Johann Wolfgang (v.) Goethe - Ein Esoteriker?

V

Veritas

Guest
hallo!

da ich grade <Faust - Der Tragödie Erster Teil> lese, haben ich und einige freunde darüber diskutiert, inwiefern, goethe ein esoteriker (bzw. okkultist) war. nach meinen informationen (leider weiß ich nicht mehr, woher) hat er sich sehr für dieses gebiet interessiert, und sich eingehend damit beschäftigt.

weiß jemand von euch mehr?

mfg
Veritas
 
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Hmm, soviel ich informiert bin, war Goethe Mitglied der ursprünglichen Weißhaupt-Illuminaten. Stimmt das? Bin auch sehr interessiert und dankbar für Infos.

ciao, Phil :)
 
für mich ist Goethe ein ganz großer Esoteriker.

Sieh Dir seine Abhandlungen über die Farbenlehre an, sein Naturverständnis, die Aussagekraft seiner Sprache.

z.B. aus "Gesang über den Wassern"

Des Menschen Seele gleicht dem Wasser:
Vom Himmel kommt es, zum Himmel steigt es,
und wieder nieder muß es, ewig wechselnd.
Strömt von der hohen, steilen Felswand der reine Strahl,
dann stäubt er lieblich in Wolkenwellen zum glatten Fels.
Und leicht empfangend, wallt er verschleiernd,
leisrauschend zur Tiefe nieder.
Ragen Klippen dem Sturz entgegen,
schäumt er unmutig stufenweise zum Abgrund.
Im flachen Bette schleicht er das Wiesental hin.
Und in dem glatten See weiden ihr Antlitz alle Gestirn.
Wind ist der Welle lieblicher Buhler;
Wind mischt vom Grund aus schäumende Wogen.

Seele des Menschen, wie gleichst Du dem Wasser!
Schicksal des Menschen, wie gleichst Du dem Wind!

Caitlinn
 
hi Caitlinn!

danke für deine antwort! :) ich bin ganz deiner meinung. noch deutlicher erkennt man dies im faust (einfach eines der brilliantesten werke die es wohl je gegeben hat!) - schon im ersten monolog fausts oder kurz darauf, als er mephistoteles zum ersten mal begegnet!
dies reicht jedoch nicht als beweis (für meine freunde) - es ist lediglich ein indiz...
gibt es irgendwelche texte, in denen goethe sagt, wie er sich mit esoterik beschäftigt? oder gibt es einen text einer seiner zeitgenossen, welcher darauf hinweist?

lieben gruß
Veritas
 
Goethe hatte furchtbare Angst vor dem Tod. Er starb nicht friedlich, sondern mit panikerfülltem, hystrerischen Geheule und Geschreie. Er wollte weder sitzen noch liegen noch stehen, das Gesicht seiner Leiche war von den Anstrengungen seiner Schrei- und Heulkrämpfe fürchterlich verzerrt und von Todesängsten deutlich gezeichnet. Mit diesem Antlitz fertigte ein herbeibestellter Künstler eine Zeichnung des toten Goethes an. Als die Verwandten die Zeichnung sahen, waren sie sehr erbost und verlangten, dass der Maler eine andere, "angemessene" Portraitierung anzufertigen habe. Keinesfalls wollte man zulassen, dass am Image des großen Dichers gekratzt würde. Eine zweite, geschönte Zeichnung wurde gefertigt. Sie entsprach den Vorstellungen der Verbliebenen und wurde zur Veröffentlichung freigegeben.

Die erste Zeichnung des toten Goethes hingegen wurde vor der Öffentlichkeit verboten. Diese Zeichnung tauchte später wieder auf, jedoch wurde dessen Echtheit und Authentizität von den Verbliebenen Goethes (und auch den Anhängern Goethes) entrüstet bestritten - der weinerlich-peinliche Abgang des Dichterkönigs passte so gar nicht in das eifersüchtig gehütete Schema des Star-Romantikers und -philosophen. Die Echtheit dieser "ersten" Zeichnung wurde nur durch einige Zeugenaussagen von Personen unterstützt, die bei Goethes Tod anwesend waren und den Nachbarn, welche das Heulen und Schreien Goethes während der letzten Tage vor Goethes Tod mitbekommen hatten - und damit auch nicht hinterm Berg hielten.



Wie auch immer: die beschönigte, zweite Zeichnung ist auch heute noch am weitesten verbreitet (http://home.arcor.de/j.p.eckermann/goethetot.jpg)

Die erste Zeichnung hatte ich mal in einem Lehrbuch im Studiengang "Neuere deutsche Literatur" - mal schauen, ob ich es wiederfinde. Falls ja, scanne ich selbiges in dieses Forum.


Grüße,
KTG
 
Hallo Veritas,

es gibt von Max Seiling ein Buch "Goethe als Esoteriker?",
in dem viele Bezüge Goethes zur Esoterik dargestellt werden.
Ich weiss nicht, ob es noch erhältlich ist, es ist im Verlag
"Die Silberschnur" 1999 erschienen. Vielleicht kann man es
auch noch irgendwo gebraucht bekommen. Jedenfalls sind
dort viele Beweise für Deine Freunde zu finden.

Liebe Grüße
Michael
 
Wie an dem Tag, der dich der Welt verliehen,
Die Sonne stand zum Gruße der Planeten,
Bist alsobald und fort und fort gediehen
Nach dem Gesetz, wonach du angetreten.
So mußt du sein, du kannst dir nicht entfliehen,
So sagten schon Sybillen, so Propheten,
Und keine Zeit und keine Macht zerstückelt
Geprägte Form, die lebend sich entwickelt.


J.W. v. Goethe, Orphische Urworte
 
Zu Kvatar vom 17.06.2003

Etwas verwundert habe ich die dargestellte Version über das Ableben Goethes gelesen, zumal sich Eckermann völlig anders dazu geäußert hat.

Ich halte jedenfalls die von KTG genannte Darstellung, für eine üble Nachrede von missgünstig gesonnenen Zeitgenossen Goethes.
MfG
J.A.
 
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Hallo Veritas,

es gibt unendlich viele Hinweise und Belege, dass Goethe ein echter Esoteriker war, denn aus vielen Texten und Gedichten geht dies hervor. Obwohl er andererseits offensichtlich auch ein sehr diesseits bezogener Sinnenmensch gewesen sein muß. Aber ich denke, das Eine schließt das Andere nicht aus.

Hier nun einige Beispiele seines esoterischen Denkens:

„Des Todes rührend Bild steht nicht als Schrecken dem Weisen und nicht als Ende dem Frommen.
Jenen drängt es ins Leben zurück und lehrt ihn handeln.
Diesem stärkt es zu künftigem Heil im Trübsal die Hoffnung.
Beiden wird zum Leben der Tod."
(aus Hermann Und Dorothea)

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„An dem öden Strand des Lebens,
Wo sich Dün’ auf Düne häuft,
Wo der Sturm im finstern träuft,
Setze dir ein Ziel des Strebens.
Unter schon verloschnen Siegeln
Tausend Väter hingestreckt;
Ach! Von neuen frischen Hügeln
Freund an Freunden überdeckt!

Hast du so dich abgefunden,
Werde Nacht und Äther klar,
Und der ew’gen Sterne Schar
Deute dir belebte Stunden:
Wo du hier mit Ungetrübten
Treulich wirkend, gern verweilst
Und auch treulich den geliebten
Ewigen entgegeneilst.“
(Bei der Trauerfeier für Prinzessin Caroline am 26. Januar 1816)

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Sein „Zwischengesang“, wurde bei Goethes Begräbnis vorgetragen.

Laßt fahren hin das allzu Flüchtige!
Ihr sucht bei ihm vergebens Rat!
In dem Vergangnen lebt das Tüchtige,
Verewigt sich in schöner Tat.

Und so gewinnt sich das Lebendige
Durch Folg’ aus Folge neue Kraft;
Denn die Gesinnung die beständige,
Sie macht allein den Menschen dauerhaft.

So löst sich jene große Frage
Nach unserm zweiten Vaterland:
Denn das Beständige der ird’schen Tage
Verbürgt uns ewigen Bestand.

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Besonders empfehle ich: Wilhelm Meisters Lehr- und Wanderjahre zu lesen.
Hieraus folgendes Zitat:

LEHRBRIEF

"Die Kunst ist lang, das Leben kurz, das Urteil schwierig, die Gelegenheit flüchtig.

Handeln ist leicht, Denken schwer; nach dem Gedanken handeln unbequem.

Aller Anfang ist heiter, die Schwelle ist der Platz der Erwartung.

Der Knabe staunt, der Eindruck bestimmt ihn; er lernt spielend,
der Ernst überrascht ihn.

Die Nachahmung ist uns angeboren; der Nachzuahmende wird nicht leicht erkannt.
Selten wird das Treffliche gefunden, seltener geschätzt.

Die Höhe reizt uns, nicht die Stufen. Den Gipfel im Auge,
wandeln wir gerne auf der Ebene.

Nur ein Teil der Kunst kann gelehrt werden, der Künstler braucht sie ganz.
Wer sie halb kennt, ist immer irre und redet viel;
wer sie ganz besitzt, mag nur tun und redet selten oder spät.

Jene haben keine Geheimnisse und keine Kraft.
Ihre Lehre ist wie gebackenes Brot schmackhaft und sättigend für einen Tag.
Aber Mehl kann man nicht säen, und die Saatfrüchte sollen nicht vermahlen werden.

Die Worte sind gut, sie sind aber nicht das Beste.
Das Beste wird nicht deutlich durch Worte.

Der Geist, aus dem wir handeln, ist das Höchste.
Die Handlung wird nur vom Geiste begriffen und wieder dargestellt.

Niemand weiß, was er tut, wenn er recht handelt;
aber des Unrechten sind wir uns immer bewusst.

Wer bloß im Zeichen wirkt, ist ein Pedant, ein Heuchler oder ein Pfuscher.
Es sind ihrer viel, und es wird ihnen wohl zusammen. Ihr Geschwätz hält den
Schüler zurück, und ihre beharrliche Mittelmäßigkeit ängstigt die Besten.

Des echten Künstlers Lehre schließt den Sinn auf; denn wo die Worte fehlen,
spricht die Tat. Der echte Schüler lernt aus dem Bekannten das Unbekannte
entwickeln, und nähert sich dem Meister."


MfG
J.A.
 
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