Ha! Da hat jemand aufgepasst. Es ist eben nicht so falsch, Gott als "alles und nichts" zu bezeichnen. Doch, versteht derjenige/diejenige auch, wovon sie spricht, wenn er/sie davon spricht? Es sagt sich schnell, Gott sei "alles und nichts", aber das zu begreifen, und ich meine nicht bloss begreifen im Sinne eines intellektuellen Nachvollziehens (ich meine eigentlich sowieso nie ein intellektuelles Nachvollziehen), sondern einer existentiellen Erfahrung, darum geht es mir. Über Gott nicht bloss zu reden, sondern seine Anwesenheit erfahrbar zu machen. Es sagt sich eben genauso schnell, "jaja, Gott ist in uns allen". Aber wer vermag es denn, sich auch dann noch daran zu erinnern, wenn es ihm dreckig geht und gerade dann? Die ganze Hijob-Geschichte dreht sich im Kern darum. Ich sehe es an mir selbst. Sobald mal ein paar Schwierigkeiten auf mich zukommen, beginne ich zu jammern und zu fluchen und dieser Gott ist plötzlich ganz weit weg. Was mich interessiert ist nicht die Aussage "Gott ist alles und nichts", sondern die konkrete Erfahrung hinter diesen Worten.Aleunam schrieb:Wann ist ein Glas wirklich leer? Reicht dazu das "Fehlen" eines sichtbaren Inhaltes aus? Wenn nein, gibt es dann das halbvolle/halbleere Glas ueberhaupt? Wenn ja, warum ist es dann nicht möglich durch das Verschliessen des Glases mit dem Mund (und Teilen des Kopfes) den vorher angehalten Atem hinein zu blasen?
Nun kann man die berechtigte Frage aufwerfen, ob denn jeder, der diese Erfahrung (noch?) nicht gemacht hat, demgemäss gar nicht sagen dürfte, Gott sei alles und nichts? Muss er den Mund halten, nur weil ihm der Erfahrungshintergrund fehlt? Und wer bestimmt das überhaupt, wer ist der Schiedsrichter hier? Das sind lauter gewichtige Fragen. Aber wäre es nicht auf der anderen Seite Aufgabe desjenigen, der die Erfahrung nicht gemacht hat, ehrlich zuzugeben, dass ihm eben dieser Erfahrungshintergrund fehlt? Dann aber erneut das Gegenargument: Erstens, kann er das überhaupt, zweitens, wer hat denn hier noch einen Anspruch auf Ehrlichkeit im anderen? Was gibt denn MIR das Recht, von anderen das zu einzufordern, nicht zuletzt, wo ich mich am Ende ja doch mit einer beträchtlichen Wahrscheinlichkeit über jene Menschen irre?
So stehe ich nun da, kenne meine eigene Begrenztheit (mindestens teilweise). Die Schwierigkeit liegt nun darin, eben gerade nicht zu schweigen, sondern im vollen Wissen um die Möglichkeit des eigenen Irrtums und der eigenen Fehlbarkeit jene trotzdem auf ihre Fehler aufmerksam zu machen, auch mit dem Risiko, ihnen Unrecht zu tun. Natürlich nicht, weil ich über ihnen stehe, sondern eben gerade deshalb, weil mich grundsätzlich nichts von ihnen unterscheidet.
(Hm, jetzt bin ich mit der Antwort ein wenig ausgeufert. Ist aber trotzdem ein Thema, das mich immer mal wieder beschäftigt.)