Der Bodhisattva
Ich hatte ja oben bereits erwähnt, dass es drei Wege zur Buddhaschaft gibt:
1. der Savakabuddha (Pali), der die Erlösung durch Anleitung verwirklicht
2. der Paccekabuddha (Pali), der die Erlösung durch eigenes Bemühen verwirklicht
3. der Sammasambuddha (Bodhisatta)
Über die ersten beiden, hatte ich ja schon berichtet. Darum stellte sich für mich nun die Frage, was ist eigentlich ein Bodhisatta (Sanskrit: Bodhisattva)? Man kennt den Begriffdes Bodhisatta sowohl im Hinayana als auch im Mahayana. Besonders den Anhängern des Vajrayana dürfte er ja sehr gut bekannt sein. Bei der Beschäftigung mit dem Bodhisatta tauchte dann die Frage nach dem Arahat (Sanskrit: Arhat) auf. Dann habe ich versucht, herauszufinden, was eigentlich ein Arahat ist. Dazu aber später mehr. Hier erst einmal der Bodhisatt(v)a.
Der Bodhisattva kann die Erlösung sowohl auf dem Wege des Savakabuddha (durch Anleitung) als auch auf dem Wege des Paccekabuddha (durch eigenes Bemühen) erlangen. Aber er geht nach seinem Tod nicht ins Nibbana (Sanskrit: Nirvana) ein, sondern reinkarniert wieder auf die Erde, um anderen Menschen auf ihrem spirituellen Weg zu helfen. Aber Reinkarnation in diesem Sinne gibt es im Buddhismus nicht. Buddha löste sich von dieser Vorstellung. Eigentlich kümmert sich der Buddhismus nicht um das Leben nach dem Tod, sondern ist vollkommen auf das irdische Leben ausgerichtet. Deshalb wird im Buddhismus nicht von einer Reinkarnation nach dem Tode gesprochen, sondern man geht davon aus, dass der Mensch in jedem Augenblick stirbt und gleichzeitig neu geboren wird. Es findet also ein permanenter Tod und eine permanente Wiedergeburt statt, gleich einem fließenden Fluss oder einer brennenden Flamme, die sich unaufhaltsam verändern.
Damit hat der Mensch die Möglichkeit, in jeder Sekunde seines Lebens Einfluß auf sein Leben zu nehmen, sein Leben im spirituellen bzw. religiösen Sinne zu gestalten, an seiner Vollkommenheit zu arbeiten, sein Leben in die gewünschte Richtung zu lenken, um bereits im Dieseits die Verwirklichung zu erlangen. Der Buddhismus ist also vollkommen auf's Diesseits ausgerichtet. Warum also sollte sich der Buddhist Gedanken über das Jenseits machen? Aber die Vorstellung von der Reinkarnation hat sich so tief im Bewusstsein der Menschen festgesetzt, dass selbst Buddhisten immer wieder den Gedanken der Reinkarnation aufgreifen. Besonders in der westlichen Welt sind die Menschen sehr von der Reinkarnation angetan. Offensichtlich verbinden sie mit der Reinkarnation die Vorstellung, im nächsten Leben ein angenehmeres Leben zu leben. Dabei heißt jedes neue Leben, neues Leid. Dies drückt auch der kurze Ausschnitt aus dem Karika (Merkspruch) von Wolfgang Schumann aus. Man sollte den Wunsch nach der Reinkarnation also eventuell noch einmal überdenken.
Die Reinkarnation in Karikas
Nur Leute, deren Einsicht klein,
erhoffen sich ein Wiedersein.
Drei Kräfte sind's, die uns verführen
hier im Samsara zu rotieren.
Gier, Haß und Wahn sind die Gewalten,
die uns ans Leid gefesselt halten.
Was wir mit guter Absicht wirken
führt uns zu höheren Bezirken.
Dagegen zieh'n Gier, Haß und Wahn
nach unten auf die Daseinsbahn.
Gier, Haß und Wahn sind zu beenden,
um Wiederdasein abzuwenden.
Die buddhistische Vorstellung von der Leere (Anatta) und der Wiedergeburt wird übrigens sehr gut in der 12-seitigen Schrift des thailändischen Mönches und Buddhisten Arjahn Buddhadasas
Anatta und Wiedergeburt beschrieben, welches kostenlos als PDF-Datei im Internet zu bekommen ist.
Die Lehre vom Bodhisattva ist auch im Hinayana-Buddhismus bekannt. Geht es dem Mahayana-Buddhisten in erster Linie darum, die endgültige Buddhaschaft hinauszuzögern, um anderen Menschen zu helfen, sich aus dem Kreislauf der Reinkarnation zu befreien, so lehrt der Hinayana neben dem Erreichen der Buddhaschaft mit Hilfe eines Bodhisattas, vor allem das Erlangen der Erlösung durch eigenes Bemühen. Dieses Ideal des Arhat, eines Heiligen, der die Buddhaschaft unter Anleitung eines Bodhisattvas oder eines bereits erleuchteten Meisters erreicht hat, wird vom Mahayana aber als nicht vollständige Befreiung verstanden. Der einzige im Hinayana-Buddhismus bekannte Bodhisattva ist der kommende Buddha Maitrya.
Unterschieden wird weiter zwischen irdischen und überirdischen Bodhisattvas. Erstere sind im Leben stehende Menschen, die von Güte und Mitgefühl getragen, ihre Verdienste zum Wohle aller leidenden Wesen (Menschen und Tiere) einsetzen. Letztere sind überirdische (transzendente) Wesenheiten, die in gleicher Weise den Wesen beistehen und ihnen auf dem Pfad der Befreiung behilflich sind. Überirdische Bodhisattvas haben die letzte Stufe der Erleuchtung bereits erlangt, verzichten aber auf den Eintritt ins Nirvana, um allen Nichterlösten auf dem Weg zu ihrer Erleuchtung beistehen zu können. Auf dem Weg zur Bodhisattvaschaft werden zehn Stufen unterschieden, wobei es einem Bodhisattva ab der sechsten Stufe möglich wäre, mit dem Tod ins Nirvana einzugehen, also vom Geburtenkreislauf befreit in den Zustand des Erlöstseins überzugehen.
Die zehn Bodhisattva Stufen:
Der Pfad des Bodhisattva ist in zehn Stufen unterteilt:
1. Dana: Freigiebigkeit
2. Shila: Sittlichkeit, Ethik, Disziplin
3. Kshanti: Geduld
4. Virya: Tatkraft, Bemühung, Ausdauer
5. Dhyana: Meditation
6. Prajna: Weisheit
7. Upaya: Geschicklichkeit in der Methode, zur Befreiung zu führen
8. Pranidhana: Hingabe an Gott
9. Bala: Kräfte (Vertrauen, Willen, Achtsamkeit, Sammlung, Einsicht), (magische Kräfte)
10. Jnan: Wissen um die Buddhaschaft
Quelle:
Bodhisattva