vorab:
hm. Philantropen? Waren das die Briefmarkensammler aus Guatemala, oder verwexele ich das schon wieder?
+
Eine besondere Form des Selbst-Missbrauchs besteht darin, zu wissen, dass man selbst klüger ist als ein anderer, aber man aus irgendeinem Motiv heraus (z.B. Mitgefühl) freundlich der anderen Person einen Sachverhalt erklärt.
Das wird mir nicht klar: warum wird jemandes Selbst mißbraucht oder warum mißbraucht sich jemand selbst, wenn er aus irgendeinem Motiv heraus freundlich einer anderen Person einen Sachverhalt erklärt?
Hättest Du da mal eine Beispielsituation?
Aber ich lese erst mal weiter, vielleicht wird es mir ja dann klar.
fckw schrieb:
Der Missbrauch liegt darin, dass man erstens den eigenen durch die höhere Klugheit legitimierten höheren Status negiert bzw. vor dem Anderen zu verbergen sucht und dadurch - zweitens - sich damit aus eigensüchtigen statt den genannten faktischen Gründen über den anderen stellt.
Ich fasse zusammen: man stellt fest: "ich weiß mehr als der Andere". Wenn ich es jetzt zurückhalte und ihm nicht "alles gebe", dann tue ich was? Mir fallen da 2 Möglichkeiten ein: a) ich überfordere mein Gegenüber nicht, b) ich will ganz einfach nicht, daß der Andere weiß, was ich selber weiß. Ich backe mir also ein "Geheimnis".
Möglichkeit A wäre ja mit der Übernahme von Verantwortung für die Situation meines Gegenübers verbunden. Das hört sich für mich eigentlich ziemlich gut an. Wo doch heute alle so verantwortungslos sind, ne.
fckw schrieb:
Anders formuliert: Wenn ich sehe, dass der Andere dümmer ist als ich, und ihm das nicht sage, sondern zu ihm freundlich mich verhalte und beispielsweise aus scheinbarer Güte erkläre, zementiere ich seine relative Dummheit in dem Vorgang, dass ich ihm mein faktisches Klügersein vorenthalte (und davon ausgehe, dass jener dieses Klügersein noch nicht einmal zu erkennen in der Lage ist). Insofern verhalte ich mich unethisch weil unehrlich. Ich erscheine zwar womöglich nett und philantropisch, in Wahrheit jedoch straft mich meine Inauthentizität Lügen.
haiaiaiai, grks, das ist ja nicht allzu leicht zu entwirren, dieses Kopf-Kino von Dir, dieses Mal.
Es wäre eine ziemliche Unverschämtheit jemandem zu sagen, daß man sich selber für klüger hält als ihn. Ich assoziiere das mit dem Begriff "Zickengezerre", der nicht etwa auf das weibliche Geschlecht begrenzt verstanden werden soll. Wir Männer können das auch: wir zerren an jemandem herum, meinen durch diese und jene Worte im Anderen dieses oder jenes verursachen zu müssen - z.B. eine Einsicht, oder eine Klugheit, irgendeine Art von "Besserwerden" (!).
Nur: mal unter uns, in Erinnerung an Deinen ersten Post hier im Thread: Mumpitz. Die Menschen lassen, wie sie sind, sich selber ebenfalls.
Die Sache ist aber die: Menschen müssen zusammen passen. Gesprächsinhalte stehen jedem unterschiedlich zur Verfügung, ebenso die Gewandtheit in der Sprache und ihrem Ausdruck. Und die Tiefe, die Sensibilität in der Betrachtung etc. pp. sind ja auch bei jedem unterschiedlich. Oder mit Wilber: jeder Jeck auf seinem eigenen Podest, mit Nümmerken von 1-8.
Jedem sein theoretischer Quatsch, in dem er sich einpacken und dann in Sicherheit wiegen will, etwas zu wissen. Klüger zu sein. ;-)
Das entfernt, ne? Gescheit sein ist eben nicht weit vom Scheitern und dem durch Scheite geschichte-te Haufen.
fckw schrieb:
Hinter diesem Muster steckt meiner Meinung nach meist ein nicht offen zur Schau getragener Herrschaftsanspruch, welcher sich hinter der philantropischen Maske verbirgt. Droht das Doppelspiel einer solchen Person mit Herrschaftsanspruch aufzufliegen, beruft sich sich nicht selten flugs auf die eigene Fehlbarkeit, versucht die Gemüter zu besänftigen, indem sie Tiefstatus spielt, die eigene Menschlichkeit anpreist, während sie doch in Wahrheit einen übermenschlichen Hochstatus anstrebt.
Eine Person, die mit sich selber in Konflikt ist, würde ich sagen. Sie steht da, weiß viel, kriegt es aber nicht über die Lippen, weil das Gegenüber für die Themen, die gesagt werden wollen, gar nicht geeignet ist.
Und dann interpretiert sie: woran liegt es? Es liegt daran, daß ich klüger bin als der. Und dann macht sie sich denkend nieder, denn sie spürt, daß sie nicht in Kontakt kommen kann. Nicht mit Leuten, die eben meinethalben nach Wilber noch sinngemäß im Lummerland schlummern. Sie spürt: mein Gehirn ist einfach zu klug für meine Umgebung.
Hm. Das raubt Energie, so kann man sich nicht entwickeln. Aber: es gibt andere Gehirne, die können das schon bewältigen, was man zu sagen hat. Irgendwo. Wenn man nur endlich anfängt, das zu sagen, was innendrin ist, dann hat man schon mal einen Schritt getan. Dann muß man nur noch die Umgebung finden, in der man authentisch sein kann, weil man angenommen und gesehen wird, wie man ist.
...würde ich sagen... (wenn ich's nicht schriebe.)
fckw schrieb:
Eine reichlich billigere Masche wiederum ist es, den Ahnungs- und Arglosen zu spielen.
wie? Ahnungslos? Arglos? Gar naiv und ohne Hintergedanken? Nein, das geht wirklich nicht. So dumm kann keiner sein. Vor allem kann keiner gutherzig sein und einfach so sein Wissen weitergeben, ohne es anderen aufdrängen zu wollen. So etwas ist grundsätzlich vermutlich kaum möglich?
...man muß ja keinen missionieren wollen...
fckw schrieb:
Somit ist ein grössenwahnsinniger Spinner ehrlicher und damit ethischer, wenn er seinen Grössenwahnsinn offen kommuniziert, als ein heimlich von übermenschlicher Grösse träumender, aufgrund seines angenehmen Äusseren allseits beliebter Philantrop, der sich "nur als Menschen" ausgibt, anstatt den genannten Anspruch auf den Übermenschen zuzugeben.
Nuja, Übermensch, Untermensch, hör mal, in welcher Gedankenwelt lebst Du? Diese ganze Idee von "Aufstieg" zum "Über"-Menschen --- veralteter Kram. Liest Du sowas? Wozu?
Ich versuche neue Worte: wer für sich selber in's Große denkt und strebt, der macht Eines im Leben richtig: er begrenzt sich nicht. Schwierig wird es erst dann, wenn dieser Jemand die Grenzen Anderer mit seiner Weitläufigkeit sprengt. Oder auch, wenn dieser Jemand nicht erkennt, daß äußere Realitäten ihm die Verfolgung seiner Ideen verunmöglichen werden.
Der Konflikt, der im ideenbefreiten, bestehende Grenzen zunächst einmal richtigerweise überdenkenden Leben liegt ist zum Beispiel Folgender: der Anspruch, den man selber an sich stellt und der Anspruch, den die Umwelt an einen selber stellt. Hier gilt es zu klären: was meine Umgebung nicht für möglich hält, weil sie es nicht anders weiß, ist noch lange nicht norwengierweise das, was in der Tat dann möglich ist. Wenn man nämlich auf andere Leute trifft, dann kennen die ja vielleicht Wege und Möglichkeiten, Ideen genau der gewünschten Größe zu verwirklichen. Man schwimmt ja nur in seinem eigenen Brei der Kontakte, erweitert man diese, erhält man auch neue Möglichkeiten des Denkens, Fühlens, Reflektierens und dann auch des Wanderns und des Sich-Verwirklichens.
Für andere, die "dümmer" sind, ist es aber unvorstellbar, so zu denken wie man selber. Und das wird auch ewig so bleiben. Denn jeder Jeck ist anders, egal ob in die Größe oder in die Kleinheit strebend. Wir können niemanden "mitnehmen", wir müssen selber gehen, fckw. ;-) Weißte ja.
Und kommen müssen wir auch selber. Gehen und kommen, wie es uns beliebt. Ohne Zwang. Genau wie ein Gedanke, eine "geistige Energie".
tschüß
