Ich zitiere zum nachdenken mal ein paar Sätze aus einer pdf-datei, die ich hier schon gelinkt hatte:
Ich möchte eine Anekdote von Peter Gieße zitieren, der das letzten November auf einer ähnlichen Tagung vorgestellt hat. Er arbeitet bei einer Opferhilfeberatungsstelle und hat erzählt, wie er dem zuständigen Referenten seine Arbeit der Opferhilfe geschildert hat. Diesem zuständigen Referenten bei der Justizbehörde, der ja auch die Arbeit der Opferhilfe kennt, hat er voller Stolz erzählt, daß sie den Anteil der Männer, die nachfragen, steigern konnten. Dann hat der Justizbeamte ganz irritiert zurückgefragt: Ich dachte immer, Sie arbeiten nur mit Opfern; arbeiten Sie jetzt auch mit Tätern? – Ich finde das ein schönes Beispiel dafür, daß im Denken Opfer weiblich, Täter männlich sind.
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Personen unter christlicher Trägerschaft überraschten
mich häufig mit ihren Argumenten: z.B. machte ich eine Erfahrung mit einer sehr kompetenten Leiterin, die mir auf die Frage nach Täterinnen antwortete: „Wissen sie, die Opfer die wir hier haben sind meist weiblich“, Mißbrauch des gleichen Geschlechts schloss sie damit in ihrem Denken aus.
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Frauen als Täterinnen? Da haben Sie sich aber was vorgenommen! Also, ich glaube ja, daß das von einigen Verrückten hochgespielt wird. Glauben Sie wirklich, daß es so etwas gibt? Und wenn Sie tatsächlich so einen extremen Ausnahmefall finden, glauben Sie, daß da dann jemand mit Ihnen redet? (Therapeutin, die ich telefonisch um Unterstützung bat, kein Einzelfall)
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Dieses Thema scheint auf eine Barriere von vorgefaßten Meinungen zu treffen, die nicht nur in meinem Kopf vorhanden ist. So berichtet z.B. Elliott: „78 Prozent der Überlebenden sagten, sie hätten niemanden gefunden, die oder der bereit gewesen wäre, ihnen zu helfen oder zu glauben. Das ist erschreckend. Eine Frau bekam zu hören, der Täter müsse ein Mann gewesen sein und man werde ihr helfen, sich mit dem ´wirklichen´ Täter auseinander zu setzen.“
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Die Vorstellung einer Frau als Täterin ist besonders für Frauen bedrohlich: „Die Konfrontation mit einer Frau, die so etwas getan hat, rückt die Tat auch in den Bereich dessen, wozu ich als Frau in der Lage sein kann. Annäherung an die Täterinnen bedeutet auch, sich nicht selbstgerecht abzugrenzen als eine Person, die nie Gefahr läuft, solcherart gewalttätig zu werden.“
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Unterschiedliche Bewertung der Interaktion Frauen/Kinder und Männer/Kinder
Eine Mutter erzählt mir von ihrem Sohn: „Ich weiß gar nicht, der ist so empfindlich, dabei ist er erst in der zweiten Klasse. Wenn die Lehrerin nach dem Sport in die Dusche kommt, um ihn zur Beeilung anzutreiben, tut der jedes Mal so gschamig. Das ist doch nicht normal, oder?“ Wie würde die Situation aussehen, wenn es sich im oben beschriebenen Fall um ein Mädchen und einen Lehrer handeln würde?
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Zur Sicherheit noch mal der Link zur pdf-Datei:
http://www.boell.de/downloads/gd/MannoderOpfer.pdf