Selbst-Missbrauch

ich habe mir zwar jetzt nicht alles durchgelesen aber was ich gerne fragen möchte ist

die erleuchtung ist ja stets present aber es ist doch klar dass die erkenntnis dafür irgendwo in der zukunft liegen MUSS da das praktizieren ja sonst sinnlos wäre weil man dann nie praktiziert haben müsste um es zu schaffen oder eben für immer praktizieren muss aber nichts erreicht

oder täusche ich mich da ?

peace
 
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also, das ist jetzt wirklich eine persönliche Einlassung meinerseits. Ich würde mich nie trauen, so eine Frage aus mir selber heraus zu beantworten, wie Deine. Denn sie ist komplex, sie muß gewußt werden, diese Frage. Und ich weiß sie nicht.

Und deshalb antworte ich:
ich habe mir zwar jetzt nicht alles durchgelesen aber was ich gerne fragen möchte ist

die erleuchtung ist ja stets present aber es ist doch klar dass die erkenntnis dafür irgendwo in der zukunft liegen MUSS da das praktizieren ja sonst sinnlos wäre weil man dann nie praktiziert haben müsste um es zu schaffen oder eben für immer praktizieren muss aber nichts erreicht

oder täusche ich mich da ?

peace
Jein. :)



Da Du mit dieser Antwort vermutlich noch nicht zufrieden bist, setze ich einen drauf:

wir müssen unterscheiden:
das Ziel
den Weg
und den auf dem Weg zum Ziel Gehenden, also den Menschen.

Diese drei Aspekte will ich betrachten. Und mich fragen: was von den Dreien ist nun erleuch-tet, wo in den dreien ist Erleuch-tung und wo zur Hölle ist bloß der Erleuch-tete?

Ob die Betrachtung dieser drei Dinge im Zusammenhang mit Erleuchtung oder gar mit Deiner Frage Sinn macht, ist mir völlig schnurz. Denn: wenn ich Erleuchtung erfahren will, dann brauche ich was? Nichts. Ich brauche kein Ziel, keinen Weg, den auf dem Weg Gehenden brauche ich auch nicht. All das sind nur Konzepte und ihre Teile. Es sind Versuche zu kategorisieren, was man erleben könnte, wenn man zum Beispiel "es" liesse. Was genau "es" ist, spielt dabei wiederum überhaupt keinerlei Rolle. Es macht also keinerlei Sinn nach Erleuchtung, Wissen oder sonst irgendeinem "Mehr" zu streben, wenn ich Dir meine Antwort zu Deiner Frage aufschreibe.

Was ist das Ziel? Die Erleuchtung. So höre ich das immer wieder, lese das, denke mir aber nichts dabei. Warum sollte ich mir auch selber darüber Gedanken machen, frage ich mich die ganze Zeit. Seit Jahren. Mir ist das vollkommen unverständlich, warum man sich ein Ziel setzt, dessen Inhalt man nicht kennt.
"Erleuchtung" ist ja vermutlich etwas Anderes als jetzt hier ist. Wenn ich jetzt hier nämlich mal um mich herumschaue und gerne auch mal in mich hinein, dann ist da keinerlei Erleuchtung. Da ist Trixi Mausi, da vorne hängt eine Kuh an der Wand und dort steht ein Dichter. Ansonsten ist hier bloß Pröll.

Jetzt ist die Frage: bin ich am Ziel hier in meinem Pröll? Jein. Man kann es nicht wissen. Man kann sich fragen bis man sich totgefragt hat: man wird es nicht herausfinden, ob man am Ziel ist. Man wird über kurz oder lang immer nur mitten im eigenen Pröll ankommen.

Hm, und der Weg? Eine Katastrophe! Weil: man könnte auf dem Richtigen Weg sein oder auf dem Falschen. Die Christen sind auf einem anderen Weg als die Islamisten. Beide meinen sie, ihr Weg sei der Richtige. Schon alleine diese beiden Weg richten jede Menge Verheerung auf der Erde an. Und alle sind sie erleuchtet, hör mal, alle wie sie da sind. Nur die Anderen, die sind nicht erleuchtet. *gähn*
Macht das Sinn? Eben nicht. Es separiert, führt nicht zusammen, sondern auseinander.

So, wir sehen: Ziel? Mumpitz. Weg? Mumpitz. Aufwachen.
Aber: was ist jetzt mit dem auf dem Weg zum Ziel Gehenden? Was für eine Rolle spielt der? Außer daß er sich veräppeln läßt? Ist der am Ende selber die Erleuchtung, hat er die am Ende schon eingebaut und die ganzen Leute, die von Erleuchtung reden, machen sich nur was vor? Spirituelle Hirngespinste?

Wie ist das...mal hineinversetzen... er geht da so auf dem Weg, hin zum Ziel, das er nicht kennt. Rechts eine Wiese, links ein Bach. Da vorne eine Erle, dort hinten ein Star. Aus der Ferne ruft ein Kuckuck. hm.... idyllisch.
Will er den Weg überhaupt verlassen? Will er wirklich zum Ziel? Denn es ist ja nicht sicher anzunehmen, daß am Ziel auch noch alles so idyllisch ist. Es könnte wenigstens auch das glatte Gegenteil der Fall sein, es könnte jede Menge Arbeit auf einen Warten. Ein Ende des Spazierganges könnte drohen, die nackte Realität könnte verlangen: Dich brauche ich. Jetzt, mit Haut und Haar. Her mit Dir. Du bist reif, mach' es endlich. Hör auf zu träumen von Besserung und Glück. Nimm Dir was da ist und arbeite damit. Werde zufrieden.

Will man das, so auf dem Weg vor sich her trabend und der Natur lauschend? Aufhören mit der Suche, am Ziel sein? Will man wirklich in's Leben hinein? Man dachte, die Erleuchtung würde einen aus dem Leben herausführen, das man führt, aber ach, sie führt einen ja vielleicht auch mitten in es hinein! Will man das? Wirklich der ganze Dreck sein, der man selber ist - neben den paar Qualitäten -, will man Alles selber sein?
hm. Da bleibt man doch lieber auf dem Weg. Und erreicht das Ziel nicht, bzw. hat das Gefühl, es nicht zu erreichen.

Was wäre - oh Gott, schrecklicher Gedanke - wenn das Ich aus meinem Leben fortginge? Wer würde mich identifizieren, wie würde ich mich wiedererkennen ohne Ich? Wie könnte ich überhaupt jemals auf einem Weg sein oder gar ein Ziel erreichen, wenn ich kein Ich hätte? Wer würde entscheiden, wer würde den Gewinn aus meinem Leben einstreichen? Ich wäre ja völlig haltlos ohne Ich. Das Wort würde mir bleiben: Ich. Aber mehr nicht. Es hätte keinen festgelegten Inhalt, wäre neutral. Ein I, ein c und ein h. Mehr bliebe nicht. Sie machen Klang, diese Dinge, klingt "ich". Mehr ist es aber n-ich-t. Auch bei L-ich-t n-ich-t.


tja, aber: all das sind puuuuuure Konzepte. Die Vorstellung, man müsse so oder so tun, um dies und jenes zu erreichen, klappt nicht. Ausnahmen bestätigen da natürlich die Regel. Ob man die Ausnahme ist oder die Regel, das entscheidet sich ja vielleicht in der Meditation. Wenn man sich anstrengt, wenn man "wieter ist". Meint man.
Da ist doch bestimmt etwas ganz Ungeheuerliches in mir, oder? Mal danach suchen..... nach diesem Ziel... aber wie bloß, wonach bloß - hm, naja, nehme ich mal diesen Weg hier. Aber wie jetzt, soll ich jetzt auf den Weg drauf gehen, aber wie soll ich wahrnehmen, daß ich ankomme? Wenn ich das Ungeheurliche doch gar nicht kenne?!

... es ist zum verdreifeln ... Verzweiflung ist da gar kein Ausdruck. Man könnte glatt von Vervierflung sprechen.

Da hinten der Zettel, Mensch. Den müßtest Du lesen. Dann wüßtest Du es. (Siehst Du, wie absurd es ist anzunehmen, daß der Zettel da hinten Dich befreien wird? Oder irgendetwas Anderes?)

Du bist. Ist mehr nötig?

:banane:
 
ich habe mir zwar jetzt nicht alles durchgelesen aber was ich gerne fragen möchte ist

die erleuchtung ist ja stets present aber es ist doch klar dass die erkenntnis dafür irgendwo in der zukunft liegen MUSS da das praktizieren ja sonst sinnlos wäre weil man dann nie praktiziert haben müsste um es zu schaffen oder eben für immer praktizieren muss aber nichts erreicht

oder täusche ich mich da ?

peace
Es ist wie Physik. Einstein formulierte "E = mc^2". Die Frage ist: Ab wann war dieses physikalische Gesetz "gültig"? Die Antwort lautet: Vermutlich kurz nach dem Urknall (sofern es einen gegeben hat). Trotzdem dauerte es mehrere Milliarden Jahre, bis jemand "das Offensichtliche", also das, was bereits immer da war, geistig erkannte und in mathematischen Formeln ausdrückte. Und als es Menschen gab, dauerte es immer noch paar zehntausend Jahre, bis einer davon auf diese Idee kam.

So ähnlich verhält es sich eben auch mit der Erleuchtung. Stell dir vor, du lebst 15 Jahre lang in einem Haus, in welchem im Estrich ein wertvolles Bild von Picasso hängt. Du lebst zwar in dem Haus, gehst aber - aus irgendwelchen Gründen - nie in den Estrich. Das Bild ist andauernd da und wenn du es irgendwann mal entdeckst, dann mag es zwar für dich selbst eine völlig neue Erkenntnis sein, dass du so ein Bild im Estrich hast, aber das Bild selbst war die ganze Zeit über bereits da. Es ist nicht so, dass das Bild erst plötzlich da ist, wenn du es entdeckst, sondern es war schon vorher da, aber du wusstest einfach nichts davon.

Folglich sind beide Aussagen richtig: Es handelt sich gleichzeitig um etwas Neues und gleichzeitig um nichts Neues. Oder beide Aussagen sind falsch: es handelt sich weder um etwas Neues noch um nichts Neues.
 
ich habe mir zwar jetzt nicht alles durchgelesen aber was ich gerne fragen möchte ist

die erleuchtung ist ja stets present aber es ist doch klar dass die erkenntnis dafür irgendwo in der zukunft liegen MUSS da das praktizieren ja sonst sinnlos wäre weil man dann nie praktiziert haben müsste um es zu schaffen oder eben für immer praktizieren muss aber nichts erreicht

oder täusche ich mich da ?

peace

Also so wie ich es verstanden habe, kannst du Erleuchtung nur "finden", wenn du sie nicht suchst ;) ...
 
Du widersprichst dir, meine Maus:
Möglichkeit A wäre ja mit der Übernahme von Verantwortung für die Situation meines Gegenübers verbunden. Das hört sich für mich eigentlich ziemlich gut an.
[...]
Nur: mal unter uns, in Erinnerung an Deinen ersten Post hier im Thread: Mumpitz. Die Menschen lassen, wie sie sind, sich selber ebenfalls.
Du willst du Menschen gleichzeitig so lassen, wie sie sind und trotzdem die Verantwortung für sie übernehmen? Ladet eure Schuld (und freiwillig gewählte Beschränktheit) auf meine Schultern, oder wa? Nönö, wer die Verantwortung für den anderen übernimmt, der ist jener besagte, sich unethisch Verhaltende. Nämlich weil er davon ausgeht, dass der andere nicht in der Lage ist, seine eigene Verantwortung zu übernehmen. Folglich muss er jenen anderen bevormunden. Und voilà - hierin liegt der von mir angeführte Macht- respektive Herrschaftsanspruch.
Ich versuche neue Worte: wer für sich selber in's Große denkt und strebt, der macht Eines im Leben richtig: er begrenzt sich nicht. Schwierig wird es erst dann, wenn dieser Jemand die Grenzen Anderer mit seiner Weitläufigkeit sprengt.
Aber genau diesen Punkt spreche ich an, gerade hier wird's erst richtig interessant. Wohlgemerkt: Die Kirche liess Leute auf dem Scheiterhaufen verbrennen, weil sie behaupteten, die Planeten würden sich anders drehen als die offizielle Volksmeinung und kirchliche Doktrin. Sollten diese Personen obendrein noch die Verantwortung für das sie umgebende dumme Volk übernehmen, welches gerade dabei war, sie auf's Schafott zu binden?

Und du darfst mir gerne glauben: Es ist heute nicht anders.

Ein interessanter Fall ist übrigens Jesus (ähnlich wie Sokrates). Welcher sich in gewisser Weise unethischer verhielt als besagtes Stumpfvolk. Weil er sie nämlich von jeglicher Schuld freisprach: "Vergib ihnen Gott, denn sie wissen nicht, was sie tun." Mit anderen Worten: "Ihr seid so blöd, dass ihr selbst es nicht mal bemerken könnt, selbst wenn ihr es versuchen würdet."
 
@Energeia:
Ich glaube, der Punkt, um den es mir geht, liegt wirklich in dieser durch die weitergeführte Dezentrierung des Self sich ergebende Notwendigkeit zur Vermittlung zwischen I und Me. Kurz gesagt: Meine alte Moral, also meine Richtlinien zur Behandlung anderer und zur inneren Einstellung ihnen gegenüber, genügt jetzt nicht mehr. Die Dekonstruktion des I verlangt nach der Dekonstruktion des Me (und des Anderen), und beides wiederum verlangt nach einer umfassenderen (und nicht: gleichbleibend umfassend oder weniger umfassend) Ethik.
Während - oder gerade weil - ich die reichlich kindischen (emotionalen, intellektuellen etc.) Versuche zur Identitätsbewahrung meiner Mitmenschen immer weniger ernst nehmen kann, wird es umso dringlicher, zu einer tieferen Ethik zu finden. Wie kann man aber auch einen Menschen ernst nehmen, der an einem äusserst beschränkten Selbstbild festhält und dann obendrein noch Angst davor hat, dieses aufzugeben, obschon es ihm nachher viel besser ginge? Offenbar ist es nicht möglich, eine Handlungsvorschrift abzuleiten, die auf dem psychischen Wohlergehen jener Person aufbaut, weil das psychische Wohlergehen ausgerechnet dadurch aufrechterhalten wird, dass sie an ihrem, wie gesagt, kindischen Selbstbild festhält, das eigentlich ein Gefängnis ist.

Therefore, mein lieber Schwan, ist es nötig, eine Ethik aufzubauen, die die Psyche des Menschen ausser Acht lässt. Oder präziser: Sie transzendiert. Und da bin ich momentan, zugegebenermassen, etwas ratlos.

(Jene, die dann Ramana Maharshi einen "absolutistischen Brahman-Faschisten" nennen (alles schon gesehen), haben's eben nicht kapiert: Advaita Vedanta, also Nicht-Dualität, erfordert höchste Ethik, also quasi "nicht-duale Ethik", und nicht geringste Ethik.)
 
Hallo fckw,

"äusserst beschränkten Selbstbild" "kindischen Selbstbild festhält, das eigentlich ein Gefängnis ist."

Das sehe ich als wichtige Punkte deiner Selbsterkenntnis an, also deine Differenzen zu deinem Selbst. So wie sich dein Post liest, suchst du einen intellektuellen Ausweg für dein Ego, was aber nicht funktioniert.

Nicht böse sein, da stecke ich mindestens genauso drinnen, ist auch immer wieder für mich Selbsterkenntnis. :)
 
Lieber FCKW,

@Energeia:
Ich glaube, der Punkt, um den es mir geht, liegt wirklich in dieser durch die weitergeführte Dezentrierung des Self sich ergebende Notwendigkeit zur Vermittlung zwischen I und Me. Kurz gesagt: Meine alte Moral, also meine Richtlinien zur Behandlung anderer und zur inneren Einstellung ihnen gegenüber, genügt jetzt nicht mehr. Die Dekonstruktion des I verlangt nach der Dekonstruktion des Me (und des Anderen), und beides wiederum verlangt nach einer umfassenderen (und nicht: gleichbleibend umfassend oder weniger umfassend) Ethik.
Während - oder gerade weil - ich die reichlich kindischen (emotionalen, intellektuellen etc.) Versuche zur Identitätsbewahrung meiner Mitmenschen immer weniger ernst nehmen kann, wird es umso dringlicher, zu einer tieferen Ethik zu finden. Wie kann man aber auch einen Menschen ernst nehmen, der an einem äusserst beschränkten Selbstbild festhält und dann obendrein noch Angst davor hat, dieses aufzugeben, obschon es ihm nachher viel besser ginge? Offenbar ist es nicht möglich, eine Handlungsvorschrift abzuleiten, die auf dem psychischen Wohlergehen jener Person aufbaut, weil das psychische Wohlergehen ausgerechnet dadurch aufrechterhalten wird, dass sie an ihrem, wie gesagt, kindischen Selbstbild festhält, das eigentlich ein Gefängnis ist.

Therefore, mein lieber Schwan, ist es nötig, eine Ethik aufzubauen, die die Psyche des Menschen ausser Acht lässt. Oder präziser: Sie transzendiert. Und da bin ich momentan, zugegebenermassen, etwas ratlos.

(Jene, die dann Ramana Maharshi einen "absolutistischen Brahman-Faschisten" nennen (alles schon gesehen), haben's eben nicht kapiert: Advaita Vedanta, also Nicht-Dualität, erfordert höchste Ethik, also quasi "nicht-duale Ethik", und nicht geringste Ethik.)

Ich habe das Gefühl, dasss ich das Problem verstehe, das du beschreibst. Wie gehe ich mit Menschen um, die aufgrund ihrer Identifizierungen nicht sehen, dass sie anhand von Identifizierungen die Welt und sich, das Sein dual konstruieren.
Da ist jetzt z.B. also ein Junge, der im Forum schreibt, dass ihn seine Freundin verlassen hat und dass er sie total hasst und er nicht weiß, wie er jetzt weiter machen soll. Wenn du ihm schreibst, dass er für seine Freundin gar nicht offen war, dass er ihr Sein nicht vernommen hat, sie nicht als freies Wesen geliebt hat, folglich nicht offen für sie war, als sie ging, dass er an sie unzählige von Erwartungen hatte, abhängig von ihr war, ihr Handeln nun auf sich egozentrisch bezieht und sich vollkommen grundlos als "verlassenes Ego" selbst bemitleidet, an ihr nun diesen ganze Schmerz festmacht, obwohl all dies nur Ausdruck seiner eigenen Erwartungen und Unfreiheit ist, ... ...dann wirst du sehr wahrscheinlich nicht hören "Vielen Dank, deine Erklärung löst alle meine Probleme. Jetzt geht es mir besser. Du hast mir geholfen. Ich verstehe jetzt alles und habe alle meine Identifikationen hinter mir gelassen."
Und wenn du es doch lesen solltest, dann wird es sehr wahrscheinlich ironisch gemeint sein.

Ich glaube mit Wilber, Habermas und im Anschluss an Kohlberg, dass eine postkonventionelle Ethik, die auch die postkonventionelle Prinzipien-Ebene hinter sich gelassen hat, selbst die Menschenrechte noch als Identifikation mit den Menschen versteht, dass dies nur eine individuelle Ethik sein kann. Einerseits individuell in dem Sinne, dass ich jetzt in der Gegenwart die richtigen Worte authentisch finde, ohne mir "Gedanken" über Prinzipien, Maxime, Handlungsanweisungen zu machen. konventionelle Normen, verallgemeinerte Prinzipien, Maxime, das sind die "vernünftigen" "Krücken" der vorangegangenen Stufen, welche kompensierten, dass ich in meinem gegenwärtigen Sein alleine noch nicht die Präsenz bin, die der Situation zu begegnen vermag. Individuell in einem zweiten Sinne, dass ich den anderen nicht behandele, wie ich andere Menschen ganz allgemein auch behandeln würde, sondern dass ich mich für sein augenblickliches Sein öffne: wieviel "Wahrheit" verträgt er und führt ihn weiter, wieviel "Wahrheit" verträgt er nicht und festigt nur sein Ego? Es geht nicht darum, entweder dem anderen die Wahrheit um die Ohren zu hauen und zu sagen: komm damit alleine zurecht, weil klar ist, dass er damit nicht zurecht kommt. Es geht auch nicht darum, den anderen zu verschonen, weil man ihm dann "zuwenig" zumutet. Es geht aber auch nicht darum, in dieser Verantwortung für den anderen Verantwortung zu übernehmen, also mich über ihn zu stellen. INdem ich genau dies bin, ergreife ich meine Verantwortung für meine augenblickliche Präsenz, festige ich mein spirituelles dasein und fordere ich den anderen, auf seiner Stufe präsent und für sich selbst da zu sein. Ich übernehme nichts für ihn, sondern ich fordere ihn, ich erschlage ihn aber nicht, sondern begegne ihm da, wo er selbst entscheiden kann: ich übernehme meine Verantwortung und treffe ihn dort, wo er seine übernehmen kann.

Liebe Grüße,
Energeia
 
Ich glaube mit Wilber, Habermas und im Anschluss an Kohlberg, dass eine postkonventionelle Ethik, die auch die postkonventionelle Prinzipien-Ebene hinter sich gelassen hat, selbst die Menschenrechte noch als Identifikation mit den Menschen versteht, dass dies nur eine individuelle Ethik sein kann. Einerseits individuell in dem Sinne, dass ich jetzt in der Gegenwart die richtigen Worte authentisch finde, ohne mir "Gedanken" über Prinzipien, Maxime, Handlungsanweisungen zu machen. konventionelle Normen, verallgemeinerte Prinzipien, Maxime, das sind die "vernünftigen" "Krücken" der vorangegangenen Stufen, welche kompensierten, dass ich in meinem gegenwärtigen Sein alleine noch nicht die Präsenz bin, die der Situation zu begegnen vermag. Individuell in einem zweiten Sinne, dass ich den anderen nicht behandele, wie ich andere Menschen ganz allgemein auch behandeln würde, sondern dass ich mich für sein augenblickliches Sein öffne: wieviel "Wahrheit" verträgt er und führt ihn weiter, wieviel "Wahrheit" verträgt er nicht und festigt nur sein Ego? Es geht nicht darum, entweder dem anderen die Wahrheit um die Ohren zu hauen und zu sagen: komm damit alleine zurecht, weil klar ist, dass er damit nicht zurecht kommt. Es geht auch nicht darum, den anderen zu verschonen, weil man ihm dann "zuwenig" zumutet. Es geht aber auch nicht darum, in dieser Verantwortung für den anderen Verantwortung zu übernehmen, also mich über ihn zu stellen. INdem ich genau dies bin, ergreife ich meine Verantwortung für meine augenblickliche Präsenz, festige ich mein spirituelles dasein und fordere ich den anderen, auf seiner Stufe präsent und für sich selbst da zu sein. Ich übernehme nichts für ihn, sondern ich fordere ihn, ich erschlage ihn aber nicht, sondern begegne ihm da, wo er selbst entscheiden kann: ich übernehme meine Verantwortung und treffe ihn dort, wo er seine übernehmen kann.

Liebe Grüße,
Energeia
Ja, irgendsowas in die Richtung muss es sein. Es ist exakt, wie du es sagst: Selbst das Propagieren der allgemeinen Menschenrechte ist letztlich eine Identifikation mit dem Menschsein. Daraus schloss ich früher - fälschlicherweise - eine diese Vorstellung transzendierende Ethik müsste konsequenterweise sich auf die ganze manifeste Welt ausdehnen (also auch Pflanzen, Tiere sowieso, aber auch "unbelebte" Materialien). Aber diese Sichtweise ist, wenn auch vordergründig umfassender, eben im Grunde nicht wirklich anders als eine universelle Ethik im Sinne der allgemeinen Menschenrechte. Es ist einfach "mehr vom Gleichen". Es ist pure Identifikation - und zwar Identifikation mit der Conditio Humana.
Einerseits individuell in dem Sinne, dass ich jetzt in der Gegenwart die richtigen Worte authentisch finde, ohne mir "Gedanken" über Prinzipien, Maxime, Handlungsanweisungen zu machen. konventionelle Normen, verallgemeinerte Prinzipien, Maxime, das sind die "vernünftigen" "Krücken" der vorangegangenen Stufen, welche kompensierten, dass ich in meinem gegenwärtigen Sein alleine noch nicht die Präsenz bin, die der Situation zu begegnen vermag. Individuell in einem zweiten Sinne, dass ich den anderen nicht behandele, wie ich andere Menschen ganz allgemein auch behandeln würde, sondern dass ich mich für sein augenblickliches Sein öffne:
Das ist hervorragend geschrieben. Die angesprochene Verhaltensweise, hatte ich bei Satsanglehreren gesehen, wie sie einerseits sehr ernsthaft und schonungslos, andererseits sehr liebevoll auf die versammelten Menschen eingingen. Und zwar auf jeden einzeln, auf jeden, der irgend ein Anliegen hatte. Nach dem Satsang hingegen fiel ihre Aufmerksamkeit sofort von der vorhergehenden Begegnung ab und sie waren komplett frei von jeglichen nachträglichen Eindrücken.

Ich verstehe das allerdings noch bei weitem nicht ganz, ausserdem ist das auch mit gewissen Ängsten auf meiner Seite verbunden. Die Vorstellung, dass wenn dir nicht anwesende Menschen scheinbar egal sind, steht in Konflikt zu diversen eingetrichterten Moralvorstellungen.
 
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Um das an einem konkreten Beispiel aufzuhängen und nochmals die dionysische Ader hervorzuholen:
Nehmen wir an, ich habe eine Freundin und möchte mit einer andern Frau schlafen. Und nehmen wir weiter an, meine Freundin hat dafür kein Verständnis (und nehmen wir, for the sake of the example, an, das kann nicht geändert werden).

Nun befinde ich mich in einem Konflikt. Ich kann:
a) sie hintergehen,
b) eine Moralvorstellung hegen, welche ihr potentielles Empfinden in Kauf nimmt (unabhängig davon, ob "die Sache jemals ans Licht käme oder nicht") und es sein lassen,
c) eine Moralvorstellung hegen, dass ich letztlich nicht für ihr Empfinden verantwortlich bin und sein kann und es tun.

a) steht im Konflikt mit meinen Moralvorstellungen, ist also keine Option.
Aber b) oder c)? Bei b) übergehe ich womöglich meine eigenen Empfindungen, Triebe, Wünsche, Sehnsüchte. Bei c) übergehe ich womöglich ihre Empfindungen, Ansichten, Vorstellungen. Ich weiss zwar, dass ich wie gesagt die Verantwortung für sie nicht übernehmen kann, aber ich weiss gleichzeitig ebenso, dass sie - aufgrund ihres Weltbildes, in welchem Paarsein implizit gegenseitige Abhängigkeit und das Erfüllen wechselseitiger Bedürfnisse bedeutet (ein Weltbild, das ich wohlgemerkt nicht teile) - einen derartigen Akt nicht tolerieren könnte. (Nun bin ich kurzfristig natürlich nicht in der Lage, ihr Weltbild zu verändern. Und ob langfristig ist sehr zweifelhaft.) Aus meiner Sichtweise wäre derartiges Handeln, also "Fremdgehen", okay, und zwar ebenfalls im umgekehrten Falle. Ich weiss zwar genau, wie meine Empfindungen dabei wären (Enttäuschung, Verletztheit, Eifersucht usw.), aber da ich davon ausgehe, dass ich der Verantwortliche für all diese Empfindungen bin, würde - müsste! - ich ihr ihre Entscheidung zugestehen und sie als freien Menschen akzepteren.

Das ist ein konkretes Beispiel, bei welchem ich momentan keine Vermittlungsmöglichkeit des Self sehe. Es gibt diverse weitere, vergleichbare Beispiele, die man erfinden könnte.
 
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