Das kann ich so nicht bestätigen aus meiner eigenen Lebenserfahrung. Ich war früher oft Seelentröster für meine Geschwister und dabei innerlich wie absorbiert. Ich habe mich nicht gesucht im anderen, sondern war einfach da, hörte zu, half. Und genau deshalb weiß ich auch aus eigener Erfahrung, dass es möglich ist, sich selbst nicht zu erkennen, während man für einen geliebten Menschen alles sein kann und jede Regung von ihm erkennt und genau weiß, was nun läuft und wie ihm zu helfen ist. Ich hab das erst im Nachhinein begriffen und dann endlich mein eigenes Ich erkannt und gelernt, es zu schützen und mich abzugrenzen, auch Selbstfürsorge zu entwickeln, überhaupt mich wahrzunehmen als eigene Person mit Bedürfnissen und Gefühlen.
Das kann ich gut persönlich nachvollziehen. Da hat also eine Selbsterkenntnis in Dir (uns) stattgefunden und wir haben "dann endlich mein eigenes Ich erkannt und gelernt, es zu schützen und mich abzugrenzen, auch Selbstfürsorge zu entwickeln, überhaupt mich wahrzunehmen als eigene Person mit Bedürfnissen und Gefühlen."
Das ist ja dann sich selber erkennen und kennen.
Nimmst Du denn nicht an oder machst Du denn nicht die Erfahrung, daß Du wenn Du jetzt jemandem hilfst eine deutlich bessere Hilfe dabei herauskommt als wenn Du diese Selbsterkenntnis und Entwicklung nicht erfahren hättest?
Ich konnte früher durchaus helfen, weil ich Mitleid hatte und Mitgefühl. Aber heute, da ich weiß, daß ich im Grunde dieselben Gefühle habe wie mein Gegenüber und weiß, wie sie sich anfühlen, kann ich deutlich mitfühlender sein und kann dosieren, wieviel ich mitleide. Und dadurch kann ich die Einheit oder Symbiose, in die ich als Hörender gehe, gestalten.
Wenn wir beim ZEN bleiben: der Hörende ist der Gehörte. Aber: nur wenn der Hörende ganz bei sich ist und nicht im Anderen verschwindet, dann kann es zu einer Art Erhöhung des Gehörten kommen, durch die der Gehörte Hilfe erfährt. Zum Teil ja einfach nur durch das Zuhören und ein, zwei Worte, die man sagt. Und das erlebe ich eben als eine Art Einheit mit anderen Menschen. Sie entsteht aus Liebe. Und nicht, weil ich den anderen retten will oder sonstetwas mit ihm vorhabe, um mich selbst zu erhöhen.