Mahabharata

Mahabharat 3. Buch Kapitel 194.1

Die Begegnung zwischen Suhotra und Sivi

Man sollte die Gemeinen durch Nächstenliebe besiegen,
die Lügner durch Wahrheit,
die Hinterhältigen durch Vergebung
und die Unaufrichtigen durch Wahrhaftigkeit.



Noch einmal baten die Söhne des Pandu den großen Markandeya:
Du hast uns von großen Brahmanen erzählt, nun sprich uns auch von der Größe königlicher Kshatriyas.

So erzählte der Rishi:
Hört mir zu. Einst ging ein König namens Suhotra aus dem Geschlecht der Kurus zu großen Rishis.
Nach dem Besuch bei ihnen traf er auf König Sivi, den Sohn Usinaras, wie er auf seinem Wagen saß.
Die beiden grüßten einander wie es ihr Alter gebot, doch da sie sich als völlig ebenbürtig erachteten, wollte keiner dem anderen Platz machen.
In diesem Augenblick erschien der himmlische Rishi Narada und fragte die beiden:
Wie kommt es, dass ihr beide euch gegenseitig den Weg versperrt?

Beide antworteten ihm:
Oh Heiliger, sprich nicht so. Die Weisen aus alten Zeiten haben erklärt, dass der Weg für einen Älteren oder Fähigeren freizumachen ist.
Doch wir stehen uns gegenüber, denn wir sind einander in allen Dingen ebenbürtig.
Angemessen beurteilt, ist zwischen uns weder Überlegenheit noch Unterlegenheit.

Da rezitierte Narad drei Slokas:
Oh Suhotra, ein Hinterhältiger verhält sich hinterhältig auch zu einem Demütigen,
und ein Demütiger verhält sich aufrecht und demütig auch zu einem Hinterhältigen.

Der Ehrliche ist auch ehrlich zum Lügner. Warum auch sollte er dies nicht tun?
Der Aufrechte achtet den Dienst an ihm hundertmal mehr, als er tatsächlich ist.
Ist dies nicht sogar unter Göttern üblich? Ganz sicher ist der königliche Sohn von Usinara dir an Güte überlegen.
Man sollte die Gemeinen durch Nächstenliebe besiegen,
die Lügner durch Wahrheit,
die Hinterhältigen durch Vergebung
und die Unaufrichtigen durch Wahrhaftigkeit.

Ihr beide habt große Herzen. Möge einer von euch nachgeben gemäß dieser drei Slokas.

Dann schwieg Narada. Und Suhotra aus dem Geschlecht der Kurus umschritt Sivi, lobte seine Errungenschaften und machte ihm Platz.
Dann ging jeder wieder seiner Wege. So beschrieb Narada selbst die Größe der hoch gesegneten königlichen Kshatriyas.
 
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Mahabharat 3. Buch
Kapitel 195

Yayati über das Schenken

Markandeya sprach:
Höret nun eine andere Geschichte. Eines Tages, als König Yayati, der Sohn von Nahusha,
von seinem Gefolge umgeben auf seinem Thron saß, da kam ein Brahmane zu ihm mit der Absicht,
um Reichtum für seinen Lehrer zu bitten. Er trat vor den König und sprach:
Oh König, ich bitte dich um Reichtum für meinen Lehrer gemäß meiner Verpflichtung.

Und der König erkundigte sich:
Oh Heiliger, erklär mir deine Verpflichtung.

Die Antwort des Brahmanen war:
Oh König, in dieser Welt spüren die Menschen oft Verachtung für den, der sie um Almosen bittet.
Darum frage ich dich, oh König, mit welchen Gefühlen gibst du mir, wenn ich dich bitte,
und was mag in meinem Herzen sein?

Yayati antwortete:
Wenn ich etwas fortgegeben habe, prahle ich niemals damit. Auch erhöre ich keine Bitten, die unerfüllbar sind.
Doch ich höre immer auf Bitten, die erfüllt werden können, und wenn ich dann das Gewünschte geben kann, bin ich glücklich.
Ich werde dir tausend Kühe geben. Der Brahmane, der mich um Gaben bittet, ist mir immer lieb.
Ich bin niemals mit einem Bittenden ärgerlich und fühle niemals Kummer, wenn ich etwas verschenkt habe.

So nahm der Brahmane die tausend Kühe vom König an und ging seiner Wege.
 
Mahabharat 3. Buch
Kapitel 197-1

Sivi, der Falke und die Taube

Markandeya fuhr fort:
Eines Tages beschlossen Indra (Führer der Asura-Götter) und Agni (Feuer-Gott), König Sivi, den Sohn von Usinara, zu testen und stiegen zur Erde hinab. Sie sprachen zueinander: „Nun wohl.“, Agni nahm die Gestalt einer Taube an und flog vor Indra davon, welcher ihn als Falke verfolgte. Die Taube flog dem herrschaftlich thronenden König Sivi in den Schoß, und sein Priester sagte daraufhin:
Diese Taube fürchtet sich vor dem Falken und kam schutzsuchend zu dir, um ihr Leben zu retten. Die Gelehrten sagen, dass wenn jemandem eine Taube in den Schoß fliegt, ist dies ein Zeichen von großer Gefahr. Möge der König, welcher Omen versteht, viel Reichtum verschenken, damit er sich vor der angezeigten Gefahr bewahre.

Und die Taube sprach zum König:
Ich flehe dich um deinen Schutz an, denn mich graust es vor dem Falken, der mir nach dem Leben trachtet. Ich bin ein Muni. In Gestalt der Taube komme ich zu dir als Schutzsuchender. Ich ersuche dich um mein Leben. Wisse, dass ich in der vedischen Tradition verankert bin, der Brahmacharya Art zu leben folge und Selbstkontrolle und asketische Tugenden besitze. Wisse auch, dass ich niemals Unangenehmes zu meinem Lehrer sprach, jede Tugend mein ist, und ich ohne Sünde bin. Ich kann die Veden rezitieren, kenne ihr Versmaß und habe sie Buchstabe für Buchstabe studiert. Ich bin keine bloße Taube. Oh, überlass mich nicht dem Falken! Das Ausliefern eines gelehrten und reinen Brahmanen kann niemals eine gute Tat sein.

Daraufhin wandte sich der Falke an den König:
Die Geschöpfe kommen nicht immer in der gleichen Ordnung in die Welt. Während der Gestaltung der Schöpfung kann es sein, dass du in einer früheren Geburt von dieser Taube gezeugt wurdest. (Und auch, wenn es dein Vater wäre,) ziemt es sich nicht für dich, oh König, mir meine Nahrung zu verweigern, indem du diese Taube beschützt.
 
Mahabharat 3. Buch
Kapitel 197-2

Sivi, der Falke und die Taube

Nach diesen Worten wunderte sich der König:
Hat jemals jemand einen Vogel solch reine Worte wie ein Mensch sprechen hören?
Wir haben beider Rede gehört, doch wie können wir nun tugendhaft handeln?
Wer eine ängstliche und schutzsuchende Kreatur ihrem Feind übergibt,
wird keine Hilfe bekommen, wenn er selbst in Not ist.


Für ihn schütten die Wolken keinen Regen aus, und die ausgebrachten Samen keimen und wachsen ihm nicht.
Wer ein gepeinigtes Wesen seinem Feind überlässt, muss seine Kinder einen frühen Tod sterben sehen.
Die Ahnen eines solchen Menschen finden keinen Frieden im Himmel,
und die Götter selbst verweigern die ihnen dargebrachten Opfergaben an geklärter und ins Feuer geschütteter Butter.
Die Götter mit Indra an ihrer Spitze schleudern ihm den donnernden Blitz aufs Haupt,
die Nahrung, die er zu sich nimmt, ist nicht geheiligt und mit niederer Seele fällt er schon bald aus jedem Himmel.
Oh Falke, nimm vom Volk des Sivi Stammes einen fetten Ochsen mit gekochtem Reis an,
den wir dir anstelle der Taube gerne vorsetzen werden. Und mögen wir dir immerzu und frohgemut Berge von Fleisch zu dem Ort tragen, an dem du lebst.
 
Maha Bharat 3. Buch
Kapitel 197-3


Sivi, der Falke und die Taube

Der Falke antwortete:
Oh König, ich bitte nicht um einen Ochsen oder anderes Fleisch.
Die Taube wurde mir von den Göttern übergeben.
Dieses Wesen ist für heute meine Nahrung, und daher wurde ihr Tod bereits beschlossen.
So übergib sie mir, oh König.

Doch der König gab noch nicht auf:
Oh lasse meine Leute dir einen sorgfältig ausgewählten Ochsen bringen mit vollkommenen Gliedern.
Oh, töte die Taube nicht.

Und wenn ich mein Leben geben müsste, ich kann die Taube nicht aufgeben. ...
Ich kann dir auf gar keinen Fall die Taube überlassen.
Oder wenn dir etwas anderes zusagt, was ich oder mein Volk für dich tun können,
so dass alle Leute mich freudig loben und es dir gut gefällt, dann befiehl mir solches.
Ich verspreche dir, ich werde tun, worum du mich bittest.

Auf dieses flehende Gesuch des Königs erwiderte der Falke:
Oh König, wenn du aus deinem rechten Oberschenkel so viel Fleisch schneidest,
das die Taube aufgewogen wird
, dann kannst du die Taube wahrlich retten.
Ich wäre zufrieden, und dein Volk spräche lobend von dir.
 
Mahabharat 3. Buch
Kapitel 197-3

Śivi, der Falke und die Taube

Der König stimmte zu, schnitt ein Stück aus seinem Oberschenkel und wog es gegen die Taube ab. Doch die Taube war schwerer.
So schnitt der König noch ein Stück aus seinem Leibe, doch immer noch war die Taube schwerer.
Überall schnitt sich nun der König Fleisch aus allen Gliedern und warf sie in die Waagschale.
Doch immer noch wog die Taube schwerer. Schließlich stieg der König selbst auf die Waage und fühlte keinen Gram dabei.
Da sprach der Falke: „Gerettet!“, und verschwand vor aller Augen.

Nun bat der König die Taube: Oh Taube, lasse das Volk der Śivi wissen, wer der Falke war.
Ich meine, nur der Herr des Universums (Indra) würde so handeln. Bitte, du Heilige, kläre mir diese Frage.

Und die Taube sprach: Ich bin der rauchgeschmückte Agni, der auch Vaishvanara genannt wird.
Der Falke ist kein anderer als Indra mit dem Donnerblitz (Führer der Sura-Götter).

Oh Sohn von Suratha, du bist wahrlich ein Bulle unter den Männern. Wir kamen, dich auf die Probe zu stellen.
All die Stücke, die du mit dem Schwert aus deinem Körper schnittest, verursachten klaffende Wunden.
Ich werde sie in schöne und glücksverheißende Zeichen verwandeln. Sie werden golden sein und einen süßen Duft verströmen.
Du hast großen Ruhm bei den Göttern und Rishis erlangt und sollst lange über deine Untertanen regieren.

Ein Sohn wird deiner Flanke entspringen namens Kapataroman, ja, er wird aus deinem Körper entstehen.
Und du wirst mit ansehen, wie er der Erste unter den Saurathas wird, strahlend vor Ruhm, Kühnheit und großer Schönheit.
 
Mahabharat 3. Buch
Kapitel 198 –1


Śivi und seine Brüder

Unermüdlich baten die Söhne des Pandu:
Oh Markandeya, erzähle uns noch mehr von dem großen Schicksal von Königen.

Markandeya sprach: Zum Pferdeopfer von König Ashtaka aus dem Geschlecht des Vishvamitra kamen viele Könige. Auch die drei Brüder des Königs, nämlich Pratardana, Vasumanas und Śivi, Sohn von Usinara, waren dabei. Nach dem Opfer reiste Ashtaka mit seinen Brüdern in seinem Wagen und begegnete Nārad. Sie grüßten den himmlischen Rishi und luden ihn ein: Fahre mit uns in diesem Wagen.

Nārad stimmte zu und erklomm das Gefährt. Sogleich ehrte einer der Drei den Rishi und bat ihn:
Oh Heiliger, ich möchte dich etwas fragen.
Der Rishi: Frag nur.
Und solchermaßen ermutigt kam die Frage: Wir alle vier sind mit einem langen Leben und allen Tugenden gesegnet. So sollte es uns erlaubt sein, in einen bestimmten Himmelsbereich aufzusteigen und dort lange zu bleiben. Doch wer unter uns, oh Rishi, wird zuerst wieder herabfallen?

Narada antwortete: Ashtaka wird als Erster hinabfallen.
Der Fragende: Aus welchem Grund?
Narada: Ich lebte für einige Tage im Hause von Ashtaka. Einmal nahm er mich auf seinem Wagen mit, und wir verließen die Stadt. Da erblickte ich tausend unterschiedlich gefärbte Kühe und fragte Ashtaka, wem sie wohl gehörten. Er antwortete mir: „Diese Kühe habe ich verschenkt.“ Mit dieser Antwort lobte er sich selbst. Und genau wegen dieser Antwort, muss er den Himmel wieder verlassen.
 
Mahabharat 3. Buch
Kapitel 198 –2


Śivi und seine Brüder

Fragender: Und wer von uns beiden Verbliebenen wird als nächstes hinabfallen?
Narada: Vasumanas.
Fragender: Aus welchem Grund?
Narada: Auf meinen Wanderungen kam ich einmal zur Heimstatt Vasumanas, als gerade die Brahmanen die Zeremonie Swasti Vachana für einen Blumenwagen durchführten. Ich trat vor den König hin, und nachdem die Brahmanen die Zeremonie vollendet hatten, wurde der Blumenwagen sichtbar. Ich lobte den Wagen, und der König sprach zu mir: „Oh Heiliger, von dir wurde der Wagen gelobt. Möge er darum dein sein.“

Später ging ich noch einmal zu Vasumanas, weil ich einen Blumenwagen benötigte. Wieder bewunderte ich den Wagen, und er sprach: „Er ist dein.“ Ein drittes Mal tat ich so, und lobte wieder den Wagen. Doch diesmal, als der Wagen für die Brahmanen sichtbar geworden war, blickte mich der König an und sprach: „Oh Heiliger, du hast den Blumenwagen ausreichend gelobt.“ Nur diese Worte sprach er, ohne mir den Wagen als Gabe zu überreichen. Dafür wird er aus dem Himmel fallen.

Fragender: Von denen, die mit dir gehen, wer wird fallen und wer weitergehen?
Narada: Sivi wird weitergehen, und ich werde fallen.
Fragender: Aus welchem Grund?

Narada: Ich bin Sivi nicht ebenbürtig. Eines Tages kam ein Brahmane zu Sivi und bat ihn: „Oh Sivi, ich komme zu dir wegen Nahrung.“ Sivi fragte ihn: „Was soll ich tun? Gib mir deine Befehle.“ Und der Brahmane sagte: „Dein Sohn Vrihadgarbha soll geschlachtet und für mich gekocht werden.“ Als ich dies hörte, wartete ich, was folgen würde. Sivi tötete seinen Sohn, kochte ihn, legte das Essen in einen Topf, welchen er auf seinen Kopf stellte, und machte sich auf die Suche nach dem Brahmanen. Während er ihn suchte, sagte jemand zu ihm: „Der Brahmane, den du suchst, legt gerade Feuer in deinem Haus. Vor Zorn setzt er alles in Brand, deine Schatz- und Waffenkammer, die Frauengemächer und die Ställe für die Pferde und Elefanten.“

Sivi hörte dies alles, ohne die Gesichtsfarbe zu wechseln. Er kehrte zu seinem Haus zurück und sprach zum Brahmanen: „Oh Heiliger, dein Essen ist fertig.“ Völlig überrascht sprach der Brahmane kein Wort und stand nur da mit hängendem Kopf. Sivi wollte dem Brahmanen Gutes tun und bat ihn: „Oh Heiliger, iss dich nur satt.“ Für einen Moment blickte der Brahmane Sivi an und sprach dann: „Iss es selbst.“ Sivi stimmte zu: „So sei es.“, nahm den Topf herunter und langte hinein. Da hielt der Brahmane Sivis Hand fest und sprach:

„Du hast wahrlich den Zorn überwunden. Es gibt nichts, was du einem Brahmanen nicht geben könntest.“ Mit diesen Worten ehrte der Brahmane Sivi, und als dieser wieder aufblickte, stand sein Sohn vor ihm wie ein Kind der Götter in herrliche Ornamente gehüllt und einen angenehmen Duft verströmend. Der Brahmane hatte alles vollbracht und machte sich unsichtbar. Es war Vidhatri (Brahmā) selbst, der verkleidet gekommen war, den König auf die Probe zu stellen. Nachdem Vidhatri verschwunden war, fragte ein Berater den König: „Du weißt alles. Warum hast du all dies getan?“

Und Sivi antwortete: „Weder für Ruhm, Vergnügungssucht noch für Reichtum habe ich es getan. Der Pfad der Tugendhaften wird gelobt. Und mein Herz ist immer diesem Pfad zugeneigt.“

Ich weiß um dieses Beispiel von Sivis hoher Seligkeit und habe es euch wahrheitsgetreu erzählt.
 
Mahabharat 3. Buch
Kapitel
199


Wenn seine Tugenden aufgebraucht werden
fällt man wieder von Himmel runter



Nun fragten die Söhne Pandus und alle anderen Rishis:
Gibt es irgend jemanden, der mit einem längeren Leben als du gesegnet ist?

Markandeya antwortete:
Da gab es diesen königlichen Weisen namens Indradyumna. Als seine Tugenden aufgebraucht waren, und er aus dem Himmel fiel, da schrie er:
Meine Verdienste sind verloren!

Später kam er zu mir und fragte mich:
Kennst du mich?

Ich sprach zu ihm:
Aus unserer Sorge heraus, religiösen Verdienst anzusammeln, beschränken wir uns nicht auf ein Heim. Wir verbringen nur eine Nacht im selben Dorf oder in einer Stadt. Jemand wie wir kann schwerlich deine Beschäftigung kennen. Das Fasten und die Gelübde, welche wir befolgen, machen uns körperlich schwach, und wir sind nicht in der Lage, weltlichen Dingen nachzujagen. So einer von uns kann dich schwerlich kennen.

Dann fragte er mich:
Verfügt irgend jemand über ein längeres Leben als du?

Und ich antwortete ihm:
Im Himavat lebt ein Eule namens Pravarakarna. Sie ist älter als ich. Sie könnte dich kennen. Der Teil des Himavat, in dem sie lebt, ist allerdings weit von hier entfernt.

Daraufhin wurde Indradyumna zu einem Pferd und trug mich zu dem Ort, an dem die Eule lebte. Der König fragte die Eule:
Kennst du mich?

Die Eule schien für einen Moment zu überlegen, und dann antwortete sie:
Ich kenne dich nicht.

Und der königliche Weise Indradyumna fragte sie:
Gibt es jemanden, der länger lebt als du?

Die Eule meinte:
Es gibt da einen See mit Namen Indradyumna. An ihm lebt ein Kranich namens Nadijangha. Er ist älter als ich. Frag ihn.

So nahm der König Indradyumna sowohl mich als auch die Eule mit und begab sich zum See Indradyumna. Dort fragte er den Kranich:
Kennst du mich?

Nachdenklich erwiderte der Kranich:
Ich kenne keinen König Indradyumna.

Nun fragten wir alle den Kranich:
Kennst du jemanden, der länger lebt als du?

Die Antwort war:
Hier im See lebt die Schildkröte Akupara. Sie ist älter als ich. Vielleicht weiß sie etwas über diesen König. Frage du Akupara.

Sogleich kündigte der Kranich der Schildkröte an:
Wir möchten dich etwas fragen. Bitte, komm herauf.

Die Schildkröte hörte seine Worte und tauchte am Ufer vor uns auf. Wir fragten sie:
Kennst du diesen König namens Indradyumna?

Die Schildkröte überlegte einen Moment. Ihre Augen füllten sich mit Tränen, und ihr Herz schien bewegt. Sie begann zu zittern und verlor beinah ihr Bewußtsein. Dann sprach sie mit gefalteten Händen:
Wie könnte ich ihn nicht kennen? Er hat tausendmal den Opferpfahl aufgestellt, während das Opferfeuer entzündet wurde. Dieser See wurde von den Hufen der Kühe aufgescharrt, die er am Ende seiner Opfer den Brahmanen übergab. Seitdem lebe ich hier.

Nach diesen Worten der Schildkröte kam ein himmlischer Wagen herab. Eine Stimme aus dem Äther sprach zu Indradyumna:
Komm und nimm den Platz im Himmel ein, dessen du würdig bist. Deine Errungenschaften sind großartig. Komm mit frohem Sinn in den Himmel.

Und hier noch einige Slokas:
Wird über tugendhafte Taten gesprochen, verbreitet sich das über die Erde und steigt in den Himmel auf. Und so lange man darüber spricht, lebt der Handelnde im Himmel. Der Mensch, über dessen üble Taten gegrübelt wird, fällt hinab und lebt in den niederen Regionen, so lange darüber gesprochen wird. So sollte man tugendhaft in seinen Taten sein, wenn man den Himmel begehrt. Man sollte in der Tugend Zuflucht suchen und ein sündiges Herz aufgeben.

Nach diesen Worten sprach der König Indradyumna:
Möge der himmlische Wagen auf mich hier warten, bis ich die beiden Alten wieder in ihre Heimat zurückgebracht habe.

So trug uns Indradyumna wieder zurück, ging davon, stieg in den Wagen ein und begab sich zu dem Ort, der angemessen für ihn war. Da ich schon lange lebe, war ich Zeuge dessen.

Nach dieser Geschichte sprachen die Söhne des Pandu zu Markandeya:
Gesegnet seist du! Du hast gut daran getan, dem gefallenen König Indradyumna dabei zu helfen, zu seiner Sphäre zurückzukehren. Devakis Sohn Krishna hat auch den königlichen Weisen Nriga erhoben, welcher in die Hölle hinabgesunken war und nun wieder im Himmel ist.
 
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Kapitel
200


Über die Wohltätigkeit

Als nächstes fragte König Yudhishthir:
Oh großer Muni, erklär mir, unter welchen Umständen man Wohltätigkeit üben sollte, damit man zu den Bereichen Indras (der Himmel) Einlass erlangt? Sollte man Wohltätigkeit üben, wenn man ein häusliches Leben führt, oder im Knabenalter, als Jüngling oder alter Mann?
Oh erzähl mir von den entsprechenden Verdiensten, welche man in den unterschiedlichen Lebensphasen aufgrund von Wohltätigkeit erntet.

Markandeya antwortete:
Es gibt vier Arten von fruchtlosem Leben und sechzehn Arten von unnützer Wohltätigkeit.
Wer keinen Sohn hat oder ohne jeglichen Schimmer von Tugend ist, dessen Leben ist vergebens.
Ebenso, wer von der Nahrung anderer lebt und für sich selbst kocht, ohne den Vorfahren, Göttern und Gästen davon abzugeben und als erster isst.
Die wohltätige Gabe an einen, der von tugendhaften Gelübden abgefallen ist
oder auch die Gabe, die auf unaufrichtige Weise errungen wurde, sind beide vergebens.

Die Gabe an einen gefallenen Brahmanen, Dieb oder falschen Lehrer ist auch vergebens.
Ebenso die Gabe an einen unehrlichen oder sündigen Menschen,
an einen Undankbaren, an einen, der Opferdienste für allen Klassen von Menschen in einem Dorf anbietet,
an einen, der die Veden verkauft,
an einen Brahmanen, der für Shudras kocht,
und an einen als Brahmane Geborenen, welcher aber den Beschäftigungen seiner Kaste nicht nachkommt.

Auch die Gabe an einen, der ein Mädchen vor der Pubertät heiratet,
an Frauen, an solche, die sich mit Schlangen vergnügen oder in niederen Diensten stehen, ist vergebens.

Diese sechzehn Arten der wohltätigen Gabe sind ohne allen Verdienst.

Wer aus Angst oder Furcht mit verdunkeltem Geist schenkt, wird sich höchstens im Mutterleib am Verdienst solcher Gaben erfreuen.
Der Mensch aber, welcher (freimütig und heiter) Brahmanen beschenkt, der wird sich an dessen Früchten noch als alter Mann erbauen.
Wer sich also den Himmel gewinnen möchte, sollte unter allen Umständen Brahmanen mit allem beschenken, was er nur weggeben kann.​
 
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