Nachtrag zur dreigeteilten buddhischen Welt (Sinneswelt, feinkörperliche und unkörperliche Welt)
Kurt Schmidt, der den Palikanon übersetzt hat, Bücher über Buddhas Lehrreden geschrieben und den Palikanon im Internet veröffentlich hat, schreibt, dass es die Dreiteilung der buddhistischen Welt in Sinneswelt, feinkörperliche Welt (Welt der Formen) und unkörperliche Welt (Welt der Nichtform) ursprünglich gar nicht im Palikanon gegeben hat. Es gab nur eine Zweiteilung, nämlich nur die beiden Teile feinkörperliche und unkörperliche Welt, die ja nichts anderes sind als Meditationszustände.
Laut Kurt Schmidt werden im Palikanon "sichtbare Devas" (Götter, Engelswesen oder Lichtgestalten) und "unsichtbare Devas" erwähnt. Man sollte sich die Wesen des göttlichen Bereichs, die sichtbaren und unsichtbaren Devas, die im Palikanon erwähnt werden, aber nicht als real existierende Götter, Engel oder Lichtgestalten vorstellen. Vielmehr werden die "sichtbaren Devas" durch das Denken, durch die Geisteskraft hervorgebracht, während die "unsichtbaren Devas" nur als Vorstellung im Bewusstsein existieren. Darum, so Kurt Schmidt, liegt der Unterschied zwischen beiden, in etwa zwischen Vision und Halluzination.
An anderer Stelle des Palikanons wird von verschiedenen Devas gesprochen:
- Devas, die das Gebiet der Raumunendlichkeit erreichen
- Devas, die das Gebiet der Bewußtseinsunendlichkeit erreichen
- Devas, die das Gebiet des Nichts erreichen
- Devas, die das Gebiet von Weder-Wahrnehmung-noch-Nichtwahrnehmung erreichen
Ich muss ehrlich sagen, ich halte diese Vorstellungen für Kokulores (Unsinn). Für mich sind das nur Fortschritte auf dem Wege der Meditation, die man meiner Meinung nach, durch das Chakrasystem viel besser erklären könnte. Aber ich weiß nicht, ob Buddha das Chakrasystem schon kannte. Außerdem habe ich ohnehin das Gefühl, dass Buddha sich an den abstrakten Ausdrücken Raumunendlichkeit, Bewusstseinsunendlichkeit, Nichts und Weder-Wahrnehmung-noch-Nichtwahrnehmung, einfach nur festgebissen hat. Vielleicht sogar, weil sie so unverstädlich sind. Da konnte er dann immer den Philosophen heraushängen lassen. Wahrscheinlich beruht seine Ausdrucksweise aber auf dem Unvermögen, die Erleuchtung anders (z.B. durch die Physiologie) zu erklären.
Im ältesten Buddhismus, zu Lebzeiten Gotamas (Buddhas), kannte man also nur die Zweiteilung: rúpa (feinkörperlich) und arúpa (unkörperlich); rúpa ist das Sichtbare, arúpa das Unsichtbare. Die Raumunendlichkeits- und Bewusstseinsunendlichkeits-Methoden der Meditation hatte er von seinen Lehrern Aara Kālāma und Uddaka Rāmaputta gelehrt bekommen. Weil sie aber nicht zum Nirvana führten, hatte er sie wieder abgelegt. Später hat er dann über das Nichts und die Weder-Wahrnehmung-noch-Nichtwahrnehmung meditiert. Beim letzten fiel dann der Groschen und Buddha erlebte "Erleuchtung".
Aber wie gesagt, er hätte ebenso über rosa Meerschweinchen, saure Zitronen oder Pferdeäpfel meditieren können, das Ergebnis wäre wohl dasselbe gewesen. Die Zeit für die Erleuchtung war einfach reif, weil seine Physiologie sich durch seine spirituelle Praxis (speziell die Enthaltsamkeit und Meditation - wobei die Art der Meditation nicht so entscheidend ist) entsprechend verändert hatte und die körpereigenen Drogen langsam aber sicher tätig wurden.
Die Daseinsbereiche (Bereich der Götter, der eifersüchtigen Götter, der Menschen, der Tiere, der hungrigen Geister und der Höllen) entstanden dann wahrscheinlich erst in späteren Jahrhunderten.
Kurt Schmidt:
Leer ist die Welt