Hm. Jetzt habe ich alle Bilder betrachtet, habe den Thread gelesen. Und in mir entdecke ich ein Tränchen auf dem Weg, und aber am Ende auch Freude. Die Träne kann ich mir erklären, durch Mitgefühl mit Dir, Magdalena. Aber wo kommt die Freude bloss her? Sie muß in den Bildern gesteckt haben.
Mir fällt die Geschlossenheit der Bilder auf. Jedes einzelne Bild ist nicht wirr, nicht naiv, sondern tief in sich geschlossener Ausdruck. Nicht Selbst-Ausdruck - dafür war er vielleicht zu jung, als er es malte. Es ist schade, daß dieser Künstler so früh verstorben ist. Ich hätte gerne seine Bilder aus reiferem Alter betrachtet.
Ich glaube: wenn ein Mensch in sich so geschlossen ist im Bewusstsein, daß er so in sich geschlossene Bilder erschafft, dann ist er in sich selbst nicht krank. Sondern er krankt an der Umgebung, und daran, daß er ein körperliches Leben führen muß. Wer in einem so schönen Körper steckt, der ist zu schön für diese grässliche Welt.
Ich vermute da in einem jungen Menschen sehr tiefe Gedanken, sehr einsichtiges Wissen, das er sich nicht zutraute zu äussern denn durch seine Bilder. Und wer seine Bilder sieht und erkennt und dann auch noch sein Foto anschauen darf, und versteht, der sieht dort in Deinem Sohn das Einzigartige, Seltene, das von dieser Welt verstossen wird, ob die Welt das nun veranlasst oder nicht. Da ist kein anderer Weg offen als der Freitod. Was nicht von dieser Welt ist, gehört nicht auf diese Welt.
Liebe Magdalena, ich möchte Dich ermutigen, etwas über Bord zu werfen. Nimm den Gedanken weg, daß er krank ist. Nimm den Gedanken weg, daß er nicht hier hin gehört. Nimm den Gedanken weg, daß er nicht heil ist. Dann bleibt das Besondere, das er ist.
Geh mit diesem Besonderen, das er Dir hinterlassen hat, zu einem Kunstverein. Oder sprich mit Jedem in Deiner Umgebung darüber, daß Du eine Ausstellung organisieren willst. Laß die Menschen mitdenken darüber, wie und wo das gelingen kann, wenn Du das Zimmer fertig hast. Und gib ihm so einen neuen Ort.
Das wünsche ich Dir.
Viele viele Grüsse, und lade uns zu der Ausstellung ein,
Christian