Ich finde es gibt einen sehr großen Bedarf daran was das verstehen von Kindern betrifft, genauso die Aufarbeitung der eigenen Kindheit, weil es dafür keine Schulung gibt die umsonst ist, außer die sich gegenseitig auszutauschen.
So wie ich es bisher erlebt habe - wenn man Kinder verstehen will - dann muss man sich auch mit ihnen beschäftigen - mit ihnen reden und auch echtes Interesse an dem zeigen, was sie gerade beschäftigt und mit dem sie zu einem kommen. Zeigen, dass man sie wahrnimmt und ernst nimmt. Das merken Kinder ganz genau - auch die Zwischentöne, ob ehrlich gemeint und reagieren auch darauf. Und sprechen auch heute noch darauf an. Was ich eigentlich auch in Begegnungen mit "Zufalls-Kindern" im alltäglichen Umfeld so erlebt habe.
Die heutige Zeit, in denen Eltern ihre Kinder grossziehen müssen ist aber deutlich, deutlich belastender und stressiger für Eltern, die für den Lebensunterhalt und Wohnraum sorgen müssen. Für alleinerziehende Eltern doppelt so stressig. Kinder sind da auch für Stimmungen, Stress und Anspannungen noch sehr offen und aufnahmefähig - ihr Wohlbefinden hängt neben den Eltern auch vom eigenen häuslichen Umfeld ab.
Ich bin noch ganz konventionell gross geworden. Mutter zuhause - Vater geht arbeiten. Wohnend in einer kinderfreundlichen Siedlung - ein Wendehammer, der verkehrsberuhigte Spielzone vor den Häusern war - von den Wohnäusern aus im Auge behalten werden konnte und mit grossem Spielplatz im Grünen dahinter angrenzend.
Die dort wohnenden Mütter hatten alle Kinder - auf dem Weg zum Einkaufen im Konsum - konnte überall ein Schwätzchen gehalten werden - konnten sich Erst-Mütter mit erfahrenen Müttern austauschen und Rat holen. Tipps wenn Kinder krank wurden - für Hausmittel.
Jede Mutter, die draussen war - hatte automatisch auch immer ein Auge auf die Kinder der Anderen in dieser Siedlung - auch wenn man mal hingefallen war, kam von der Mutter die gerade unten da war - die ersten tröstenden Worte - bis Mama selbst kam. Die soziale Bindung untereinander und die Gemeinschaft war da auch haltgebend.
Ich hatte immer Kinder zum spielen - war nie in einer Kita oder Kindergarten - konnte zu dem Nachbar-Ehepaar auf der gleiche Etage mal rüberlaufen und notfalls dort "verwahrt" werden - wenn meine Mutter was für sich selbst vorhatte. Meine Mutter - als Kind selbst in einer solchen Siedlung aufgewachsen - hat sich da wohl gefühlt - ihr Bedürfnis nach Austausch war da an jeder Ecke möglich und auch im Haus gedeckt, in dem wir zur Miete wohnten. Meine Mutter habe ich von dieser Zeit her als ausgeglichen in Erinnerung. Kam mein Vater nach Hause - war ich seine Nummer 1 und er meine. Am Wochenende nahm er sich auch Zeit mit mir zu spielen - Artisten - turnen war unser Lieblingsspiel.
Für meine Mutter änderte sich dann alles - als mein Vater ihr und uns Kindern dann unbedingt ein eigenes Haus/Heim ermöglichen wollte und baute. Von da an war meine Mutter mehr allein und auch unglücklicher - bis sich dann nach und nach die Nachbarschaft füllte. Es aber dennoch nie mehr so wie in der Siedlung wurde.
Heutzutage hängt jeder am Handy. Das Handy ist das A und O - das Netz bestimmt unser Leben und unsere Kommunikation. Doppelt belastete Mütter - die arbeiten gehen - bringen morgens schon gestresst die Kinder in die Kita - mal eben quer auf dem Bürgersteig gehalten - ruckizucki auf dem weg dahin oft genug zu sehen - das zappelnde Kind an der einen Hand - mit der anderen Hand das Hand am Ohr. Und zurück genauso. 3 Jahre lang neben einer Kita wohnend so von oben beobachten können.
Die Kinder sind von ihren Müttern getrennt- fremden Bezugspersonen übergeben - die aber niemals dem Kind solche Gefühle und Interesse entgegenbringen können - wie die eigene Mutter/Eltern.
Die Kita neben der ich gewohnt habe - haben die Kinder an schönen Tagen in einem Gartengrundstück freien Lauf und sich selbst überlassen. Es war von morgens bis abends ein ohrenbetäubendes schrilles Geschrei - in dem sich die Kita-Mitarbeiter mitaufhalten mussten.. Wo ein Kind das andere überschreien wollte. Eingreifende Kita-Mitarbeiter Stimmen waren nicht zu hören. Schrie ein Kind - weil etwas war - hörte man eher Mädchen-Kinderstimmen, die "hört doch jetzt bitte mal auf" bettelten - war keine Seltenheit. Kita-Mitarbeiter lehnten im Sommer draussen an der Wand - unterhielten sich oder daddelten an ihrem Handy. Des Geräuschpegels den sie vor Ort direkt aushalten mussten - habe ich keinen von ihnen beneidet.
Ich kenne die Kita noch von frühen Anfängen - wo noch singen und spielen mit den Kindern im Freien zu hören war. Das ist hier bei uns im Umfeld - Geschichte. Rutschen Schaukeln wurden als Ersatz eingerichte. Jeder hier im Umfeld hat zu jeder Zeit des Jahres die Fenster zur Kita hin geschlossen - weil der Schall hier unendlich laut weiter trägt.
Dass Eltern oder allein erziehende Mütter und Väter durch den immer grösser werdenden Existenz und Jobstress - oft auch nicht mehr die Nerven haben, sich noch geduldig um ihre Kinder in ihrer Freizeit zu bemühen - kann ich gut nachvollziehen. Väter bringen ihre Kinder am Wochenende auf einen Rutschen-Spielplatz - lassen sie schreien und stehen am Handy daddelnd stoisch daneben - auch wenn die Kinder zanken und an die Metall-Teile der Rutschen wie bekloppt hämmern.
Einer müden, im Job geforderten gestressten Mutter, die nach Hause kommt, den Haushalt noch vor sich hat - dann noch mit Problemen kommen zu wollen - da reisst dann einigen sicher auch schneller die Hutschnur.
Kita-Plätze sollen ausgeweitet werden - auch stundenmässig bis spät abends- in Schulen sollen Ganztags-Betreuung angeboten werden und vllt. irgendwann sogar zur Pflicht werden - dem Staat überlassen werden - was schon mit der Schulpflicht geschieht.. Wieviel Zeit können denn Kinder umständehalber dann noch mit ihren direkten Gefühls-Bezugs-Personen - Mutter, Vater, Geschwister verbringen? Die gefühltes echtes Interesse am Wohl ihrer Kinder haben ? (Mal von dem guten Normal-Fall und Absicht in einer Familie ausgehend)
Mehr und mehr und zeitlich länger sind Kinder unter Einflüssen von Anderen- von Fremden - nicht Familienangehörigen- es wird für Kinder zur Normalität. Das Handy und das Netz wird bei den Eltern - aber dann auch bei den Kindern zur eigenen alles bestimmenden Welt und prägendem Vorbild und zum Ersatz für das Original - für alles.
Bei Handy-Verbot oder Netz Ausfall stürzt dann gleich eine ganze Welt ein.. Jugendliche, Kinder - die beim über die Strasse gehen nicht mal mehr den Kopf heben und für gefährliche Situationen offen sind- weil der Blick auf dem Handy in der Hand klebt. Erwachsene, die den Fortgang an der Kasse sperren - weil sie wie blind in ein Spiel am Handy vertieft sind. (kürzlich erst noch in unserem Supermarkt). Lehrlinge, die am Handy daddeln - während der Meister mit ihnen spricht. .
Und genau im Netz - mit freiem Zugang zu allem - lauert dann auch die Gefahr - die Kinder und Jugendliche in ihrem Alter dann eben noch nicht einzuschätzen wissen und dann mit ihrem natürlichen Zuneigungsbedürfnis und Wahrgenommen zu werden, dann auch zur leichten Beute werden. Für einen Bereich, den man gar nicht so schnell unter Kontrolle, Aufsicht bringen und unter Schutz stellen kann - wie er aufblüht und ausser Kontrolle gerät.
Das vituelle Gegenüber versteht einen "immer besser als die eigenen Eltern" - zu denen man dann auch gar nicht mehr hingeht, oder wenn dann erst spät - wenn einem Kind da etwas geschieht und gleichzeitig auch noch mit ja nichts sagen ..sonst .... gedroht wird.
Hektik und Stress und immer neue Sorgen, was die eigene Existenz angeht - bestimmen das Leben der meisten Eltern, Mütter und Väter und mitten drin werden dann Kinder gross - deren echte Grundbedürfnisse nach Nähe, Zuwendung und Aufmerksamkeit -sich aber nicht geändert haben.
Weder Eltern noch Kinder haben es in diesen Zeiten leicht - ich möchte mit keinem tauschen müssen..
Was ich - neben dieser Kita vor Jahren wohnend - oft gedacht habe - wenn sich jetzt auch noch alle daran gewöhnen, bei Kinderschreien nur noch wegzuhören, das zu ignorieren lernen - wenn Kinder laut schrill wie in Not nach Aufmerksamkeit schreien - dagegen aus Gewohnheit dann abzustumpfen und dann auch keinen echten Notschrei, Hillferuf oder Geste eines Kindes mehr erkennen - dann sind unsere Kinder und unsere Zukunft -wirklich in Gefahr.