Mipa's Thread

Sehr viele bilder und berichte die vergangenen tage. Sie brennen sich ein, begleiten mich, machen nachdenklich und traurig, erschüttern. Tausend fragezeichen im kopf. Das alles mitten in Europa.

Schreiben ist gut, es ist wie weinen. Die buchstaben werden zu tränen, werden herausgespült, dann kann ich wieder weitermachen.

Wo sie wohl heute nacht schlafen werden, am strassenrand, im gebüsch, hat's da wald? Werden sie von der ungarischen polizei drangsaliert oder haben sie die auf ihrem marsch schon hinter sich gelassen? Mindestens eine mutter im neunten monat mit zwei kleinen kindern ist auch dabei. Für eine gesunde und kräftige schwangere ist eine reise kein problem, aber diese spezielle reise? Wie kräftig ist da eine schwangere in den letzten tagen noch? Für die kinder ist es auch anstrengend, ich hoffe auf starke männerarme und rücken. Was passiert im ungarischen lager, kommt es zu auseinandersetzungen? Was geschieht an der grenze zu Oesterreich, werden die einwanderer überhaupt durchgelassen? Keine ahnung.

An diejenigen, die heute nacht wieder mit booten unterwegs sind, mag ich gar nicht denken.
Alles mitten in Europa, das menschen mit hoffnung verbinden. Alles unglaublich.
So, und jetzt klebe ich mein herz wieder zusammen - ein weiteres mal.

Gute reise.:blume:
 
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Heute nacht fiel mir auch ein vergleich ein.
Es geht einfach nur um nothilfe, wie ich sie gelernt habe und unterrichte.
Wenn ich eine reanimation durchführe, dann bin ich daran interessiert, das leben des betreffenden menschen zu retten - nur das, nicht mehr. Ich denke nicht weiter.
Ich denke weder darüber nach, ob er es dann ins spital schafft, ob er von dort wieder nach haus kann, ob es sich wegen seines alters noch 'lohnt', ob er ev. ins koma fällt oder ob schäden zurückbleiben. Ich will ihm einfach das leben retten - in diesem moment. Nur das.

Mit den flüchtlingen ist es nicht anders. Wir müssen nothilfe leisten. Alle - und soweit es menschenmöglich ist. Es ist schlicht ein gebot der menschlichkeit.

Sonst kann ich eine reanimation das nächste mal auch lassen, weil ich keinesfalls garantieren kann, ob der patient überleben wird.
Ach ja, und reanimation unterrichten erübrigt sich eigentlich auch. Wozu auch noch, wenn die zu rettenden ev. nicht weiter überleben oder in diesem überleben eingeschränkt sein werden?

Es gibt in der medizinischen nothilfe eine kaskade von punkten, die von derselben ablenken möchte, die sogenannten hemmschwellen. Auch die kann man in der flüchtlingsfrage prima herbeiziehen.
Besonders der punkt der 'pluralistischen ignoranz': Man reagiert nicht, weil keiner reagiert (das gilt hier selbstversändlich nicht für D, A und andere!). Sehr schön aber zu sehen an den osteuropäischen ländern, die geschlossen die quotenregelung ablehnen.

Ja, es geht auch in dieser frage nur um die basics, um das, was uns menschen zu menschen macht und worin sich keiner vom andern unterscheidet: Es geht um verantwortung, Mitgefühl, verständnis und empathie.
Und es geht auch um immer um die frage: Wie wünschte man sich, dass mit einem selber umgegangen würde.
Da dürfen wir uns nichts vormachen: Auch in diesen basics setzen wir letztlich alle die gleichen massstäbe.
 
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Liebe A.
Nun konnte ich das sterben nochmal üben, wie damals, allerdings ohne dramtischen hintergrund. Das war nun eine unendlich wertvolle erfahrung. Ich durfte die sauerstoffmaske bis zur wirkung der narkose selber halten, hielt also quasi die 'fäden' (die es ja gar nicht sind, lach) selbst in der hand, nicht wie damals, als ich in meinem desolaten zustand davon ausging, dass man mich ersticken wollte....
Heute bin ich wackelig auf den beinen, obwohl es mir gestern so gut ging. Ich muss viel an dich denken, ich hoffe, es geht dir heute besser und der 'second look' auf deinen fuss bringt euch nun weiter. Bitte verlier nicht den mut. Du wirst geduld brauchen, weil die angelegenheit langwierig ist, aber ich bin sicher, es wird alles gut werden. Du bist eine starke und energische frau, du packst das.
Ich mochte die gespräche mit dir. Deine wachheit, dein interesse, deinen humor und dass wir uns trotz des grossen altersunterschiedes sofort so gut verstanden. Ich mochte es, sofort (medizinisch;)) drauflosplappern zu können, nichts erklären zu müssen, einfach verstanden zu werden.
Mir geistert deine schwärmerei über Kanada und British Columbia durch den kopf, wo deine tochter wohnt und ja, ich werde dir selbstverständlich demnächst Valldemossa grüssen und Chopins haus besuchen.....
Falls ich irgendwann die nächsten tage wieder auto fahren kann, komme ich dich besuchen. Ansonsten, meine e-mail habe ich dir an der reception hinterlassen. Vielleicht magst dich ja melden, sonst ist aber auch gut.

Es war sehr schön, dich kennen zu lernen.
Ich wünsche dir von herzen alles gute und umarme dich.:umarmen:
 
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Als ich dich heute besuchen wollte, bin ich die stiegen fast nicht hochgekommen. Nur weil man wieder auto fahren kann, heisst es nicht, dass man auch wieder gut laufen kann, seufz.
Die sagten mir, dass du nicht mehr da seist und gehört habe ich nach deinem lieben mail auch nichts mehr.
Zuerst freute ich mich, weil ich sofort daran dachte, dass du heimgehen durftest, dann beschlich mich ein ungutes gefühl, mit dem ich das spital auch wieder verliess. Was, wenn es komplikationen gab und du verlegt wurdest? Mir fiel die Rega ein, die ich heute beim landen beobachtet hatte. Man zimmert sich in seinen befürchtungen ja schnell etwas zusammen, was von der realität weit entfernt ist.
Ich schalt mich selber für meinen pessimismus und bekam nicht mehr viel mit von dem wunderschönen tag mit sonnenschein und kühlem wind.
Vorhin hast du geschrieben und vor freude kamen mir die tränen. Es geht dir soweit den umständen entsprechend gut und ich bin so froh. Natürlich bekommst du deine karte und hier auch gleich eine kostprobe:


Ganz gute und schnelle besserung:):blume:
 
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