik, damit wird die Gewalt im Nahbereich, mitten unter uns verharmlost. Es ist ja unzweifelhaft Gewalt, wenn Menschen an den Folgen unseres Wirtschaftens krepieren. Und wer wollte im Ernst leugnen, dass eine Mutter, die ihrem Kind hilflos beim Verhungern oder Sterben an unsauberem Wasser zuschauen muss, Gewalt erlebt? Angesichts dieser Gewalt war ja nun die eigene Vergewaltigung, die kindheitslange Misshandlung, der jahrelange Missbrauch, der Inzest irgendwie unscheinbarer, harmloser, vermutlich irgendwie doch nicht Gewalt.
Mir scheint, dass die obigen Strategien dazu dienen, unter dem Etikett des Themas Mißbrauch gegen Kinder das Thema und den Kontakt zu Betroffenen zu meiden. Sowas nenne ich Etikettenschwindel. Der behauptete Schutz der Opfer dient also in Wirklichkeit dem Schutz vor den Opfern.