Doketismus – Jesus aus gnostischer Sicht
Der
Doketismus (griechisch δοκεῖν dokein „scheinen“) besagt, dass Christus nur einen
Scheinleib besaß. Um diesen Begriff zu verstehen, muss man zunächst einmal wissen, was „Christus“ bedeutet.
Das Wort „
Christus“ ist kein Name, sondern ein Titel, und kommt aus dem Griechischen: „der Gesalbte“, entsprechend dem hebräischen Wort „Messias“. Jesus hat jedoch nie behauptet, er sei der Messias oder der Sohn Davids. Seine Mission war viel wichtiger, als ein kleines Volk von der römischen Herrschaft zu befreien.
Das Wesen, das vor 2.000 Jahren auf die Erde herabgestiegen ist, den Menschen Jesus „angezogen“ hat und auf der Erde gewandelt ist, um den Menschen die Lehre des Höchsten Gottes mit dem Namen „Vater“ zu bringen, war der präexistente Sohn des Ersten Menschen („Urmensch“) Adamas. Das ist der Grund, warum er sich „
Menschensohn“ nannte. Das Wort „Menschensohn“ bedeutet nämlich nicht „Sohn eines Menschen“, was ein grober Irrtum ist, sondern: „Sohn des Urmenschen“.
Anmerkung: Der sogenannte Urvater der Menschheit, der biblische Adam, war hingegen nur eine Attrappe der Herrscher (Archonten) dieser Welt. Diese versuchten, das Bild des vollkommenen Urmenschen Adamas, das ihnen erschienen war, nachzubilden: „Lasst uns einen Menschen schaffen...“, „lasst ihn uns Adam nennen“.
Der Menschensohn
Im Gnostizismus besteht der „unbekannte Gott“ – der Gott, der in keine Worte und Begriffe zu fassen ist – aus den Prinzipien Vater, Mutter und Sohn (Urmensch). Diese als reine Potentialität Vollkommene Gottheit offenbart sich als Menschensohn (Sohn des Urmenschen) und ist die Manifestation Gottes, die das All erschafft. Der Menschensohn ist daher der König des Alls. Nur er kennt den Vater, siehe
Mt 11,27: „niemand kennt den Sohn, nur der Vater, und niemand kennt den Vater, nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will.“
Aus dem oben gesagten ergibt sich ein ganz anderes Jesusbild als das, was uns vom traditionellen Christentum präsentiert wird, denn die rechtgläubigen Christen erkennen Christus nicht pneumatisch (geistlich), sondern hylisch (materiell).
Der Scheinleib Jesu
Da die physische Existenz das Wesen des Menschensohnes nicht berühren konnte, hat der Menschensohn nur zum Schein gelitten und der Tod am Kreuz konnte ihm nichts anhaben. Denn nur der Mensch Jesus ist gestorben (falls er wirklich gestorben ist, was zu bezweifeln ist). Dieser war in der Tat ein Körper mit allen seinen Ängsten und Schwächen, siehe
Mk 27,46: „Um die neunte Stunde schrie Jesus mit lauter Stimme: … ‚Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“
Der Menschensohn
war aber nicht sein Scheinleib [der Mensch Jesus], sondern er
benutzte seinen Scheinleib, siehe
Mk 14,38: „Der Geist [Menschensohn] ist willig, aber das Fleisch [Jesus] ist schwach.“
Anmerkung: Im Koran ist eine Stelle (Sure 4 Vers 157f), die die doketische Ansicht untermauert: „und weil sie sagten: 'Wir haben Christus Jesus, den Sohn der Maria und Gesandten Allahs, getötet.' - Aber sie haben ihn in Wirklichkeit nicht getötet und auch nicht gekreuzigt. Vielmehr erschien ihnen ein anderer ähnlich, so dass sie ihn mit Jesus verwechselten und töteten.“
Der Körper des Menschensohnes war nur ein Trugbild. Denn der König des Alls kann weder geboren werden noch leiden oder sterben. In ihm war absolut nichts Menschliches.
Die Erlösung habe der Menschensohn vollbracht, indem er den Menschen die ‚Erkenntnis‘ (= Gnosis) brachte; Ein Tod durch Kreuzigung kann weder Erkenntnis bringen noch Menschen retten.