Psychopompos-Arbeit - kann man dem Tod helfen?

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Erwachsene, die sich an einem Gedenkort ungebührlich benehmen, wird wohl niemand dorthin genötigt haben. Was ich aber auch kenne, das ist ein Phänomen bei Beerdigungen, das möglicherweise auch hier eine Erklärung sein kann:

Erst sind alle ernst, es wird sich nur ganz dezent begrüßt, in der Friedhofskapelle wird der Verstorbene verabschiedet, man geht zur offenen Grabstelle, und schon folgt der Moment, wenn Sarg oder Urne in die Erde gelassen wird. Und dann, wenn man den Friedhof verläßt, vielleicht noch zu einem gemeinsamen Kaffeetrinken, ist auf einmal wieder das Leben da. Mir geht das zu schnell. Andere sind da robuster. Es wird geredet und auch mal gelacht. Manchen Angereisten hat man länger nicht gesehen, und auf einmal hat man einen riesen Hunger (auch ich), wohl weil das eben Durchlebte einen doch mehr mitgenommen hat als man gedacht hätte.

Ich finde übrigens (auch) nicht, daß wir hier weit vom Thema weg sind, denn es werden damit grundsätzliche Gedanken zu Tod, Gedenken, Aufarbeitung etc besprochen und wie es den Menschen damit geht. Und wir haben ja Zeit, Zeit und Platz.
 
Für mich sind zwei Faktoren ... Das eine ist die Pietätlosigkeit, der mangelnde Respekt vor einer historischen Stätte ... Schulklassen, die hinfahren und dann posieren einige mit dem Handy ... andere verspeisen dort ihre Pausenbrote oder stehen gackernd herum.

Sich dann aber noch ein "Andenken" mitzubringen und Zuhause aufzubewahren, wo soviel Tod und Grauen dranhängt. ...
Mich wundert es nicht. Die Überbleibsel in den KZ`s wurden nach und nach entfernt und durch weniger grausame Ersetzt. Sie sind leer geräumt und es ist fast nichts mehr erhalten woraus man sich ein Bild machen kann. Die heutige Gesellschaft hier hat seit langem keine wirkliche Krise mehr erlebt, die den Menschen wirklich ans Mark ging. Verwöhnte Menschen die sich in Leid nicht hineinversetzen können, weil sie ihn persönlich nie kennengelernt haben oder Probleme damit lösen sich ständig davon abzulenken, mit all den technischen Ablenkungsmöglichkeiten, die natürlich viel schöner und bunter sind und heute besser funktioniert, als früher.

Wenn man den Schrecken nicht begegnet, kann man auch nicht wissen was er bedeutet, wenn man ihn nie gefühlt hat. Alles Unangenehme und unschöne wird ausgeblendet, aufgehübscht oder in Filmen heroisch dargestellt, mit einem Happy End. Was aus geschichtlicher Perspektive unrealistisch ist. Die KZ`s sind nicht das einzige wo viel Gewalt passierte, es gibt auch heute noch so viel unglaubliche Grausamkeiten in der Welt die man in den Medien nirgendwo findet, weil es die Menschen eher abschreckt, als das sie die Zeitung kaufen oder den Sender konsumieren. Auch weil man es niemadnen zutraut. Man zeigt ihnen eine schönere Version der Welt damit sie funktionieren und nicht weiter drüber nachdenken.

Zum Beispiel Menschenhandel, die Menschen glauben dort wird einfach nur mit Menschen gehandelt, wo darin die Grausamkeit steckt verstehen sie nicht. Woher auch wenn es ihn niemandem gezeigt hat? In den öffentlichen Medien kommen die wirklich kritischen und realistischen Dokumentationen in der Nacht, wenn arbeitende Menschen schlafen. Offensichtlicher geht`s nicht. Schocktherapie ist das einzige Mittel gegen Tiefschläfer und ich hab das Gefühl das die Zeit bald wieder reif dafür sein wird. Es würde ein hartes Aufwachen sein, wenn man alles fern gehalten hat was unschön ist.
 
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Das Problem sind immer die Lebenden.
Und ihre Geschichten, die sie um "was-auch-immer" weben.
Ist die Geschichte die Du erzählst konstruktiv, unterstützt Dich selbst und andere? Gut.
Ist die Geschichte die Du erzählst destruktiv, zerstört Dich selbst und stört, nervt andere? Ungünstig.

Unsere kulturelle Übereinkunft zu Trauer ist nur eine kulturelle Übereinkunft.
 
Wenn man den Schrecken nicht begegnet, kann man auch nicht wissen was er bedeutet, wenn man ihn nie gefühlt hat. Alles Unangenehme und unschöne wird ausgeblendet, aufgehübscht oder in Filmen heroisch dargestellt, mit einem Happy End. Was aus geschichtlicher Perspektive unrealistisch ist. Die KZ`s sind nicht das einzige wo viel Gewalt passierte, es gibt auch heute noch so viel unglaubliche Grausamkeiten in der Welt die man in den Medien nirgendwo findet, weil es die Menschen eher abschreckt, als das sie die Zeitung kaufen oder den Sender konsumieren. Auch weil man es niemadnen zutraut. Man zeigt ihnen eine schönere Version der Welt damit sie funktionieren und nicht weiter drüber nachdenken.
Trotzdem wurde im KZ gelacht, Theater gespielt, gesungen usw.
Das Leben besteht immer immer immer aus beiden Seiten.
Das Leid, Leiden lässt sich überhaupt nur ertragen durch Freude, Lustigsein und Leichtigkeit.
Die Juden haben das auf ihre ganz eigene Art gelebt.
Und wie immer: nicht alle.
Das hat mit dem Unrecht, der Tragödie, den Dramen die zeitgleich stattfinden alles und nichts zu tun.
 
Schocktherapie ist das einzige Mittel gegen Tiefschläfer und ich hab das Gefühl das die Zeit bald wieder reif dafür sein wird.
Du meinst, was wir schon jetzt haben (Klima, Ukraine, Putin, Trump, Meloni, Katar, AfD, Corona ...) genügt noch nicht?
Es braucht quasi Psychopompos-Arbeit an den Lebenden, weil sie in einer Blase leben, die mit der Wirklichkeit nichts zu tun hat.
Das sehe ich auch so.
Psychologien sind so gesehen auch nur Überzeugungsarbeit, endlich wieder dem von der Seele angestrebten Leben hier beizuwohnen.
 
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Mich wundert es nicht. Die Überbleibsel in den KZ`s wurden nach und nach entfernt und durch weniger grausame Ersetzt. Sie sind leer geräumt und es ist fast nichts mehr erhalten woraus man sich ein Bild machen kann.

Ist das wirklich wahr? :unsure:
Kannst du da vielleicht Beispiele nennen? Nicht, dass ich dir das nicht glauben würde, ich hätte nur gerne eine Vorstellung davon.


Die heutige Gesellschaft hier hat seit langem keine wirkliche Krise mehr erlebt, die den Menschen wirklich ans Mark ging.

Das stimmt auf jeden Fall.


Verwöhnte Menschen die sich in Leid nicht hineinversetzen können, weil sie ihn persönlich nie kennengelernt haben oder Probleme damit lösen sich ständig davon abzulenken, mit all den technischen Ablenkungsmöglichkeiten, die natürlich viel schöner und bunter sind und heute besser funktioniert, als früher.

Auch hier stimme ich zu. Ich fürchte wirklich, dass genau das die Gründe dafür sind. Zumindest in sehr vielen Fällen.


Wenn man den Schrecken nicht begegnet, kann man auch nicht wissen was er bedeutet, wenn man ihn nie gefühlt hat.

Sicher. Jemand der selbst viel Leid erlebt hat, weiß sehr gut, wie sich das anfühlt und kann das auch auf andere übertragen.

Alles Unangenehme und unschöne wird ausgeblendet, aufgehübscht oder in Filmen heroisch dargestellt, mit einem Happy End. Was aus geschichtlicher Perspektive unrealistisch ist.

Na, es gibt schon noch gute Filme dazu, natürlich gibt es auch dort eine Grenze des Zeigbaren. Man darf nicht vergessen, dass es auch unter Journalisten und im öffentlichen Fernsehen einen Kodex gibt, auf zu drastische Aufnahmen zu verzichten, weil so etwas durchaus Psychosen und andere schwere seelische Probleme auslösen kann.
Ein Happy-End sehe ich da dennoch nicht und es gibt auch jede Menge Reportagen und Dokumentationen, die über das Erträgliche hinausgehen.
Es gibt auch gute Bücher, die natürlich ebenfalls unverdaulich sind.


Die KZ`s sind nicht das einzige wo viel Gewalt passierte, es gibt auch heute noch so viel unglaubliche Grausamkeiten in der Welt die man in den Medien nirgendwo findet, weil es die Menschen eher abschreckt, als das sie die Zeitung kaufen oder den Sender konsumieren. Man zeigt ihnen eine schönere Version der Welt damit sie funktionieren und nicht weiter drüber nachdenken.

Zum Beispiel Menschenhandel, die Menschen glauben dort wird einfach nur mit Menschen gehandelt, wo darin die Grausamkeit steckt verstehen sie nicht.

Verallgemeinere das bitte nicht. Das Forum hier ist der beste Beweis für alles, worüber sich Menschen so Gedanken machen. Hier wurde schon soviel diskutiert, gerade Menschenhandel war erst kürzlich ein Thema hier.
Und wenn einen ein Thema wirklich interessiert, dann holt man sich auch die Informationen dazu ein.


Woher auch wenn es ihn niemandem gezeigt hat? In den öffentlichen Medien kommen die wirklich kritischen und realistischen Dokumentationen in der Nacht, wenn arbeitende Menschen schlafen. Offensichtlicher geht`s nicht.

Das allerdings könnte auch etwas mit Jugendschutz zu tun haben. In der Mediathek kann man sich die Dinge auch anschauen, bei YouTube wurden viele Dokus hochgeladen, man muss es eben nur sehen wollen.


Schocktherapie ist das einzige Mittel gegen Tiefschläfer und ich hab das Gefühl das die Zeit bald wieder reif dafür sein wird. Es würde ein hartes Aufwachen sein, wenn man alles fern gehalten hat was unschön ist.

Dass es leider vielzuviele Tiefschläfer gibt, ist unbestritten. Auch vielzuviele Menschen, die das Leben als Big-Party sehen und nicht in ihrer Selbstzufriedenheit gestört werden wollen.
Zu dem letzten Satz: genau das meinte ich, als ich schrieb, dass ich nicht weiß, inwieweit die junge Generation gut vorbereitet ist auf die härteren Zeiten, die zweifellos kommen werden.
 
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