Indianerweisheiten

Laguna-Frauen beim Mittagessen

Großmutter sagt, es ist deprimierend -
alle diese Indianerfrauen,
die niemals Kinder haben werden,
und sie wussten nicht einmal,
dass man sie sterilisiert hatte.
Ach ja, die Ärzte wollten ihnen Kummer ersparen,
diesen Frauen, arm wie die sind und überhaupt -
so wird es immer begründet.
Trauer erfüllt uns bis zum Rippenbogen,
macht uns das Atmen schwer.
Wir, drei Indianerinen,
die ihre Herkunft verschweigen,
meine Mutter, meine Großmutter und ich -
uns hat niemand sterilisiert. Unsere
Kinder sind erwachsen.
Wir wagen es nicht zu weinen,
hier beim Kaffee in diesem feinen Lokal,
wir sind ruhig, schwanger
mit dem ungeborenen Schmerz der anderen.
Meine Mutter sagt, es ist genauso
wie in Deutschland unter den Nazis.
Medizinische Massenvernichtung.
Ich gelte nun offiziell
als alte Frau, meint sie,
jetzt sage ich es ihnen ins Gesicht.


Paula Gunn Allen


Bis in die 80er Jahre wurden junge indianische Frauen sterilisert, oft mit Hilfe des von der Regierung eingesetzten Gesundheitsdienstes IHS (Indian Health Services). Fehlinformationen über die Folgen des Eingriffes und Einschüchterungstaktiken sollten die Frauen dazu bringen, ihre Zustimmung zu geben; in vielen Fällen wurden sie jedoch gar nicht informiert, die Sterilisaton wurde einfach mit einer anderen Operation (z.B. Blinddarm) verbunden.
Keiner der Ärzte wurde dafür zur Rechenschaft gezogen.
 
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"Wenn du träumst,
so hast du noch keine Vision,
denn jeder kann träumen.

Und wenn du ein Kraut nimmst, nun gut,
auch ein Metzgergeselle hinter
seiner Ladenkasse hat eine Vision,
wenn er Peyote isst.

Die richtige Vision kommt aus den eigenen Säften.
Sie ist kein Traum, sie ist völlig real.
Sie trifft dich völlig scharf und klar
wie ein elektrischer Schock"
Lame Deer
 
"Die Weißen verderben unser Land, sie machen die ganze Natur seufzen. Sie schneiden die Kräuter mit langen Messern, sie verderben die Kräuter, und die Kräuter weinen. Sie töten die Bäume mit mörderischen Eisen, sie tun den Bäumen Unrecht, und die Bäume weinen. Sie reißen die Eingeweide der Erde auf, sie tun der Erde weh, und die Erde weint. Sie vergiften das Wasser unserer klaren Flüsse und machen es trübe, die Fische sterben, und die Fische und die Flüsse weinen. So seht ihr: die Fische und Flüsse weinen, die Bäume weinen, die Erde weint, die Wiesenkräuter weinen – ja, die ganze Natur machen die Weißen seufzen. Oh, die Undankbaren! Auch sie wird Strafe ereilen!"
Sauk-Häuptling Kenekuk (zitiert nach Werner Müller: "Indianische Welterfahrung")
 
Ehrfurcht vor der Mutter Erde

Du forderst mich auf, den Boden zu pflügen.
Soll ich ein Messer nehmen und die
Brust meiner Mutter zerfleischen?
Wenn ich sterbe, wird sie sich weigern,
mich an ihrer Brust ausruhen zu lassen.

Du forderst mich auf, nach Steinen zu graben.
Soll ich unter ihrer Haut nach ihren
Knochen wühlen?
Wenn ich sterbe, kann ich nicht in ihren
Leib zurück gehen, um wiedergeboren zu werden.

Du forderst mich auf, Gras zu mähen,
Heu zu machen und es zu verkaufen,
um reich zu werden wie die Weißen.
Doch wie kann ich es wagen,
meiner Mutter Haare abzuschneiden.

Rede des Häuptlings Smohalla an Major MacMurray
 
ZÄUNE

In den alten Tagen ging ich barfuß
das Flußufer entlang
ins Tal hinein
ich wanderte überall hin

heute wandere ich noch immer umher
aber die Leute zeigen mir wo ich gehen darf
denn überall sind Zäune.

Ione Dock (Mojave Indianerin)
 
GROSSVATER
von Kräutern duftende Canyons
erzählen mir von dir
das Echo der Taubenrufe
wiederholt deinen Namen
ich spüre deine Gegenwart
meine Stimme dankt dir
Vogel
Insekt
Fels
Baum
beten mit mir
danke Großvater

Bill Emery


Großvater: einer der Namen der Dakota für das "Große Geheimnis", den Schöpfer, dessen indianische Bezeichnung aufgrund einer ungenauen Übersetzung oft mit "Großer Geist" wiedergegeben wird.
 
Navajo-Sänger: "Wir rufen die Mächte der vier Himmelsrichtungen um Schutz an: Bär, Blitz, Schlange und Großer Wind." Tibetischer Lama: "Auch wir rufen in unserer Schutzzeremonie die Schutzmächte der vier Himmelsrichtungen an." Navajo-Sänger: "Vielleicht sollten wir uns zusammentun (lacht). Ich achte dieselben Dinge wie er."

Auszug aus einem Treffen in Santa Fe, New Mexico
September 1989
 
Unter den beiden Aufgehenden gehe ich mit meinem Geist
Unter den beiden Untergehenden gehe ich mit meinem Geist
Unter den beiden oben gehe ich mit meinem Geist
Unter der Bahn der Sterne gehe ich mit meinem Geist

Wo des Weißen Kojoten Medizin ist gehe ich mit meinem Geist
Wo des Gelben Kojoten Medizin ist gehe ich mit meinem Geist
Wo des Blauen Kojoten Medizin ist gehe ich mit meinem Geist
Wo des Schwarzen Kojoten Medizin ist gehe ich mit meinem Geist

Wo der Weiße Wind ist gehe ich mit meinem Geist
Wo der Gelbe Wind ist gehe ich mit meinem Geist
Wo der Blaue Wind ist gehe ich mit meinem Geist
Wo der Schwarze Wind ist gehe ich mit meinem Geist

Auf dem Weg des gelben Maispollens
Unter Regenbogen gehe ich mit meinem Geist
Auf dem Weg des gelben Maispollens
Im Sonnenschein gehe ich mit meinem Geist
Auf dem Weg des gelben Maispollens
Im Sonnenschein gehe ich mit meinem Geist
Auf dem Weg des gelben Maispollens
Unter den Regengüssen gehe ich mit meinem Geist
Mitten im runden Mais gehe ich mit meinem Geist

Lied des Coyote Way der Navajo


Die beiden, die auf- und untergehen, sind Sonne und Mond. Der Idealzustand, in den der Geist zurückkehrt, hat die vier Farben der Kojote-Medizin (der Coyote Way behandelt mentale Störungen). Er ist das Reich, in dem sich die vierfarbigen Winde und ihre Windoberhäupter befinden. Er ist das Reich, in dem man unter Regenbogen, im Sonnenschein und unter Regengüssen heiligen Blütenstaub von gelbem Mais (Sinnbild für die Kräfte von Geist und Leben) findet, das Reich, in dem es den ganzen, vollendet runden Mais gibt, das Idealreich, in dem man den persönlichen Geist wiederfindet.
 
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Aus dem Buch "Die großen Brüder - Weisheiten eines urtümlichen Indio-Volkes" von Alan Ereira:

... Ramón - ein Kogi, der in meiner Geschichte eine wichtige Rolle spielt - bat mich einmal, ich solle ihm einen Globus mitbringen. "Ich weiß, dass die Erde rund ist", sagte er, "so wie ein Auge rund ist und ein Kopf rund ist und ein Haus rund ist. Und du weißt auch, dass die Erde rund ist. Aber du weißt es anders als ich. Darum bring mir bitte einen Globus mit, damit ich verstehe, was du weißt."
Ich griff nach einer Orange und strichelte die Erdteile auf die Schale.
"So sieht ein Globus aus", sagte ich: "Das ist die Erde, hier ist Amerika, hier das Meer und hier, ziemlich weit im Norden, meine Heimat, England. Hier in der Mitte, zwischen Nord- und Südamerika und zwischen den zwei Weltmeeren, ist die Sierra Nevada."
Ramón starrte verständnislos auf die Orange. Das alles war blanker Unsinn. Aber unverkennbar hatte es für mich eine Bedeutung. Und wenn ich der Ansicht war, dass die Erde irgendwie einer Orange glich, dann war es vielleicht möglich, mir an Hand dieser Orange etwas zu verdeutlichen.
Er winkelte den Unterarm an und streckte mir den Ellenbogen mit der sorgsam darauf ausbalancierten Orange entgegen.
"Die Erde ruht in Balance auf einem Ellenbogen. In sehr prekärer Balance. Mit jedem neuen Tag wird sie prekärer. Ihr rüttelt an dem Ellenbogen. Und wenn ihr nur noch ein kleines bisschen mehr rüttelt -" er berührte die Orange sacht mit einer Fingerspitze - "dann stürzt sie ab." Die Orange fiel zu Boden, und Ramón sah mich fragend an, ob ich verstanden hätte.
 
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