Hallo Chiara-Lena,
weil du diesen Thread in "Esoterik-kritisch" gepostet hast, erlaube ich mir auch als Skeptiker, meinen Senf dazuzugeben. Du hast sehr viele Sachen gesagt auf die mir spontan was einfallen. Also, mal aus der Gegensicht (d.h. ganz un-esoterisch) - das sind meine persönlichen Gedanken, die du annehmen oder ablehnen kannst, wie es dir beliebt:
"Jetzt frage ich mich, was das wohl zu bedeuten hat? Bedeutet es überhaupt etwas?" - Ich gaube nicht. Bist du prinzipiell tollpatschig oder fällst du in letzter Zeit öfter um als sonst? (klingt nämlich so, als stünden alle deine Verletzungen im Zusammenhang mit Gleichgewichtsverlust bzw. Koordinationsschwierigkeiten). Wenn du in den letzten Wochen anders gelebt hast als sonst hast du vll irgendeinen Nährstoffmangel o.ä., der sich bemerkbar macht. Ich glaube aber eher, dass du dich sehr darauf fixierst und dir daher zuviele Gedanken darüber machst.
"Ich hinterfrage alles."
Das is super. Kritisches Hinterfragen ist meiner Meinung nach sehr wichtig, um eine aktive Sinnsuche (in der du dich ja nach eigener Aussage befindest) erfolgreich abzuschließen.
"Soll ich mich dem Leben hingeben und Vertrauen haben das alles so kommt wie es kommen soll, oder soll ich denn jetzt meine Geschichte selber schreiben?"
Die Antwort ist denkbar einfach: Schreibe deine Geschichte selber, so gut du kannst - aber habe dort Vertrauen, wo Einsatz ohnehin nix bringt. Ich hab ne Freundin, die ist völlig versessen darauf, einen Freund zu haben. Und dauernd ist sie unglücklich, weil sie nur One-Night-Stands hat und trotz all der Suche nie den richtigen findet. Bei so einem Fall sieht man; zusätzlicher Einsatz bringt nix. Also erstmal weiterleben und seine Zeit in bessere Dinge investieren (Ausbildung, Beruf, Hobbies) und einfach später zu dieser Thematik zurückkehren, wenn sich diverse Variablen geändert haben.
"Führt mich denn nun jemand oder nicht?"
Nein - nur du selbst. Du kannst zwar die Entscheidung treffen, dein Leben in fremde Hände zu geben (Religion, Sekten, Gurus, Engel, Sterne, Quanten oder einfach Menschen in deiner Umgebung) - aber sowas müssen nur Leute machen, die doof oder schwach sind (was in der heutigen Zeit oft das gleiche ist). Du wirkst auf mich recht klug, und aus Klugheit sollte die Stärke erwachsen, sein Leben selbst gebacken zu kriegen. Allein der Umstand, dass du in einer Lebenskrise nicht (bedingungslos) auf das Esoterikzeug reingefallen bist zeugt aus meiner Sicht von großer Charakterstärke, weil sie einen gerade da meistens erwischen.
"Ich sehe leider weder Engel noch Gott noch sonst irgendwen noch höre ich irgendwas."
Das heißt nicht "
leider", sondern "
zum Glück". Das bedeutet nämlich, dass du den Besuch beim Psychologen auslassen kannst, den viele andere Leute manchmal machen, wenn sie Dinge sehen und hören, die nicht da sind

Um das gesparte Geld darfst du dir jetzt was schönes kaufen.
"Wisst ihr, das klingt jetzt vielleicht echt blöd, aber ich finde es echt Schade das die Welt nicht untergegangen ist."
Ja, das klingt sogar sehr blöd. Ich wär echt wütend, wenn die Welt untergegangen wäre.
"Oder zumindest das wir nicht irgendwo anders sind jetzt."
Das klingt wiederum verständlich. Dafür hast du einen Kopf zum denken, zwei Beine zum Laufen und zwei Hände zum Handeln.
"Habe ich mir denn das alles selbst ausgesucht?
Teils-teils. Du bist heute das, was du gestern aus dir gemacht hast. Aber du bist auch das, was deine Eltern aus dir gemacht haben. Und morgen bist du das, was du heute aus dir gemacht hast - und deine restliche Umgebung. Der Unterschied zu früher ist: Heute hast du die Freiheit, dass du die anderen Variablen änderst und hast insofern mehr Möglichkeiten, dir auszusuchen, wer du morgen bist.
"
Was soll ich denn jetzt tun?"
Ändere die Variablen.
Es gibt Dinge, die kann man ändern und Dinge, die kann man nicht ändern. Als Industriestaatenbürgerin hast du viele Möglichkeiten, dein Leben zu verändern. Ich erzähl dir kurz, wie es bei mir war: Ich bin ein extrem sprunghafter Geist. Ich kann mich nie entscheiden, was ich will, und am Ende brauch ich so lange, dass die Chance schon vorbei ist und ich mit leeren Händen dastehe. Früher sah ich oft, wie glücklich manche meiner Freunde mit ihrem "
einfachen Leben" (simpler Job, schöne Wohnung, am Abend vor Fernseher oder PC, dazu eine Freundin, die einen liebt und auf einen wartet) sind und dachte mir: "
so problemlos kann das laufen". Und dann - manchmal schon am nächsten Tag - sah ich, wie erfolgreich manche Leute in meinem Umfeld sind, wie sie mit ganzem Herzen ihrer Arbeit nachgehen und dabei nicht nur Spaß haben, sondern auch Ansehen, Einfluss und einen Haufen Geld. Und dann sag ich mir: "
das will ich auch! Wenn ich ein 'ganz normales, einfaches' Leben hab, beiß ich mir mit 50 in den Hintern, weil ich nicht alles rausgeholt hab!" Und dann bin ich manchmal mit Freunden unterwegs, völlig bedient, und führe Diskussionen mit Fremden auf irgendwelchen Parties und hab Techtelmechtel mit irgendwelchen Mädels und selbst wenn ich am nächsten Tag mit Kater aufwach, sag ich mir: "
so geil kann das Leben sein. Ein paar gute Freunde, ein Haufen gute Parties und genug Gin Tonic".
Und jetzt die Tragik: Nichts davon ist ganz richtig, nichts davon ist ganz falsch. Fast (!) jeder Mensch braucht in dieser Hinsicht Ausgewogenheit. Ich mag keine Plattitüden und vor allem keine schlechten Kompromisse, aber hier ist der Mittelweg wirklich golden.
Jeder Mensch braucht:
1. Erfüllung
2. Ausgleich
3. Nähe
4. Gesellschaft
Außerdem brauchst du in der knallharten Wirklichkeit in erster Linie Geld, ist klar.
Jeder Mensch braucht also mal einen Job. Etwas, das er machen
muss. Dabei ist es egal, ob er es wegen dem Geld machen muss, oder weil er sich dazu berufen fühlt - ein Mensch braucht etwas, das seinem Leben Struktur und eine Richtung gibt, und das ist normalerweise der Job. Leute, die
nichts machen müssen werden meistens sehr schnell sehr unglücklich. Wenn man keinen Job hat, findet man seine "Berufung" u.U. auch in einer Arbeit, die man nicht für Geld macht. Punkt ist aber; durch diesen ersten Punkt definiert sich ein Mensch am grundlegendsten - ob jemand Arzt ist, oder Bauarbeiter, oder Anwalt, oder Autor, oder Programmierer, oder arbeitslos - seine Ausbildung und seine Arbeit bzw. deren Abwesenheit beeinflussen zwangsweise jeden anderen Punkt in seinem Leben ganz essentiell.
Jeder Mensch braucht ein Hobby. Etwas, das ihn ausgleicht, und das ihm Freunde bringt. Es mag solche Leute geben, die sagen: "
Ich hab mein Hobby zum Beruf gemacht" - aber dann ist es kein Hobby mehr. Ein Hobby macht man für sich, und wenn jemand, der für sein Leben gern Fahrrad fährt anfängt, mit Sport seinen Lebensunterhalt zu verdienen sage ich dir: er wird etwas neues brauchen, wo er nicht unter Druck steht. Etwas, das er regelmäßig macht, um Balance zu finden. (z.B. regelmäßig mit Freunden in ne Bar sein, gilt genauso als Hobby - Hobbies müssen ja nicht sinnvoll sein) Tip: Ein Hobby mit Gleichgesinnten auszuüben vervielfacht seine Wirkung (und hilft auch für Punkt 4). Ein Hobby kann auch Erfüllung bringen (wenn man seinen Job z.B. nur wegen des Geldes macht), genauso wie ein Job auch Spaß machen kann - trotzdem bleiben die beiden komplementär und müssen normalerweise beide abgegrenzt voneinander im Leben bestehen. Und noch ein Tip: Sport ist ein super Hobby. Ist gesund und macht automatisch glücklich, was will man mehr.
Weiters braucht jeder Mensch Nähe. Ich schreibe absichtlich Nähe und nicht Liebe oder einen Partner oder so - denn man hält erstaunlich gut auch ohne Partner durch im Leben, zumindest kenne ich genug solcher Leute. Aber man braucht jemandem (eine PERSON), der man vertrauen kann, die einem Halt gibt und an die man sich wenden kann. Deswegen stimmt der Spruch:
Lieber einen Freund als hundert Kumpels. Wenn das Leben mal knüppeldicke kommt (und das wird es statistisch gesehen wegen den Variablen, auf die man keinen Einfluss hat bzw. wegen der falschen Entscheidungen, die man trifft), ist das Leben viel einfacher, wenn man seine Sorgen mit jemandem teilt. Und dazu reichen normale Kumpels eben oft nicht. Viele Leute finden die Nähe im Partner (zusätzlicher Pluspunkt: da kriegt man auch körperliche Nähe!), aber es kann genauso gut der beste Freund sein, oder der Bruder, oder sonst wer. Einen externen Fels in der Brandung zu haben, der einen halbwegs unveränderlichen Fixpunkt im Leben darstellt und der einen nimmt wie man ist, das gibt gerade in den kleinen, dunklen Momenten des Lebens Kraft.
Zuletzt braucht der Mensch Gesellschaft. Das kann durch jeden der anderen Punkte erreicht werden - Lebenspartner, Freunde mit denen man Paintballspielen geht, Kumpels beim Saufen, usw - es ist einfach: Man wird krank wenn man zu sehr allein ist. Jeder braucht seine Ruhe, aber ganz auf menschliche Gesellschaft verzichten kann keiner. Gesellschaft und Nähe gehören natürlich wieder ein bisschen zusammen (so wie Erfüllung udn Ausgleich), nur dass sie diesmal weniger dual sind - die Gesellschaft kann ja in der Nähe enthalten sein (Ehefrau, bester Freund) - aber sie sprechen beide auf einen anderen Teilbereich des Lebens an, nämlich dass der Mensch ein Gruppentier ist.
So, und jetzt (endlich) zurück zu dir: Woran mangelt es dir? Du sagst du hast gute Freunde, einen guten Job, außerdem gehst du anscheinend tanzen, was ich cool finde. Es kann sein, dass du das nicht weißt und bei aller Mühe nicht durch Nachdenken rausfindest. Das ist nicht weiter schlimm. Der beste Trick ist: Einfach wahllos neue Dinge machen. Dieser Trick bewährt sich übrigens auch, wenn man schon glücklich ist! Einfach Dinge machen, die man noch nie gemacht hat - mit neuen Leuten was unternehmen, mit alten Leuten was neues unternehmen, neuen Job suchen, neuen Freund finden, Location ändern etc etc. Besonders im Bereich "Ausgleich" lässt sich da viel machen, und zwar ganz schnell und einfach, indem man einfach Dinge tut, die man sonst nicht tut. Ich gehe zum Beispiel bald zum ersten Mal seit meinem 12. Lebensjahr Wintersport betreiben. Ich hab das damals gehasst wie die Pest und dachte, keine Piste würde mich je wieder zu Gesicht bekommen. Aber jetzt hab ich einige Freunde, die Wintersport ebenso gehasst haben und wir probierens nach vielen vielen Jahren einfach mal wieder aus.
Der Post ist sehr lang geworden, hab einfach alles geschrieben was mir eingefallen ist - das System mit den 4 Punkten ist übrigens nur so was, was mir grad gekommen ist, vielleicht hab ich was übersehen ... du musst wissen, ich hab den Großteil dieses Post geschrieben, während ich aufm Klo gesessen bin. Dabei ist hoffentlich nicht zuviel mitgegangen
Viel Glück bei was auch immer du machst.